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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: 4 Ws 76/2001
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 464 Abs. 3 Satz 1 |
Oberlandesgericht Stuttgart - 4. Strafsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 4 Ws 76/2001 I Qs 98/2001 LG Tübingen 5 Cs 39 Js 19585/99 - AK 675/00 - AG Calw 39 Js 19585/99 StA Tübingen
vom 05. April 2001
in der Strafsache gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung;
hier: sofortige Beschwerde des Nebenklägers gegen die Verwerfung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die unvollständige Kosten- und Auslagenentscheidung aus dem Urteil des Amtsgerichts Calw vom 26. September 2000.
Tenor:
Auf die (sofortige) Beschwerde des Nebenklägers wird der Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 13. März 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Tübingen zurückverwiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Am 26. September 2000 verurteilte das Amtsgericht Calw den Angeklagten wegen einer - zum Nachteil des Nebenklägers begangenen - vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Der Nebenkläger war lediglich am ersten Tag der Hauptverhandlung anwesend, nicht jedoch am Tag der Urteilsverkündung. Ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe unterließ es der Amtsrichter versehentlich, die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen gemäß § 472 Abs. 1 StPO dem Angeklagten aufzuerlegen.
In der Berufungshauptverhandlung am 14. Februar 2001, an deren Ende eine vollständige Kosten- und Auslagenentscheidung bezüglich des Rechtsmittelverfahrens erging, nahmen der Nebenkläger und die Nebenklägervertreterin teil.
Am 19. Februar 2001 erhob der Nebenkläger sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Calw vom 26. September 2000 und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Beschluss vom 13. März 2001 verwarf die Beschwerdekammer des Landgerichts Tübingen sowohl die sofortige Beschwerde des Nebenklägers als auch dessen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Berufung auf § 401 Abs. 2 Satz 1 StPO als unzulässig.
Gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand richtet sich die vorliegende Beschwerde des Nebenklägers, in der er unter anderem durch Vorlage einer entsprechenden Kopie darauf hinweist, dass er am 29. September 2000 einen Kostenfestsetzungsantrag bezüglich der ihm in der ersten Instanz erwachsenen notwendigen Auslagen an das Amtsgericht Calw gerichtet hatte.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der oben genannte Kostenfestsetzungsantrag des Nebenklägers, dessen Original sich nicht bei den dem Senat vorliegenden Akten befindet, ging nach Auskunft des Amtsgerichts Calw am 02. Oktober 2000 dort ein. Somit wurde er innerhalb der Frist von einer Woche, die für eine sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Calw vom 26. September 2000 gemäß § 464 Abs. 3 StPO zur Verfügung stand, beim Amtsgericht gestellt. Zwar enthält der Kostenfestsetzungsantrag nicht das ausdrückliche Begehren einer Anfechtung der Kostenentscheidung des Urteils, jedoch macht er zusammen mit dem späteren Vorbringen deutlich, dass der Nebenkläger sich mit der einer Auslagenerstattung entgegenstehenden, unvollständigen Kostenentscheidung nicht zufriedengeben wollte. In ihm ist daher entsprechend dem Rechtsgedanken des § 300 StPO eine sofortige Beschwerde gegen die unvollständige Kosten- und Auslagenentscheidung zu sehen (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 464 Rdnr. 12; OLG Stuttgart, StV 1993, 651 f. und OLG Düsseldorf, GA 1990, 267 f.).
Dieses Rechtsmittel ist auch gegen das Unterlassen einer gebotenen Kosten- und Auslagenentscheidung statthaft (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 464 Rdnr. S).
Die Zulässigkeit des Rechtsmittels scheitert ferner nicht an der Vorschrift des § 464 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz, nach der die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen unzulässig ist, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. An der Statthaftigkeit fehlt es, wenn schon nach der Art der Hauptentscheidung das Rechtsmittel schlechthin nicht zulässig ist oder die betroffene Person grundsätzlich - unabhängig von der Frage der Beschwer im Einzelfall = nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist (OLG Karlsruhe, Die Justiz 2001, 110f). Ein Rechtsmittel des Nebenklägers gegen das Urteil des Amtsgerichts wäre aber nicht von vornherein unstatthaft gewesen. Dem Nebenkläger stand lediglich gemäß § 400 Abs. 1 StPO mangels Beschwer kein Rechtsmittel mehr zu. Dies ändert an der grundsätzlich gegebenen Statthaftigkeit des Rechtsmittels in der Hauptsache und damit der Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung durch den Nebenkläger nichts.
Die für die Zulässigkeit der Kostenbeschwerde erforderliche Wertgrenze gemäß § 304 Abs. 3 StPO ist vorliegend ebenfalls erreicht.
Da der Nebenkläger somit rechtzeitig sofortige Beschwerde gegen die unterlassene Auslagenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Calw vom 26. September 2000 erhoben hat, ist der angefochtene Beschluss insgesamt aufzuheben, da der Wiedereinsetzungsantrag des Nebenklägers gegenstandslos ist.
Die Beschwerdekammer wird nunmehr über die Begründetheit der Beschwerde zu entscheiden haben, weshalb die Sache insoweit an das Landgericht zurückverwiesen wird.
Weil das vorliegende Beschwerdeverfahren durch eine unrichtige Sachbehandlung verursacht wurde, erscheint es dem Senat in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG angemessen, die insoweit entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen (vgl. auch Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Auflage, § 473 Rdnr. 12; LG Hanau, JurBüro 1983, 735).
Ende der Entscheidung
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