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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 29.03.2004
Aktenzeichen: 4 Ws 65/04
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 33 a
StPO § 153 a Abs. 2 Satz 4
StPO § 464 Abs. 3 Satz 1
StPO § 472 Abs. 1
StPO § 472 Abs. 2
Hat das Gericht das Verfahren endgültig gemäß § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt und entgegen § 472 StPO keine Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Nebenklägers getroffen, hat es hierüber im Verfahren nach § 33 a StPO zu befinden. Der Einstellungsbeschluss ist auch in diesem Fall nicht anfechtbar (im Anschluss an OLG Düsseldorf MDR 1993, 786; gegen OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 256).
Oberlandesgericht Stuttgart

- 4. Strafsenat -

Beschluss

Geschäftsnummer: 4 Ws 65/04

17 Js 21720/99 StA Heilbronn

vom 29. März 2004

in der Strafsache gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung,

Tenor:

Die Beschwerde des Nebenklägers gegen den Beschluss des Landgerichts H. vom 29. April 2003 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Amtsgericht H. hat durch Urteil vom 25. November 1999 die Angeklagten K. und K. wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers jeweils zu Geldstrafen verurteilt. Im Kostenausspruch wurde den Angeklagten auferlegt, die Kosten des Verfahrens sowie die eigenen notwendigen Auslagen und die des Nebenklägers zu tragen. Gegen dieses Urteil legten beide Angeklagte Berufung ein. In der Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht H. vom 06. November 2002 wurde das Verfahren gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung von Geldauflagen vorläufig eingestellt.

Mit Schriftsatz vom 07. November 2002 beantragte der Nebenklagevertreter, die notwendigen Auslagen der Nebenklage den Angeklagten aufzuerlegen. Nachdem beide Angeklagten ihre Geldauflagen vollständig erfüllt hatten, stellte das Landgericht durch Beschluss vom 29. April 2003 das Verfahren endgültig ein. Die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse zur Last gelegt, die Angeklagten hatten ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen. Eine Entscheidung über die Kosten der Nebenklage erfolgte nicht. Der Beschluss vom 29. April 2003 wurde weder dem Nebenkläger noch seinem Vertreter zugestellt. Erst mit Schriftsatz vom 08. Dezember 2003 informierte das Landgericht den Nebenklagevertreter darüber, dass das Verfahren bereits am 29. April 2003 ohne Entscheidung über die Kosten der Nebenklage endgültig eingestellt worden war.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2003 legte der Nebenkläger gegen den Beschluss vom 29. April 2003 Beschwerde ein mit dem Antrag, den Angeklagten nachträglich die Kosten der Nebenklage aufzuerlegen.

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Die gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung einer einstellenden Entscheidung an sich statthafte sofortige Beschwerde (§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 StPO) ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer die Hauptsacheentscheidung nicht anfechten kann (§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO). Das ist hier der Fall.

Der Einstellungsbeschluss nach § 153 a Abs. 2 Satz 1 StPO, der nur feststellende Wirkung hat, weil das zur Einstellung führende Verfahrenshindernis bereits durch die Erfüllung der Auflage eingetreten ist, unterliegt keiner Anfechtung (§ 153 a Abs. 2 Satz 4 StPO). Das hat zur Folge, dass auch die Auslagenentscheidung nicht angefochten werden kann.

Der Ansicht, dass bei schweren Verfahrensverstößen - hier die Versagung des rechtlichen Gehörs gem. § 33 Abs.3 StPO bezüglich der von § 472 Abs. 1 und 2 Satz 2 StPO zum Nachteil des Nebenklägers abweichenden Kostenentscheidung - abweichend von § 464 Abs. 3 Satz 1 2. HS StPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben sei ( OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2000, 256 ), folgt der Senat nicht.

Die Strafkammer hat bei ihrer Entscheidung vom 29. April 2003 übersehen, dass ein Nebenkläger am Verfahren beteiligt war. Dies stellt sich als Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Zwar hat sich der Nebenkläger mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 7. November 2002 zur Frage der Auferlegung seiner Auslagen auf die Angeklagten geäußert. Dieser Schriftsatz fand bei der Beschussfassung jedoch keine Berücksichtigung. Das rechtliche Gehör ist auch dann verletzt, wenn das Gericht die Ausführungen des Betreffenden nicht zur Kenntnis nimmt und in seine Erwägungen einbezieht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl. , Einl. Rn 23 mwN). Dieser Mangel ist jedoch nicht mit einem von der Strafprozeßordnung ausgeschlossenen Rechtsmittel, sondern über das in § 33a StPO normierte Verfahren der Nachholung des rechtlichen Gehörs zu beheben (vgl. BGHSt 45, 37 zu Zulässigkeit einer außerordentlichen Beschwerde). Als Ausprägung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 33 a StPO so auszulegen, dass diese Norm jeden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG in den Beschlussverfahren, auf die sie anwendbar ist, erfasst (Meyer-Goßner aaO § 472 Rdnr. 13, BVerfG NStZ 1985, 277; OLG Düsseldorf MDR 1993, 786 ). Es bedarf daher nicht der Zulassung der sofortigen Beschwerde, solange der Rechtsweg über § 33a StPO noch nicht ausgeschöpft ist.

Das Landgericht wird die fehlende Kostenentscheidung bezüglich der Auslagen der Nebenklage im Verfahren gemäß § 33 a StPO nachzuholen haben.



Ende der Entscheidung

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