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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 31.03.2004
Aktenzeichen: 20 W 4/04
Rechtsgebiete: SpruchG


Vorschriften:

SpruchG § 15
Wird der Antrag im Spruchverfahren als unzulässig zurückgewiesen, ist der Mindestwert von 200.000 € als Geschäftswert festzusetzen.
Oberlandesgericht Stuttgart 20. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 20 W 4/04

In dem Rechtsstreit

wegen Ausschlusses aus der R AG

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart am 31. März 2004 unter Mitwirkung von

Präsident des Oberlandesgerichts Stilz Richter am Oberlandesgericht Dr. Drescher Richter am Oberlandesgericht Vatter

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 32. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2004 - 32 AktE 78/03 KfH - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde aus der R AG zugunsten der Antragsgegnerin ausgeschlossen. Der Ausschließungsbeschluss wurde am 19.09.2003 im Handelsregister eingetragen und am 13.11.2003 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. In einem Schreiben, das am 10.11.2003 beim Landgericht Stuttgart einging, erklärte der Antragsteller, er sei mit 109 Stück Aktien Kleinaktionär der R gewesen und wolle sich einem "Widerspruchsverfahren" anschließen, weil der Verkaufspreis zu niedrig sei und er nie eine Dividende erhalten habe. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 23. Februar 2004 den Antrag auf Beteiligung am Spruchverfahren als unzulässig zurückgewiesen, weil der Antragsteller trotz wiederholter Aufforderung bis zum Ablauf der Antragsfrist keine Ausführungen zu § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SpruchG gemacht habe. Es hat dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Geschäftswert auf 200.000,00 € festgesetzt. Mit seinem am 15.03.2004 beim Landgericht eingegangenen, mit Widerspruch überschriebenen Schreiben hat der Antragsteller eingewandt, der angesetzte Streitwert sei einfach viel zu hoch, es genügten 10.000,00 bis 20.000,00 €, er weise den Streitwert von 200.000,00 € zurück. Das Landgericht hat dieses Schreiben als Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts im Beschluss vom 23.02.2004 verstanden und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Geschäftswert zu Recht nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG auf 200.000,00 € festgesetzt.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts im Spruchverfahren findet die Beschwerde nach § 31 Abs. 3 KostO statt. Das SpruchG enthält keine Regelung, so dass nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SpruchG die Vorschriften der Kostenordnung anzuwenden sind (OLG Stuttgart NZG 2004, 97). Das als Widerspruch bezeichnete Schreiben des Antragstellers vom 15.03.2004 ist eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Geschäftswerts. Es lässt erkennen, dass der Antragsteller mit der Höhe des Geschäftswerts nicht einverstanden ist und eine Überprüfung begehrt. Die Beschwerde ist statthaft, weil der Antragsteller durch den angefochtenen Beschluss beschwert ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,00 € übersteigt.

2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat den Geschäftswert zurecht auf 200.000,00 € festgesetzt.

a) Als Geschäftswert für das Spruchverfahren ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG der Betrag anzunehmen, der von allen antragsberechtigten Anteilsinhabern nach der Entscheidung des Gerichts zusätzlich zu dem ursprünglich angebotenen Betrag insgesamt gefordert werden kann. Er beträgt mindestens 200.000,00 €. Da infolge der Zurückweisung des Antrags kein Betrag zusätzlich gefordert werden kann, ist der Mindestwert von 200.000,00 € festzusetzen. Er wurde eingeführt, damit auch dann, wenn das Verfahren nicht zu einer Erhöhung des ursprünglich angebotenen Betrages führt und beim alleinigen Abstellen auf die Erhöhung ein Geschäftswert von Null festzusetzen wäre, wegen des Aufwands für die Gerichte eine höhere Gebühr als die niedrigste Gebühr von 10 € nach § 32 KostO entsteht (Reg. Entwurf BT-Drucks. 15/371 S. 17). Ein Ermessen des Gerichts ist nicht vorgesehen. Die Geschäftsgebühr vermindert sich auch nicht, wenn das Gericht den Antrag als unzulässig zurückweist. Für die Festsetzung des Geschäftswerts ist es ohne Bedeutung, aus welchen Gründen es zu keiner Erhöhung des ursprünglich angebotenen Betrags kommt. Das ergibt sich schon daraus, dass § 15 Abs. 1 Satz 5 und 6 SpruchG erst für die Zahl der anzusetzenden Gebühren auf die Art der Verfahrensbeendigung abstellen (OLG Stuttgart NZG 2004, 97).

b) Das Landgericht hat einen Antrag des Antragstellers auf Einleitung eines Spruchverfahrens zurückgewiesen, so dass der Geschäftswert nach § 15 SpruchG festzusetzen war. Nach der Beschlussformel wurde zwar der Antrag auf "Beteiligung am Spruchstellenverfahren Prof. Dr. L u.a." zurückgewiesen. Aus der Begründung ergibt sich jedoch, dass das Landgericht in dem am 10.11.2003 eingegangenen Schreiben des Antragstellers, mit dem er sich einem Widerspruchsverfahren anschließen wollte, einen Antrag nach § 4 Abs. 1 SpruchG gesehen hat. Diese Entscheidung hat der Antragsteller innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist nach §§ 12 Abs. 1 SpruchG, 22 Abs. 1 FGG nicht angegriffen. Da im SpruchG im Gegensatz zum früheren Recht keine Anschlussanträge mehr vorgesehen sind und eine Nebenintervention angesichts des eigenen Antragsrechts der ausgeschlossenen Anteilsinhaber auch nicht in Betracht kommt, war das innerhalb der Antragsfrist vorgebrachte Begehren, am Spruchverfahren beteiligt zu werden, auch als Antrag im Sinn des § 4 Abs. 1 SpruchG zu verstehen. Das Landgericht hat aus diesem Grund den Antragsteller auch wiederholt aufgefordert, seinen Antrag zu begründen, ohne dass dieser sich gegen dieses Verständnis seines Schreibens gewandt hat.

c) Die Festsetzung des Geschäftswerts hat auch nicht deshalb zu unterbleiben, weil offenbar andere Anteilsinhaber Anträge nach § 4 Abs. 1 SpruchG gestellt haben, über die noch nicht befunden ist, die damit zu einer Erhöhung des ursprünglich angebotenen Betrags führen können und zu einem anderen, höheren Geschäftswert. Aus der Entscheidungsformel des Landgerichts ist zu entnehmen, dass auch andere Anteilsinhaber Anträge auf gerichtliche Bestimmung der Kompensation gestellt haben. Das betrifft aber nicht das vom Antragsteller eingeleitete Verfahren. Dieses ist mit der Zurückweisung seines Antrags beendet. Damit muss für dieses Verfahren auch nach § 15 Abs. 1 SpruchG der Geschäftswert festgesetzt werden. Eingehende Anträge können zunächst getrennt erfasst werden und selbständigen Regeln folgen. Das SpruchG sieht nicht vor, dass alle eingehenden Anträge von vorneherein zu einem einheitlichen Verfahren zusammengefasst werden. Zwar muss die Entscheidung über die Erhöhung der Kompensation einheitlich ergehen, so dass mehrere zulässige Anträge zu verbinden sind. Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass verschiedene Anträge von vorneherein in einem Verfahren zusammengefasst werden müssen. Dass zunächst mehrere Anträge in verschiedenen Verfahren gestellt werden können, setzt, wenn auch für einen besonderen Fall, das Gesetz in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpruchG selbst voraus, weil danach im Zusammenhang stehende Spruchverfahren nach § 4 FGG zusammengeführt werden können. Grundsätzlich ist jeder Antrag selbständig auf die Durchführung eines Spruchverfahrens gerichtet, so dass kein Grund besteht, ihn sofort bei Eingang nur als einen von mehreren zu behandeln. Dem stehen auch praktische Schwierigkeiten entgegen. In manchen Fällen ist allein aufgrund der Antragsschrift, insbesondere wenn wie hier Angaben nach § 4 Abs. 2 SpruchG fehlen, gar nicht erkennbar, ob ein neuer Antrag dieselbe Strukturmaßnahme und dieselbe Kompensation wie ein bereits durch einen anderen Antrag eingeleitetes Verfahren betrifft. Wenn sich ein durch einen Antrag eingeleitetes Spruchverfahren aber vor der Verbindung mit solchen Verfahren, auch durch eine gerichtliche Entscheidung zur die Unzulässigkeit des Antrags, erledigt, muss für dieses Verfahren selbständig ein Geschäftswert festgesetzt werden, § 15 Abs. 1 Satz 4 SpruchG, und eine Kostenentscheidung getroffen werden. Das entspricht auch dem Zweck der Reform des Spruchverfahrens. Ein Antragsteller soll sich nicht finanziell risikolos durch eine einfache Erklärung an einem Spruchverfahren beteiligen können. Anschlussanträge sind nicht mehr möglich und für einen zulässigen Antrag muss zumindest nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG innerhalb der Antragsfrist eine Auseinandersetzung mit dem als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert erfolgt sein. Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn sich jeder Anteilsinhaber auch durch unzureichende Angaben an einem durch einen zulässigen Antrag in Gang gesetzten Verfahren beteiligten könnte. Selbst wenn sein Antrag in einer Teilentscheidung zurückgewiesen würde, könnten Geschäftswert und Kostenentscheidung unter Umständen erst nach Jahren getroffen werden und wären außerdem von der Art der Verfahrensbeendigung abhängig, auf die der Antragsteller, dessen Antrag alsbald zurückgewiesen wurde, keinen Einfluss mehr hat.

3. Diese Entscheidung ist nach § 31 Abs. 4 KostO gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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