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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 01.08.2002
Aktenzeichen: 2 Ws 120/02
Rechtsgebiete: StPO, OWiG, RPflG


Vorschriften:

StPO § 469
StPO § 464 b
OWiG § 108 a
RPflG § 11
RPflG § 21
Hat das Amtsgericht nach Einstellung des Verfahren durch die Staatsanwaltschaft dem Anzeigeerstatter die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen auferlegt, ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom Rechtspfleger des Amtsgerichts zu erlassen, nicht von dem der Staatsanwaltschaft. Das Strafverfahren kennt - im Gegensatz zum Bußgeldverfahren - einen Kostenfestsetzungsbeschluss der Staatsanwaltschaft nicht.
Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Strafsenat - Beschluss

vom 01. August 2002

Geschäftsnummer: 2 Ws 120/02

in dem Ermittlungsverfahren

wegen Diebstahls

hier: Kostentragungspflicht der Anzeigeerstatterin ...

Tenor:

Zur Entscheidung über die Erinnerung der Anzeigeerstatterin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der Staatsanwaltschaft Rottweil vom 17. April 2002 wird die Sache an den Strafrichter des Amtsgerichts Rottweil abgegeben.

Gründe:

Die Beschwerdeführerin erstattete gegen die Beschuldigte Anzeige wegen eines angeblichen Diebstahls. Die Staatsanwaltschaft Rottweil hat nach Durchführung von Ermittlungen das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Beschwerde der Anzeigeerstatterin und ein nachfolgender Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 StPO sind ohne Erfolg geblieben. Mit Beschluss vom 18. Januar 2002 hat der Strafrichter des Amtsgerichts Rottweil die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beschuldigten der Anzeigeerstatterin .... auferlegt. Mit Beschluss vom 17. April 2002 hat der Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft Rottweil die der Beschuldigten von der Anzeigeerstatterin zu erstatteten Kosten auf 732,89 DM = 374,72 € festgesetzt. Dagegen hat die Anzeigeerstatterin Erinnerung eingelegt. Sie hält die in Ansatz gebrachten Verteidigergebühren für überhöht. Der Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft Rottweil hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie als sofortige Beschwerde dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Der Strafsenat ist für die Entscheidung über die Erinnerung nicht zuständig. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Rechtspflegers handelt es sich nicht um die Durchgriffsbeschwerde nach § 11 Abs. 1 RpflG. - für die übrigens das Landgericht zuständig wäre -. Die Durchgriffsbeschwerde knüpft vielmehr an einen gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss im Sinn von § 464 b StPO an. Im vorliegenden Fall ist die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RpflG. gegeben, die, wenn ihr nicht stattgegeben wird, dem Richter vorzulegen ist. Dies entspricht auch der in § 108 a Abs. 3 OWiG getroffenen Wertung; dort ist bestimmt, dass gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft die Erinnerung stattfindet, über die im Falle der Nichtabhilfe das nach § 68 OWiG zuständige Gericht entscheidet. Da im vorliegenden Fall für die Durchführung des Hauptverfahrens ohne Frage der Strafrichter zuständig gewesen wäre, hat er über die Erinnerung zu entscheiden; erst gegen seine Entscheidung ist gegebenenfalls die Beschwerde eröffnet.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Der Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft war für die Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag nicht zuständig. Diese hätte vielmehr vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts getroffen werden müssen (§§ 464 b Satz 1 StPO, 21 Abs. 1 Nr. 1 RpflG.). Das Strafverfahren sieht in § 464 b StPO einen Kostenfestsetzungsbeschluss durch das Gericht des ersten Rechtszugs vor, nicht aber einen solchen durch die Staatsanwaltschaft. Gericht des ersten Rechtszuges war hier ungeachtet der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gem. § 170 Abs. 2 StPO das Amtsgericht Rottweil. Dieses Gericht hat auch die Kostengrundentscheidung nach § 469 StPO erlassen, an die der Kostenfestsetzungsbeschluss anknüpft. Ein Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der Staatsanwaltschaft ist zwar dem Gesetz nicht gänzlich fremd; wie schon erwähnt, sieht ihn § 108 a Abs. 3 Satz 1 OWiG in Bußgeldsachen vor. Dies ist aber eine ausschließlich dem Ordnungswidrigkeitenverfahren zugehörige Sonderregelung, die einer analogen Anwendung auf das Strafverfahren nicht zugänglich ist. Jene Sonderzuständigkeit des Rechtspflegers der Staatsanwaltschaft basiert ferner darauf, dass in den in § 108 a OwiG bezeichneten Fällen - anders als in § 467 a Nr. 1 StPO - bereits die Kostengrundentscheidung von der Staatsanwaltschaft zu treffen ist (§ 108 a Abs. 1 OWiG). Der vorliegende Fall liegt auch in soweit anders: Die Kostengrundentscheidung ist eine gerichtliche. Beim Gericht bleibt daher auch die Zuständigkeit für den darauf fußenden Kostenfestsetzungsbeschluss.

Der Strafrichter wird daher die Entscheidung der Staatsanwaltschaft aufheben und bestimmen müssen, dass der Rechtspfleger des Amtsgerichts den Kostenfestsetzungsbeschluss zu erlassen hat. Eine diesbezügliche Entscheidung ist dem Senat verwehrt, da er für die Entscheidung über die Erinnerung nicht zuständig ist.

Ende der Entscheidung

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