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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 11.09.2002
Aktenzeichen: 2 Ws 178/02
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 263
StGB § 13
Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer Betrug durch Unterlassen begehen kann, wenn er den Arbeitgeber über für andere erbrachte Berufstätigkeiten, die die Gefahr einer Pflichtenkollision begründen können, nicht aufklärt.
Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Strafsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 2 Ws 178/02

vom 11. September 2002

in der Strafsache

wegen Betrugs u.a.

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Ulm gegen den Beschluss des Landgerichts Ulm vom 05. August 2002, mit dem die Eröffnung des Hauptverfahrens in den Fällen 1 bis 21 der Anklageschrift betreffend den Angeklagten H. und in den Fällen 22 bis 44 der Anklageschrift betreffend den Angeklagten Dr. P. abgelehnt worden ist, wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten H. und Dr. P. fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Mit dem durch die Staatsanwaltschaft angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens insoweit abgelehnt, als in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Ulm .... in den Anklagepunkten .... den beiden Angeklagten H. und Dr. P. tatmehrheitlich begangene Betrugstaten zum Nachteil der Firma ..... (im Folgenden: B GbR) zur Last gelegt wurden. Im übrigen hat die Strafkammer die Anklageschrift zu anderen, den Angeklagten H. und Dr. P. sowie den Angeklagten P. und B. vorgeworfenen Taten ohne Einschränkungen zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Strafkammer zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet.

Nach dem Ergebnis der - nicht ergänzungsbedürftigen - Ermittlungen erwarb die Stadt G. im Oktober 1986 von der Firma H. D. AG ein großflächiges Industriegelände (im Folgenden: M-Gelände). Dieses Gelände war über einen Zeitraum von etwa 140 Jahren industriell genutzt und dabei auch durch Abfallstoffe wie Öl und Ähnlichem verunreinigt worden. Bei dem Erwerb des Grundstückes mit einem Kaufpreis von 6,1 Mio. DM übernahm die Stadt G. die Kosten für die erforderliche Sanierung, um das nahe am Stadtzentrum gelegene Gelände in einem absehbaren Zeitraum zu sanieren und einer städtebaulichen Nutzung zuzuführen. Nach Abschluss des Kaufvertrages ließ die Stadt G. im Jahre 1987 die auf dem M-Gelände befindlichen Fabrikgebäude abreißen und veranlasste die Durchführung von Bodenuntersuchungen, um das Ausmaß der Kontaminierung festzustellen. Die Sanierungskosten wurden zum damaligen Zeitpunkt -1990 - auf rund 2 Mio. DM veranschlagt. Die Bodenuntersuchungen wurden von der B GbR, deren Geschäftsführer der Zeuge Dr. S. ist, durchgeführt. Auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungsergebnisse beschloss der Gemeinderat der Stadt G. am 27. Juni 1990 die Firma ... (im Folgenden: G GmbH), deren Geschäftsführer der Angeklagte B. ist, mit der Entsorgung des kontaminierten Erdreichs zu beauftragen .... Die von der G GmbH vorgeschlagene Art der Entsorgung sah vor, das kontaminierte Bodenmaterial auf biologische Weise durch Anlegen sogenannter "Biobeete" von den Schadstoffen zu befreien. In der Folgezeit änderten sich die Prognosen bezüglich des Sanierungsvolumens. Im Herbst 1991 wurden die gesamten Sanierungskosten bereits mit rund 11 Mio. DM angesetzt. Anfang 1993 wurde auf der Grundlage weiterer Bodenuntersuchungen der Kostenaufwand für die Sanierungsmaßnahmen insgesamt auf rund 28 Mio. DM veranschlagt. Mit der Durchführung der weiteren Bergungs- und Sanierungsarbeiten wurde ebenfalls die G GmbH beauftragt, wobei die Aufträge dem jeweiligen Sanierungsfortschritt entsprechend erteilt wurden. Die Sanierungsmaßnahmen wurden 1998 insgesamt abgeschlossen. Die Stadt G. verfügte nicht über die speziellen geologischen und hydrologischen sowie chemischen Kenntnisse, die für eine effektive Überwachung der Sanierungsarbeiten auf dem M-Gelände erforderlich waren, weshalb sie auch nicht in der Lage war, die Sanierungsarbeiten der G GmbH zu begleiten bzw. zu überwachen. Aus diesem Grunde wurde von der Stadt G. die bereits zuvor mit Bodenuntersuchungen betraute B GbR jeweils auch mit der Überwachung der weiteren Aushub- und Sanierungsarbeiten der G GmbH beauftragt. Die - in einem schriftlichen Vertrag - nicht festgelegte Überwachungstätigkeit der B GbR umfasste im Wesentlichen die fachkundige Begleitung der Bergungsarbeiten nach den Vorgaben ihres vor Ort eingesetzten Mitarbeiters sowie die Klassifizierung, Begutachtung und Einteilung des geborgenen Materials in belastet und unbelastet. Daneben war es Aufgabe der B GbR, Erkundungsbohrungen durchzuführen, Bodenproben zu entnehmen und zu analysieren, das Gelände auf weitere Ölverunreinigungen zu untersuchen und die Stadt G. bei der Beantragung von Zuschüssen und der Ausarbeitung alternativer Sanierungsverfahren beratend zu unterstützen. Von Seiten der B GbR waren die Angeklagten Dr. P. (ab 1991) und H. (ab Frühjahr 1992) mit der Aushubüberwachung auf dem M-Gelände beauftragt. Der Angeklagte H. gründete im Mai 1992 zudem das Ingenieurbüro H. & P. GbR, in dem insbesondere Beratungstätigkeiten in den Bereichen Abbruch- und Bodenentsorgung ausgeübt werden sollten. Der Angeklagte Dr. P. war als freier Mitarbeiter der B GbR berechtigt, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Ab 1993 war der Angeklagte Dr. P. ebenfalls an dem Ingenieurbüro des Angeklagten H. beteiligt. Die Gründung dieses Ingenieurbüros erfolgte im mündlichen Einverständnis mit dem Geschäftsführer der B GbR, dem Zeugen Dr. S., wobei sich die Tätigkeiten des Büros nicht auf Kunden der B GbR erstrecken sollten.

Soweit die Strafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat, lag den Tatvorwürfen bezogen auf den Zeitraum von September 1996 bis Januar 1999 zugrunde, der Angeklagte Dr. P. habe der B GbR .... als freier Mitarbeiter sein Honorar in Höhe von insgesamt 155.707,12 DM und der Angeklagte H. habe .... als Angestellter der B GbR eine objektbezogene Umsatzbeteiligung in Höhe von insgesamt 49.467,03 DM in Rechnung gestellt, wobei beide verschwiegen hätten, dass jeder für sich spätestens seit 1993 mit der eigentlich von ihnen bzw. der B GbR zu kontrollierenden G GmbH eine finanzielle Beteiligung an jeder für kontaminiert erklärten Tonne des von der G GmbH zu entsorgenden Erdreichs auf dem M-Gelände in G. vereinbart und auch erhalten hätte. Durch die Auszahlung des Honorars bzw. der Umsatzbeteiligung sei die B GbR zumindest schadensgleich geschädigt, da die Angeklagten H. und Dr. P. durch die Vereinbarung mit der G GmbH ihre Position als unabhängige Sachverständige aufgegeben hätten. Die B GbR sei damit eventuellen Schadensersatzansprüchen der Stadt G. als der Auftraggeberin für die Entsorgungsarbeiten ausgesetzt. Dass von den Angeklagten nichtkontaminiertes Material fälschlich zu kontaminiertem erklärt worden sei, konnte nach den Ermittlungen nicht festgestellt werden. Zu ihren Gunsten ist davon auszugehen, dass sie ihre Überwachungspflichten mangelfrei erbracht haben.

II.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Strafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens in den ... bezeichneten Anklagepunkten abgelehnt, da insoweit eine Verurteilung der Angeklagten wegen Betrugs oder versuchten Betrugs gegenüber ihrem damaligen Arbeitgeber, der B GbR, nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Zum einen ist der B GbR ein Schaden im Sinne von § 263 StGB (auch in Gestalt einer schadensgleichen Vermögensgefährdung) nicht entstanden; zum anderen wird den Angeklagten H. und Dr. P. nicht nachzuweisen sein, dass sie jeweils Täuschungshandlungen im Sinne des § 263 StGB durch Unterlassen begangen haben, indem sie gegenüber der B GbR pflichtwidrig nicht auf die Vereinbarung zwischen der Firma H. & P. GbR und der G GmbH, diese vertreten durch den Angeklagten B., hingewiesen haben.

Im Ausgangspunkt folgt der Senat zwar der Staatsanwaltschaft, dass eine strafbare Täuschungshandlung dann gegeben sein kann, wenn ein Täter die ihm mögliche Aufklärung eines anderen über eine Tatsache unterlässt, eine Garantenpflicht zur Aufklärung besteht, das Unterlassen der Verwirklichung des Betrugstatbestandes durch aktives Tun entspricht (sogenannte Entsprechensklausel) und die gebotene Aufklärung dem Täter nach den Umständen des Falles zumutbar ist (allgemeine Meinung: vgl. Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl., § 263 Rdnr. 12 ff.; Gramer in Schönke/Schröder, StGB 26. Auflage, § 263 Rdnr. 19 jeweils mit weiteren Nachweisen). Vorliegend sind diese Bedingungen bereits deshalb nicht erfüllt, weil für die Angeklagten keine Garantenpflicht im vorgenannten Sinne bestand.

1. Mit zutreffender Begründung, der sich der Senat insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Strafkammer dargelegt, dass es sich vorliegend zunächst nicht um eine Fallgruppe des sogenannten "Anstellungsbetrugs" handelt (vgl. hierzu Gramer in Schönke/Schröder a.a.O. § 263 Rdnr. 153 ff.), denn die Angeklagten H. und Dr. P. erfüllten zu Beginn ihrer Tätigkeit für die B GbR die fachlichen Voraussetzungen und erbrachten dann auch entsprechend ihrer Befähigung mangelfreie Leistungen.

2. In Betracht kommen könnte hier allein die Verletzung von Aufklärungspflichten aus Vertrag bzw. aus Treu und Glauben nach § 242 BGB (vgl. BGHSt 39, 392 ff.). Während die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Begründung von derartigen Aufklärungspflichten zunächst weit ging, ist der Bundesgerichtshof hiervon indessen weitgehend abgerückt (BGHSt 39, 392, 399 ff.; BGH wistra 1988, 262, 263; Naucke NJW 1994, 2809 ff.). Im Rahmen allgemeiner Vertragsverhältnisse mit gegenseitigen Leistungspflichten setzt eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht nunmehr voraus, dass besondere Umstände, wie etwa ein durch das Vertragsverhältnis vermitteltes besonderes Vertrauensverhältnis, zwischen den Beteiligten bestehen (BGH NJW 2000, 3013, 3014; BGHSt 46, 196, 202 f.). Gefordert werden "besondere Umstände im zwischenmenschlichen Bereich" (BGHSt 39, 392, 401). Dagegen begründet die Höhe eines etwa drohenden Schadens für sich genommen keine Offenbarungspflicht (BGHSt 46, 196, 202). Diese strengen Anforderungen an auf gegenseitigem Vertrauen beruhenden Verbindungen gelten insbesondere dann, wenn - wie hier - von fachlich einwandfreien Leistungen des Schuldners ausgegangen werden muss (vgl. Gramer in Schönke/Schröder a.a.O. § 263 Rdnr. 154).

a) Der Senat teilt die Auffassung der Strafkammer, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis aus den arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen den Angeklagten H. und Dr. P. einerseits und der B GbR andererseits nicht zu entnehmen ist. So stellt der zwischen der B GbR und dem Angeklagten H. am 2. Mai 1990 geschlossene Arbeitsvertrag seinem Inhalt nach ein gewöhnliches Leistungsaustauschverhältnis dar. U. a. sind die darin .... getroffenen Regelungen über die Anzeigepflicht und Genehmigungsbedürftigkeit von Nebenbeschäftigungen allgemein üblich und in ihrer Form nach derart unbestimmt gehalten, dass sie für die Begründung eines besonderen Vertrauensverhältnisses im oben dargelegten Sinne allein nicht herangezogen werden können. Auch ist die über einen Zeitraum von 1996 bis 1999 bezogene Vergütungssumme nicht ungewöhnlich hoch. Die nach mündlicher Billigung des Geschäftsführers; der B GbR durch den Angeklagten H. am 5. Mai 1992 erfolgte Gründung des Ingenieurbüros H. & P. GbR und der dann im Januar 1993 erfolgte Eintritt des Angeklagten Dr. P. in das Büro führten auch nicht dazu, dass die B GbR etwa durch eine gesonderte schriftliche Individualvereinbarung mit den Angeklagten H. und Dr. P. zukünftige Interessenkonflikte ausschloss, welche die Geschäftsfelder der B GbR berühren konnten. Derartige Interessenkonflikte waren deshalb naheliegend, weil es zu dem Tätigkeitsbereich der gegründeten H. & P. GbR gehörte, ebenfalls Beratungstätigkeiten in den Bereichen Abbruch- und Bodenentsorgung, Bauschuttaufbereitung und damit verwandten Gebieten auszuführen. Hinzu kommt, dass dem Geschäftsführer der B GbR, Dr. S der offenbar für die Sanierung des M-Geländes die Gesamtverantwortlichkeit seitens der B GbR innehatte, frühzeitig bekannt war, dass der Angeklagte H. mit dem Geschäftsführer der G GmbH einen ersichtlich persönlichen und geschäftlichen Umgang hatte .....

Auch die Ausgestaltung des freien Mitarbeiterverhältnisses des Angeschuldigten Dr. P. zur B GbR konnte sowohl nach dem Umfang seines Arbeitseinsatzes als auch nach der Höhe seines auf Stundenbasis abgerechneten Honorars kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen diesen Parteien begründen. Zwischen der B GbR und Dr. P. bestand nicht einmal ein schriftlicher Vertrag, der zum Beispiel Art und Umfang der Tätigkeit von Dr. P. bzw. Auflösungsmodalitäten des Arbeitsverhältnisses verbindlich regelte.

b) Auch in der von der B GbR den Angeklagten H. und Dr. P. übertragenen und von diesen auch tatsächlich ausgeübten Überwachung des Erdaushubs des großflächigen M-Geländes ist kein besonderer Umstand zu sehen. Mit dieser Tätigkeit war die B GbR von der Stadt G. zeitlich bereits vor Übertragung dieser Aufgabe im Innenverhältnis an die Angeklagten betraut worden, ohne dass dieser Umstand in Bezug auf das konkrete Sanierungsobjekt in der Folgezeit durch gesonderte vertragliche Vereinbarungen zu besonderen Aufgaben der Angeklagten H. und Dr. P. aufgewertet wurde.

c) Die Staatsanwaltschaft leitet in der Beschwerdebegründung die Offenbarungspflicht der Angeklagten in erster Linie zum einen aus den besonderen Verpflichtungen des Vertragsverhältnisses zwischen der Stadt G. und der B GbR ab, welches sich auf das jeweilige Arbeitsverhältnis zwischen den Angeklagten H. und Dr. P. mit der B GbR als besonderer Umstand ausgewirkt habe. Auch hätten die Angeklagten auf Grund ihrer tatsächlichen Stellung als Ansprechpartner der Stadt G. im Zusammenhang mit sachverständigen Fragen hinsichtlich der Sanierung des M-Geländes darüber hinaus eine besondere Vertrauensstellung innegehabt. Diese Erwägungen genügen hier jedoch bei weitem nicht zur Annahme einer Garantenpflicht in dem oben vom Senat dargelegten Sinn.

Nach dem gefundenen Ermittlungsergebnis bestand zwischen der Stadt G. und der B GbR trotz des erheblichen finanziellen Aufwandes und der großen Bedeutung der Sanierung des M-Geländes für die Stadt kein schriftlicher Vertrag mit einem genau bezeichneten Pflichtenkatalog ..... Für die Einhaltung einer unabhängigen, zuverlässigen und gewissenhaften Kontrolle der Aushubüberwachung seitens der B GbR, insbesondere durch einen genau bezeichneten Personenkreis, welcher - naheliegender Weise - auch für die ihm übertragenen Pflichten persönlich einzustehen gehabt hätte, hat die Stadt G. trotz der sich alsbald abzeichnenden Erhöhung der Sanierungskosten keine vertragliche Vorsorge getroffen, Nach Beauftragung der B GbR erfolgten auf der Grundlage von Beschlüssen des Bauausschusses des Gemeinderates bzw. von Zustimmungserklärungen des Oberbürgermeisters jeweils nach Bedarf Auftragserhöhungen, die auch nicht ausdrücklich schriftlich zwischen der Gemeindeverwaltung und der B GbR vereinbart wurden .... Von der sich geradezu aufdrängenden, der Rechtssicherheit dienenden Möglichkeit, einzelne Personen der B GbR zur Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben konkret zu verpflichten bzw. zu Amtsträgern zu bestellen (vgl. insoweit BGHSt 43, 96 ff.), hat die Stadt G. keinen Gebrauch gemacht. Nicht einmal durch den im Jahre 1993 erkannten Umstand der drastischen Kostensteigerung der Bodensanierungskosten von zunächst rund 2 Mio. DM auf 28 Mio. DM, die allseits als "Kostenexplosion" bezeichnet wurde, sah sich die Stadt G. zu einer Änderung ihrer gegenüber der B GbR ausgeübten Praxis veranlasst, Sanierungsumfang und Sanierungsziel gegenüber der B GbR verbindlich zu bestimmen .....

Ist demnach schon nicht eindeutig, welche über das allgemeine Vertragsverhältnis hinausgehenden besonderen Pflichten zwischen der Stadt G. und der B GbR konkret vereinbart waren, kann überhaupt nicht davon ausgegangen werden, diese besonderen "ungeschriebenen" Verpflichtungen hätten sich gerade auf das jeweilige Vertragsverhältnis zwischen der B GbR und den Angeklagten H. und Dr. P., welche lediglich als freie und nicht als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige aufgetreten sind, erstreckt und ausgewirkt. Dass die Stadt G. dem Angeklagten H. als früherem Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes über seine Tätigkeit bei der B GbR hinaus besonderes Vertrauen entgegen brachte, betrifft insoweit nicht das hier maßgebliche Rechtsverhältnis zwischen der B GbR und dem Angeklagten H..

Darüber hinaus waren sowohl der B GbR als auch den dafür Verantwortlichen der Stadt G. seit langem bekannt, dass die Angeklagten H. und Dr. P. diverse Tätigkeiten für die G GmbH ausübten. Der Zeuge Dr. S. wusste als Geschäftsführer der B GbR - wie bereits oben dargelegt wurde -, dass die Angeklagten H. und Dr. P. nach Gründung der Firma H. & P. GbR, welche auch für die G GmbH bei verschiedenen Projekten tätig gewesen waren, u. a. auch hinsichtlich der auf dem M-Gelände befindlichen "Biobeetanlage" der G GmbH ... Wenn der Zeuge Dr. S. bei dieser Sachlage keine Anzeichen für eine drohende Interessenkollision erkennen wollte und für die B GbR in der Folgezeit weder Nachforschungen anstellte, noch entsprechende Auskünfte von seinen Mitarbeitern H. und Dr. P. über den Umfang und den konkreten Inhalt der vertraglichen Beziehungen der Firma H. & P. mit der G GmbH verlangte, schließt der Senat hieraus, dass es der B GbR hierauf auch nicht entscheidend ankam. Nahm die B GbR eine Interessenkollision hin, ist eine strafrechtliche relevante Garanten-Stellung nicht erkennbar. Schließlich gehört es nicht zum vom Betrugstatbestand geschützten Rechtsgut, sorglose Menschen gegen die Folgen ihrer eigenen Sorglosigkeit zu schützen (BGH NJW 2001, 2187, 2188).

d) Überdies verfügte auch die Stadt G. über Erkenntnisse, die eine Interessenkollision zwischen den Beteiligten nahe legten, wie der Gesamtschau der Aussagen der Zeugen Dr. S..... und W..... zu entnehmen ist ... (wird ausgeführt) ... Die Kenntnis dieser Umstände muss sich die Stadt G. in vollem Umfang zurechnen lassen. ....(wird ausgeführt).

Unabhängig hiervon hat die G GmbH der Stadt G. zusammen mit einer Rechnung vom 9. Juli 1993 einen von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht der Firma H. & P. GbR bezüglich des "Biobeestes" vorgelegt..... Aus dieser Rechnung wird überdeutlich, dass die Firma H. & P. GbR für die G GmbH im Zusammenhang mit der biologischen Reinigung von kontaminiertem Erdaushub auf dem M-Gelände tätig war. Darüber hinaus verwendete der Angeklagte Dr. P. im Geschäftsleben Visitenkarten, aus denen sich (auch) seine Zugehörigkeit zur G GmbH ergab .....

Die Gesamtschau dieser Beweisergebnisse legt nahe, dass die verantwortlichen Personen der beteiligten Parteien eindeutig Kenntnis von den Verflechtungen zwischen den Angeklagten H. und Dr. P. mit der B GbR einerseits und mit der G GmbH andererseits hatten. Es ist deshalb wenig wahrscheinlich, dass bei diesem Personenkreis überhaupt noch ein Irrtum über den Umfang des tatsächlichen Geschäftsgebarens der Angeklagten H. und Dr. P. hervorgerufen werden konnte. Aus der Tatsache, dass eine Kontrolle der Angeklagten H. und Dr. P. durch die Stadt G. nicht erfolgte, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass ihnen ein besonderes Vertrauen entgegen gebracht wurde. Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

e) Indizien spricht gegen die Absicht der Angeklagten H. und Dr. P., sich einen rechtwidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, dass sie spätestens seit 1993 davon ausgehen mussten, ihre (Neben-) Tätigkeit für die G GmbH sei bekannt. Da die B GbR als Arbeitgeberin trotz entsprechender Anhaltspunkte nichts unternommen hatte, die Nebentätigkeit auf entsprechende Interessenkollisionen zu prüfen, bestand für die Angeklagten im Nachhinein auch keine entsprechende Offenbarungspflicht, die zumindest strafrechtlich relevant gewesen sein könnte. Die bloße Anstößigkeit ihres Schweigens genügt für die Annahme eines besonderen Vertrauensverhältnisses nicht (vgl. BGH wistra 1988, 262, 263).

3. Im übrigen ist auch das Vorliegen eines Betrugsschadens wenig wahrscheinlich. Dass die von den Angeklagten H. und Dr. P. erbrachten Tätigkeiten keinen Wert gehabt bzw. zu einem Schaden bei der B GbR geführt hätten, lässt sich nach dem Ermittlungsergebnis nicht sagen. Beide Angeklagten kamen - wie schon dargelegt im vollen Umfang ihren Überwachungspflichten gegenüber der B GbR nach und haben insoweit fachlich korrekt gearbeitet. Dass dadurch auch nur eine schadensgleiche Vermögensgefährdung im Sinne von § 263 StGB eingetreten wäre, lässt sich nicht feststellen.

Da insoweit - auch nicht unter Heranziehung des wesentlichen Ermittlungsergebnisses hinsichtlich des von der Strafkammer zugelassenen Teils der Anklageschrift - kein hinreichender Tatverdacht des Betrugs durch Unterlassen zum Nachteil der B GbR besteht, ist die (teilweise) Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens durch die Strafkammer nicht zu beanstanden ......

Ende der Entscheidung

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