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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 3 U 125/03
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StGB § 263
ZPO § 287
ZPO § 138 Abs. 2
Ist in einem Rechtsstreit der Einzugsstelle gegen die Geschäftsführer einer GmbH eine konkrete Berechnung des den Sozialversicherungsträgern entstandenen Schadens wegen Nichtabführung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nicht möglich, weil gegen die gesetzlichen Melde-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten gemäß §§ 28 a, 28 f SGB IV verstoßen wurde, so können sich aus den Geständnissen der Geschäftsführer der GmbH im Ermittlungs- und Strafverfahren hinreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ergeben, jedenfalls so lange nicht substanziiert dargelegt wird, dass und inwieweit die Geständnisse falsch gewesen sind.
Oberlandesgericht Stuttgart 3. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 3 U 125/03

Verkündet am 12. November 2003

In Sachen

wegen Forderung

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2003 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter Richter am Oberlandesgericht Oechsner Richterin am Landgericht Gehring

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30.6.2003 - 23 O 232/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 117.882,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.7.2002 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 183.859,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.10.2002 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 15 %, der Beklagte 33 %, der Beklagte 52 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten. V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 353.842,96 €

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat zwar einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 823 BGB i.V.m. §§ 263, 266 a StGB bzw. § 826 BGB dem Grunde nach bejaht, jedoch die Auffassung vertreten, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung einer richterlichen Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO eine bestimmte Höhe eines entstandenen Schadens nicht nachzuweisen vermocht habe. Das Landgericht vermisste im klägerischen Vortrag die Darlegung von für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Daher hielt es eine Schadensschätzung für unzulässig bzw. unmöglich. Den bestandskräftigen Bescheid der LVA vom 18.3.2002 gegenüber der hat es zum Nachweis eines Schadens für ungenügend erachtet, dies auch angesichts der im Strafurteil genannten, hiervon abweichenden Beträge, die es gleichfalls so für nicht nachvollziehbar erachtete.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.

Gegen dieses, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.7.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4.7.2003 Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht begründet.

Die Klägerin, welche ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt, macht geltend:

Das Landgericht habe die Klage zu Unrecht als unbegründet abgewiesen. Es habe die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten neben der GmbH für den Bescheid der LVA übersehen, weshalb seine Feststellungen unter Ziff. 2 der Entscheidungsgründe neben der Sache lägen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und einhelliger Meinung in der Literatur hafteten die Geschäftsführer einer GmbH neben dieser als Gesamtschuldner für einen Schaden, den sie persönlich durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt haben. Da der Bescheid der LVA vom 18.3.2002 bestandskräftig sei, hätte der Klage vollumfänglich stattgegeben werden müssen. Die Bindung der Beklagten an diesen Bescheid ergebe sich bereits aus § 43 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz, sodass den Beklagten gegenüber nicht (nochmals) sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen wären.

Außerdem missachteten die Feststellungen des Landgerichts die Grundsätze, die vom BGH zur Modifizierung der Darlegungslast entwickelt wurden. Danach sei im Einzelfall zu prüfen, ob es dem Prozessgegner im Rahmen seiner Erklärungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zuzumuten sei, dem Beweispflichtigen eine prozessordnungsgemäße Darlegung durch nähere Angaben über die betreffenden, zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen, weil er im Gegensatz zu den außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehenden Darlegungspflichtigen die wesentlichen Tatsachen kenne ("sekundäre Behauptungslast" oder "substanziiertes Bestreiten"). Diese Grundsätze müssten hier erst recht gelten, weil der Mangel an Fakten durch die Beklagten im Wege jahrelanger vorsätzlicher unerlaubter Handlungen herbeigeführt worden sei. Da sie ihre sekundäre Behauptungslast nicht erfüllt hätten, gälten die Behauptungen der Klägerin trotz ihrer mangelnden Substanziierung als zugestanden.

Die vom Landgericht desungeachtet der Klägerin im Verhandlungstermin vom 24.3.2003 gemachte Auflage, mitzuteilen, für welche Arbeitnehmer in welchem Monat welcher Sozialversicherungsbeitrag abzuführen gewesen wäre und welcher tatsächlich abgeführt worden sei, sei unerfüllbar gewesen, worauf bereits in der Klagebegründung unter Hinweis auf den Bescheid der LVA vom 18.3.2002 hingewiesen worden sei. Dies beruhe gerade darauf, dass die Beklagten ihren gesetzlich vor-geschriebenen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nicht nachgekommen seien und übergebene Lohn- oder Stundenzettel vernichtet hätten. Daher hätten bei den Ermittlungen aussagekräftige Schriftstücke gerade nicht sichergestellt werden können und sei auch die LVA auf eine Schätzung gemäß § 28 f Abs. 2 S. 1 SGB IV angewiesen gewesen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe die Klägerin sich auch nicht damit begnügt, auf den Bescheid der LVA zu verweisen. Sie habe vielmehr den Inhalt des Bescheids sowie die dazugehörige Berechnungsgrundlage (Anl. K 2) zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht und überdies mit Schriftsatz vom 22.4.2003 den Bescheid der LVA erläutert unter besonderer Berücksichtigung seiner Grundlagen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien jedenfalls genügend Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO vorgetragen worden. So habe die Klägerin auch sämtliche relevanten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorgetragen unter besonderem Hinweis auf die dort abgelegten Geständnisse der Beklagten. Auch die im Einzelnen durchgeführten Berechnungen der LVA, welche gleichfalls die einzelnen Abdeckrechnungen entsprechend ihrem Datum auf die einzelnen Jahre verteilt und eine zeitnahe Weiterleitung der Erträge hieraus an die Schwarzarbeiter entsprechend den Geständnissen der Beklagten im Ermittlungsverfahren zu Grunde gelegt habe, habe die Klägerin vorgelegt und zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht. Auf dieser Grundlage, aber auch auf der Grundlage der Berechnungen des Landgerichts im Strafverfahren wäre es möglich gewesen, eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO durchzuführen. Die Beklagten wären nach allgemeinen Beweisgrundsätzen verpflichtet gewesen, die vorliegenden, ins Einzelne gehenden Schätzungen substanziiert zu bestreiten. Sie hätten sich jedoch auf bloßes Leugnen beschränkt.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne auch nicht die hälftige Aufteilung des Schadens auf die beteiligten Krankenkassen beanstandet werden. Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagten dies substanziiert hätten angreifen können und müssen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne auch die Differenz der Beträge im Strafurteil einerseits und bei den Berechnungen der LVA andererseits kein Grund sein, von einer Schadensschätzung abzusehen. Eine nochmalige Überprüfung der zunächst nur vorläufigen Schadensschätzung durch die LVA habe einen höheren Schätzbetrag ergeben. Wenigstens hätte von dem im Strafurteil genannten Sozialversicherungsschaden in Höhe von insgesamt 1.180.310,80 DM ausgegangen werden müssen, hiervon 50 % als Schaden der Klägerin, somit 590.155,40 DM bzw. 301.741,66 €.

Dass schätzungsweise "mindestens 90 % der Abdeckrechnungen" zur Entlohnung von Schwarzarbeitern verwendet worden seien, beruhe auf der insoweit vollkommen eindeutigen Aussage des Beklagten . Für diese sei auch Beweis angeboten worden durch Beiziehung der Strafakten. Diesem Beweisantritt sei nicht nachgegangen worden.

Die Klägerin beantragt:

In Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 30.6.2003 (23 O 232/02) wird

1. der Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar verurteilt, an die Klägerin 140.143,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2002 zu bezahlen;

2. der Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar verurteilt, an die Klägerin 213.699,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2002 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil. In diesem sei zu Recht ausgeführt, dass die Klägerin die Höhe eines Anspruchs nicht ansatzweise nachvollziehbar dargelegt und nach Bestreiten substanziiert habe.

Der Bescheid der LVA gegen die entfalte keine Bindungswirkung für die Beklagten. Auch die von der Klägerin zitierten Grundsätze des substanziierten Bestreitens griffen nicht, da die Beklagten seit ihrer Inhaftierung Anfang 2001 nicht mehr im Besitz der Firmenunterlagen seien. Diese hätten daher keinerlei Möglichkeit, auf die pauschalen Behauptungen der Klägerin hin substanziiert vorzutragen bzw. zu bestreiten.

Die im Ermittlungsverfahren gemachte Angabe des Beklagten , 90 % der Beträge aus den Abdeckrechnungen seien für die Bezahlung von Arbeitern eingesetzt worden, sei als Berechnungsgrundlage unzureichend. Es werde bestritten, dass 90 % der Beträge aus den Abdeckrechnungen für die Bezahlung von Arbeitern verwendet worden seien, ebenso die Richtigkeit und Vollständigkeit vorgenommener Berechnungen oder Schätzungen, ferner auch, dass die Beklagten im Hinblick auf das jetzige Verfahren irgendwelche Unterlagen vernichtet hätten. Außerdem komme in Betracht, dass einzelne der eingesetzten und entlohnten Leute nicht Arbeitnehmer der GmbH gewesen seien, da teilweise Kolonnenführer beauftragt und entlohnt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 29.10.2003 Bezug genommen.

Die Straf- und Ermittlungsakten (LG Stuttgart 11 KLs 183 Js 2486/01) waren zu Informationszwecken beigezogen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie hat in der Sache überwiegend Erfolg, sodass das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern war.

1.

Die Beklagten haften jeweils für den Schaden der Sozialversicherungsträger, der dadurch entstanden ist, dass sie während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der unter Verstoß gegen ihre gesetzlichen Meldeverpflichtungen gemäß §§ 28 a ff SGB IV Gesamtsozialversicherungsbeiträge vorsätzlich nicht abgeführt haben.

Sie können hierwegen von der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in Anspruch genommen werden. Die Klägerin, welche als Einzugsstelle im Sinne des § 28 a SGB IV nur bezüglich der in den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen enthaltenen Krankenkassenbeiträgen selbst geschädigt ist, kann den gesamten, durch Nichtabführung von Beiträgen an sie entstandenen Schaden geltend machen. Es kann offen bleiben, ob sich dies aus ihren gesetzlichen bzw. durch die LVA nach Betriebsprüfung bestimmten Zuständigkeit als Einzugsstelle gemäß § 28 h SGB IV ergibt oder über die Grundsätze der Drittschadensliquidation (so OLG Rostock NJW-RR 1998, 688 f).

2.

Das Landgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass die streitgegenständlichen Ansprüche nicht verjährt sind. Dies gilt auch dann, wenn die Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. griffe, da die Ermittlungen gegen die bzw. die Beklagten erst Anfang des Jahres 2000 ihren Beginn nahmen.

3.

Dem Landgericht kann weiter in seiner Beurteilung beigetreten werden, dass die Klägerin den geltend gemachten Schaden darzulegen und zu beweisen hat, ggf. auch die Anknüpfungstatsachen für eine Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 162, 172). Ferner, dass ein dem Grunde nach unstreitig eingetretener Schaden der Höhe nach für das entscheidende Zivilgericht nicht bindend vorgegeben ist.

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Klägerin haben keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Landgericht nicht verkannt, dass der Geschäftsführer einer GmbH neben dieser für einen Schaden haftet, den er persönlich durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt hat (BGH NJW 1996, 1535 ff m.w.N.).

Zu Recht ist es jedoch der Argumentation der Klägerin, aus dieser gesamtschuldnerischen Haftung der Geschäftsführer einer GmbH folge, dass die Beklagten ohne weiteres aus dem Bescheid der LVA hafteten und die Klage daher begründet wäre, nicht gefolgt. Die Klägerin differenziert hier nicht hinreichend zwischen den Fragen des Bestehens und der Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen Beitragsschulden und der Frage des Bestehens und der Geltendmachung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche.

Bei dem Bescheid der LVA vom 18.3.2002 handelt es sich um einen eine öffentlich-rechtliche Beitragsschuld der GmbH feststellenden Bescheid. Es ist nicht Frage des hiesigen Rechtsstreites, ob diese öffentlich-rechtliche Beitragsschuld aufgrund dieses Bescheides oder gesonderten Haftungsbescheides gegen die Beklagten geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte.

Anzumerken bleibt, dass vorliegender Bescheid der LVA ausweislich seines Inhalts nur für die GmbH bestimmt war und auch nur dieser und nicht etwa den Beklagten als natürlichen Personen bekannt gegeben bzw. zugestellt worden ist. Von daher dürfte schon eine Bindungswirkung im öffentlichen Recht nicht gegeben sein (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl., § 43 Rn. 85, § 41 Rn. 33, 37 f, 40, 43).

Auch dem weiteren Vorbringen der Klägerin, mit welchem diese zu begründen sucht, der geltend gemachte Schaden stünde schon aufgrund bestandskräftigen Bescheids der LVA, an welchen das Zivilgericht gebunden sei, fest, kann nicht gefolgt werden.

Eine Bindung aus Erwägungen der Rechtskraft, wobei allerdings auch deren inhaltlichen und personellen Grenzen zu beachten wären (vgl. nur Kissel, GVG, 3. Aufl., § 13 Rn. 20, 26; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 43 Rn. 120 m.w.N.), scheidet von vornherein aus. Auch die Argumentation über die Tatbestandswirkung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes scheitert jedenfalls an der potenziellen Reichweite derselben in sachlicher Hinsicht, denn Inhalt des Bescheides ist die Festsetzung einer Beitragsschuld der GmbH und nicht die Feststellung der Höhe des von den Beklagten verursachten Schadens.

Selbst wenn man wegen der offensichtlichen Parallelität der Feststellungen und möglichen Identität der Beträge der Höhe nach die Feststellungen der LVA als Vorfrage ansähe, bestünde nach der Rechtsprechung des BGH kein Abweichungsverbot (vgl. Kissel, a.a.O., § 13 Rn. 17; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl., § 14 IV 1). Im Übrigen bestätigen die Vorschriften der ZPO zum Urkundenbeweis die rein formale Tatbestandswirkung, wonach die formelle Beweiskraft der Urkunde sich nicht auf die Frage der sachlichen Richtigkeit der Entscheidung erstreckt (vgl. nur MüKo/Schreiber, 2. Aufl., ZPO, § 417 Rn. 5, § 415 Rn. 12, 21).

4.

Dem Landgericht kann auch in seiner Beurteilung beigetreten werden, dass die Klägerin die für eine konkrete Schadensberechnung (§ 286 ZPO) erforderlichen Daten, nämlich für welchen Arbeitnehmer in welchem Monat welcher Sozialversicherungsbeitrag von der abzuführen gewesen wäre und welcher tatsächlich abgeführt worden ist, nicht dargelegt hat. Allerdings hat die Klägerin vor und nach dem gerichtlichen Hinweis hinreichend substanziiert und unter Beweisantritt dargelegt, dass ihr dieser Vortrag unmöglich ist, weil die Beklagten ihren gesetzlichen Melde-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten gemäß §§ 28 a, f SGB IV ebenso wie ihren Mitwirkungspflichten bei der Prüfung gemäß § 28 p SGB IV nicht nachgekommen sind, sodass auch die LVA auf eine Schätzung (§ 28 f Abs. 2 SGB IV) angewiesen gewesen ist.

Damit liegen die Voraussetzungen einer Schadensermittlung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO vor, durch welche verhindert werden soll, dass eine Klage allein deshalb abgewiesen wird, weil der Kläger nicht in der Lage ist, den vollen Beweis für einen entstandenen Schaden zu erbringen.

Das Gericht kann (und muss) auch bei besonderer Schwierigkeit des Schadensnachweises auf eine Schadensschätzung zurückgreifen (vgl. BGH NJW 1994, 663; NJW 1992, 2753), dies auch bei Lücken im Vortrag, soweit noch ausreichende Anhaltspunkte dargetan sind (BGH NJW-RR 1992, 202; MDR 2000, 883; zum Ganzen Zöller/Greger, 23. Aufl., § 287 Rn. 1, 4, 5; Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 287 Rn. 6 ff). Eine Schadensschätzung ist nur dann zu unterlassen, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte "völlig in der Luft hinge" und daher willkürlich wäre (BGHZ 91, 243, 256 = NJW 1984, 2216; BGH NJW 1987, 909, 910; BGH NJW-RR 1992, 202).

5.

Der Auffassung des Landgerichts, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO nicht gegeben sind, kann nicht beigetreten werden.

Der Klägerin ist darin beizupflichten, dass sie zu Anhaltspunkten für eine Schadensschätzung hinreichend vorgetragen hat, indem sie sämtliche relevanten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens unter besonderem Hinweis auf die dort abgelegten Geständnisse der Beklagten vorgetragen und die Beiziehung der Akten beantragt hat, ferner auch zu den Grundlagen der Schätzung der LVA und zu den Grundlagen der Berechnungen des Landgerichts im Strafverfahren vorgetragen hat, demgegenüber die Beklagten sich auf ein bloßes Leugnen in hiesigem Prozess beschränkten.

Im Rahmen der hiernach vorzunehmenden Schadensermittlung gemäß § 287 ZPO steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte von der Klägerin auf einen Schaden in Höhe von zumindest 230.557,18 DM bzw. 117.882,00 €, der Beklagte auf einen Schadensbetrag in Höhe von zumindest 359.598,26 DM bzw. 183.859,67 € in Anspruch genommen werden kann.

Damit folgt der Senat im Ergebnis der dem Strafurteil zu Grunde liegenden Schadensschätzung, welche mehrfache "Sicherheitsabschläge" zu Gunsten der Beklagten beinhaltet. Die Aufteilung der einzelnen Schadensbeträge auf die beiden Beklagten, welche nach den Klaganträgen der Klägerin nicht als Gesamtschuldner für den Gesamtschaden in Anspruch genommen werden, beruht auf der nach den Geständnissen der Beklagten im Strafverfahren möglichen zeitlichen Einordnung der jeweils hinterzogenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Hiernach sind die mit jeweiligen Rechnungsdaten vorliegenden Abdeckrechnungen entsprechend dem Bedarf an zu verschleiernden Lohnzahlungen zeitnah besorgt bzw. erstellt worden.

6.

Zu den Anknüpfungstatsachen der Schadensschätzung im Einzelnen:

a) Der zentrale und unstreitige Anhaltspunkt für die Schadensschätzung nicht nur der LVA, sondern auch des Strafgerichts sind die von den Beklagten verwendeten, teilweise beschafften, teilweise selbst erstellten Abdeckrechnungen im Nettobetrag von insgesamt 3.440.350,66 DM und deren Verwendung zur Abdeckung von Ausgaben für Lohnzahlungen in der Buchhaltung. Nicht bestritten ist auch, dass die Beklagten zudem die sich aus diesen Rechnungsbeträgen ergebenden Mehrwertsteuerbeträge von insgesamt 536.184,40 DM im Rahmen der Vorsteuer - mit Erfolg - geltend gemacht haben.

Unbestritten haben die Beklagten im Ermittlungsverfahren eingeräumt, dass der überwiegende Teil der Rechnungsbeträge für Lohnzahlungen verwendet worden ist. Nach dem Geständnis des Beklagten sollen "mindestens 90 % dieses Geldes für Lohnzahlungen" verwendet worden sein (EO4, Bl. 178). Nach dem Geständnis des Beklagten (EO4, Bl. 163) sollen es "nur ca. 80 bis 85 % der gesamten Scheinrechnungssummen" gewesen sein.

Diese frühzeitig im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und nicht etwa erst in der Hauptverhandlung vor dem Hintergrund einer Absprache über die Höhe der Freiheitsstrafe erfolgten Geständnisse der Beklagten im Strafverfahren unterliegen der freien Beweiswürdigung des Zivilgerichts (vgl. auch Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 286 Rn. 11, § 288 Rn. 8; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 288 III, IV Rn. 24, § 284 IV Rn. 39) und können der zivilrechtlichen Schadensschätzung letztlich zu Grunde gelegt werden.

Das nunmehrige pauschale Bestreiten, dass ein derart hoher Anteil der Beträge zur Entlohnung von Mitarbeitern gedient habe, weil auch rückständige Steuerforderungen und Sozialversicherungsbeiträge, außerdem Provisionen an die Rechnungsbeschaffer bezahlt worden seien, lässt diesen Anknüpfungspunkt nicht entfallen. Die Klägerin hat sich auf diese Angaben und Zugeständnisse der Beklagten berufen. Weitere Darlegungen sind ihr nicht möglich, da sich die Verwendung dieser Beträge ausschließlich im Wahrnehmungsbereich der Beklagten abgespielt hat. Diese als Geschäftsführer der haben die genaue Verwendung dieser Beträge gekannt oder hätten sie kennen müssen. Das Bestreiten der Beklagten zur behaupteten Verwendung für Lohnzahlungen hätte daher, sollte es beachtlich sein, eine substanziierte Erwiderung erfordert (vgl. BGHZ 100, 190 ff; BGH NJW 1999, 3485 f; BGH NJW-RR 1999, 1152 f). Diese Grundsätze zur sekundären Behauptungslast gelten auch, soweit es um die Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO geht (vgl. BGH NJW 2002, 825, 826). Zudem spricht die Lebenserfahrung dafür, dass die Beklagten als Beschuldigte im Ermittlungsverfahren in einem frühen Zeitpunkt desselben nicht den tatsächlichen Gegebenheiten zuwider zu ihren Lasten falsche Geständnisse ablegen.

b) Nachdem unbestritten bzw. zugestanden ist, dass vorliegend aus den Abdeckrechnungen, d.h. aus "Schein-Subunternehmerrechnungen" an eine Vielzahl, teilweise auch namentlich ermittelter (vgl. auch Anl. K 6, Bl. 150 ff d.A.) auf den Baustellen eingesetzter Personen Löhne ausbezahlt wurden, können die Beklagten auch mit ihrem pauschalen Einwand, bei den Auszahlungen habe es sich zumindest teilweise nicht um Arbeitsentgelt für eigentlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse gehandelt, nicht gehört werden. Auch insoweit hätte es substanziierter Darlegungen bedurft, warum durch "Schein-Sub-unternehmerrechnungen" verdeckte Auszahlungen an andere "echte" Subunternehmer erfolgt sein sollen.

Der pauschale Einwand der Beklagten, teilweise seien Leute auch über einen Kolonnenführer beschäftigt worden, ist in keiner Weise ausreichend, das Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Tätigkeiten sämtlicher eingesetzter Personen für die ernsthaft in Frage zu stellen oder gar auszuschließen. Hinzu kommt, dass nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes die Zulässigkeit einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, welche bei Anheuerung von Kolonnen vorliegen könnte, im Baugewerbe eingeschränkt, bei ausländischen Arbeitnehmern, welche nach den Angaben der Beklagte hier zum Einsatz kamen, gemäß § 15 AÜG nur bei entsprechender Genehmigung wirksam möglich wären, sodass nach den Angaben der Beklagten eine gemäß § 9 AÜG unwirksame Arbeitnehmerüberlassung in Betracht gezogen werden könnte. In diesem Falle würde aber gemäß § 10 AÜG ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zwischen der und den eingesetzten Arbeitnehmern fingiert. Hinzu kommt, dass auch nach den Regelungen des SGB IV Beitragsansprüche automatisch infolge der Beschäftigung von Personen gegen Arbeitsentgelt entstehen (§ 22 SGB IV) und bei Verstoß gegen Aufzeichnungs-, Auskunfts-, Melde-, Vorlage- und Mitwirkungspflichten mit der Folge der Unmöglichkeit einer personenbezogenen Beitragsfeststellung wie hier es auch gemäß § 28 f SGB IV dem Arbeitgeber obliegt darzulegen, inwieweit in als Entgeltsumme festgestellten Zahlungsflüssen beitragsfreie Zahlungen enthalten sind (vgl. Kasseler Kommentar-Seewald, a.a.O., § 28 f Rn. 6 ff).

c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht auch die in der Klage vorgenommene hälftige Aufteilung des Schadens bzw. der bestehenden Zuständigkeiten als Einzugsstelle (vgl. § 28 i SGB IV; § 175 Abs. 3 SGB V), da ja von den in den Gesamtbeiträgen enthaltenen Krankenversicherungsbeiträgen abgesehen, ohnehin ein "Drittschaden" der Sozialversicherungsträger geltend gemacht wird, der Schadensschätzung nicht entgegen.

Hierbei handelt es sich letztlich um eine Vorgabe der LVA, an welche sich Klägerin und unbestrittenermaßen halten und welche zudem einem von den Beklagten nicht bestrittenen Erfahrungssatz der Verteilung des Beitragsaufkommens der beteiligten Krankenkassen bei Firmen dieser Art entspricht. Außerdem hat auch diese Annahme letztlich ihren Grund in der Nichterfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen der Beklagten als verantwortliche Geschäftsführer der . Von ihnen wurde jedoch nicht ansatzweise näher dargelegt, dass und für welche Beschäftigten eine andere Einzugsstelle zuständig gewesen sein sollte, zumal nach den Ergebnissen der Ermittlungsbehörden Beitragsmeldungen der ausschließlich gegenüber diesen beiden Kassen erfolgten und weder bei der nach dem Firmensitz unter Umständen zuständigen noch bei anderen Geschäftsstellen der Arbeitnehmer der gemeldet waren (E01, 374). d) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hindert schließlich auch die Differenz in den Schätzergebnissen der LVA einerseits, des Strafgerichts andererseits eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO in hiesigem Rechtsstreit nicht. Die Unterschiede beruhen ausschließlich darauf, dass im Rahmen des Strafverfahrens die Berechnung auf der Grundlage diverser, zu Gunsten der Beklagten unterstellten Annahmen erfolgte.

Der entscheidende Grund für die Unterschiede in den vorgenommenen Schätzungen besteht darin, dass im Rahmen des Strafverfahrens, die Geständnisse der Beklagten nicht überstrapazierend, nur eine Gesamtentgeltsumme von 3.153.288,00 DM, aus welcher Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt wurden, zu Grunde gelegt wurde. Dies entspricht ca. 90 % der Netto-Rechnungsbeträge bzw. ca. 79 % der Brutto-Rechnungsbeträge. Demgegenüber ist die LVA von einer Entgeltsumme von 3.361.903,80 DM ausgegangen, welche zur Überzeugung des Senats nach den Darlegungen der Klägerin in erster Instanz gerade nicht auf genaueren Nachberechnungen beruht, sondern ausschließlich nach den festgestellten Abdeckrechnungen und nach den Einräumungen der Beklagten angenommen wurde.

e) Auch unter Berücksichtigung dessen, dass im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO im Zweifel Annahmen zu Gunsten der Beklagten erfolgen müssten, hält der Senat es nicht für erforderlich, dass zu Gunsten der Beklagten und entgegen den Grundlagen der Schadensfeststellung im Strafprozess eine noch geringere Entgeltsumme als Grundlage für die Beitrags- bzw. Schadensermittlung angenommen werden muss. Soweit die Beklagten pauschal den Einwand erhoben, auch sonstige Abgabeschulden aus diesen Beträgen bezahlt zu haben, haben die Ermittlungen nur bestätigt, dass knapp 115.000,00 DM auf Steuerschulden nachentrichtet worden sind. Soweit die Beklagten Provisionszahlungen für die Rechnungsbeschaffer einwandten, wurde schon nach deren Angaben nur teilweise der von ihnen erwähnte Höchstsatz von 16 % gefordert und bezahlt und zudem für Rechnungen im Gesamtrechnungsbetrag von ca. 900.000,00 DM überhaupt keine Provision bezahlt, da diese die Beklagten selbst erstellt haben. Es erscheint daher vollkommen ausreichend, auch unter Berücksichtigung der eingewandten Provisions- und Schuldenzahlungen, zu Gunsten der Beklagten anzunehmen, dass von den Gesamtrechnungsbeträgen in Höhe von brutto 3.976.535,85 DM immerhin ein Betrag von ca. 823.000,00 DM nicht für Arbeitsentgelt, sondern für sonstige Zwecke ausgegeben wurde.

Da nach den Geständnissen der Beklagten im Strafverfahren ein Teil (ca. 1/3) der Schwarzlöhne an Arbeitnehmer floss, welche als geringfügig Beschäftigte geführt wurden, wird bei der weiteren Berechnung wie schon im Strafverfahren zu Gunsten der Beklagten nur die zusätzliche Entgeltzahlung über die Geringverdienergrenze hinaus der Sozialversicherung unterworfen, ferner wird zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass sich darunter auch mindestens zur Hälfte Rentner befanden, sodass ein niedrigerer Beitragssatz in Ansatz gebracht wird (zu diesen Berechnungsgrundlagen im Strafverfahren vgl. Bl. 33 ff der Anklageschrift). Daraus folgt zu Gunsten der Beklagten ein niedrigerer prozentualer Anteil der Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus der angenommenen (niedrigeren) Lohnsumme. Hieraus errechnet sich, dass der Beklagte im Zeitraum seiner formalen Bestellung als Geschäftsführer bis Ende 1997 zu Lasten der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 230.557,18 DM oder 117.882,00 €, der Beklagte hiernach Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 359.598,26 DM bzw. 183.859,67 € nicht abgeführt hat (vgl. auch Strafurteil, Bl. 117 ff d.A.).

f) Der Einräumung eines weiteren Schriftsatzrechtes nach Erörterung der Sach- und Rechtslage am 29.10.2003 bedurfte es nicht. Soweit der Senat im Rahmen der Erörterung seine vorläufige Auffassung kund tat, dass auf der Grundlage der vorgetragenen Ermittlungsergebnisse somit letztlich aufgrund der Geständnisse der Beklagten im Strafverfahren ausreichende Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO vorliegen dürften, zumal die Beklagten nicht ansatzweise substanziiert die Richtigkeit dieser Berechnungsgrundlagen angegriffen haben, handelte es sich nicht um einen erforderlichen Hinweis, denn diese Fragen waren zentraler Streitpunkt im Prozess und Gegenstand des klägerischen Vortrags in erster wie in zweiter Instanz. Damit, dass weitergehende Anforderungen an den Sachvortrag der Beklagten unter Zugrundelegung einer sekundären Behauptungslast zur Erschüttung oder Widerlegung der hiernach gegebenen Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung gestellt würden, hätte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf rechnen müssen. Im Übrigen besteht eine Hinweispflicht des Gerichts dann nicht, wenn das Verhalten einer Partei den Schluss zulässt, dass sie nicht näher vortragen kann oder will (vgl. auch BGH Urteil vom 5.6.2003 - I ZR 234/00; S. 11). So liegt der Fall hier. Die Beklagten haben in der Berufungsinstanz nochmals betont, sie hätten keinerlei Möglichkeit, auf die pauschalen Behauptungen der Klägerin irgendwelche Einwendungen, außer den bereits erhobenen, vorzutragen bzw. substanziiert zu bestreiten.

Auch die Hinzuziehung der Ermittlungsakten hat bestätigt, dass ihnen insoweit keine Unterlagen mit konkreten Zahlen und Daten zur Verfügung stünden. Dies letztlich deshalb, weil die Beklagten ihren gesetzlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsverpflichtungen nicht nachgekommen sind und, wie sie gleichfalls im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeräumt haben, sie auch Lohn- und Stundenzettel bei Auszahlung von Beträgen an Zahlungsempfänger nicht zu den Unterlagen genommen haben.

Damit drängen sich auch die Grundsätze der Beweisvereitelung auf. Eine solche kann auch vorprozessual durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden (Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 286 Rn. 17 ff; Zöller/Greger, a.a.O., § 286 Rn. 14; Stein/Jonas/Leipold, a.a.O., § 286 IV, VII Rn. 120 ff jeweils m.w.N.). Angesichts des vorsätzlichen Handelns der Beklagten bestehen am Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme einer Beweisvereitelung keine Bedenken (vgl. auch BGH NJW 98, 79 ff; NJW 2002, 825, 826 f) mit der Folge, dass die Beklagten aus diesem Verhalten keine beweisrechtlichen Vorteile ziehen dürfen und zu Gunsten der Klägerin Beweiserleichterungen bis hin zu einer Umkehr der Beweislast in Betracht gezogen hätten werden müssen.

7.

Ein Verzug der Beklagten ab 15.5.2002 ist schlüssig nicht vorgetragen, sodass die beantragten Zinsen gemäß § 291 BGB jeweils nur zu den feststellbaren Zeitpunkten der Rechtshängigkeit der jeweils gegen die Beklagten erhobenen Ansprüche zuzusprechen waren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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