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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 20.03.2001
Aktenzeichen: 20 W 33/2000
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 950
Eigentumserwerb durch Verarbeitung bei Erstellung eines Kunstwerks

Arbeitet ein bildender Künstler über einen längeren Zeitraum hinweg an einem Kunstwerk, das in mehreren Entwicklungsstufen geschaffen wird, so entsteht zumindest mit jeder Entwicklungsstufe gem. § 950 BGB im Wege der Verarbeitung eine neue Sache im Eigentum des Künstlers.

Dingliche Rechte eines Dritten an der bisherigen Sache, d.h. an der früheren Entwicklungsstufe, gehen durch Weiterverarbeitung unter, es sei denn, der Künstler will die neue Sache im Eigentum des Dritten entstehen lassen.


Oberlandesgericht Stuttgart - 20. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 20 W 33/2000 3 O 483/99 LG Ellwangen

vom 20 März 2001

In Sachen

wegen: Prozesskostenhilfe

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Präsidenten des OLG Stilz,

des Richters am OLG Dr. Würthwein und

des Richters am OLG Kaulig

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 24.10.2000 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien, beide bildende Künstler, sind in Scheidung lebende Eheleute.

Die Antragstellerin macht geltend, 1987 mit dem Antragsgegner eine BGB Gesellschaft zur Erschaffung und zum Verkauf von Kunstgegenständen, insbesondere Gemälden, gegründet zu haben, die der Antragsgegner am 22.05.1999 gekündigt habe. Zum Gesellschaftsvermögen gehöre insbesondere das sog. S Rundbild. Dieses Rundbild, das im Ablauf 30 m lang und ca. 4,5 m hoch ist, wird derzeit vom Antragsgegner zum bevorstehenden 900-jährigen Jubiläum des Klosters L erstellt und befindet sich in diesem. Das Projekt wird von dem Förderverein Rundbild e.V., L und der Stadt L unterstützt. Beide haben zur Erstellung des Werkes erhebliche finanzielle Beiträge geleistet.

Die Antragstellerin hat Prozesskostenhilfe für eine Klage beantragt, mit der sie festgestellt wissen will, nach der Kündigung des Antragsgegners im Wege der Anwachsung Alleineigentümerin des Rundbildes geworden zu sein.

Hilfsweise will sie Klage mit folgendem Antrag erheben:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin als Mitgesellschafterin der zwar gekündigten aber noch nicht abgewickelten Hund M K, Maler und Grafiker GbR Miteigentümerin und Mitinhaberin der Rechte des 30 m langen, 4,5 m hohen S Rundbildes im Kloster L ist.

Hinsichtlich des Hauptantrags hat das Landgericht Ellwangen den Prozesskostenhilfe-Antrag durch Beschluss vom 01.02.2000 und Nichtabhilfebeschluss vom 13.06.2000 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 07.09.2000 zurückgewiesen (20 W 19/2000).

Hinsichtlich des Hilfsantrags hat das Landgericht durch Beschluss vom 24.10.2000 ebenfalls die Gewährung von Prozesskostenhilfe verweigert. Angesichts dessen, dass der Antragsgegner geltend mache, das S-Rundbild durch Vereinbarung vom 15.01.1998 (Bl. 11) dem Förderverein übertragen zu haben, sei die beabsichtigte Feststellung im Verhältnis zwischen den Parteien zwecklos, da diese Frage nicht in einem Rechtsstreit zwischen den Parteien, sondern nur in einem solchen unter Einbeziehung des Vereins geklärt werden könne.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, eine Eigentumsübertragung an den Förderverein S Rundbild e.V. sei nicht wirksam erfolgt, die angebliche Vereinbarung vom 15.01.1998 sei erst nachträglich zur Vorlage in diesem Verfahren erstellt worden. Auch stehe ihrer Wirksamkeit entgegen, dass der Förderverein gewusst habe, dass das Bild zu der von den Parteien gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehöre und der Antragsgegner nicht allein über es verfügen könne.

Die Behauptung, das Bild sei dem Förderverein übereignet worden, stehe auch im Widerspruch zu Äußerungen des Antragsgegners und auch des Fördervereins aus der Zeit nach dem angeblichen Abschluss der Vereinbarung.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der beabsichtigten Klage fehlt die zur Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht.

1.

Nachdem der Antragsgegner nicht geltend macht, Eigentümer des Rundbildes zu sein, sondern dieses dem Förderverein wirksam übertragen zu haben, ist eine endgültige, rechtsverbindliche Klärung des Eigentumsrechts, wie das Landgericht zu Recht ausführt, in erster Linie im Verhältnis zum Förderverein zu suchen und das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin für die beabsichtigte Klage deshalb zumindest zweifelhaft (zur Problematik des Rechtsschutzbedürfnisses bei Streit über Drittrechtsverhältnisse Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., Rn. 3b zu § 256 ZPO).

2.

Unabhängig davon fehlt hinsichtlich der beantragten Feststelllung von Eigentumsrechten die Erfolgsaussicht für die Klage nach dem derzeitigen Sachvortrag der Antragstellerin selbst dann, wenn das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen und die Vereinbarung mit dem Förderverein vom 15.01.1998 unwirksam sein sollte und zwischen den Parteien die von der Antragstellerin behauptete BGB-Gesellschaft, die der Antragsgegner bestreitet, bestanden hat.

Der Antragsgegner ist unstreitig alleiniger Schöpfer des Rundbildes. Das Eigentum an einem solchen Werk entsteht gem. § 950. BGB allein in seiner Person als sog. Verarbeiter. Eigentum im Wege der Verarbeitung kann zwar, insbesondere aufgrund entsprechender Vereinbarung, im Wege der fremdwirkenden Verarbeitung ggf. auch bei einem Dritten entstehen (Staudinger/Wiegand, BGB, 13. Bearbeitung; Rn. 17, 21 ff, 31 ff, zu § 950 BGB; BGH NJW 1952, 661 ff.; BGHZ 112, 243 ff.). Auch ist eine antizipierte Eigentumsübertragung möglich (Staudinger/Wiegand, a.a.O., Rn. 41 zu § 950; BGH NJW 1955, 541 für das Recht an einer Erfindung). Erforderlich ist dafür jedoch, dass der Verarbeiter bei Entstehung des eigenen Eigentums noch für den Dritten erwerben will (Staudinger/Wiegand, a.a.O., Rn. 23 und 41 zu § 950 BGB).

Die Besonderheit im Streitfall besteht jedoch darin, dass sich die Arbeit des Antragsgegners über mehrere Jahre hinzieht und dabei eine Reihe von Entwicklungsstadien bzw. Bearbeitungsschritten durchläuft, die jeweils dazu führen, dass die Sache sich nach der Verkehrsanschauung als neu darstellt (MüKo/Quack, BGB, 3. Aufl., Rn. 9 zu § 950). Mit jeder Entwicklungsstufe entsteht somit eine neue Sache im Sinne von § 950 BGB,. dingliche Rechte an der bisherigen Sache gehen durch Weiterverarbeitung unter.

Selbst wenn der Antragsgegner ursprünglich die Absicht gehabt haben sollte, das Rundbild für die BGB-Gesellschaft zu erschaffen, ist dies seit der von ihm erklärten Kündigung erklärtermaßen nicht mehr der Fall. Nachdem das Kunstwerk unstreitig seinerzeit erst zu 1/4 im Zeichenentwurf fertig war (Antragsgegnervortrag, Bl. 26), im Dezember 1999 sodann die Bleistiftzeichnung abgeschlossen war und der Antragsgegner mit der farbigen Ausmalung des Werkes begonnen hat (Zeitungsausschnitt der Remszeitung vom 15.12.1999, Bl. 32), ist nach dem Ausscheiden des Antragsgegners aus der Gesellschaft zumindest eine neue Entwicklungsstufe eingetreten mit der Folge, dass eine originäre neue Sache im Sinne von § 950 BGB entstanden ist, die der Antragsgegner nicht mehr für die Gesellschaft geschaffen hat und die daher nicht in ihrem Eigentum stehen kann.

Ob das Werk im Eigentum des Antragsgegners steht oder aufgrund entsprechender Vereinbarung in dem des Fördervereins, kann hier dahinstehen.

3.

Soweit der Antrag auf Feststellung gerichtet ist, dass der Gesellschaft andere Rechte als das Eigentumsrecht an dem Bild zustehen, hat die Antragstellerin solche Rechte nicht in ausreichender Form schlüssig dargetan.

Insoweit ist anzumerken: Das in Betracht kommende Urheberrecht steht gem. § 29 UrhRG allein dem Urheber zu, es ist nicht übertragbar. Der Urheber kann jedoch gem. § 31 UrhRG Nutzungsrechte an seinem Werk einräumen und zwar gem. § 40 UrhRG auch an künftigen Werken. Von einer solchen Vorausverfügung zugunsten der BGB-Gesellschaft kann jedoch auch dann nicht ohne weiteres ausgegangen werden, wenn zwischen den Parteien eine solche bestanden hat.

Auch dann bedurfte es einer entsprechenden Absprache und einer entsprechenden Rechtsübertragung (BGH NJW 1955,541). Von einer solchen kann ohne dahingehenden substantiierten Vortrag nicht ausgegangen werden.

Nachdem nach Vortrag der Antragstellerin der Förderverein bereits bis zum 24.07.1999 151.766,95 DM aufgewandt hatte, ist eine Übertragung der Nutzungsrechte hinsichtlich der streitigen Auftragsarbeit auf ihn naheliegend und kommt auch in schlüssiger Form in Betracht.

Die beabsichtigte Klage hat deshalb auch insoweit keinen Erfolg.

Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob und ggfs. welche Rechte im Zusammenhang mit dem Rundbild der Gesellschaft ggf. zum Zeitpunkt der Kündigung des Gesellschaftsvertrags zugestanden haben und wie diese - unter Berücksichtigung des seinerzeitigen Fertigungsstands des Bildes, der im Blick auf die von der Stadt L und dem Förderverein erbrachten Leistungen und deren Verwendung sowie unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner erbrachten Beitragsleistungen (vgl. BGH DB 1980, 731) - im Zuge der Auseinandersetzung der Gesellschaft zu berücksichtigen sind.

III.

Eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren findet gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt. Eine Kostenentscheidung ist daher nicht geboten.

Ende der Entscheidung

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