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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 29.09.2000
Aktenzeichen: 2 W 61/00
Rechtsgebiete: ZugabeVO


Vorschriften:

ZugabeVO § 1
Leitsatz:

Wahlrecht zwischen Versorgungsleistungen und Rabatten für den Warenbezug als unzulässige Zugabe.

§ 1 ZugabeV

Es ist eine unzulässige Zugabe, wenn ein pharmazeutischer Großhändler Apothekern bei Abschluß eines Berater- und Bezugsvertrags die Möglichkeit der Umwandlung eines Anspruchs auf Barauszahlung von Rabatten für Warenbezug in Versorgungsbeiträge für eine Altersrente, Berufsunfähigkeitsrente, Witwen- der Witwerrente gewährt. Die Ausnahmeregelung des § 1 II lit. b ZugabeV erfaßt derartige Versicherungsleistungen nicht.

Es liegt auch keine handelsübliche Nebenleistung i.S.v. § 1 II lit. d ZugabeV vor, weil wegen des Werts der zu erwartenden Versorgungsbezüge die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung besteht.


Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Beschluß

Geschäftsnummer: 2 W 61/00 17 O 404/00 LG Stuttgart

Verkündet am 29.09.2000

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Weber) Justizobersekretärin

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart nach mündlicher Verhandlung vom 18.09.2000 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. Lütje,

des Richters am Oberlandesgericht Dr. Müller sowie

des Richters am Oberlandesgericht Oechsner

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluß der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28.07.2000 wird abgeändert:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet:

Die Antragsgegnerin hat es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, im Falle der Uneinbringlichkeit von Ordnungshaft bis zu 6 Wochen oder primär Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Apothekern die Option zur Umwandlung eines gegenüber der Antragsgegnerin bestehenden Anspruchs auf Barauszahlung von Rabatten bei Abschluß eines Berater- und Bezugsvertrags in Versorgungsbeiträge für Versorgungsleistungen anzukündigen und/oder zu gewähren, letzeres insbesondere durch Erbringung von Versorgungsleistungen im Leistungsfall als monatliche Rente in Form von Altersrente und/oder vorzeitiger Altersrente und/oder Berufsunfähigkeitsrente und/oder Witwen-/Witwenrente und/oder Waisenrente.

2. Die Kosten des Verfügungsverfahrens einschließlich des vorliegenden Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 50.000 DM

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin, eine pharmazeutische Großhändlerin, hat der Antragstellerin wie auch anderen Apothekern ein neues Altersversorgungssystem angeboten. Danach verpflichtet sich die Antragsgegnerin, Apothekern Versorgungsleistungen als monatliche Rente in Form von Altersrente etc. (vgl. Unterlassungstenor Ziffer 1) zu erbringen. Finanziert werden sollen diese Versorgungsleistungen aus Geldern, welche die Antragsgegnerin dadurch erspart, daß der Apotheker auf die mit der Antragsgegnerin vereinbarten Einkaufsrabatte verzichtet. Der Zusatznutzen gegenüber der bisherigen Rabattregelung soll darin liegen, daß die erworbenen Versorgungsanwartschaften in der Bilanz des Apothekers nicht zu aktivieren sind. Neben dem Rabattverzicht umfaßt das von der Antragsgegnerin den Apothekern angebotene Vertragswerk einen "Berater- und Bezugsvertrag". Danach verpflichtet sich der Apotheker, einen bestimmten Prozentsatz seines Großhandelsumsatzes bei der Antragsgegnerin zu decken und darüber hinaus diese in Fragen des Apotheken-Marketing in einem bestimmten zeitlichen Umfang (1-3 Stunden pro Monat) zu beraten.

Die Antragstellerin hat zur Begründung ihres als Hauptantrag gestellten Verfügungsantrags ausgeführt, die geplante Regelung verstoße gegen die §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 ZugabeVO. Denn die Versorgungszusage stehe im notwendigen inneren Zusammenhang zum Hauptgeschäft (Bezug von Arzneimitteln etc. von der Antragsgegnerin) und werde als zusätzliche Leistung zur entgeltlichen Hauptware ohne besondere Berechnung angeboten. Dem lasse sich auch nicht entgegenhalten, der Apotheker "bezahle" die Altersversorgung durch den Rabattverzicht. Denn andernfalls zergliedere man einen einheitlichen Lebensvorgang unzulässigerweise in den Erwerb eines Rabattanspruchs und dessen Umwandlung in einen Beitrag zur Altersversorgung. Der Erwerb des Rabattanspruchs sei aber gerade Voraussetzung für die Teilnahme an der betrieblichen Altersversorgung; der Apotheker habe demgegenüber keine Möglichkeit, darauf freiwillige Beiträge einzuzahlen. Unerheblich sei schließlich, daß der angebliche Steuervorteil den eigentlichen Zusatznutzen der Altersversorgung darstelle.

Rechtsgrundlage des Hilfsantrags sei § 3 UWG. Irreführend sei der Hinweis auf den angeblichen steuerlichen Zusatznutzen, weil die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des BFH (BB 1989, 676) von einer Aktivierung der Versorgungsanwartschaften abgesehen werden könne, hier nicht vorlägen.

Das Landgericht hat den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Verfügungsanspruch könne nicht auf einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung gestützt werden. Die Voraussetzungen für eine Zugabe habe die Antragstellerin nicht vorgetragen/glaubhaft gemacht. Gegen eine Zugabe spreche schon, daß der "Berater- und Bezugsvertrag" dem Apotheker nicht nur Vorteile verspreche, sondern ihn zu den dort vorgesehenen Gegenleistungen verpflichte. Der eventuelle Steuervorteil könne nicht als Zugabe gewertet werden. Zudem scheitere ein Verstoß gegen § 1 ZugabeVO an den Ausnahmebestimmungen des Abs. 2 b und c.

Auch der Hilfsantrag sei nicht begründet, weil ein Anspruch aus § 3 UWG nicht gegeben/seine Voraussetzungen nicht substantiiert dargetan und glaubhaft gemacht seien.

Gegen den Beschluß des Landgerichts hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Ihr Ziel: Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin gemäß dem erstinstanzlichen Haupt-/Hilfsantrag.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag zum Bestehen eines Verfügungsanspruchs und Verfügungsgrundes.

Die Antragsgegnerin verteidigt demgegenüber den angefochtenen Beschluß unter Hinweis auf ihre schon erstinstanzlich zu den Akten gegebene Schutzschrift.

II.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin Unterlassung gemäß dem gestellten Hauptantrag verlangen. Der Verfügungsanspruch folgt aus den §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO, der Verfügungsgrund aus § 25 UWG (analog).

a) Eine Ware oder Leistung ist Zugabe, wenn sie neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware oder -leistung ohne besondere Berechnung angeboten, angekündigt oder gewährt wird, und der Erwerb der Nebenware vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig und deshalb geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen (BGH WRP 1999, 424, 427 - "Bonusmeilen"; Baumbach/Hefermehl, WettbR 21. Auflage, § 1 ZugabeVO, Rn. 17, jeweils m. w. N.).

Um eine Zugabe handelt es sich begrifflich auch, wenn neben einer Hauptware/-leistung ein bestimmter oder auf eine bestimmte Art zu berechnender Geldbetrag angeboten, angekündigt oder gewährt wird. Doch stellt § 1 Abs. 2 b ZugabeVO klar, daß dies zugaberechtlich erlaubt ist. Da sich der Anwendungsbereich der Zugabeverordnung - im Gegensatz zum RabattG - nicht auf das Verhältnis des Einzelhändlers zum Letztverbraucher beschränkt, hat diese Klarstellung praktische Bedeutung für die vorgeschalteten Wirtschaftsstufen, so u.a. auch für das - hier einschlägige - Verhältnis vom Groß- zum Einzelhändler (Baumbach/Hefermehl, § 1 ZugabeVO, Rn. 74).

Zutreffend ist deshalb der auch von der Antragstellerin geteilte Ausgangspunkt für die zugaberechtliche Beurteilung: Soweit die Antragsgegnerin den Apothekern Preisnachlässe auf die von ihr bezogenen Arzneimittel gewährt, verstößt sie dadurch nicht gegen die Vorschriften der Zugabeverordnung und ebensowenig gegen diejenigen des RabattG.

b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin wie auch des Landgerichts folgt die angebotene Altersversorgung nicht der Beurteilung des alternativ dazu angebotenen Geldnachlasses. Vielmehr erfüllt sie alle Voraussetzungen einer unzulässigen Zugabe:

Sie dient dem Zweck, den Absatz der entgeltlich bezogenen Hauptware zu fördern. Diese Zwecksetzung folgt aus § 2 des "Berater- und Bezugsvertrags"/Ziffer 1 der "Vereinbarung zur Rabattumwandlung", wonach sich der Apotheker verpflichtet, einen bestimmten prozentualen Anteil seines Großhandelsumsatzes bei der Antragsgegnerin zu decken.

Darüber hinaus wird sie dem Apotheker - anders als die bezogene Hauptware -offensichtlich nicht besonders berechnet.

Dem läßt sich nicht entgegenhalten, der Apotheker verzichte zu Gunsten der Altersversorgung auf den ihm statt dessen zustehenden Geldrabatt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Umwandlung des Rabatts in einen Versorgungsanspruch nicht nur ein besonderer Auszahlungsmodus des Rabatts. Die ZugabeVO würde im Geschäftsverkehr mit Wiederverkäufern leerlaufen, wenn es gestattet wäre, dem Abnehmer die Wahl zwischen einem zulässigen Rabatt und einer unzulässigen Zugabe zu lassen.

Die vom Apotheker eingegangene Bezugsverpflichtung spricht ebenfalls nicht gegen, sondern für die Bewertung als Zugabe. Deren Charakteristikum liegt ja gerade darin, daß sie nur im Zusammenhang mit einer entgeltlich angebotenen Hauptware/-leistung abgegeben wird. Nicht anders als der von der Antragsgegnerin eingeräumte Geldrabatt ist auch die alternativ dazu angebotene Altersversorgung an den entgeltlichen Bezug von Arzneimitteln als Hauptware geknüpft.

Gegen die Wertung als Zugabe läßt sich schließlich auch nicht einwenden, der Apotheker sei im Gegenzug verpflichtet, die Antragsgegnerin "in einem zeitlichen Umfang von 1-3 Stunden pro Monat..... in Fragen des Apotheken-Marketing zu beraten" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Berater- und Bezugsvertrag). Denn diese Beratungsleistung kann - aus maßgeblicher Sicht des Apothekers - schon deshalb nicht als Gegenleistung für die von der Antragsgegnerin angebotene Altersversorgung angesehen werden, weil nicht sie, sondern ausschließlich die umgewandelten Rabattansprüche zuzüglich Zinsen deren Höhe bestimmen - abzulesen aus der "Transformationstabelle" = Anlage 2 Versorgungsbedingungen". Es ist deshalb gar nicht möglich, die angesprochene Leistung des Apothekers in ein festes/wenigstens bestimmbares Verhältnis zur Rentenhöhe und damit Gegenleistung der Antragsgegnerin zu setzen, was aber nötig wäre, um der versprochenen Gegenleistung den Charakter der Unentgeltlichkeit zu nehmen (so die auf Seite 3 der Beschwerdeerwiderung zitierte Entscheidung BGH GRUR 1995, 832, 834 "Verbraucherservice"). Vielmehr fehlt es hier an einer einsichtigen Relation zwischen Leistung und Gegenleistung. Deshalb faßt der Apotheker die Altersversorgung als Zuwendung auf, die ihm neben der Ware, nicht aber als Entgelt für seine Beratungstätigkeit gewährt wird, zumal er von dieser Tätigkeit schon deshalb keine Vorstellung haben wird, weil ihr Gegenstand nicht näher konkretisiert ist (vgl. vielmehr § 1 Abs. 1 Satz 2 "Berater- und Bezugsvertrag"). Insoweit deckt sich die vorliegende Beurteilung mit derjenigen, welche das sogenannte "Orbis-Werbesystem" in der von der Antragstellerin mehrfach angesprochenen "Orbis-Reisemarken" Entscheidung erfahren hat. Auch dort führte der Gesichtspunkt, daß die Kunden in der Regel überhaupt keine Vorstellung von der von ihnen erwarteten Werbearbeit hatten, zur Anwendung des Zugaberechts (BGHZ 11, 274, 276).

Schließlich stellt die hier angebotene Altersversorgung auch keine ausnahmsweise zulässige Zugabe dar.

§ 1 Abs. 2 b ZugabeVO nimmt zwar die Zugabe eines bestimmten/auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrages vom Zugabeverbot des § 1 Abs. 1 aus. Die Vorschrift ist hier aber nicht einschlägig. Denn die von der Antragsgegnerin angebotenen (differenzierten) Versorgungsleistungen (§ 1 Abs. 1 Versorgungsbedingungen) sind Versicherungsleistungen und unterscheiden sich damit grundsätzlich von der Zugabe eines Geldbetrags. Gegen die Subsumtion unter § 1 Abs. 2 b ZugabeVO spricht zudem der eigene Sachvortrag der Antragsgegnerin, wonach die Versorgungsleistungen (auch) das Entgelt für die Beratungstätigkeit des Apothekers und für die von ihm eingegangene Bezugsbindung darstellen sollen.

§ 1 Abs. 2 c ZugabeVO ist von vornherein nicht einschlägig (keine Zugabe gleiche Ware).

§ 1 Abs. 2 d ZugabeVO, auf den die Schutzschrift der Antragsgegnerin vor allem abgehoben hat, ist ebenfalls nicht anwendbar. Richtig ist zwar, daß sich der Begriff der Handelsüblichkeit nicht allein an einer allgemeinen tatsächlichen Übung orientieren darf. Deshalb können auch neue Erscheinungsformen - ungeachtet ihrer fehlenden Verbreitung - schon dann als handelsüblich angesehen werden, wenn sie sich nach den Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten halten (BGH GRUR 1991, 329, 330 "Family-Karte"; GRUR 1994, 230, 232 - "Euroscheck-Differenzzahlung"; GRUR.1998, 502, 504 - "Umtauschrecht I" sowie WRP 1999, 424, 428 - "Bonusmeilen"). Ihre rechtliche Grenze findet die Zulässigkeit einer solchen Weiterentwicklung allerdings dort, wo sie im Widerspruch zu den Grundsätzen der Wettbewerbsordnung steht. Zu diesen Grundsätzen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere die Erscheinungsformen der Wertreklame. Werbliche Maßnahmen, die nach Art, Umfang und Zweck einer unzulässigen Wertreklame zuzuordnen sind, können nicht mehr als handelsübliche Nebenleistung angesehen werden (BGH GRUR 1999, 428 -"Bonusmeilen" m. w. N.). Denn jede andere Bewertung würde dem Zweck der Zugabeverordnung widersprechen. Dieser liegt u.a. darin, den Kunden vor unsachlicher Beeinflussung zu schützen (BGH a. a. O.; Baumbach/Hefermehl, Einl. ZugabeVO Rn. 6).

Die Grenzen zulässiger Wertreklame sind hier zweifelsfrei überschritten. Dies zeigt schon der Blick auf die "Transformationstabelle". Danach kann ein 40-jähriger Mann aus einem einmaligen "Umwandlungsbetrag" von 1.000 EURO eine monatliche Altersrente von 27,53 EURO erwarten, die ab Vollendung des 65. Lebensjahres bezahlt wird (§ 3 Abs. 1 "Versorgungsbedingungen"). Dies entspricht einer Jahresrente von 330,36 EURO. Geht man davon aus, daß die durchschnittliche Lebenserwartung eines 40.-jährigen Mannes in Deutschland 75,5 Jahre beträgt (Quelle: Statistisches Jahrbuch 1999, Tabelle 115 - Internationale Übersichten), der heute 40.-jährige die von der Antragsgegnerin zugesagte Altersrente also noch über 10,5 Jahre hinweg beziehen wird, so errechnet sich daraus eine Gesamtrente von 3.469 EURO (10,5 Jahre x 330,36 EURO Jahresrente). Für jeden umgewandelten EURO erhält der 40.-jährige Mann aus dem Beispiel also 3,47 EURO an Rente. Diese Relation zwischen Einzahlung und Leistung erscheint im Vergleich etwa zur gesetzlichen Rentenversicherung so günstig, daß die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung infolge des Werts der Zugabe offensichtlich ist. Vor dem Hintergrund der bekannten Diskussion über die nachlassende Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung erweist sich die von der Antragsgegnerin angebotene Altersversorgung erst recht als so attraktiv, daß die Gefahr besteht, der Apotheker werde vor allem durch den darin liegenden Vorteil dazu veranlaßt, den Berater- und Bezugsvertrag mit der Antragsgegnerin abzuschließen, ohne der Qualität und Preiswürdigkeit der Hauptware/-leistung die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Gerade dieser Gefahr unsachlicher Beeinflussung durch den Wert der Zugabe will aber die Zugabeverordnung entgegenwirken. Daß dieser Zweck nach wie vor Bestand hat, also keineswegs über ein liberaleres Verständnis des Begriffes der Handelsüblichkeit aufgeweicht werden darf, hat der Bundesgerichtshof in der von der Schutzschrift zitierten "Bonusmeilen"-Entscheidung nochmals ausdrücklich klargestellt (a. a. O. Seite 428 - rechte Spalte oben). Ob das Angebot der Antragsgegnerin darüber hinaus den weiteren Zwecksetzungen der Zugabeverordnung (nämlich Schutz des Kunden vor Irreführung und Preisverschleierung) zuwiderläuft, ist nicht entscheidungserheblich und kann deshalb offen bleiben.

c) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin stellt die Ankündigung/Gewährung der Versorgungsleistungen eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs dar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 ZugabeVO i. V. m. § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG). Dem steht insbesondere nicht der von der AG erwartete baldige Wegfall der ZugabeVO entgegen. Denn schon wegen Artikel 20 Abs. 3 GG ist es den Gerichten versagt, eine künftige Entscheidung des Gesetzgebers vorwegzunehmen. So lange die ZugabeVO noch gilt, muß sie deshalb eingehalten werden. Jede gegenteilige Entscheidung würde zudem Nachahmer auf den Plan rufen. Aus denselben Gründen kann ein bevorstehender Wegfall der Zugabeverordnung nicht als Argument zur Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG verwendet werden.

Der im Hauptantrag enthaltene Hinweis auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) ist für die zugaberechtliche Beurteilung ohne Relevanz; er wurde deshalb nicht in den Entscheidungstenor Ziff. 1 übernommen (§ 938 Abs. 1 ZPO).

Da schon der hier verfolgte Hauptantrag begründet ist, bedurfte es keiner Entscheidung über den hilfsweise gestellten Unterlassungsantrag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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