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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 02.12.1999
Aktenzeichen: 3 Ws 252/99
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 453 Abs. 2 |
Geschäftsnummer: 3 Ws 252/99 StVK 398/99 LG Eilwangen 132 VRs 93216/97 StA Regensburg Zwst. Straubing
Oberlandesgericht Stuttgart - 3. Strafsenat -
Beschluß
vom 2. Dezember 1999
in der Strafsache
wegen Diebstahls.
Tenor:
1. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß des Landgerichts Ellwangen vom 28. Oktober 1999 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Beschwerde der Verurteilten gegen den genannten Beschluß wird als unzulässig verworfen.
3. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Straubing verhängte gegen die Verurteilte am 29. September 1997 wegen Diebstahls eine Freiheitsstrafe von drei Monaten. Die Vollstreckung des Restdrittels der von der Verurteilten am 17. Mai 1999 angetretenen Strafe setzte das Landgericht Ellwangen durch Beschluß vom 5. Juli 1999, rechtskräftig seit 15. Juli 1999, mit Wirkung vom 17. Juli 1999 auf zwei Jahre zur Bewährung aus. Wegen eines am 23. April 1999 begangenen weiteren Diebstahls verurteilte sie das Amtsgericht Reutlingen am 29. Juli 1999 zu der Freiheitsstrafe von einem Monat, deren Vollstreckung auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist rechtskräftig seit 6. August 1999. Wegen dieser neuerlichen Verurteilung beantragte die Staatsanwaltschaft Regensburg am 26. Oktober 1999, die im Beschluß des Landgerichts Ellwangen vom 5. Juli 1999 bestimmte Bewährungszeit von zwei Jahren um ein Jahr zu verlängern. Das Landgericht Ellwangen lehnte den Antrag, den es fälschlich als solchen auf Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung bezeichnete, am 28. Oktober 1999 ab. Gegen den Beschluß richten sich die Beschwerden sowohl der Staatsanwaltschaft als auch der Verurteilten.
1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleibt in der Sache ohne Erfolg.
a) Es ist zulässig als - eingeschränkte - einfache Beschwerde nach § 453 Abs. 2 Sätze 1 und 2 StPO. Zwar vertritt das Oberlandesgericht Stuttgart seit dem Beschluß vom 12. September 1994 (NStZ 1995, 53) die Auffassung, daß eine den Widerruf der Strafaussetzung ablehnende Entscheidung ebenso wie der Widerruf, wenngleich möglicherweise unter gewissen Einschränkungen im Prüfungsumfang, mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist (zum Sach- und Streitstand vgl. OLG Zweibrücken, NStZRR 1998, 93). Eine solche Entscheidung hat die Kammer vorliegend aber nicht getroffen; die Staatsanwaltschaft hatte von vornherein nur die Verlängerung der Bewährungszeit beantragt, der abweichende Wortlaut des angefochtenen Beschlusses beruht auf einem offensichtlichen Versehen. Soweit das OLG Hamm (NStZ 1988, 291) dazu neigt, unabhängig vom Antrag der Staatsanwaltschaft die sofortige Beschwerde in allen Fällen für statthaft zu halten, die eine Abwägung zwischen Widerruf und Verlängerung der Bewährungszeit verlangen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Maßnahmen nach § 56 f StGB hat das die Bewährung überwachende Gericht unabhängig von den gestellten Anträgen von Amts wegen zu prüfen. Bereits aus Gründen des Übermaßverbots hat diese Prüfung stets auch die Frage einzuschließen, ob als mildere Maßnahme die Verlängerung der Bewährungszeit nach § 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB ausreicht. Die Konsequenz, dem Wortlaut des § 453 Abs. 2 StPO entgegen jede auf § 56 f StGB gestützte nachträgliche Verlängerung der Bewährungszeit der sofortigen Beschwerde zu unterwerten, zieht indes auch das OLG Hamm (a.a.O.) nicht; bei der Wahl des zulässigen Rechtsmittels, wie dort erwogen, danach zu unterscheiden, ob nach Lage des Einzelfalles offenbar nur die Verlängerung der Bewährungszeit in Betracht kommt, hält der Senat für wenig praktikabel. Stellt die Staatsanwaltschaft keinen Antrag auf Widerruf der Strafaussetzung, sondern steht von vornherein nur eine Verlängerung der Bewährungszeit "im Streit", tritt auch das Interesse des Verurteilten zurück, alsbald und verbindlich geklärt zu wissen, ob bestimmte Gründe zu ihm nachteiligen Folgen führen (vgl. OLG Zweibrükken a.a.O.). So stellt § 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB im Verhältnis zu § 56 a Abs. 2 Satz 2 StGB überhaupt nur einen der möglichen Verlängerungsfälle dar (Tröndle/Fischer, 49. Auflage, § 56 a StGB Rdnr. 3).
Die hiernach statthafte einfache Beschwerde gegen die Ablehnung der beantragten nachträglichen Verlängerung der Bewährungszeit eröffnet lediglich die eingeschränkte Überprüfung nach § 453 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. StPO. Stehen keine Entscheidungen nach Satz 3 in Frage, rechtfertigt nach dem klaren Wortlaut von Satz 2 nur die den Verurteilten besonders belastende nachträgliche Verlängerung der Bewährungszeit eine Ausnahme von der auch in § 305 a Abs. 1 Satz 2 StPO verwirklichten Regel, die mit Bewährungsanordnungen zu verbindenden Ermessensentscheidungen auf eine Tatsacheninstanz zu beschränken (vgl. die bei OLG Stuttgart a.a.O., S. 54, wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zu § 453 Abs. 2 StPO). Daß das Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Maßnahme stets dem gegen die Maßnahme selbst entsprechen müsse (vgl. LR-Wendisch, 25. Aufl., § 453 StPO Rdnr. 27), ist weder dem Gesetz zu entnehmen noch sonst zwingend.
b) Mit dem der Staatsanwaltschaft Regensburg übermittelten Vermerk vom 17. November 1999 hat die Kammer zu erkennen gegeben, daß sie der Beschwerde nicht abhilft (§ 306 Abs. 2 StPO).
c) Die Beschwerde ist unbegründet, da die von der Kammer getroffene Anordnung, von einer Verlängerung der Bewährungszeit abzusehen, nicht gesetzwidrig ist (§ 453 Abs. 2 Satz 2 StPO). Als eine gegenüber dem Widerruf der Strafaussetzung mildere Maßnahme (§§ 57 Abs. 3, 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) scheidet die Verlängerung vorliegend entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft schon deshalb aus, weil die Tat, auf die sich der Antrag stützt, weder in der Bewährungszeit noch in der ihr vorgelagerten Zeit zwischen der Entscheidung über die Aussetzung und deren Rechtskraft begangen wurde (§ 56 f Abs. 1 StGB). Die Korrektur einer Aussetzungsentscheidung, die auf unzutreffender Tatsachengrundlage deshalb beruht, weil sich zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits vorliegende, möglicherweise bedeutsame Umstände erst nachträglich herausgestellt haben, erlaubt § 56 f StGB nicht. Ob § 56 a Abs. 2 Satz 2 StGB solche Fallgestaltungen erfaßt oder ob auch diese Vorschrift - nachträglich - sich verändernde Umstände voraussetzt (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1991, 53), läßt der Senat offen. Angesichts dessen, daß die vom Amtsgericht Reutlingen abgeurteilte Tat noch vor dem Haftantritt begangen wurde und die Verurteilte sich ausweislich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd vom 23. Juni 1999 durch den - erstmaligen - Vollzug von Strafhaft "deutlich beeindruckt" gezeigt hat, läge in der Entscheidung, von einer Verlängerung der Bewährungszeit abzusehen, jedenfalls kein zur Gesetzwidrigkeit führender Ermessensfehlgebrauch. Hierauf beschränkt § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO den Umfang der Überprüfung.
2. Das von der Verurteilten mit Schreiben vom 11. November 1999 eingelegte Rechtsmittel beruht offensichtlich auf Mißverständnissen über den Inhalt des angefochtenen Beschlusses. Da das Landgericht es gerade abgelehnt hat, aus dem Urteil des Amtsgerichts Reutlingen für sie nachteilige Konsequenzen zu ziehen, fehlt es am Rechtschutzbedürfnis.
Ende der Entscheidung
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