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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 31.10.2003
Aktenzeichen: 4 Ws 270/03
Rechtsgebiete: StPO, GVG, ZuständigkeitsVO Justiz Baden-Württemberg
Vorschriften:
StPO § 162 Abs. 1 Satz 2 | |
GVG § 58 Abs. 1 Satz 1 | |
ZuständigkeitsVO Justiz Baden-Württemberg § 22 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 4. Strafsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 4 Ws 270/2003
vom 31. Oktober 2003
in dem Ermittlungsverfahren gegen
wegen Verstößen gegen das BtMG.
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts T. wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens und die insoweit etwa entstandenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Nachdem das Amtsgericht A. einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Beschuldigten in A. erlassen hatte, beantragte die Staatsanwaltschaft B. zeitlich danach beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts B. den Erlass eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten...
Mit Beschluss vom ... lehnte das Amtsgericht B. den Erlass dieses Haftbefehls mangels örtlicher Zuständigkeit ab. Die dagegen erhobene Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht B. als unbegründet verworfen.
Gegen den letztgenannten Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft, welcher das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 310 Rdnr. 8 m.w.N.), jedoch nicht begründet.
Da sich sowohl der Wohnort des Beschuldigten als auch der Tatort des vorliegenden Ermittlungsverfahrens im Bezirk des Amtsgerichts A. befinden, könnte sich eine Zuständigkeit des Amtsgerichts B. für den Erlass des beantragten Haftbefehls nur aus § 162 Abs. 1 Satz 2 StPO ergeben, da die Staatsanwaltschaft B. ihren Sitz im Bezirk dieses Gerichts hat.
Diese Bestimmung ist auch anwendbar, wenn es um den Erlass eines Haftbefehls geht; § 125 StPO schließt § 162 Abs. 1 Satz 2 StPO nicht aus (OLG Stuttgart NStZ 1991, 291; Meyer-Goßner a.a.O. § 125 Rdnr. 1). Auch steht nicht entgegen, dass der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zu einer Zeit erfolgte, zu der der Durchsuchungsbeschluss bereits erlassen war (BGHSt 48, 23).
Die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 Satz 2 StPO liegen jedoch nicht vor.
Danach muss die Staatsanwaltschaft richterliche Anordnungen für die Vornahme von Untersuchungshandlungen in mehr als einem Bezirk für erforderlich halten. Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts ist der Ort der Vollstreckung der Maßnahme (LR-Rieß, StPO, 24. Auflage, § 162 Rdnr. 20; Wohlers, SK-StPO, 27. Lieferung, § 162 Rdnr. 19). Da der Beschuldigte weiterhin in A. wohnt, müsste der zu erlassende Haftbefehl ebenso wie der zuvor ergangene Durchsuchungsbeschluss in A., also ebenfalls im Bezirk des Amtsgerichts A., vollstreckt werden. Daran ändert sich nichts dadurch, dass für den Erlass des Haftbefehls das Amtsgericht C. zuständig ist, weil nach § 22 der Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 20. November 1998 (GBl. S. 680) dem Amtsgericht C. Haftsachen gegen Erwachsene für den Bezirk des Amtsgerichts A. zugewiesen sind. Hiernach sind nicht etwa deshalb Untersuchungshandlungen in mehr als einem Bezirk im Sinne des § 162 Abs. 1 Satz 2 StPO erforderlich, nämlich für die Durchsuchung im Bezirk des Amtsgerichts A. und für die Inhaftierung im (um den Bezirk des Amtsgerichts A. erweiterten) Bezirk des Amtsgerichts C.. Denn die Verhaftung ist nach wie vor im Bezirk des Amtsgerichts A. durchzuführen; dass die Zuständigkeit für den Erlass eines Haftbefehls dem Amtsgericht C. zugewiesen ist, ändert hieran nichts. Nur in diesem Umfang wird die örtliche Zuständigkeit verändert. § 58 Abs. 1 Satz 1 GVG, auf dem § 22 der ZuständigkeitsVO Justiz beruht, ermächtigt zur Zuweisung von Entscheidungen bestimmter Art auf ein Amtsgericht. In diesem Umfang wird die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts, an das die Zuweisung erfolgt (hier das Amtsgericht C.), erweitert (vgl.LR-Siolek, StPO, 25. Auflage, § 58 GVG Rdnr. 7); hinsichtlich des Vollstreckung bleibt es dabei, dass der Haftbefehl im Bezirk des Amtsgerichts A. vollzogen wird. Somit ist die Untersuchungshandlung der Durchsuchung ebenso wie die Untersuchungshandlung der Verhaftung in demselben Gerichtsbezirk vorzunehmen, so dass nicht mehrere Bezirke betroffen sind.
Für dieses Ergebnis sprechen auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 162 Abs.1 Satz 2 StPO.
Die Zuständigkeitskonzentration hat nämlich, worauf Amts- und Landgericht in den vorangegangenen Beschlüssen bereits zutreffend hingewiesen haben, ihre Hauptbedeutung in Fällen der überörtlichen Kriminalität, wozu das vorliegende Ermittlungsverfahren nicht zählt.
Auch weist das Amtsgericht in seinem ablehnenden Beschluss zu Recht darauf hin, dass die mit dieser Konzentration beabsichtigte Beschleunigung des Ermittlungsverfahrens wegen der räumlichen Distanz zwischen entscheidendem Richter und Ort der Vollstreckung des Beschlusses in diesem Fall gerade nicht erreicht würde.
Schließlich soll mit der Konzentration auch erreicht werden, dass nur ein mit der Sache besonders vertrauter Richter diese bearbeitet und die im Ermittlungsverfahren notwendigen Entscheidungen trifft. Dieser Zweck kann in einem Fall, in dem die einzelnen Anträge für die Vornahme von richterlichen Untersuchungshandlungen nicht gleichzeitig gestellt werden, was zulässig ist (vgl. BGHSt 48, 23), zunächst ohnehin nicht erreicht werden.
Allem nach ist daher die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft unbegründet, da das Amtsgericht B. seine örtliche Zuständigkeit zu Recht verneint hat.
Die Staatsanwaltschaft müsste gegebenenfalls ihren Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten beim Amtsgericht C., das aufgrund der oben genannten Zuständigkeitsverordnung anstelle des Amtsgerichts A. hierfür zuständig wäre, stellen.
Ende der Entscheidung
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