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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 15.08.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 227/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 112 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart

- 2. Strafsenat -

Beschluss

vom 15. August 2007

Geschäftsnummer: 2 Ws 227/2007

15 Js 27669/06 StA Ravensburg

in der Strafsache gegen

wegen gefährlicher Köperverletzung,

Tenor:

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Ravensburg vom 03. August 2007 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme am 11. Dezember 2006 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts R. vom 12. Dezember 2006 seit diesem Tag in Untersuchungshaft.

Das Amtsgericht R. verurteilte ihn am 09. Mai 2007 wegen der dem Haftbefehl zugrunde liegenden Tat - einer gefährlichen Körperverletzung - zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr. Die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe setzte es nicht zur Bewährung aus. Im Urteil des Amtsgerichts R. wurde dem Opfer der Straftat ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,- € zugesprochen. Seit dem 26. Juni 2007 ist das Verfahren zu Entscheidung über die zulässige Berufung des Angeklagten beim Landgericht R. anhängig. Auf den Antrag des Angeklagten vom 30. Juli 2007, den Haftbefehl aufzuheben oder hilfsweise außer Vollzug zu setzen, beschloss das Landgericht R. am 03. August 2007, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts R. aufrechterhalten und in Vollzug bleibt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Angeklagten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Angeklagte ist dringend verdächtig, am 11. Dezember 2006 den für ihn zuständigen Leiter der Ausländerbehörde W. während dessen ordnungsgemäßer Ausübung seiner Dienstgeschäfte ohne jeden rechtfertigenden Grund mit mehreren Faustschlägen zu Boden geschlagen und sodann seinem auf dem Boden liegenden Opfer mehrere Tritte gegen den Oberkörper versetzt und es mit einem Keramikübertopf beworfen zu haben. Dies hatte zur Folge, dass der Amtsleiter sowohl erhebliche körperliche als auch psychische Folgen davon trug, wobei letztere zu einer bis zum heutigen Tag andauernden Dienstunfähigkeit führten.

Der dringende Tatverdacht ergibt sich insbesondere aus den Angaben des Opfers, und bezüglich der Tatfolgen aus den vorgelegten ärztlichen Attesten sowie dem amtsärztlichen Zeugnis vom 10. Juli 2007. Auch der Angeklagte selbst bestreitet die Tatvorwürfe nicht, beruft sich jedoch zum Teil auf Erinnerungslücken.

Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Dem Angeklagten droht im Falle der Verwerfung seiner Berufung die - vom Amtsgericht ohne Strafaussetzung zur Bewährung verhängte - Freiheitsstrafe von einem Jahr, sowie die Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 4.000,- €. Auch unter Berücksichtigung der über acht Monate andauernden Untersuchungshaft ergibt sich hieraus ein Fluchtanreiz, dem ausreichende fluchthemmende soziale Bindungen nicht entgegenstehen.

Der Angeklagte ist X. Staatsangehöriger. Er ist geschieden. Seine geschiedene Ehefrau - zu der er ein freundschaftliches Verhältnis unterhält - und die gemeinsamen Kindern halten sich ebenso wie der Bruder des Angeklagten und weitere Familienangehörige im X. auf. In Deutschland verfügt der Angeklagte nicht über tragfähige soziale Kontakte. Er lebte zuletzt von staatlichen Leistungen in Höhe von 150,- € monatlich. In der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in W. kam es zu erheblichen Streitigkeiten mit Mitbewohnern, in deren Folge der Angeklagte die Unterkunft im Oktober 2006 verlies und untertauchte.

Bei Würdigung sämtlicher Umstände besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich der Angeklagte - käme er auf freien Fuß - dem weiteren Verfahren entziehen würde.

Mildere Maßnahmen als der weitere Vollzug der Untersuchungshaft, die angesichts ihrer bisherigen Dauer und der Tatschwere auch noch verhältnismäßig ist, reichen zur Sicherung des Haftzwecks nicht aus.

Das Verfahren ist bisher auch mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Die Anklageerhebung erfolgte eine Woche nach der vorläufigen Festnahme des Angeklagten am 18. Dezember 2006. Das Amtsgericht R. beschloss am 28. Dezember 2006 - nachdem psychische Auffälligkeiten des Angeklagten im Vollzug bekannt geworden waren - die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Das Gutachten ging am 19. März 2007 beim Amtsgericht ein. Bereits am Tag danach hat das Amtsgericht das Hauptverfahren eröffnet und Termin auf den 09. Mai 2007 bestimmt, an welchem nach Durchführung der erstinstanzlichen Hauptverhandlung das Urteil verkündet wurde. Das Landgericht R. hat unmittelbar nach dem Eingang der Akten am 26. Juni 2007 geprüft, wann frühestens ein Termin zur Berufungsverhandlung zur Verfügung steht, und diesen nach urlaubsbedingter Abwesenheit des Vorsitzenden am 31. Juli 2007 auf den 14. September 2007 bestimmt. Damit ist das Verfahren insgesamt mit der erforderlichen Beschleunigung bearbeitet worden.



Ende der Entscheidung

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