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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 25.08.2004
Aktenzeichen: 3 U 78/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 437 Nr. 3
1. § 284 ist auf alle Verträge anzuwenden, nicht nur auf solche mit ideellem Zweck.

2. Der Begriff der Aufwendung in §§ 437 Nr. 3, 284 BGB ist umfassend zu verstehen. Auch Aufwendungen im Hinblick auf die spätere Verwendung einer Kaufsache können vergebliche Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB sein.

3. Hat der Käufer bis zur Rückabwicklung Nutzen aus Ausgaben gezogen, die er im Hinblick auf die Verwendung der Kaufsache getätigt hat, so ist dieser Nutzen bei der Feststellung der ersatzfähigen Aufwendungen angemessen zu berücksichtigen.


Oberlandesgericht Stuttgart 3. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 3 U 78/04

Verkündet am 25. August 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Rücktritt vom Kaufvertrag

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 04. August 2004 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter Richter am Oberlandesgericht Oechsner Richterin am Landgericht Barth

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.03.2004 (Az.: 8 O 540/03) wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.03.2004 (Az.: 8 O 540/03) teilweise wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.323,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2003 zu zahlen, sowie die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 13.100,00 € an die , , , auf das Darlehenskonto Nr. 6..................... freizustellen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs , Fahrzeug-Identifikations-Nr. VSA 6...................... .

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Nr. 1 bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 47 %, die Beklagte 53 %. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin 15 %, die Beklagte 85 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die jeweilige Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des von ihr zu vollstreckenden Betrags geleistet hat.

VI. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.632,52 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Zuge der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw , den die Klägerin für die gewerbliche Nutzung bei der Beklagten erworben hat, um die Höhe des von der Beklagten zu erstattenden Betrages hinsichtlich der durch die Klägerin auf das Fahrzeug gemachten Aufwendungen, sowie über Verzugszinsen und Annahmeverzug.

Die Beklagte hat den zurückzuerstattenden Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung, auf deren Berechnungsweise die Parteien sich geeinigt haben, sowie die Freistellung von Darlehensverpflichtungen, die die Klägerin eingegangen ist, anerkannt. Die Klägerin hat auf das Fahrzeug verschiedene Aufwendungen gemacht, die sie zusätzlich als Schaden oder wegen einer Bereicherung der Beklagten ersetzt haben möchte. Hiergegen wendet sich im Wesentlichen die Beklagte.

Wegen des in erster Instanz vorgetragenen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu einem überwiegenden Teil zur Zahlung verurteilt. Der abgewiesene Teil des bezifferten Anspruchs bezieht sich auf die Höhe der Nutzungsentschädigung, die das Landgericht aus der Summe des Fahrzeugkaufpreises und der Aufwendungen errechnet hat. Mangels Verzugs der Beklagten wurde die Zinsforderung der Klägerin abgewiesen. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs seien ebenfalls nicht gegeben, weshalb auch der entsprechende Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen wurde.

Hinsichtlich der Details der Gründe wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr ursprüngliches Ziel der Klagabweisung eines Teils des ausgeurteilten Rückzahlungsbetrages weiter, soweit er sich auf die von der Klägerin getätigten Aufwendungen auf das Fahrzeug bezieht.

Die Berufung macht geltend, die landgerichtliche Entscheidung sei schon in der Abrechnung falsch und widersprüchlich. Unabhängig davon habe aus den einzelnen Aufwendungspositionen Mehrwertsteuer herausgerechnet werden müssen. Die Klägerin sei vorsteuerabzugsberechtigt.

Aufwendungen seien im Falle eines Rücktritts dann nicht zu ersetzen, wenn sie für den Rückgewährgläubiger ohne Nutzen seien (§ 347 Abs. 2 S. 2 BGB). Auch als Schadensersatz könnten die Aufwendungen nicht zugesprochen werden. Es sei unzutreffend, die Anschaffungen als Schaden zu qualifizieren. Ausgehend von der Rentabilitätsvermutung entspreche der Wert der Aufwendungen dem dafür aufgewandten Kaufpreis. Schadensauslösendes Moment sei der Rücktritt. Der Schaden beschränke sich daher auf den Umfang der Rücktrittsfolgen. Mittels eines Schadensersatzanspruchs könne die erforderliche Bereicherungsprüfung nach § 347 Abs. 2 S. 2 BGB nicht umgangen werden.

Aufwendungsersatz gemäß § 284 BGB könne nicht zugesprochen werden, da diese Vorschrift nur auf Aufwendungen im Zusammenhang mit einem nicht kommerziellen Vertrag anzuwenden sei. Die Klägerin sei auch nicht unbillig belastet, wenn die Aufwendungen nicht ersetzt würden. Sie könne die Teile ausbauen, behalten und für jedes andere Fahrzeug nutzen.

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.03.2004 (Az.: 8 O 540/03) wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.690,93 € zu bezahlen sowie die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 13.100,00 € an die , , , auf das Darlehenskonto Nr. 6 freizustellen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs , Fahrzeug-Identifikations-Nr. VSA 6 .

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt:

Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

und im Wege der Anschlussberufung:

1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.03.2004, Az.: 8 O 540/03, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 15.323,45 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an Zinsen seit dem 22.07.2003 zu zahlen, sowie die Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 13.100,00 € an die , , , auf das Darlehenskonto Nr. 6 freizustellen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs , Fahrzeug-Identifikations-Nr. VSA 6 .

2. Festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu 1 bezeichneten Fahrzeuges im Verzug der Annahme befindet.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Angriffe der Berufung. Es sei zutreffend, dass das Landgericht die Aufwendungen als vollständig erstattungsfähig angesehen habe. Der Anspruch der Klägerin werde nicht durch Rechtsvorschriften über den Rücktritt und die Rückabwicklung begrenzt. Es handele sich um parallel bestehende Vorschriften.

Die Klägerin habe keine Wegnahmemöglichkeit, da die Verwendungen fahrzeugspezifisch und nur mit dem Fahrzeug zusammen werthaltig seien.

Die Klägerin greift das Urteil des Landgerichts jedoch insoweit an, als das Landgericht die abzusetzende Nutzungsentschädigung aus dem um die Aufwendungen erhöhten Kaufpreis errechnet habe. Dies könne schon deshalb nicht zutreffen, da die geltend gemachten Aufwendungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten getätigt worden seien. Unstreitig sei, dass Mängel des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum Rücktritt geführt haben.

Wenn schon nicht bei der Berechnung von Nutzungsvorteilen vom Bruttokaufpreis ausgegangen werde, so sei wenigsten zu berücksichtigen, dass der Nutzungsvorteil durch die ständig auftretenden und bestehenden Mängel gemindert sei.

Da die Beklagte die Rückabwicklung des Kaufvertrags bei voller Erstattung der geltend gemachten Aufwendungsersatzansprüche abgelehnt habe, sei Verzug eingetreten. Eine geringe Zuvielforderung sei für die Weigerung der Klägerin nicht entscheidend gewesen. Vielmehr sei die Rechtsfrage des Ersatzes der Aufwendungen Ursache für die ablehnende Haltung der Beklagten gewesen. Der Klägerin sei es umgekehrt jedoch nicht zumutbar, das streitgegenständliche Fahrzeug an die Beklagte herauszugeben, und ihre weitergehenden Forderungen ohne Sicherheit durchzusetzen.

Sie trägt vor, nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, weil es sich um eine Organgesellschaft handele, deren Umsätze beim Organträger, nämlich dem Geschäftsführer bzw. Einzelunternehmer besteuert würden.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvorbringens der Parteien in zweiter Instanz wird auf die in der Akte enthaltenen Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin ist innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 ZPO eingelegt und hat überwiegenden Erfolg.

Der Beklagten steht ein Anspruch auf Ersatz ihrer vergeblichen Aufwendungen gemäß § 437 Nr. 3 i.V.m. § 284 BGB zu. Von den Anschaffungskosten sind jedoch Gebrauchsvorteile abzusetzen. Die gemäß § 346 Abs. 1 BGB abzuziehende Nutzungsentschädigung für das rückabzuwickelnde Fahrzeug ist aus dem reinen Kaufpreis zu errechnen. Die Gesamtabrechnung ergibt, dass die Berufung der Klägerin zurückzuweisen ist, wohingegen die Anschlussberufung zum überwiegenden Teil Erfolg hat.

Auf das streitgegenständliche Rechtsverhältnis ist das Schuldrecht in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB).

1.

Gemäß § 437 Abs. 2 und 3 BGB kann der Käufer im Fall der Mangelhaftigkeit der Sache Rücktritt neben dem Ersatz vergeblicher Aufwendungen gemäß § 284 BGB verlangen (Palandt/Putzo, 63. Aufl., § 437 Rn. 27).

Unter den Parteien ist unstreitig, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft war, weshalb eine Rückabwicklung stattfinden sollte. Daß mit der Einigung auf eine Rückabwicklung weitere Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen sein sollten, ist dem Parteivorbringen nicht zu entnehmen. Für die Rückabwicklung greifen die Vorschriften der §§ 346 ff BGB ein. Daneben besteht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 284 BGB oder auch auf Schadensersatz (§ 437 Nr. 3 BGB). Diese Regelung macht gerade deutlich, dass es auf die besonderen Voraussetzungen des § 347 Abs. 2 BGB nicht ankommt.

Entgegen der Berufung geht der Senat davon aus, dass § 284 BGB nicht allein für Verträge mit ideellem Zweck Anwendung findet, sondern vielmehr umfassend und auch bei Verträgen zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken. Die gegenteilige Ansicht (Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 284 Rn. 4) findet in der Begründung des Entwurfs zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz keine Stütze.

Auch der Verweis darauf, dass bei erwerbswirtschaftlichen Aufwendungen eine Ersatzmöglichkeit im Rahmen des § 281 BGB unter Anwendung der Rentabilitätsvermutung möglich bleibt, kompensiert die Bedenken an dieser Meinung nicht. Der Schadensersatz gemäß § 281 BGB ist der Struktur nach etwas anderes als Aufwendungsersatz nach § 284 BGB. Beim Aufwendungsersatz nach § 284 BGB handelt es sich um den Ersatz frustrierter Aufwendungen, die im Grundsatz nach der früheren Rechtslage nicht ohne weiteres ersatzfähig waren.

a) Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 284 BGB auf nicht kommerzielle Verträge ist dem Wortlaut und den Kommentierungen zu § 437 BGB (Palandt/Putzo, 63. Aufl., § 437 BGB Rn. 37; Jauernig, 10. Aufl., § 437 Rn. 27; Bamberger/Roth/Faust [4/04], § 437 Rn. 144; Lorenz NJW 2004, 26, 27; Reim NJW 2003, 3662, 3663; Reinking/Eggert, 8. Aufl., Rn. 1538) nicht zu entnehmen. Die Mehrheit der Kommentarliteratur lässt § 284 BGB auch für Aufwendungen mit Gewinnerzielungsabsicht gelten (Jauernig, 10. Aufl., § 284 Rn. 4; Bamberger/Roth/Grüneberg [04/04], § 284 Rn. 3), wobei der Norm teilweise eine differenzierte Funktion zugewiesen wird (MüKo-Ernst, 4. Aufl., § 284 Rn. 5).

Die Begründung des Entwurfs des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes differenziert weder im Rahmen des § 284 BGB (BT-Drucksache 14/6040, S. 143 f.) noch bei § 437 BGB (S. 225 f.) danach, ob der Vertrag mit Gewinnerzielungsabsicht, also zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken, oder zu nicht kommerziellen Zwecken geschlossen wurde. Deutlich wird aus der Begründung jedoch, dass im Unterschied zur früheren Rechtsprechung zu frustrierten Aufwendungen im Rahmen des § 463 BGB (unter Anwendung der Rentabilitätsvermutung) auch rein konsumptive und ideelle Verträge erfasst werden sollen. Außerdem soll es auf die Rentabilitätsvermutung, die ohnehin früher nur bei kommerziellen Verträgen eine Rolle spielte, nicht mehr ankommen (S. 144). Dies zeigt, dass unter § 284 BGB alle frustrierten Aufwendungen gefasst werden sollten, unabhängig von der Zielsetzung des jeweiligen Vertrags.

Des Weiteren ist der Entstehungsgeschichte des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zu entnehmen, dass § 437 Nr. 3 i.V.m. § 284 BGB die früheren Vertragskosten des § 467 BGB a.F. abdecken sollte (Begründung S. 144, 225). Diese waren nicht nach ideellen, konsumptiven oder erwerbswirtschaftlichen Verträgen unterschieden. Die Vertragskosten waren beispielsweise bei Wandelung eines Kfz-Kaufvertrags geschuldet, unabhängig davon, ob ein Fahrzeug für einen Gewerbebetrieb erworben wurde oder als Liebhaberstück für einen Privatmann.

Eine Beschränkung des § 284 BGB n.F. auf nicht kommerzielle Verträge ist daher vor dem Hintergrund der voll einbezogenen Vertragskosten alter Art nicht überzeugend.

b) Die Ersatzpflicht der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen scheitert auch nicht daran, dass sie nicht unter den Begriff der vergeblichen Aufwendungen gemäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB fallen.

Die Meinung, die darauf abstellt, dass die frühere Rentabilitätsvermutung kodifiziert werde und daher weiter anzuwenden sei (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, Kap. 4 Rn. 7), versucht danach zu differenzieren, ob Aufwendungen im Hinblick auf den Vertragsschluss und seine Durchführung entstanden sind oder im Hinblick auf die spätere Verwendung des erworbenen Gegenstands. Letztere sollen nicht erfasst werden, weil sie auch unter der Geltung der Rentabilitätsvermutung im Rahmen des § 463 BGB nicht ersatzfähig waren (BGHZ 114, 193, 196 f.).

Auch dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. Wie der Begründung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzentwurfs zu entnehmen ist, sollten jedenfalls die früher als Vertragskosten erfassten Aufwendungen abgedeckt werden (Schmidt-Räntsch/Maifeld/Meier-Göring/Röcken, Das neue Schuldrecht, S. 476 f.). Daneben dürfte jedoch mangels anderweitiger Ausführungen in der Entwurfsbegründung und im Hinblick auf die dort genannten Beispiele (Begründung S. 143 und Verweis auf BGHZ 99, 182) mit Reinking/Eggert (8. Aufl., Rn. 1510) davon auszugehen sein, dass das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht hinter dem zurückbleiben sollte, was den Käufern schon nach altem Recht unter Geltung des § 463 BGB a.F. als Schaden zugebilligt wurde. § 463 BGB wurde gerade durch § 437 Nr. 3 BGB ersetzt (vgl. Synopse bei Pal.-Putzo, 63. Aufl., Über v. § 433).

Der Begründung des Gesetzentwurfs lässt sich die Absicht entnehmen, den Ersatz frustrierter Aufwendungen zu kodifizieren, die eigentlich als Vertrauensschaden im Rahmen eines Schadensersatzes wegen Nichterfüllung und deshalb auch gemäß § 463 BGB a.F. an sich dogmatisch nicht erfasst wurden. Damit sollten die durch die Rechtsprechung in der Zwischenzeit teilweise uneinheitlich und dogmatisch fragwürdig unternommenen Versuche, eine Ersatzpflicht zu konstruieren, auf eine bessere Grundlage gestellt werden.

Dem gesetzgeberischen Willen ist jedoch kein Bemühen um eine Beschränkung dieser Aufwendungen zu entnehmen. Schon unter früherer Rechtsprechung wurde für die Ersatzfähigkeit von nutzlosen Aufwendungen teilweise danach differenziert, ob es sich bei Anschaffungen, die der Käufer aus freien Stücken zur Befriedigung persönlicher Besitz- und Nutzungsinteressen getätigt hat wie z.B. die Ausrüstung eines Kraftfahrzeugs mit Zubehör, um sinnvolle Investitionen im Hinblick auf die Erfüllung des Vertrags und dessen Fortbestand handelte (Reinking/Eggert, 8. Aufl., Rn. 1508 m.w.N.). Dennoch wurde diese Rechtsprechung und die verschiedenen durch die Rechtsprechung im Rahmen des § 463 BGB a.F. zugesprochenen Aufwendungen (vgl. die zahlreichen Beispiele der Rechtsprechung bei Reinking/Eggert, 8. Aufl., Rn. 1508 ff.) in der Begründung zum Gesetzentwurf nicht problematisiert und damit auch nicht abgeschichtet. Dies spricht nicht für einen Willen zur Beschränkung.

Bei Aufwendungen für Zubehör handelt es sich streng genommen um diejenigen, die unter Geltung der Rentabilitätsvermutung eigentlich nicht ersetzbar waren. Denn sie wurden im Hinblick auf die spätere Verwendung des Kaufgegenstandes getätigt.

Schließlich benennt die Begründung des Gesetzentwurfs im Hinblick auf die ideellen Verträge gerade zwei Fallbeispiele, in denen es um die Verwendung des Vertragsobjekts ging und nicht um deren Abschlusskosten (Werbung für Parteiveranstaltung, zu der eine Halle gemietet wurde, der Mietvertrag aber nicht erfüllt wurde, BGHZ 99, 182; Umbau eines Raumes für ein zu erwerbendes Kunstwerk, vgl. Begründung S. 143). Wenn aber schon bei den konsumptiven Verträgen derartige Aufwendungen ersatzfähig sein sollten, dann gibt es keinen Grund, den Aufwendungsbegriff des § 284 BGB bei kommerziellen Verträgen enger zu fassen. Denn es ist kaum mit der Intention des Gesetzgebers zu vereinbaren, dass die Erweiterung der Ersatzpositionen nur ideelle Verträge betreffen sollte, nicht aber Fälle, in denen früher eine weitere Ersatzpflicht anerkannt war.

Eine Einschränkung der über § 284 BGB zu ersetzenden Aufwendungen findet daher nur in den dort genannten Fällen der Unbilligkeit oder der fehlenden Zweckerreichung statt. Im Übrigen sind sämtliche Aufwendungen im Hinblick auf den Vertragsgegenstand, die durch die Mangelhaftigkeit der Kaufsache nutzlos wurden, über § 284 BGB zu ersetzen (so auch Bamberger/Roth/Grüneberg, 04/04, § 284 Rn. 8; Lorenz NJW 2004, 26, 27; Reim NJW 2003, 3662, 3664). Nur so können Wertungswidersprüche im Verhältnis kommerzieller und ideeller Verträge vermieden werden.

c) Der Senat hält es jedoch für angezeigt, wie es sich auch aus der Begründung des erstinstanzlichen Urteils erschließen lässt, die ersatzfähigen Aufwendungen unter Berücksichtigung des bisherigen Gebrauchs des Zubehörs festzustellen.

Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer (Bamberger/Roth/Grüneberg, 04/04, § 284 Rn.7; Huber/Faust aaO 4. Kap. Rn. 10). Der Ersatz vergeblicher Aufwendungen kann daher nur Kosten, u.a. für das Zubehör, betreffen. Keine Relevanz hat insoweit, ob der Käufer das Zubehör wieder entfernt und behält. Allenfalls die Weiterverwendung oder Verwertung des Zubehörs durch den Käufer kann für die Vergeblichkeit der Aufwendungen Bedeutung haben. Da aber gerichtsbekannt gerade Autozubehör in aller Regel fahrzeugspezifisch und im Vertrauen auf den Bestand des Kaufvertrags angeschafft wird, ist insoweit von der Vergeblichkeit auszugehen.

In Anbetracht dessen, dass die jeweilige für die künftige Nutzung des Fahrzeugs angeschaffte Ausrüstung eine gewisse Zeit eingesetzt war und damit nicht gänzlich vergeblich war, ist von den Anschaffungskosten ein Betrag abzusetzen, der den Gebrauchsvorteilen der Klägerin entspricht.

Selbst wenn man - wofür der Wortlaut des § 284 BGB und das Fehlen entsprechender Diskussion dieser Frage in der Kommentarliteratur sprechen könnte - die Anschaffungskosten insgesamt als Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB ansehen würde, wären diese nach Auffassung des Senats entsprechend den Gedanken zur Vorteilsausgleichung beim Schadensersatz im Hinblick auf die bisherige Nutzung zu reduzieren. Eine Analogie zum Vorteilsausgleich beim Schadensersatz erschiene insoweit vertretbar, als der Aufwendungsersatzanspruch des § 284 BGB in engem Zusammenhang zu den Schadensersatzvorschriften steht. So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass auch im Rahmen des § 284 BGB das Gebot der Schadensminderungspflicht beachtet werden soll (Reim NJW 2003, 3662, 3665; Bamberger/Roth/Grüneberg, 04/04, § 284 Rn. 11; MüKo-Ernst, 4. Aufl., § 284 Rn. 9; Jauernig, 10. Aufl., § 284 BGB Rn. 8).

Nicht von einer Reduzierung betroffen sind die einmalig angefallenen und verbrauchten Kosten für die Überführung und Zulassung, die auch früher unter dem Gesichtspunkt der Vertragskosten einen Ersatz gefunden haben. Sie sind insgesamt vergeblich gewesen, weil sie bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erneut aufgebracht werden müssen.

Im vorliegenden Fall ist den für die verschiedenen Aufwendungen vorgelegten Rechnungen der Klägerin zu entnehmen, dass das angeschaffte Zubehör jeweils ca. ein Jahr bis zur vereinbarten Rückabwicklung genutzt werden konnten. Gemäß § 287 ZPO wird in Anbetracht der gewerblichen Nutzung des Fahrzeugs für die Bauunternehmung der Klägerin eine Nutzungszeit von 5 Jahren angesetzt und damit ein Abzug von ca. 20 % für gerechtfertigt erachtet.

d) Mehrwertsteuerbeträge sind aus den Anschaffungskosten für das Zubehör oder sonstigen Aufwendungen nicht herauszurechnen.

Grundsätzlich wäre im Rahmen des Aufwendungsersatzes auch die auf einen Kaufgegenstand geleistete Mehrwertsteuer zu erstatten. Allerdings wäre auch hier entsprechend den Schadensvorschriften von einem Vorteilsausgleich auszugehen, wenn die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt wäre. Hiervon ist grundsätzlich bei einem gewerblichen Unternehmen auszugehen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt, wonach sie als Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 1 UStG nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, sondern die Vorsteuer beim Organträger einbehalten wird.

2.

In Anbetracht dessen, dass es sich bei den Folgen des Rücktritts gemäß § 437 Nr. 2 BGB i.V.m. §§ 346 ff BGB um eine dogmatisch andere Rechtsfolge handelt, als bei der Bemessung des Ersatzes für vergebliche Aufwendungen, kann die Nutzungsentschädigung nach § 346 Abs. 1 BGB sich nur aus dem Kaufpreis des Fahrzeugs errechnen. Über die Berechnungsweise waren die Parteien sich einig. Die Nutzungsentschädigung sollte mit 0,5 % pro gefahrener 1.000 km errechnet werden. Das Fahrzeug war unstreitig von der Klägerin 42.420 km gefahren worden.

3.

Hieraus ergibt sich folgende Abrechnung:

a) Fahrzeugrückabwicklung (§ 346 BGB):

Unstreitige Anzahlung: 13.800,00 € Unstreitige Darlehensraten: 1.192,10 € Unstreitige SV-Kosten: 471,92 € Summe: 15.464,02 € Abzüglich Nutzungen: 5.708,04 € (26.912,00 € x 0,5 % x 42.420:1000) Ergebnis: 9.755,98 €

b) Vergebliche Aufwendungen (§ 284 BGB):

Alufelgen und Reifen: 1.765,21 € Navigationssystem: 1.147,24 € 143,14 € Tempomat, Telefon, Schmutzfänger: 1.489,70 € Lackierung Stoßfänger: 435,00 € Matten: 99,99 € Summe: 5.080,28 €

Hiervon wird gemäß § 287 ZPO ein Abzug von 1.000,00 € vorgenommen wegen der Nutzung des Zubehörs: 4.080,28 € Unvermindert sind zu ersetzen: Überführungs- und Zulassungskosten: 487,20 € Summe: 4.567,48 €

Danach schuldet die Klägerin insgesamt: 14.323,46 €.

4.

Gemäß § 348 Satz 1 BGB stehen jedoch nur die aufgrund des Rücktritts zu erfüllenden gegenseitigen Pflichten im Zug-um-Zug-Verhältnis. Einem Anspruch der Beklagten auf Rückgabe des Fahrzeugs steht aber das Zurückbehaltungsrecht der Klägerin im Hinblick auf den Anspruch auf Erstattung der vergeblichen Aufwendungen entgegen. Die Klägerin hat mit ihrer Erklärung, sie wolle das Fahrzeug nicht gegen Rückzahlung des Kaufpreises und der Freistellung der Darlehensverbindlichkeiten, sondern nur gegen den Ersatz der Aufwendungen zurückgeben, diese Einrede auch erhoben. Damit kann es gemäß §§ 348 Satz 1, 274 BGB nur insgesamt zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung kommen.

5.

Die Beklagte befindet sich mit ihrer Leistung seit dem Schreiben vom 22.07.2003 in Verzug.

Hinsichtlich des Betrags von 4.567,48 € (vergebliche Aufwendungen) hat die Beklagte mit Schreiben vom 22.07.2003 eine Erstattung abgelehnt und befindet sich daher seither in Verzug.

Im Übrigen war sie gemäß §§ 346, 348 BGB zur Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verpflichtet.

Bei Schulden, die von einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung des Gläubigers abhängen, gerät der Schuldner in Verzug, wenn ihm die Leistung des Gläubigers in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten wurde (BGHZ 116, 244, 249 = NJW 92, 556; Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 286 Rn. 15).

Die Klägerin hat der Beklagten, wie unwidersprochen vorgetragen ist, mit Schreiben vom 11.06.2003 (Bl. 6 d.A.) die Rückgabe des Fahrzeugs angeboten. Bezüglich der vergeblichen Aufwendungen und des Herausgabeanspruchs bestand, wie bereits beschrieben, ebenfalls ein Zug-um-Zug-Verhältnis, das die Klägerin berechtigte, die Rückgabe des Fahrzeugs auch von dieser Forderung abhängig zu machen. Mit dem Schreiben der Beklagten vom 22.07.2003 hat die Beklagte die Erfüllung abgelehnt. Außerdem liegt auch der Tatbestand des § 298 BGB vor.

Damit sind sowohl Verzug als auch Annahmeverzug begründet.

Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO.

Bei der Kostenentscheidung in erster Instanz waren die Anerkenntnisse zu bedenken, wobei hinsichtlich des Freistellungsanspruchs die Voraussetzungen des § 93 ZPO gegeben sind. Hinsichtlich der frustrierten Aufwendungen unterliegt die Klägerin wegen der Nutzungszeit mit einem Betrag von 1.000,00 €. Hieraus ergibt sich die Kostenquote.

In zweiter Instanz war - da das Urteil hinsichtlich der anerkannten Verpflichtungen nicht angefochten war - der Streitwert geringer. Die Klägerin unterlag sowohl mit ihrem Anliegen, der Reduzierung ihrer Klagforderung, als auch hinsichtlich des Feststellungsantrags über den Annahmeverzug und einer weiteren Zahlung in Höhe von 180,86 € gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Revision wird zugelassen, da die Frage der Ausstattung von Zubehör und ihrer Qualifikation als vergebliche Aufwendungen bei der Rückabwicklung von Fahrzeugen grundsätzliche Bedeutung über diesen Fall hinaus hat. Im Hinblick darauf, dass bislang obergerichtliche Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex noch nicht veröffentlicht ist, ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch zur Rechtsfortbildung und Vereinheitlichung der Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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