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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 22.09.2009
Aktenzeichen: 20 W 20/06
Rechtsgebiete: UmwG


Vorschriften:

UmwG § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart 20. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 20 W 20/06

22.09.2009

In Sachen

wegen Spruchverfahren

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Präsident des Oberlandesgerichts Stilz Richter am Oberlandesgericht Kittel Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwörer

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerden der Antragsteller Ziffer 5) und 8) gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 16.10.2006, Az. 34 AktE 22/01 KfH, werden zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Antragsteller begehren als ehemalige Aktionäre der L. AG (im Folgenden L) im Spruchverfahren eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses ihrer Anteile bei der Verschmelzung der L auf die Antragsgegnerin durch Bestimmung einer baren Zuzahlung.

I.

Gegenstand des Unternehmens beider Gesellschaften ist der Betrieb einer Bausparkasse.

1.

Das Grundkapital der L betrug 85,5 Mio. DM und war eingeteilt in 17,1 Mio. auf den Inhaber lautende Stückaktien (Verschmelzungsbericht [im Folgenden VB] S. 11). Die Aktien der L waren zum Börsenhandel mit nicht-amtlicher Notierung ("geregelter Markt") an der Wertpapierbörse zu S. zugelassen; sie wurden darüber hinaus im Freiverkehr an den Wertpapierbörsen zu F. und D. gehandelt (VB S. 48).

2.

Das Grundkapital der Antragsgegnerin betrug 300 Mio. DM. Es war ursprünglich eingeteilt in 3.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien; die Hauptversammlung der Antragsgegnerin beschloss am 22.05.2001, das Grundkapital auf 153.387.564,36 Euro umzustellen und in 66 Mio. auf den Namen lautende Stückaktien neu einzuteilen (VB S. 15). Die Aktien der Antragsgegnerin wurden ausschließlich von der W. & W. AG (im Folgenden W&W) gehalten (VB S. 15). Sie waren und sind nicht börsennotiert.

3.

Die W&W hielt außerdem circa 98,3% der Aktien der L. Davon hielt sie unmittelbar circa 0,8% sowie circa 41,9% über die 2. Beteiligungsgesellschaft für die W. V. mbH & Co. KG und circa 55,6% über die Antragsgegnerin, welche diese Aktien 1999/2000 von der C. AG erworben hatte (Bl. 25, 183). 1,74% der Aktien der L befanden sich in Streubesitz (GA S. 6).

4.

Die Vorstände der L und der Antragsgegnerin beauftragten gemeinsam die E. & Y., S., (im Folgenden E&Y) und die W. E. D. I.-T. GmbH ., M., (im Folgenden WEDIT) mit der Durchführung einer Unternehmensbewertung der Antragsgegnerin und der L (VB S. 28). Die Unternehmensbewertung wurde unter Zugrundlegung der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des Instituts der Deutschen Wirtschaftsprüfer (IDW S1), Stand 28.06.2000, nach dem Ertragswertverfahren durchgeführt (VB S. 29). Nach Abschluss der Unternehmensbewertungen durch Vorlage der Bewertungsgutachten am 15.05.2001 haben sich die Vorstände der Antragsgegnerin und der L auf den Inhalt eines Verschmelzungsvertrags verständigt (VB S. 29). Dabei wurde in § 2 Abs. 1 Satz 1 festgelegt, dass für je eine auf den Inhaber lautende Stückaktie der L je eine auf den Namen lautende Stückaktie der W gewährt wird (VB S. 104).

5.

Mit Zustimmung der Aufsichtsräte der jeweiligen Gesellschaften schlossen die Vorstände der Antragsgegnerin und der L am 22.05.2001 den notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag, durch den die L ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung von Aktien der Antragsgegnerin übertrug (VB S. 103 ff.). Am selben Tag wurde der Verschmelzungsbericht unterzeichnet (VB S. 108).

Auf gemeinsamen Antrag der Vorstände der Antragsgegnerin und der L war bereits durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 13.12.2000 die KPMG (im Folgenden KPMG) zum Verschmelzungsprüfer für beide an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften bestellt worden (vgl. Prüfungsbericht [im Folgenden PB] S. 1, VB nach S. 109). Der auf den 23.05.2001 datierte Prüfungsbericht der KPMG bezeichnete das im Verschmelzungsvertrag festgelegte Umtauschverhältnis als angemessen (PB S. 17).

Dem Verschmelzungsvertrag stimmten die Hauptversammlung der L am 17.07.2001 und die Hauptversammlung der Antragsgegnerin am 18.07.2001 zu. Am 12.09.2001 wurde die Verschmelzung in das Handelsregister Antragsgegnerin eingetragen. Mit Ablauf dieses Tages endete die Börsennotierung der Aktien der L (vgl. VB S. 48).

II.

Die Ermittlung der Unternehmenswerte der L und der Antragsgegnerin zum 17.07.2001 sind im Verschmelzungsbericht näher dargestellt, auf den verwiesen wird. Er enthält unter anderem folgende Angaben (VB S. 49 ff.):

1.

Die Zinssätze zur Abzinsung künftiger Erträge beider Unternehmen wurden wie folgt festgelegt (VB S. 57 ff.):

 Kapitalisierungszinssätze VB 61Detailplanungsphaseewige Rente
Basiszinssatz in %6 6 
Risikozuschlag in %2 3 
Zwischensumme in %8 9 
./. typisierte persönliche Ertragsteuer 35%2,8 3,15 
./. Wachstumsabschlag in %0 1 
Ergebnis in %5,2 4,85

2.

Für beide Unternehmen wurde die Unternehmensplanung in der Detailplanungsphase (2001-2005) anhand einer Analyse der Vergangenheitsdaten (1996-2000) plausibilisiert. Die Erträge für die Phase der ewigen Rente (2006 ff.) wurden mit - im einzelnen dargelegten - Abweichungen aus den Planzahlen für das Jahr 2005 abgeleitet.

Die Planung beider Unternehmen geht von einer allgemein günstigen Wirtschaftsentwicklung mit einem Anstieg der verfügbaren Nominaleinkommen und zwar rückläufigen Wohnungsbauinvestitionen, aber wachsenden Bestandsmaßnahmen aus (VB 64 f.). Dabei wurde ein Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus unterstellt (VB S. 66, 72).

3.

Bei der Antragsgegnerin wurden für die Detailplanungsphase folgende Erträge prognostiziert (VB S. 64, 68):

 Beträge in Mio. DM20012002200320042005
Zinsüberschuss555625666706739
Provisionsüberschuss5547403533
Dienstleistungsergebnis139142148153153
Personalaufwand-357-365-370-377-384
andere Verwaltungsaufwendungen-247-248-249-252-246
Sonstige betriebliche Erträge/Aufwendungen1599916
Betriebsergebnis vor Risikovorsorge160210244274311
Risikovorsorge-24-20-19-15-16
Zuführung/Auflösung BT Fonds197-13-55-65
Ergebnis vor Steuern155197212204230
Steuern auf Unternehmensebene-69-105-118-101-114
Ergebnis nach Unternehmenssteuern869294103116
persönliche Steuern-15-16-16-18-20
zu kapitalisierendes Ergebnis7176788596

Trotz des Rückgangs des Neugeschäfts im Jahr 2000 wurde unter Verweis auf die von Vorstand und Vertriebsführung beschlossenen Neugeschäftsziele bis zum Jahr 2005 für die Detailplanungsphase ein Wachstum des Neugeschäfts angenommen. Zur Begründung wurde neben der positiven Einschätzung der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung und den erwarteten Beiträgen der Kooperationspartner P. und W.V. darauf verwiesen, dass der Rückgang im Jahr 2000 auf Tarifwechsel und vorgezogenes Neugeschäft beruhe (VB S. 65). Insgesamt wurde ein Anstieg des Neugeschäfts im Planungszeitraum um durchschnittlich 2,0% angenommen (VB S. 65).

Auf der Grundlage der Unternehmensplanung zum Neugeschäft und den Annahmen zur allgemeinen Zinsentwicklung in der Detailplaungsphase wurde ein langfristiger bauspartechnischer Simulationslauf durchgeführt (VB S. 65). Dabei ergab sich zwar eine Zunahme der Bauspareinlagen im Durchschnitt um 2,0% p.a., aber eine Reduzierung der Bauspardarlehen um jährlich durchschnittlich 1,9%; im Bereich der Vorausdarlehen und Zwischenkredite (Außerkollektivgeschäft) wurde eine Steigerung um durchschnittlich 9,2% p.a. angenommen (VB S. 66). Daraus wurde eine Erhöhung des Zinsüberschusses im Verhältnis zur Bilanzsumme (Gesamtzinsmarge) von 2,3 auf 2,6% abgeleitet (VB S. 66). Ausschlaggebend war dabei die im Vergleich zu Alttarifen um 0,25-Prozenpunkte höhere Zinsmarge des 1999 neu aufgelegten Tarifs 1 (im Folgenden Tarif 1) (VB S. 66).

Die in der Unternehmensplanung ab dem Jahr 2003 vorgesehene Erhöhung der Marge im Bauspargeschäft (Kollektivgeschäft) wurde wegen Bedenken ob der nachhaltigen Erzielbarkeit der Zinsüberschüsse eliminiert, mit der Folge, dass sich die Marge insgesamt nur um 0,2% erhöht. Zudem wurde der Zinsüberschuss für die Phase der ewigen Rente um die nachhaltigen Auswirkungen des Tarifs 1 korrigiert und der nach den Ergebnissen der langfristigen Simulation nachhaltig wieder ansteigende Anlagegrad berücksichtigt (VB S. 66 f.).

Im Übrigen wurden die Planungen für das letzte Jahr der Detailplanungsphase in die Phase der ewigen Rente übernommen. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich lediglich aus dem Umstand, dass dem durch § 6 Abs. 1 Bausparkassengesetz vorgeschriebenen Fonds zur bauspartechnischen Absicherung (im Folgenden BT-Fonds, VB S. 55) letztmalig im Jahr 2005 Mittel i.H.v. 65 Mio. DM zugeführt werden, weil damit die erforderliche Ausstattung i.H.v. 3% der Bauspareinlagen erreicht worden sei (VB S. 55, 67 f.).

Die Risikokosten wurden aus den bereinigten Risikoquoten der tatsächlichen Ausfälle der vergangenen 10 Jahre abgeleitet. Dabei wurde unterstellt, dass die seit 1996 zu verzeichnenden, erheblich über dem langjährigen Durchschnitt liegenden Risikokosten im Kreditgeschäft nur langsam und in einem geringeren Umfang wieder reduziert werden können (VB S. 67).

Insgesamt wurde ein Barwert der künftigen Erträge i.H.v. 2.554 Mio. DM ermittelt, der um den Wert der Pensionsverpflichtungen (11 Mio. DM) gekürzt und um 55,6% des Unternehmenswerts der L abzüglich fiktiver Veräußerungssteuern (insgesamt 424 Mio. DM ) ergänzt wurde, um der Beteiligung an der L Rechnung zu tragen (VB S. 69). Daraus errechnete sich aufgezinst zum 17.07.2001 ein Unternehmenswert der Antragsgegnerin i.H.v. 3.051 Mio. DM oder 46,23 DM je Aktie (VB S. 69).

4.

Bei der L wurden für die Detailplanungsphase folgende Erträge prognostiziert (VB S. 71, 75):

 Beträge in Mio DM20012002200320042005
Zinsüberschuss219233232233244
Provisionsüberschuss2725252626
Dienstleistungsergebnis    
Personalaufwand-102-104-105-106-109
andere Verwaltungsaufwendungen-73-74-73-73-74
Sonstige betriebliche Erträge/Aufwendungen67777
Betriebsergebnis vor Risikovorsorge7787868794
Risikovorsorge-3-3-3-4-4
Zuführung/Auflösung BT Fonds620-18-3
Ergebnis vor Steuern8086836587
Steuern auf Unternehmensebene-36-40-41-26-25
Ergebnis nach Unternehmenssteuern4446423962
persönliche Steuern-8-8-7-7-11
zu kapitalisierendes Ergebnis3638353251

Trotz des Rückgangs des Neugeschäfts in der Vergangenheit wurde unter Verweis auf die von Vorstand und Vertriebsführung beschlossenen Neugeschäftsziele bis zum Jahr 2005 für die Detailplanungsphase ein Wachstum des Neugeschäfts angenommen. Angesichts des Wegfalls des bisherigen Kooperationspartners C. AG wurde dieses aber nur mit durchschnittlich 1,8% beziffert (VB S. 72).

Auf der Grundlage der Unternehmensplanung zum Neugeschäft und den Annahmen zur allgemeinen Zinsentwicklung wurde auch hier ein bauspartechnischer Simulationslauf durchgeführt (VB S. 72 f.). Dabei ergab sich eine Reduzierung der Bauspareinlagen im Durchschnitt um 1,0% p.a. und eine Reduzierung der Bauspardarlehen um jährlich durchschnittlich 4,2%; im Bereich der Vorausdarlehen und Zwischenkredite wurde dagegen wie bei der Antragsgegnerin - allerdings prozentual höher - eine Steigerung angenommen (VB S. 73). Daraus wurde eine Gesamtzinsmarge von zwischen 2,4 und 2,5% abgeleitet (VB S. 73).

Für die Phase der ewigen Rente wurde allerdings eine Verbesserung der Zinsmarge aufgrund der Annahme berücksichtigt, dass die Absenkung der Boni für Renditesparer, also die Reduzierung der erhöhten Verzinsung der Einlagen bei Nichtinanspruchnahme des Darlehens, die Reduzierung der Zinsmarge um 0,1% bei den Konstantdarlehen, also den Vorausdarlehen und der Zwischenfinanzierung, übersteigt (VB S. 73).

Im Bereich der Provisionsüberschüsse wurde dagegen in der Phase der ewigen Rente die Reduzierung der Abschlussgebühren beim Tarif "L.-R." auf den branchenüblichen Satz von 1% berücksichtigt. Dabei wurde unterstellt, dass nur die Hälfte der daraus resultierenden Ertragseinbußen durch Kürzungen bei den Provisionsaufwendungen kompensiert werden könne (VB S. 73).

Die Risikokosten wurden wie bei der Antragsgegnerin aus den bereinigten Risikoquoten der tatsächlichen Ausfälle der vergangenen 10 Jahre abgeleitet. Dabei wurde festgestellt, dass die seit 1996 zu verzeichnenden erhöhten Risikokosten erheblich über dem langjährigen Durchschnitt lägen. Der zunehmenden Bedeutung des im Vergleich zum Bauspardarlehensgeschäft risikoträchtigeren Vorausdarlehensgeschäfts sei in der Phase der ewigen Rente durch einen Zuschlag Rechnung getragen worden (VB S. 74).

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Detailplanungsphase und der Phase der ewigen Rente ergibt sich auch hier aus dem Umstand, dass dem BT-Fonds nach dem Jahr 2005 keine Mittel mehr zugeführt werden sollen (VB S. 74).

Im Übrigen wurden die Planungen für das letzte Jahr der Detailplanungsphase in die Phase der ewigen Rente übernommen (VB S. 75).

Insgesamt wurde ein Barwert der künftigen Erträge i.H.v. 712 Mio. DM ermittelt, der um den Wert der Pensionsverpflichtungen (5 Mio. DM) gekürzt und um 62 Mio. DM ergänzt wurde, um dem Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Rechnung zu tragen (VB S. 75). Daraus errechnete sich aufgezinst zum 17.07.2001 ein Unternehmenswert der Antragsgegnerin i.H.v. 791 Mio. DM oder 46,23 DM je Aktie (VB S. 76).

III.

Die Antragsteller halten das Umtauschverhältnis von 1 : 1 für unangemessen. Sie beantragten eine bare Zuzahlung. Die L sei im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu niedrig bewertet worden.

Dazu haben sie in erster Instanz insbesondere gerügt, dass das prognostizierte Ergebnis der Antragsgegnerin trotz erheblicher Rückgänge in der Vergangenheit deutlich ansteige. Dass sich bei zwei gleichartigen, auf dem selben Markt agierenden Unternehmen die Ergebnisse vor Steuern so unterschiedlich entwickeln sollen, wie in dem Unternehmenswertgutachten E&Y und WEDIT angenommen, sei nicht plausibel. Der Basiszinssatz und der Risikozuschlag seien zu hoch, der Wachstumsabschlag dagegen zu niedrig angesetzt. Außerdem rügten die Antragsteller, dass der Verschmelzungsvertrag keinen Ausgleich für den Verlust der Fungibilität der Aktien der L vorsehe.

Der vom Landgericht bestellte Sachverständige stellte in seinem Gutachten vom 20.10.2005 (vgl. Bl. 132 [im Folgenden GA]) fest, dass der Ertragswert beider Gesellschaften höher festzusetzen sei. Der Ertragswert der L sei allerdings in der Summe um 34,8 Mio. DM, derjenige der Antragsgegnerin um insgesamt 22,4 Mio. DM zu erhöhen (GA S. 82). Da sich die Änderungen dennoch weitgehend neutralisierten, erechne sich auf der Basis der erhöhten Werte ein Umtauschverhältnis von 1,036 Aktien der Antragsgegnerin je Aktie der L bzw. eine Zuzahlung i.H.v. 1,69 DM (0,87 Euro) je Aktie der L (GA S. 83).

Das Landgericht hat die Anträge auf Festsetzung einer baren Zuzahlung durch Beschluss vom 16.10.2006 (Bl. 189 ff.) zurück gewiesen. Nach dem Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens könne sich - bei der gebotenen Berücksichtigung der Änderungen im Wert der Beteiligung der Antragsgegnerin an der L - zwar eine Abweichung von + 3,1% zugunsten der Antragsteller gegenüber dem vereinbarten Umtauschverhältnis ergeben (Bl. 197). Bei Zugrundelegung der vom Sachverständigengutachten in Bezug auf die Prognose der Risikokosten abweichenden Auffassung des Gerichts ergebe sich aber eine Abweichung von - 3,6% zu ihren Lasten (Bl. 205). Wegen der Beeinträchtigung der Handelbarkeit der Anteile sei keine bare Zuzahlung geboten, da keine Methode zur isolierten Berechnung des Werts der Börsennotierung existiere; eine Abfindung zum Ersatz des Werts der Aktien der L im Ganzen sei nicht beantragt (Bl. 208).

IV.

Gegen den ihnen am 03.11.2006 zugestellten Beschluss (Bl. 209a, 209g) haben die Antragstellerin Ziffer 5) am 17.11.2006 (Bl. 220, 222) sowie der Antragsteller Ziffer 8) am 14.11.2006 (Bl. 213 f.) sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller Ziffer 8) hat zur Begründung seiner Beschwerde im Wesentlichen ausgeführt (Bl. 254 ff.):

Die Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses folge aus einer überzogenen "Ertragsexplosion" auf Seiten der Antragsgegnerin; der Anstieg ihres entnahmefähigen Ergebnisses von 71 Mio. DM zu Beginn der Detailplanungsphase auf 138 Mio. DM in der Phase der ewigen Rente entbehre jeder Grundlage (Bl. 255).

Die Überbewertung der Antragsgegnerin beruhe in erster Linie auf der fehlerhaften Annahme einer Ausweitung der Zinsmarge, der ihrerseits die durch Marktdaten zum Bewertungsstichtag nicht gedeckte und ex post widerlegte Annahme eines Zinsanstiegs ab dem Jahr 2001 zugrunde liege (Bl. 255). Dem Senat sei die Unzulässigkeit marktwidriger Zinsprognosen im Verfahren 20 W 5/05 betreffend die Verschmelzung der W&W ausführlich dargelegt worden; die Beiziehung der dortigen Akten wurde beantragt (Bl. 255).

Der gerichtliche Sachverständige habe die fehlerhaften Zinsprognosen im Wesentlichen übernommen; dadurch werde der verfassungsrechtliche Anspruch der Minderheitsaktionäre auf gerichtliche Überprüfung der Abfindung unterlaufen (Bl. 255). Daher sei ein neues Bewertungsgutachten einzuholen, das nicht auf einer marktwidrigen Zinsprognose, sondern auf der Zinsstrukturkurve des Bewertungsstichtags beruhe (Bl. 256).

Im Übrigen rügt der Antragsteller Ziffer 8) Fehleinschätzungen des Landgerichts, zu denen er sich weiteren Vortrag vorbehält. Beispielhaft verweist er dazu auf die Annahme des Landgerichts, Bausparverträge würden nur dann abgeschlossen, wenn mittelfristig auch die Wahrscheinlichkeit bestehe, dass ein Darlehen in Anspruch genommen wird und verweist dazu auf den von ihm bereits vor 20 Jahren im Rahmen der Inanspruchnahme vermögenswirksamer Leistungen ohne Absicht des Immobilienerwerbs abgeschlossenen Vertrag (Bl. 257).

Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen (Bl. 261).

B.

Die zulässigen Beschwerden der Antragsteller Ziffer 5) und 8) bleiben in der Sache ohne Erfolg, da die zulässigen Anträge auf Festsetzung einer baren Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwG unbegründet sind.

I.

Das im Verschmelzungsvertrag festgesetzte Umtauschverhältnis ist nicht zu niedrig bemessen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 UmwG.

1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers Ziffer 8) bedarf es keines weiteren Gutachtens zum Wert der L bzw. der Antragsgegnerin.

a) Zu Recht hat das Landgericht die von den Antragstellern in erster Instanz behaupteten Mängel der Verschmelzungsprüfung zurückgewiesen.

Der Umstand, dass der Prüfungsbericht und der Bericht der Antragsgegnerin zeitlich teilweise parallel erstellt wurden, ist nicht zu beanstanden (OLG Stuttgart, NZG 2004, 146 [juris Rn. 21 ff.]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 114 [juris Rn. 26]; BGH ZIP 2006, 2080 [juris Rn. 14]).

Inhaltlich lässt der Prüfungsbericht keine Mängel erkennen. Zwar hat der Verschmelzungsprüfer auch die Angemessenheit des vereinbarten Umtauschverhältnisses zu prüfen. Das bedeutet aber nicht, dass er die beteiligten Unternehmen nochmals vollständig neu zu bewerten hätte. Vielmehr hat er zu beurteilen, ob die angewendeten Methoden der Unternehmensbewertung sowie die getroffenen Prognose- und Wertungsentscheidungen vertretbar waren und den Regeln einer ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung entsprachen (vgl. Lutter/Drygala in Lutter, UmwG, 4. Aufl., § 9 Rn. 11; Müller in Kallmeyer, UmwG, 3. Aufl., § 9 Rn. 19; Mayer in Widmann/Mayer, UmwG, § 9 Rn. 33).

b) Die Einholung eines neuen Gutachtens ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der gerichtliche Sachverständige die der Unternehmensbewertung zugrunde liegenden Annahmen nicht hinreichend kritisch hinterfragt hätte. Die vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit den Annahmen, die den Ertragsprognosen zugrunde liegen, wird schon durch die Vielzahl der vom Sachverständigen in diesem Bereich vorgeschlagenen Korrekturen (vgl. GA S. 82) belegt.

Die Anordnung einer neuen Begutachtung durch denselben oder einen anderen Sachverständigen wäre nur geboten, wenn das Gutachten unter groben Mängeln leiden würde (vgl. Schmidt in Keidel, FGG, 15. Aufl., § 15 Rn. 46). Solche Mängel sind weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der gerichtliche Sachverständige ebenso wie die Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT die Zinsprognosen der Unternehmensplanung im Wesentlichen übernommen hat (näher dazu unten 2. a) bb) (1)).

2. Zu niedrig bemessen i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 UmwG wäre das im Verschmelzungsvertrag festgesetzte Umtauschverhältnis, wenn es nicht angemessen wäre. Angemessen ist das Umtauschverhältnis dann, wenn es unter Berücksichtigung der Interessen aller Anteilseigner sowohl des übertragenden als auch des aufnehmenden Rechtsträgers so bemessen ist, dass sich über die Beteiligungsquote aller Anteilseigner am vereinigten Unternehmen die bisherige Investition nach der Verschmelzung im Wesentlichen fortsetzt (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 30] m.w.N.).

Die zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses durchgeführte Bewertung beider Unternehmen anhand des Ertragswertverfahrens begegnet keinen methodischen Bedenken. Die Ertragswertmethode ist als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung anerkannt (BGH NJW 2003, 3272, 3273; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 30]; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1126; BayObLG NZG 2006, 156; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 305 Rn. 19), verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 1999, 3769, 3771) und wurde von den Antragstellern als geeignete Methode auch nicht in Frage gestellt. Nach der Ertragswertmethode sind die zukünftigen Erträge beider Unternehmen zu schätzen (dazu im Einzelnen unten a)) und jeweils mit dem Kapitalisierungszinssatz (dazu im Einzelnen unten b)) abzuzinsen.

Das Verhältnis der vom Landgericht zutreffend festgestellten Ertragswerte beider Unternehmen ergibt danach keine für die Antragsteller im Vergleich zu dem im Verschmelzungsvertrag festgesetzten Umtauschverhältnis günstigere Wertrelation.

Zwar hat der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, das Verhältnis der Ertragswerte der Antragsgegnerin gegenüber der L liege bei 1,036 zu 1, woraus sich ein theoretischer Zuzahlungsbetrag von 0,87 Euro je Aktie der L errechnete (GA S. 83).

Diese Wertrelation berücksichtigte aber nicht, dass die vom Sachverständigen angenommene Erhöhung des Werts der L notwendig zugleich - entsprechend dem Umfang ihrer Beteiligung abzüglich fiktiver Veräußerungssteuern - den Wert der Antragsgegnerin erhöht. Bei Berücksichtigung dieses Umstands läge das Verhältnis der Ertragswerte der Antragsgegnerin gegenüber der L etwa bei 1,030 zu 1, woraus sich ein theoretischer Zuzahlungsbetrag von nur circa 0,72 Euro je Aktie der L errechnete (Bl. 178). Die Berechnungen des Sachverständigen sind allerdings darüber hinaus, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, im Bereich der Prognose der Risikokosten zu korrigieren (vgl. dazu unten a) cc)) mit der Folge, dass der anteilige Unternehmenswert der L je Aktie im Ergebnis unter demjenigen der Antragsgegnerin liegt. Das Verhältnis der Ertragswerte der Antragsgegnerin gegenüber der L beträgt daher nur 0,966 zu 1, so dass sich sogar ein negativer Zuzahlungsbetrag je Aktie der L ergibt.

Dazu ist im Einzelnen auszuführen:

a) Die gegen die vom Landgericht festgestellten Unternehmenserträge erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

Im Rahmen der Tatsachenfeststellung zur Unternehmensbewertung im Spruchverfahren sind die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen ihrer Erträge nur eingeschränkt überprüfbar.

Dies gilt hier zwar nicht schon deshalb, weil das Umtauschverhältnis bei der Verschmelzung nach dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Modell zwischen den Organen der beteiligten Rechtsträger ausgehandelt wird. Das der Verschmelzung zugrunde liegende Vertrags- bzw. Verhandlungsmodell (vgl. dazu OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 44]) vermag eine erhöhte Angemessenheitsgewähr für des festgesetzte Umtauschverhältnis regelmäßig nur zu begründen, wenn die Verhandlungen zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen geführt werden. Dass die handelnden Organmitglieder jeweils im Interesse aller Aktionäre handeln und für ihr Unternehmen einen möglichst hohen Wertansatz aushandeln, lässt sich zwar vermuten, wenn die Interessen aller Aktionäre homogen sind (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 44 f.]). Dies gilt aber nicht in gleicher Weise, wenn einer der beteiligten Rechtsträger über seine Beteiligung an dem anderen auf dessen Verhandlungsführung Einfluss nehmen kann. Die Antragsgegnerin hielt eine Mehrheitsbeteiligung an der L; die W&W hielt als Konzernobergesellschaft mittelbar und unmittelbar insgesamt circa 98,3% der Aktien an der L und alle Aktien der Antragsgegnerin. Damit bestand für die Konzernobergesellschaft zumindest die Möglichkeit, zur Verfolgung eines vom Interesse der Antragsteller abweichenden Konzerninteresses auf die Verhandlungsführung der Antragsgegnerin und der L Einfluss zu nehmen.

Dahin gestellt bleiben kann, ob eine erhöhte Angemessenheitsgewähr des festgesetzten Umtauschverhältnisses ausnahmsweise auch bei konzerninternen Verschmelzungen anzunehmen ist, wenn positiv festgestellt werden kann, dass es bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses keinerlei Einflussnahmen seitens der Konzernobergesellschaft gegeben hat (vgl. dazu LG Frankfurt am Main, NZG 2009, 553 [juris LS1 und Rn. 13]). Nicht zu entscheiden ist zudem, ob allein die gemeinsame Beauftragung unabhängiger Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit der Ermittlung des Umtauschverhältnisses für eine solche Feststellung ausreicht. Auch bei der Ermittlung des Unternehmenswerts in Konzernsituationen sind die Ertragsprognosen und die ihnen zugrunde liegende Unternehmensplanung nur eingeschränkt überprüfbar. Diese Beschränkung der gerichtlichen Prüfungsdichte folgt aus der Natur der Prognose. Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere - letztlich ebenfalls nur vertretbare - Annahmen des Gerichts ersetzt werden (OLG Stuttgart, AG 2008, 783 [juris Rn. 65]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 28]).

Nach diesen Kriterien sind die vom Landgericht angenommenen Ertragsüberschüsse beider Unternehmen nicht zu beanstanden.

aa) Dies gilt zunächst für den Umstand, dass sich das zu kapitalisierende jährliche Ergebnis der Antragsgegnerin nach dem Unternehmenswertgutachten E&Y und WEDIT im Detailplanungszeitraum insgesamt von 71 auf 96 Mio. DM und weiter auf 138 Mio. DM in der Phase der ewigen Rente erhöhen soll, während bei der L lediglich eine Erhöhung im Detailplanungszeitraum von 37 auf 51 Mio. DM und anschließend eine Reduzierung in der Phase der ewigen Rente auf 34 Mio. DM angesetzt ist.

(1) Zwar sieht das Unternehmenswertgutachten E&Y und WEDIT für die Antragsgegnerin im Detailplanungszeitraum einen Anstieg der Betriebsergebnisse vor Steuern und Risikovorsorge von 160 Mio. DM um über 90% auf 311 Mio. DM vor, obwohl dieser Wert in den Jahren 1996 bis 2000 kontinuierlich von 233 Mio. DM auf 118 Mio. DM gesunken war. Eine negative Entwicklung des Betriebsergebnisses ist aber auch bei der L bis einschließlich 1999 festzustellen. Betrachtet man die Veränderungen zwischen einzelnen Jahren, ist in der Vergangenheit bei der L sogar eine deutlich schlechtere Entwicklung festzustellen als bei der Antragsgegnerin. Während bei der L der turn-around allerdings im Jahr 2000 durch einen Anstieg des Betriebsergebnisses vor Steuern und Risikovorsorge um über 70% bereits eingetreten ist, wird ein Ende der Negativentwicklung für die Antragsgegnerin erst für das erste Jahr der Detailplanungsphase - wenngleich mit einem vergleichsweise moderaten Anstieg um lediglich 35% - unterstellt.

Die Vertretbarkeit der Ertragsprognosen wird dadurch nicht in Frage gestellt.

Den Prognosen liegt die übereinstimmende Annahme für beide Unternehmen zugrunde, dass sich das Geschäftsfeld der Bausparkassen nach einem Tief Ende der 1990er Jahre erholen werde. Zu Lasten der Antragsgegnerin wurde bei dieser allerdings eine Verzögerung der Erholung unterstellt, um zeitlich begrenzten Sondereffekten Rechnung zu tragen, welche über die allgemeine Negativentwicklung im Bausparkassenbereich hinaus die Zinsüberschüsse der Antragsgegnerin gemindert hatten. Dazu gehörte insbesondere eine vorübergehende Belastung der Zinsüberschüsse durch die von der Antragsgegnerin 1999 und 2000 kurzfristig angebotenen "Festgeldanlagen" (GA S. 27). Zu bedenken ist daneben die Belastung der Zinsüberschüsse durch die Refinanzierung des Erwerbs der Beteiligung an der L (VB S. 63).

(2) Das erste Jahr der Detailplanungsphase sieht bei beiden Unternehmen eine Steigerung des Betriebsergebnisses vor Risikovorsorge und Steuern um mehr als 35% vor. Während sich der Anstieg bei der Antragsgegnerin - allerdings ab dem Jahr 2003 deutlich verhaltener - fortsetzt, ist bei der L nahezu eine Stagnation festzustellen; erst im letzten Jahr der Detailplanungsphase ist noch einmal ein geringfügiger Anstieg vorgesehen.

Auch insoweit sind die Ertragsprognosen allerdings vertretbar.

Zwar gehen die Prognosen von einem deutlich stärkeren Anstieg der Zinsüberschüsse bei der Antragsgegnerin aus. Gegen die unterschiedliche Entwicklung der Zinsüberschüsse kann aber nicht eingewandt werden, dass beide Unternehmen im selben Geschäftsfeld tätig sind. Nach den überzeugenden Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen erklärt sich die unterschiedliche Entwicklung aus der unterschiedlichen Kunden- und Tarifstruktur beider Unternehmen (GA S. 27). Der deutlich stärkere Anstieg der Zinsüberschüsse bei der Antragsgegnerin reflektiert demnach die zunehmende Verbilligung ihrer Refinanzierung durch ihren neuen Tarif 1; eine dem entsprechende Entlastung konnte bei dem neuen Tarif L.-R. der L nicht festgestellt werden (GA S. 27).

Darüber hinaus lassen sich die Unterschiede in der Entwicklung des Betriebsergebnisses vor Steuern und Risikovorsorge im Detailplanungszeitraum durch die unterschiedliche Planung bei der Geschäftsentwicklung erklären. Zwar sah die Unternehmensplanung beider Unternehmen ein Wachstum des Neugeschäfts vor. Das Wachstum des Neugeschäfts wurde bei der Antragsgegnerin aber höher angesetzt (VB S. 65, 72). Diese Unterscheidung erscheint vor dem Hintergrund unterschiedlicher Entwicklungen in der Vertriebsstruktur beider Unternehmen vertretbar. Während bei der L die Auswirkungen des Wegfalls des bisherigen Kooperationspartners C. AG zu berücksichtigen waren, durfte bei der Antragsgegnerin ein vergleichsweise stärkeres Wachstum durch die Beiträge der neuen Kooperationspartner P. und W.V. erwartet werden.

Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass die der Unternehmensbewertung zugrunde liegende Planung zum Nachteil der Antragsteller und unter Verstoß gegen das Gebot der "stand-alone-Bewertung" eine Fokussierung des Wachstums auf die Antragsgegnerin zulasten der L vorsehe. Zum einen verstieße eine solche Fokussierung nicht gegen das Gebot der "stand-alone-Bewertung", da die Einbindung der L in den Konzern der W&W und ihre Ausrichtung am Konzerninteresse nicht Folge der Verschmelzung, sondern von dieser unabhängig sind. Zum anderen hat der gerichtliche Sachverständige nicht festgestellt, dass über die vorgenannten Änderungen in den Vertriebsstrukturen hinaus bei der Unternehmensplanung Vertriebsumstellungen zulasten der L und zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt wurden (GA S. 29).

(3) Auch der prognostizierte Anstieg des Ergebnisses der Antragsgegnerin vor Steuern vom letzten Jahr der Detailplanungsphase von 230 Mio. DM auf 273 Mio. DM in der Phase der ewigen Rente erscheint nicht unvertretbar. Der Anstieg beruht im Wesentlichen auf dem Wegfall der Leistungen an den BT-Fonds, die im Jahr 2005 nicht mit 65 Mio. DM angesetzt sind (vgl. dazu unten dd)). Zieht man diesen Betrag von dem für die Phase der ewigen Rente prognostizierten Ergebnis vor Steuern ab, liegt dieses sogar unter dem Wert des letzten Jahres der Detailplanungsphase.

Da die Zuführungen zum BT-Fonds bei der L im letzten Jahr der Detailplanungsphase nur mit 3 Mio. DM angesetzt wurden, vermag der Wegfall dieser Zuführungen in der Phase der ewigen Rente das Ergebnis der L vor Steuern nicht in gleicher Weise zu erhöhen wie bei der Antragsgegnerin. Zwar lässt sich allein dadurch die Reduzierung des Ergebnisses der L vor Steuern von 87 Mio. DM im letzten Jahr der Detailplanungsphase auf 66 Mio. DM in der Phase der ewigen Rente nicht erklären. Der gerichtliche Sachverständige hat aber neben den Ertragsprognosen in der Detailplanungsphase auch den Übergang von der Detailplanungsphase in die Phase der ewigen Rente eingehend geprüft. Dabei hat er zwar an mehreren Stellen einen Korrekturbedarf festgestellt (vgl. dazu unten bb), cc) und dd)), die Vertretbarkeit der Planung im Allgemeinen aber nicht verneint.

bb) Bei den angesetzten Zinsüberschüssen, welche die Erträge beider Unternehmen wesentlich bestimmen, bedürfen die Planansätze zwar in einigen Punkten der Korrektur. Die erforderlichen Korrekturen hat das Landgericht aber bereits durchgeführt.

Hinsichtlich der Zinsüberschüsse hat die Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT im Wesentlichen die Unternehmensplanung übernommen. Korrigiert wurde lediglich die Unternehmensplanung der Antragsgegnerin insoweit, als die dort ab 2003 angenommene Erhöhung der Zinsmarge im Kollektivgeschäft eleminiert wurde (VB S. 66); in der Phase der ewigen Rente wurde der Zinsüberschuss zudem um die nachhaltigen Auswirkungen des Tarifs 1 korrigiert (VB S. 67). Die Unternehmensbewertung basiert im Bereich der Zinsüberschüsse wesentlich auf der bauspartechnischen Simulation (VB S. 65). Dieser Simulation müssen die Annahmen zur Zinsentwicklung indessen extern vorgegeben werden (GA S. 23). Dazu wurden die übereinstimmenden Zinsprognosen beider Unternehmen zugrunde gelegt, die von einem Anstieg des Zinsniveaus ausgingen (VB S. 66, 72; GA S. 15).

Der gerichtliche Sachverständige hat die verwendeten Prognosen zur allgemeinen Zinsentwicklung (dazu unten (1)) nicht beanstandet, jedoch bei der Ermittlung der jährlichen Zinsüberschüsse eine Reihe von Änderungen vorgeschlagen, namentlich im Bereich der Bonuswahrscheinlichkeiten (GA S. 29 f.) sowie bei der Annahme der Darlehens- und Einlagezinssätze der Unternehmen in der Phase der ewigen Rente (GA S. 50 ff.); diese Korrekturen hat das Landgericht zu Recht aufgegriffen (Bl. 200 ff., 204 f.; dazu unten (2)).

(1) Der Antragsteller Ziffer 8) wendet sich im Wesentlichen gegen die zugrunde gelegten Prognosen zur allgemeinen Zinsentwicklung.

Im Einzelnen kritisiert er unter Verweis auf seinen Vortrag in dem ebenfalls vor dem Senat geführten Spruchverfahren 20 W 5/05, es seien "von den Marktdaten des Bewertungsstichtags abweichende Zinsspekulationen zugrunde gelegt" worden (Bl. 255). Nach seiner Auffassung hätte die allgemeine Zinsentwicklung "aufgrund einer Zinsstrukturkurve des Bewertungsstichtages" prognostiziert werden müssen (Bl. 256).

Die pauschale Bezugnahme des Antragstellers Ziffer 8) auf seinen Vortrag in einem anderen Verfahren begegnet indessen schon prozessualen Bedenken; seine Einwendungen sind jedenfalls nicht erheblich.

Die Zinsstrukturkurve gibt den Zusammenhang zwischen der Verzinsung einer Anleihe und deren Laufzeit wieder (OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 43]); sie bringt die Fristigkeitsstruktur der Rendite von Anleihen vom Kapitalmarkt zum Ausdruck (Gabler Bank Lexikon, 13. Aufl., S. 1472). Ihr kann grundsätzlich die Auffassung der Kapitalmarkteilnehmer über die künftige Zinsentwicklung entnommen werden, da sich die Renditen langfristiger Anleihen an der Erwartung des langfristigen Zinsniveaus orientieren.

(1.1) Selbst wenn bei der Ermittlung der Unternehmenswerte der Antragsgegnerin einerseits und der L andererseits eine fehlerhafte Zinsprognose zugrunde gelegt worden wäre, hätte dies auf die für die Beurteilung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses maßgebliche Relation der beiden Unternehmenswerte keinen wesentlichen Einfluss, da sich ein solcher Fehler bei beiden Unternehmen in grundsätzlich gleicher Weise ausgewirkt hätte und damit im Ergebnis neutralisiert worden wäre.

Wäre bei der Unternehmensplanung kein Anstieg, sondern ein weiterer Rückgang des allgemeinen Zinsniveaus unterstellt worden, wären die Darlehenszinssätze beider Unternehmen im Kollektiv- und Außerkollektivgeschäft, aber auch ihre Refinanzierungskosten und die von ihnen zu gewährende Einlagenverzinsung grundsätzlich niedriger anzusetzen gewesen. Zwar ist nicht auszuschließen, dass sich Änderungen im Zinsniveau wegen der Unterschiede in der Tarif- und Kundenstruktur im Einzelfall auch unterschiedlich ausgewirkt hätten. Bei bestehenden Verträgen mit hoher Einlagenverzinsung würde beispielsweise die Erwirtschaftung der Einlageverzinsung im Fall eines rückläufigen allgemeinen Zinsniveaus erschwert. Dies dürfte aber angesichts der stärkeren "Renditeorientierung" der Kunden der L eher zu Lasten der Antragsteller den Unternehmenswert der L beeinträchtigen als denjenigen der Antragsgegnerin; die Einlagenverzinsung der Bestandsverträge bei der L ist grundsätzlich höher als diejenige bei der Antragsgegnerin (vgl. GA S. 10 und 12).

Mittel- bis langfristig sollten allerdings beide Unternehmen in der Lage sein, auf ein rückläufiges Zinsniveau durch Anpassung ihrer Tarife zu reagieren. Im Übrigen sind bei beiden Unternehmen jeweils unterschiedliche Tarife vorhanden. Die Einzeleffekte könnten sich daher bereits innerhalb der Unternehmen zumindest teilweise nivellieren.

Jedenfalls werden die unternehmensspezifischen Auswirkungen eines rückläufigen allgemeinen Zinsniveaus durch die allgemeinen Folgen niedriger Zinsen für das Kollektivgeschäft der Bausparkassen überdeckt. Bei einem sinkenden Zinsniveau verlieren Bauspardarlehen gegenüber normalen Hypothekendarlehen an Attraktivität (vgl. GA S. 7). Dies schließt zwar nicht aus, dass unter dem Aspekt der Kapitalanlage weiterhin Bausparverträge abgeschlossen werden. Bausparverträge, die ohne konkrete Absicht der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens abgeschlossen werden, müssen aus der Sicht eines vernünftigen Anlegers aber Einlagenverzinsungen bieten, die sich mit Alternativanlagen, etwa im Festgeldbereich vergleichen lassen. Diese müssen von der Bausparkasse anderweitig erwirtschaftet werden, was umso schwieriger wird, je geringer das Zinsniveau ist. Die beschriebenen Auswirkungen auf das Bauspargeschäft treffen indessen wiederum beide zu bewertende Unternehmen grundsätzlich in gleicher Weise.

(1.2) Zudem kann nicht festgestellt werden, dass die Prognosen über die allgemeine Zinsentwicklung nur dann vertretbar gewesen wären, wenn sie aus einer Zinsstrukturkurve zum Bewertungsstichtag abgeleitet worden wären.

Zwar orientiert sich eine aus einer Zinsstrukturkurve abgeleitete Zinsprognose an der Einschätzung der künftigen Zinsentwicklung durch die gegenwärtigen Marktteilnehmer. Es besteht aber keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Einschätzung. Vor diesem Hintergrund werden bis heute Zinsprognosen nicht nur aus Zinsstrukturkurven abgeleitet, sondern auch auf andere Weise erstellt (z.B. anhand von Regressionsmodellen oder Fundamentalanalysen).

Erst Recht kann nicht festgestellt werden, dass die Ableitung von Zinsprognosen aus der Zinsstrukturkurve im Zeitpunkt der Festsetzung des Umtauschverhältnisses Mitte 2001 als alleinige oder vorherrschende Methode angesehen wurde. Im Rahmen der Unternehmensbewertung sind Ableitungen aus der Zinsstrukturkurve erst ab dem Jahr 2003 zur Bestimmung des Basiszinssatzes im Rahmen der Diskontierung diskutiert und erst in der Fassung des "IDW Standard Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen" vom 18.10.2005 (IDW S1 2005, Rn. 127) anerkannt worden (vgl. zur Entwicklung der Ableitung des Basiszinssatzes aus der Zinsstrukturkurve OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 81]). Die Vorfassung des IDW S1 mit Stand vom 28.06.2000 sah demgegenüber noch eine Ableitung aus Vergangenheitsdaten vor (vgl. IDW S1 2000, Rn. 121).

Die bei der L und der Antragsgegnerin verantwortlichen Personen durften vor diesem Hintergrund auch dann vernünftigerweise annehmen, ihre Planung beruhe auf zutreffenden Informationen und realistischen Annahmen, wenn das zugrundliegende Zinsszenario nicht aus der Zinsstrukturkurve zum Bewertungsstichtag abgeleitet war (in diesem Sinne auch OLG Stuttgart, AG 2006 421 [juris Rn. 81]).

(2) Im Übrigen hat das Landgericht im Bereich der Zinsüberschüsse die Ansätze der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT zu Recht entsprechend den Empfehlungen des gerichtlichen Sachverständigen korrigiert. Dies führt zwar zu einer Erhöhung des Unternehmenswerts der L um 35,8 Mio. DM; zugleich erhöht sich aber der Unternehmenswert der Antragsgegnerin - vorbehaltlich ihrer Beteiligung an der L - um 157,9 Mio. DM (vgl. GA S. 82).

(2.1) Dies betrifft zunächst die Annahmen für die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Bonusverzinsung der Bauspareinlagen durch Verzicht auf Inanspruchnahme der Bauspardarlehen bei der Antragsgegnerin (Bonuswahrscheinlichkeit). Insoweit ist der Unternehmenswert der Antragsgegnerin mit dem gerichtlichen Sachverständigen (GA S. 82) und dem Landgericht (Bl. 201 f., 205) gegenüber der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT um 23,8 Mio. DM in der Detailplanungsphase und um weitere 333,8 Mio. DM in der Phase der ewigen Rente zu erhöhen.

In der Unternehmensplanung der Antragsgegnerin war die Bonuswahrscheinlichkeit für den neuen Tarif 1 mit 11% angesetzt. Dies erscheint vor dem Hintergrund vertretbar, dass beim Vorgängertarif 7 eine Bonuswahrscheinlichkeit von 12-13% ermittelt wurde, der Anreiz zur Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens beim Tarif 7 durch die dort höheren Darlehenszinsen allerdings im Vergleich zum Tarif 1 stärker ist (vgl. GA S. 29). Die bauspartechnische Simulation hatte für den Tarif 1 sogar nur eine Bonuswahrscheinlichkeit von 9% ergeben (GA S. 30).

Die von E&Y und WEDIT bei der Unternehmensbewertung unterstellte Erhöhung der Bonuswahrscheinlichkeit von 11% auf 20% erscheint demgegenüber nicht plausibel. Sie lässt sich jedenfalls nicht mit der Unterstellung einer Angleichung der Bonuswahrscheinlichkeiten an das Niveau der L begründen. Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat, weisen die Tarif- und Kundenstrukturen beider Unternehmen bedeutsame Unterschiede auf, die angesichts der verfestigten Unterschiede in den Kundenstrukturen durch die Beibehaltung der Vertriebsstrukturen nicht ohne Weiteres nivelliert werden können (vgl. GA S. 29 f.). Jedenfalls erscheint eine Verdoppelung der Bonuswahrscheinlichkeit von 9 bzw. 11% auf 20% nicht mehr vertretbar.

Dem lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller in erster Instanz nicht entgegen halten, die Bonuszinsen seien für die Erhöhung der Attraktivität des Tarifs 1 entscheidend und damit zugleich Grundlage für die geplante Erhöhung der Gesamtzinsmarge der Antragsgegnerin gewesen (Bl. 140). Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht dargelegt, dass die "Kosten" des neuen Tarifs der Antragsgegnerin in erster Linie nicht in der erhöhten Einlagenverzinsung bei Nichtinanspruchnahme des Bauspardarlehens, sondern in der geringeren Verzinsung des Bauspardarlehens lagen (Bl. 180). Das Neugeschäft sollte demnach nicht durch hohe Bonuszinsen, sondern durch die niedrigen Darlehenszinsen gefördert werden. Dahin stehen kann in diesem Zusammenhang, ob die Höhe der Darlehenszinsen ohnehin in erster Linie für die Attraktivität von Bausparverträgen entscheidend ist, weil diese entsprechend der Auffassung des Landgerichts grundsätzlich nur abgeschlossen werden, wenn zumindest auch die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme des Bauspardarlehens besteht (Bl. 202), oder ob Bausparverträge entsprechend der Auffassung des Antragstellers Ziffer 8) (Bl. 257) auch ausschließlich als Kapitalanlage, etwa im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme vermögensbildener Leistungen, abgeschlossen werden. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Zahl der ausschließlich als Kapitalanlage abgeschlossenen Bausparverträge in der Zukunft derart zunehmen wird, dass eine Verdoppelung der Bonuswahrscheinlichkeit gerechtfertigt wäre. Zudem bestehen keine Anzeichen dafür, dass die L von einer solchen Entwicklung nicht in gleicher Weise betroffen wäre wie die Antragsgegnerin, zumal die Differenz zwischen Grund- und Bonusverzinsung im Tarif L.-R. mit 3% (vgl. GA S. 12) höher ist als beim Tarif 1 der Antragsgegnerin (dort 2,25%, vgl. GA S. 10).

(2.2) Darüber hinaus hat der gerichtliche Sachverständige bei der Ermittlung der Zinsüberschüsse in der Phase der ewigen Rente weitere Korrekturen der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT empfohlen, die das Landgericht zu Recht aufgegriffen hat (vgl. GA S. 49 ff.). Diese, von den Antragstellern nicht ausdrücklich angegriffenen Korrekturen haben eine Erhöhung des Unternehmenswerts der L in Höhe von 35,8 Mio. DM und eine Reduzierung des Unternehmenswerts der Antragsgegnerin um 199,6 Mio. DM zur Folge (GA S. 82).

Sie beruhen im Wesentlichen auf dem Umstand, dass im Unternehmenswertgutachten E&Y und WEDIT den Veränderungen vom Beginn der Phase der ewigen Rente im Jahr 2006 bis zum Ende der bauspartechnischen Simulation 2023 nicht vollständig Rechnung getragen wurde (GA S. 51). Die Annahmen des Unternehmenswertgutachtens erscheinen vor diesem Hintergrund nicht realistisch. Sie sind zu korrigieren, indem zur Ermittlung der Ertragsüberschüsse in der Phase der ewigen Rente anstelle der von E&Y und WEDIT angesetzten nachhaltigen Zinssätze für Bauspardarlehen und - einlagen die Durchschnittszinssätze anzusetzen sind, die sich aus der bauspartechnischen Simulation ergeben (GA S. 54 ff.). Zudem sind zwar nur vorübergehende, aber signifikante Veränderungen des für die Refinanzierung der Unternehmen bedeutsamen Kollektivüberschusses der L (GA S. 53) und der Antragsgegnerin (GA S. 52) zwischen den Anfangs- und Endzeitpunkten der bauspartechnischen Simulation zu berücksichtigen, die entweder eine vergleichsweise günstige Refinanzierung über Bauspareinlagen ermöglicht oder eine vergleichsweise teure Refinanzierung am Markt erforderlich machen (vgl. GA S. 54).

Schließlich ist entgegen der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT bei der Ermittlung der Unternehmenswerte in der Phase der ewigen Rente nicht von einer Annäherung der Bonusverzinsung der L nach unten an diejenige der Antragsgegnerin auszugehen. Eine solche Annahme erscheint jedenfalls als isolierte Änderung nicht vertretbar. Sie steht zu der Annahme der Beibehaltung der unterschiedlichen Tarifstrukturen im Übrigen in Widerspruch. Der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend festgestellt, dass auch in der Phase der ewigen Rente grundsätzlich von unterschiedlichen Tarifstrukturen auszugehen sei, da diese durch die unterschiedlichen, durch die jeweiligen Vertriebssysteme geprägten Kundenkreise der beiden Unternehmen (vgl. dazu GA S. 10 ff.) strukturell vorgegeben seien (GA S. 59). Der höhere Anteil "renditeorientierter" Bausparer bei der L mit der Folge höherer Bonuswahrscheinlichkeiten erfordere dort auch künftig das Angebot attraktiver Bonuszinsen (GA S. 60).

cc) Zu Recht hat das Landgericht dagegen die vom gerichtlichen Sachverständigen im Bereich der Risikovorsorge vorgeschlagen Korrekturen (GA S. 42 ff., 61) nicht aufgegriffen (Bl. 203 f.). Die vom gerichtlichen Sachverständigen bei der L vorgenommene Werterhöhung in Höhe von 45,5 Mio. DM sowie die entsprechende Wertreduzierung bei der Antragsgegnerin um 49,8 Mio. DM (GA S. 82) bleiben daher außen vor.

(1) Bei der Planung der zukünftigen Erträge beider Unternehmen ist den Kosten durch Forderungsausfälle im Kollektivgeschäft und im Außerkollektivgeschäft Rechnung zu tragen (Risikokosten). Zur Ermittlung dieser Risikokosten hat die Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT die durchschnittlichen Forderungsausfälle der vergangenen zehn Jahre herangezogen (VB S. 56, 67). Dabei wurde der seit Mitte der 1990er Jahren im Bereich der Bausparkassen festzustellenden Erhöhung des Ausfallrisikos und der nicht vollständigen Verfügbarkeit von Daten bei der L für eine gesamte Zehnjahresperiode durch Zuschläge Rechnung getragen. Im Ergebnis lagen die Risikokosten der Antragsgegnerin deutlich über denen der L (vgl. GA S. 43).

Der gerichtliche Sachverständige hat dieses Vorgehen zwar als üblich und sachgerecht eingestuft (GA S. 43), aufgrund der für ihn nicht im Einzelnen überprüfbaren Bestimmung der Zuschläge aber empfohlen, die Risikokosten nicht anhand einer Zehnjahresbetrachtung mit Zuschlägen, sondern anhand einer Fünfjahresbetrachtung zu ermitteln. Auf diese Weise gelangte er zu einer weiteren Erhöhung der Risikokosten der Antragsgegnerin bei einer Reduzierung der Risikokosten der L.

Der gemeinsame Vertreter der nicht antragstellenden Aktionäre (Bl. 184) und das Landgericht (Bl. 204) haben demgegenüber zu Recht eingewandt, dass die abweichende Berechnung der Risikokosten durch den gerichtlichen Sachverständigen eine Schätzung durch eine andere ersetze. Die Ermittlung der Risikokosten ist Bestandteil der Prognose der künftigen Erträge. Als Prognoseentscheidung ist sie grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar; ist die in der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT enthaltene Prognose der Risikokosten vertretbar, kann sie nicht durch andere, letztlich ebenfalls nur vertretbare Annahmen des gerichtlichen Sachverständigen ersetzt werden (vgl. oben a)).

(2) Die Vertretbarkeit der im Unternehmenswertgutachten E&Y und WEDIT angesetzten Risikokosten wurde vom gerichtlichen Sachverständigen nicht in Frage gestellt.

Zwar standen dem Sachverständigen die Originalanalysen der Unternehmen nicht zur Verfügung, aufgrund derer die Zuschläge festgelegt wurden. Dies beeinträchtigte die Nachvollziehbarkeit des Rechenweges und die Prüfung der Plausibilität der Gesamthöhe der Risikokosten für den Sachverständigen aber nicht.

Auch lässt sich nicht feststellen, dass die Prognose des Sachverständigen eine höhere Güte aufweist. Zwar wären die Risikokosten bei Abstellen auf einen Fünfjahresdurchschnitt stärker durch die jüngere Entwicklung der steigenden Forderungsausfälle geprägt und zudem - bei beiden Unternehmen - ausschließlich aus tatsächlich verfügbaren Vergangenheitsdaten abgeleitet. In der Kreditwirtschaft ist aber anerkannt, Risikoprognosen auf eine Zehnjahresbetrachtung zu gründen, um außerordentliche Ausschläge zu nivellieren. Vor diesem Hintergrund ist nicht gewährleistet, dass eine Fünfjahresbetrachtung zu valideren Prognosen für die Zukunft führt als eine um Zuschläge korrigierte Zehnjahresbetrachtung. Während im einen Fall Unwägbarkeiten aus der Bemessung der Zuschläge folgen, resultieren sie im anderen Fall aus der gegenüber der branchenüblichen Betrachtung verkürzten Referenzperiode.

dd) Schließlich ist das Landgericht bei der Ermittlung der Wertrelation der beiden Unternehmen zu Recht im Bereich der Rücklagenbildung auf Empfehlung des gerichtlichen Sachverständigen von der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT abgewichen; die Behandlung der Wertpapierbestände sowie die Prognosen zu den Provisions- und Dienstleistungsüberschüssen sind dagegen nicht zu beanstanden.

(1) Der gerichtliche Sachverständigen hat zutreffend festgestellt, dass die Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT bei beiden Unternehmen dem Erfordernis der Rücklagenbildung nicht hinreichend Rechnung trägt.

Die Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT unterstellt auch in der Phase der ewigen Rente für beide Unternehmen ein kontinuierliches Ergebniswachtsum. Dies ist nach den überzeugenden Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen nur möglich, wenn die für den Zinsüberschuss maßgeblichen Bestandsgrößen, namentlich der Umfang der ausgereichten Darlehen, nachhaltig weiter wachsen (GA S. 62). Ein nachhaltiges Wachstum der ausgereichten Darlehen erfordert indessen auch ein nachhaltiges Wachstum der rechtlich gebotenen Eigenkapitalausstattung. Dem ist entsprechend den Empfehlungen des gerichtlichen Sachverständigen (GA S. 62 f.) durch die Annahme einer nachhaltigen Thesaurierung in Höhe von 1% des Eigenkapitals der beiden Unternehmen sowie durch die Annahme der Fortsetzung der Dotierung des BT-Fonds auch in der Phase der ewigen Rente mit jährlich 1% des Fondsbestands Rechnung zu tragen.

(2) Die Behandlung des Wertpapiervermögens in der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT begegnet dagegen keinen durchgreifenden Bedenken.

Der Sachverständige hat festgestellt, dass die Erträge aus den Wertpapieren bei den Zinsüberschüssen berücksichtigt wurden (GA S. 28). Die Antragsteller können sich demgegenüber nicht darauf berufen, die Wertpapierbestände seien als nicht betriebsnotwendiges Vermögen zu behandeln. Die Geschäftstätigkeit einer Bausparkasse ist auf die Erwirtschaftung von Zinsüberschüssen gerichtet. Dies umfasst grundsätzlich auch die Realisierung von Erträgen aus Wertpapiervermögen, etwa im Rahmen der Anlage von Bauspareinlagen.

(3) Nicht zu beanstanden sind auch die Prognosen zu den Provisions- und Dienstleistungsüberschüssen.

Das bei der Bewertung der Antragsgegnerin angesetzte Dienstleistungsergebnis trägt dem Umstand Rechnung, dass die Antragsgegnerin - anders als die L - zum Bewertungsstichtag konzerninterne Dienstleistungen erbracht hat. Für die Detailplanungsphase wurde allerdings ein gegenüber der Vergangenheit nur verhaltenes Wachstum des Dienstleistungsergebnisses der Antragsgegnerin angenommen (GA S. 34). Der gegenüber dem Verwaltungsaufwand leicht überproportionale Anstieg des Verwaltungsergebnisses lässt sich durch die Realisierung von Größenvorteilen einerseits und den Ausbau der konzerninternen Dienstleistungen andererseits erklären (GA S. 36).

Gegen die geplanten Provisionsüberschüsse wurden keine konkreten Einwendungen erhoben. Der gerichtliche Sachverständige hat den angenommenen Rückgang der Provisionsüberschüsse bei der Antragsgegnerin und die angenommene Konstanz des Provisionsergebnisses bei der L vor dem Hintergrund der Auswirkungen der neuen Tarife beider Unternehmen trotz des unterstellten Wachstums des Neugeschäfts als plausibel erachtet (GA S. 32).

b) Die zur Diskontierung der künftigen Erträge bei beiden Unternehmen übereinstimmend angewendeten Kapitalisierungszinssätze sind nicht zu beanstanden.

Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich im Einzelnen zusammen aus einem Basiszinssatz für eine (quasi-) risikofreie Kapitalmarktanlage (dazu unten aa)), einem Risikozuschlag zur Berücksichtigung der Unsicherheit künftiger Überschüsse aus unternehmerischer Betätigung (dazu unten bb)) und einem Wachstumsabschlag (dazu unten cc)).

aa) Gegen die Festsetzung des Basiszinssatzes auf 6,0% bestehen keine Bedenken. (1) Die Festlegung des Basiszinssatzes beruht auf einer Betrachtung der Umlaufrenditen von Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren über einen Beobachtungszeitraum von circa 30 Jahren vor dem Bewertungsstichtag (1970-2000); die durchschnittliche Umlaufrendite betrug danach 7,1%. Dieser Wert wurde allerdings nach unten korrigiert, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich die entsprechenden Renditen im Vorfeld des Bewertungsstichtags bereits seit geraumer Zeit unterhalb des langjährigen Durchschnitts bewegten und im Dezember 2000 auf 4,9% gefallen waren (VB S. 58).

(2) Dem können die Antragsteller nicht entgegen halten, dass die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen am Bewertungsstichtag 4,95% betrug oder der Basiszinssatz aus der Zinsstrukturkurve zum Bewertungsstichtag hätte abgeleitet werden müssen.

Nach der für den Bewertungsstichtag anwendbaren Fassung des IDW S1 vom 28.06.2000 konnte der Basiszinssatz anhand der in der Vergangenheit beobachteten Renditen öffentlicher Anleihen mit einer Restlaufzeit von 10 oder mehr Jahren ermittelt werden (vgl. IDW S1 2000, Rn. 121).

Selbst wenn man die Renditen von Bundesanleihen nicht nur historisch betrachtet, sondern einen nach Grundsätzen der Investitionstheorie gewichteten Mischsatz über alle Laufzeiten aus der historischen Durchschnittsrendite und den Marktrenditen zum Bewertungsstichtag bildet, ergibt sich kein unter 6,0% liegender Zinssatz (vgl. GA S. 67). Gleiches gilt für den Fall, dass man entsprechend dem in IDW S1 vom 18.10.2005 anerkannten Verfahren (IDW S1 2005, Rn. 127) den Basiszinssatz aus der aktuellen Zinsstrukturkurve ableiten würde (GA S. 67).

Die Annahme eines Basiszinssatzes von 6,0% für eine Bewertung zum 17.07.2001 (vgl. VB S. 53) steht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 127]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 42 f.]). Der Arbeitskreis Unternehmensbewertung des IDW hatte für Bewertungsanlässe bis zum 31.12.2002 einen Basiszinssatz von 6,0% und erst ab dem 01.01.2003 einen Basiszinssatz von 5,5% empfohlen (IDW Fachnachrichten 2003, 26).

bb) Der Risikozuschlag ist mit 2% in der Detailplanungsphase und 3% in der Phase der ewigen Rente nicht zu hoch bemessen.

Nach der für den Bewertungsstichtag anzuwendenden Fassung des IDW S1 (Stand 28.06.2000, Rn. 95, 98) sollen die besonderen Risiken künftiger finanzieller Überschüsse aus unternehmerischem Engagement durch einen Risikozuschlag berücksichtigt werden, der insbesondere nach den Grundsätzen des CAPM ermittelt werden kann. Danach ist die aus der langjährigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und risikolosen staatlichen Anleihen errechnete durchschnittliche Risikoprämie (Marktrisikoprämie) mit einem das spezifische Risiko des Unternehmens abbildenden Betafaktor zu multiplizieren (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 48]).

(1) Die Ermittlung des Betafaktors der L und der Antragsgegnerin bereitet allerdings Schwierigkeiten.

Die Antragsgegnerin war nicht börsennotiert. Die L war zwar börsennotiert. Die statistische Güte ihres zum 31.12.2000 auf der Basis eines Beobachtungszeitraums von 2 Jahren bei wöchentlicher Datenerhebung gegenüber dem CDAX bzw. dem Dow Jones STOXX 600 index ermittelten Betafaktors (0,38 bzw. 0,41) war mit einem Bestimmtheitsmaß von 0,07 bzw. 0,11 jedoch gering (GA S. 70).

Eine Ermittlung des Betafaktors anhand einer Gruppe vergleichbarer Unternehmen (peer-group) kam ebenfalls nicht in Betracht, da Bausparkassen mit wenigen Ausnahmen, deren Betafaktoren indessen wiederum nur eine geringe statistische Güte aufweisen, nicht börsennotiert sind (GA S. 70).

(2) Vor diesem Hintergrund wurde der Risikozuschlag zu Recht pauschal bestimmt.

Dabei wurde für beide Unternehmen ein einheitlicher Zuschlag angenommen, der sich an einer aus Kapitalmarktuntersuchungen entnommenen Marktrisikoprämie von 4 bis 6% orientierte (VB S. 59). Der angenommene Risikozuschlag liegt demgegenüber - auch soweit er wegen der größeren Prognoseunsicherheit nach dem Ende der Detailplanungsphase in der Phase der ewigen Rente um einen Prozentpunkt erhöht wurde (VB S. 60) - deutlich unter der durchschnittlichen Risikoprämie. Der gerichtliche Sachverständige hat die gewählten Risikozuschläge daher als angemessen eingestuft (GA S. 69).

Diese Auffassung ist zutreffend. Der Senat geht derzeit zwar - für Bewertungen nach IDW S1 2000 - nur von einer Marktrisikoprämie von 4,5% aus (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 50]; OLG Stuttgart, AG 2008, 510 [juris Rn. 80]). Auch danach bringt ein Risikozuschlag von 2% bzw. 3% aber ein deutlich unterdurchschnittliches Risiko zum Ausdruck. Würde man den oben genannten Betafaktor der L (gerundet auf 0,40) trotz seiner geringen statistischen Güte berücksichtigten, ergebe sich durch Multiplikation mit einer Marktrisikoprämie von 4,5% ein Risikozuschlag von 1,8%, also nur knapp unter den für die Detailplanungsphase angesetzten 2%.

cc) Auch die Einwendungen der Antragsteller gegen den in der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT mit 1% angesetzten Wachstumsabschlag in der Phase der ewigen Rente greifen nicht durch.

Die Kritik der Antragsteller beruht im Wesentlichen auf der Annahme, das branchenspezifische Wachstum der Bausparkassen werde angesichts einer Inflationsrate von 2% bei 4% liegen.

Dabei verkennen die Antragsteller allerdings, dass die Inflation nicht ohne Weiteres zu einem Wachstum der künftigen Unternehmenserträge führt, sondern nur, soweit das Unternehmen in der Lage ist, inflationsbedingte Kostensteigerungen durch entsprechende Preiserhöhungen - hier durch eine Erhöhung der Zinsmargen - auf seine Kunden überzuwälzen (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 57]). Angesichts der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen ist der Wachstumsabschlag hier unterhalb der erwarteten Inflationsrate anzusetzen. Danach ist vor dem Hintergrund der branchenspezifischen Situation der Bausparkassen nicht davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin und die L inflationsbedingte Kostensteigerungen, namentlich im Bereich der Personal- und EDV-Kosten, durch Margenausweitungen an ihre Kunden weitergeben können, da der durch die Vielzahl der Anbieter geprägte Wettbewerb im Geschäftsfeld der Bausparkassen keine nennenswerten Möglichkeiten für Margenausweitungen erkennen lässt (GA S. 72).

c) Die Berücksichtigung typisierter persönlicher Ertragsteuern auf Seiten der Anteilseigner ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die persönliche Ertragssteuerbelastung der Anteilseigner wurde bei der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT - in typisierter Form - in zweifacher Weise berücksichtigt. Zum einen bei der Ermittlung der künftigen Jahresüberschüsse und zum anderen beim Kapitalisierungszinssatz. Dieses Vorgehen entspricht grundsätzlich den Empfehlungen des IDW S1 in der Fassung vom 28.06.2000 (Rn. 99 f.).

Trotz der gegen die Nachsteuerbetrachtung erhobenen Bedenken hält der Senat an ihr jedenfalls für Bewertungsanlässe im hier maßgeblichen Zeitraum bis auf Weiteres fest (vgl. OLG Stuttgart, AG 2008, 510 [juris Rn. 67] für den Fall des Formwechsels; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.12.2009, 20 W 3/07, S. 35 für den Fall des Squeeze-Out). Sie rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass durch die Unternehmensbewertung die künftigen finanziellen Überschüsse aus einem Unternehmen mit den aus einer Alternativinvestition zu erzielenden finanziellen Überschüssen verglichen werden sollen. Für den Anleger sind jedoch nicht die künftigen Bruttoerträge, sondern nur die Überschüsse nach Steuern von Relevanz (vgl. OLG Stuttgart, AG 2008, 510 [juris Rn. 67]).

Dabei erscheint es trotz der Unterschiede in der individuellen Steuerlast der Antragsteller sachgerecht, von einem typisierten Steuersatz des inländischen Anteilseigners von 35% auszugehen (vgl. OLG Stuttgart, AG 2008, 510 [juris Rn. 69] m.w.N.). Im Bereich der künftigen Ertragsüberschüsse ist unter Berücksichtigung des zum Bewertungsstichtag geltenden Halbeinkünfteverfahrens lediglich eine Steuerbelastung von 17,5% anzusetzen (IDW S1 vom 28.06.2000, Rn. 39). Im Bereich des Kapitalisierungszinssatzes kann dagegen jedenfalls für den hier maßgeblichen Bewertungsstichtag der volle Steuersatz von 35% entsprechend der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT von der Zwischensumme aus Basiszinssatz und Risikozuschlag abgesetzt werden (vgl. IDW S1, Rn. 100; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 52]).

Dabei ist zu bedenken, dass sich die Nachsteuerbetrachtung jedenfalls in der hier angewandten Form durch die Absetzung des halben typisierten Steuersatzes im Bereich der Erträge bei voller Absetzung im Bereich des Kapitalisierungszinssatzes grundsätzlich zum Vorteil der Antragsteller auswirkt, indem sie den Unternehmenswert tendenziell erhöht.

d) Insgesamt ergibt sich ein anteiliger Unternehmenswert der L je Aktie in Höhe von 45,61 DM, der unter dem entsprechenden Wert für die Antragsgegnerin in Höhe von 47,23 DM liegt.

Die vorgenannten Unternehmenswerte errechnen sich im Einzelnen wie folgt:

 LAntragsgegnerin
Barwert nach Unternehmensbewertung E&Y / WEDIT zum Bewertungsstichtag791.000.000 DM3.051.000.000 DM
vom gerichtlichen Sachverständigen empfohlene Änderungen demgegenüber + 34.800.000 DM+ 22.400.000 DM
Abweichung von den Empfehlungen des gerichtlichen Sachverständigen bei der Ermittlung der Risikokosten- 45.500.000 DM+ 49.800.000 DM
Zwischensumme780.300.000 DM3.123.200.000 DM
Berücksichtigung der Änderungen des Unternehmenswerts der L beim Unternehmenswert der Antragsgegnerin wegen deren Beteiligung i.H.v. 55,6% an L-- 5.950.000 DM
Korrigierte Barwerte780.000.000 DM3.117.000.000 DM
Anzahl der Aktien 17.100.000 Stück66.000.000 Stück
Unternehmenswert je Aktie45,61 DM47,23 DM

Zwar wurden in der vorstehenden Berechnung im Zuge der Berücksichtigung der Auswirkungen der Abweichungen von der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT auf den Wert der Beteiligung der Antragsgegnerin an der L die fiktiven Veräußerungssteuern nicht angepasst. Eine solche Anpassung würde sich aber nicht zum Vorteil, sondern zum Nachteil der Antragsteller auswirken, da der Wert der Beteiligung der Antragsgegnerin an der L gegenüber der Unternehmensbewertung E&Y und WEDIT nicht zu erhöhen, sondern zu verringern ist, so dass sich die fiktive Steuerbelastung insgesamt reduziert und der Wert der Antragsgegnerin im Fall der Anpassung der fiktiven Steuerbelastung noch geringfügig weiter steigen würde.

3. Ein Anspruch auf Zuzahlung ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie der L.

a) Dabei ist nicht zu entscheiden, ob die Berücksichtigung des Börsenkurses der Aktie der L hier bereits deshalb ausgeschlosen ist, weil er aufgrund einer Marktenge den Verkehrswert der Aktie der L nicht widerspiegelt (vgl. dazu BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 66 f.] "DAT/Altana"). Unerheblich ist auch, ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung des Börsenkurses bei der Ermittlung der angemessenen Abfindung von Aktionären auf die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der Verschmelzung einer börsennotierten auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft überhaupt anwendbar ist.

b) Der maßgebliche Börsenkurs der Aktie der L liegt jedenfalls unter dem anteiligen Ertragswert der L je Aktie.

Offen bleiben kann in diesem Verfahren, welcher Referenzzeitraum für die Ermittlung des Börsenkurses zugrunde zu legen ist (vgl. dazu OLG Stuttgart, ZIP 2007, 530 [juris Rn. 16]), der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich bei der Ermittlung der vollen Entschädigung des Aktionär einer börsennotierten Aktiengesellschaft für den Fall der Entziehung seines Aktieneigentums berücksichtigt werden muss (vgl. BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 53] "DAT/Altana").

Im Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung der L, in welcher der Verschmelzung zugestimmt wurde, betrug der nach Handelsvolumen gewichtete Durchschnittskurs der Aktie der L nach den von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen 23,18 Euro (GA S. 74). Im Zeitraum von drei Monaten vor dem 22.05.2001, an dem die beabsichtigte Verschmelzung angekündigt wurde, lag der nach Handelsvolumen gewichtete Durchschnittskurs der Aktie der L sogar nur bei 22,57 Euro (VB S. 78). In beiden Zeiträumen lag der Börsenkurs damit unter dem anteiligen Ertragswert des Unternehmens je Aktie von 45,61 DM = 23,32 Euro (vgl. dazu oben 2. d)).

Nicht entscheidend ist, dass der Börsenkurs der Aktie der L an einzelnen Handelstagen oder in einem längeren Zeitraum im Zusammenhang mit der Ankündigung des öffentlichen Kaufangebots am 22.05.2001 einen Wert von 24 bis hin zu 25 Euro erreicht hat. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf den höchsten im Vorfeld des Bewertungsstichtages verzeichneten Börsenkurs existiert nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat den Fachgerichten vielmehr ausdrücklich freigestellt, den Börsenkurs entweder nach dem am Bewertungsstichtag notierten Börsenkurs oder anhand eines auf den Bewertungsstichtag bezogenen, aus dem Durchschnitt eines längeren Referenzzeitraums ermittelten Durchschnittskurs zu ermitteln (vgl. BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 69] "DAT/Altana"). Diese haben sich aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Manipulationen entschlossen, auf einen Durchschnittskurs abzustellen, der aus einem Referenzzeitraum von drei Monaten gebildet wird (vgl. BGHZ 147, 108 [juris Rn. 24] "DAT/Altana").

II.

Die Antragsteller können - auch unter Berufung auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG - keine Zuzahlung zum Ausgleich des Wegfalls der Börsennotierung der Aktien der L verlangen.

Zwar ist mit der Verschmelzung der L auf die Antragsgegnerin ein so genanntes "kaltes Delisting" verbunden, weil die Aktionäre der L für ihre bis zur Verschmelzung börsennotierten Aktien Aktien der Antragsgegnerin erhielten, die nach der Verschmelzung - wie zuvor - nicht börsennotiert waren. Dieser Umstand begründet aber jedenfalls im hiesigen Verfahren für sich genommen keinen Anspruch auf eine bare Zuzahlung.

1. Nicht zu entscheiden ist dabei, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum regulären Delisting (vgl. BGHZ 153, 47 [juris LS 3 und Rn. 31 f., 34] "Macrotron"), nach der den Minderheitsaktionären ein Pflichtangebot zum Kauf ihrer Anteile zu unterbreiten ist und in einem Spruchverfahren überprüft werden kann, ob der Angebotspreis dem Wert des Anteils entspricht, auch dann anzuwenden ist, wenn der Wegfall der Börsenzulassung nur die indirekte Folge einer Strukturmaßnahme ist (befürwortend OLG Düsseldorf, ZIP 2005, 300 [juris Rn. 31 f.]; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 305 Rn. 9; Drescher in Spindler/Stilz, AktG, § 1 SpruchG Rn. 18; kritisch Wasmann in Kölner Kommentar, SpruchG, § 1 Rn. 42; offen gelassen OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 161] "WuW").

2. Jedenfalls ist die Überprüfung eines solchen Pflichtangebots nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Sämtliche Antragsteller haben lediglich die Festsetzung einer baren Zuzahlung beantragt, die ihnen neben den im Zuge der Verschmelzung gewährten Anteilen an der Antragsgegnerin den Wert ihrer ursprünglichen Beteiligung an der L erhalten soll. Der Antrag auf Bestimmung einer baren Zuzahlung nach § 15 UmwG ist allerdings von dem Antrag auf Bestimmung einer Abfindung für ein Abfindungsangebot entsprechend §§ 29, 34 UmwG zu unterscheiden. Beide Anträge betreffen unterschiedliche Rechtsinstitute mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen. Während bei einem Antrag nach § 15 UmwG lediglich ein ergänzender Ausgleich beantragt wird, ist der Antrag nach §§ 29, 34 UmwG auf Ausgleich für den Verlust der Beteiligung im Ganzen durch Ausscheiden aus dem Unternehmen gerichtet.

Angesichts des von den Antragstellern eindeutig als Zuzahlung bezeichneten Rechtsschutzziels bleibt für eine Umwidmung ihrer Anträge kein Raum (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 2005, 300 [juris Rn. 35]; ebenso OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 161] "WuW").

3. Ein Anspruch auf eine bare Zuzahlung wegen des "kalten Delistings" besteht indessen nicht; er lässt sich insbesondere nicht aus dem von den Antragstellern angeführten § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG ableiten.

Der Umstand, dass die im Zuge der Verschmelzung gewährten Aktien der Antragsgegnerin nicht börsennotiert sind, bedeutet nicht, dass sie kein ausreichender Gegenwert für die (börsennotierten) Aktien der L wären und deshalb ein Ausgleich der Wertdifferenz durch Zuzahlung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG geboten wäre.

Zutreffend verweist die Antragsgegnerin insoweit darauf, dass die wortlautidentische Bestimmung des § 196 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG für den Fall des Formwechsels nur anwendbar ist, wenn einzelne Anteilsinhaber Einbußen erleiden, nicht aber, wenn die Beeinträchtigung sämtliche Anteilsinhaber trifft. Eine Beeinträchtigung der Handelbarkeit der Anteile begründet daher keinen Anspruch auf eine bare Zuzahlung nach § 196 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 2004, 753 [juris Rn. 27]; Decher in Lutter, UmwG, 4. Aufl., § 196 Rn. 11; Meister/Klöcker in Kallmeyer, UmwG, 3. Aufl., § 196 Rn. 9).

Dass Entsprechendes für § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG gelten muss, legt nicht nur die Identität des Wortlauts der Bestimmungen nahe. Dies belegt vor allen Dingen der Umstand, dass der Gesetzgeber im Zuge des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes (2. UmwGÄndG) den Fall des "kalten Delistings" durch Verschmelzung einer börsennotierten auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft durch Ergänzung des § 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG ausdrücklich geregelt hat, um den Aktionären einen Ausgleich für die faktische Beschränkung der Veräußerungsmöglichkeit ihrer Anteile zukommen zu lassen (vgl. BT-Drs. 16/2919 S. 13). Dazu hätte es keiner gesetzlichen Regelung bedurft, wenn diese Beeinträchtigung bereits durch einen Anspruch auf Zuzahlung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 UmwG ausgeglichen würde.

Auf § 29 Abs. 1 Satz 1 UmwG i.d.F. 2. UmwGÄndG können sich die Antragsteller indessen nicht berufen. Zum einen ist die erst zum 25.04.2007 in Kraft getretene Änderung der Vorschrift hier nicht anwendbar. Zum anderen hat sich der Gesetzgeber aus guten Gründen gegen einen ergänzenden Ausgleich entschieden. Durch die Verankerung der Regelung bei § 29 UmwG kann der Aktionär nur eine Abfindung für seine Beteiligung im Ganzen, nicht aber für die (Teil-) Beeinträchtigung durch den Verlust der Börsennotierung verlangen. Ein Verfahren zur isolierten Bewertung der Börsennotierung einer Aktie steht derzeit nicht zur Verfügung (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 161]; ebenso Welf Müller in Festschrift Röhricht, S. 1015, 1023 f.); nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof im Fall des Delistings ein Pflichtangebot als einzige Möglichkeit zum Schutz der Minderheitsaktionäre angesehen (vgl. BGHZ 153, 47 [juris Rn. 31] "Macrotron").

III.

1. Das Rubrum war zu berichtigen. In Bezug auf den Antragsteller Ziffer 2) war die Rechtsnachfolge durch die Erbin (Bl. 269 f.), auf Seiten der Antragsgegnerin war der Wechsel in der Person des Vorstandsvorsitzenden zu berücksichtigen.

2. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war entbehrlich.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SpruchG ist zwar im Regelfall, aber nicht zwingend eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Durch den Verzicht auf eine völlige Freistellung der mündlichen Verhandlung wollte der Gesetzgeber eine Beeinträchtigung des Rechts auf rechtliches Gehör durch Beschränkungen des Rechts der Verfahrensbeteiligten vermeiden, dem Sachverständigen Fragen zu stellen (vgl. die Bezugnahme auf BVerfG NJW 1998, 2273 in BT Drs. 15/371, S. 15). Eine solche Beeinträchtigung ist hier indessen nicht zu befürchten. Zwar wurde in erster Instanz ein gerichtlicher Sachverständiger bestellt. Die Beteiligten hatten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht aber hinreichend Gelegenheit, dem Sachverständigen in mündlicher Verhandlung Fragen zu stellen. Die Beschwerdebegründung des Antragstellers Ziffer 8) - eine Begründung der Beschwerde des Antragstellers Ziffer 5) liegt nicht vor - lässt nicht erkennen, dass weitere Fragen an den Sachverständigen bestünden; der Antragsteller Ziffer 8) begehrt statt dessen eine völlige Neubewertung der beiden Unternehmen.

Der Senat hat auf seine Absicht, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, durch Verfügung vom 08.07.2009 (Bl. 267 f.) hingewiesen.

3. Angesichts der Zurückweisung der Beschwerden war der Geschäftswert entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG auf 200.000 Euro festzusetzen.

Eine Erstattung der Kosten der Beschwerdeführer durch die Antragsgegnerin aus Billigkeitsgründen gemäß § 15 Abs. 4 SpruchG ist vor dem Hintergrund der Zurückweisung der Beschwerde nicht veranlasst.

Umgekehrt sind die von der Antragsgegnerin zu tragenden Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nicht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG aus Billigkeitsgründen den Beschwerdeführern aufzuerlegen. Die Beschwerden sind zwar unbegründet, dies erscheint aber nicht offensichtlich.

Ende der Entscheidung

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