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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 23.01.2006
Aktenzeichen: 5 U 144/05
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 130 Abs. 1
InsO § 133
InsO § 1421
1. Erbringt die spätere Insolvenzschuldnerin bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit auf die ihr gegenüber bestehenden Mietforderungen Teilzahlungen, so fehlt es in der Regel zumindest an dem für eine Insolvenzanfechtung gem. § 133 Insolvenzordnung erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.

2. Mietzahlungen können ein Bargeschäft i. S. von § 142 Insolvenzordnung darstellen.Die Frist für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision läuft noch.


Oberlandesgericht Stuttgart 5. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 5 U 144/05

Verkündet am 23. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung u.a.

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 09. Januar 2006 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Würthwein, Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Richter am Landgericht Finckh

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten/Widerklägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2005 - 9 O 43/05 - wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte/Widerklägerin wird verurteilt, an den Kläger/Widerbe-klagten € 9.430,80 nebst 5 % Zinsen über dem jeweils geltenden Basiszinssatz hieraus seit 11.02.2005 zu zahlen.

2. Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen der Kläger/Widerbeklagte 69 % und die Beklagte/Widerklägerin 31 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte/Widerklägerin lediglich im Kostenpunkt.

Die Beklagte/Widerklägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger/Widerbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger/Widerbeklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte/Widerklägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert der Berufung: € 143.615,39 (Klage: € 108.328,19 Widerklage: € 35.287,20)

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der M..... (Name) von der Beklagten, die mit Mietvertrag vom 06.10.2000 an die Gemeinschuldnerin Gewerberäume in Leonberg vermietet hatte, Rückzahlung überzahlten Mietzinses in Höhe von € 9.430,80 für den Zeitraum August 2004 bis Dezember 2004 (nach Insolvenzeröffnung vom 30.07.2004). Desweiteren macht er im Wege der Insolvenzanfechtung Rückzahlung bereits entrichteten Bruttomietzinses in Höhe von € 98.897,39 für die Zeit vom 16.07.2003 bis 02.05.2004 geltend. Die Beklagte verlangt widerklagend offenen Mietzins von € 35.287,20 für November und Dezember 2004.

Die Gemeinschuldnerin zahlte bis Mai 2003 den geschuldeten Monatsmietzins. Ab 16.07.2003 bis 02.05.2004 erbrachte sie lediglich Teilzahlungen in Höhe der Rückforderungssumme. Für Juni und Juli 2004 wurde kein Mietzins entrichtet. Der Kläger nahm ab Bestellung zum Insolvenzverwalter die Mietzinszahlungen für August bis einschließlich Oktober 2004 in jeweils voller Höhe (€ 17.643,60 monatlich) auf, stellte diese Zahlungen ab November 2004 jedoch ein, da, was er nicht gewusst habe, die Mietvertragsparteien ab Juli 2004 die Miete auf monatlich brutto 8.700,-- reduziert hätten, so dass er überzahlt habe.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Mietzinsreduzierungsvereinbarung, wobei der Kläger, ausgehend von deren Wirksamkeit unter Verrechnung von Mietzinsansprüchen der Beklagten für November und Dezember 2004 in Höhe von je € 8700 brutto, überzahlten Bruttomietzins von € 9.430,80 zurückverlangt und die Beklagte, ausgehend von der Unwirksamkeit einer Mietzinsreduzierungsvereinbarung Bruttomietzins in unverminderter Höhe für November und Dezember 04 (2 x € 17.643,60 mithin € 37.287,20) mit der Widerklage verlangt.

Dazuhin erstrebt der Kläger durch Insolvenzanfechtung Rückerstattung des geleisteten Bruttomietzinses vor Insolvenzeröffnung für die Zeit vom 16.07.2003 bis 02.05.2004 (zusammen € 98.897,39), denn diese Leistungen seien nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit in für die Beklagte bekannter Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Insolvenzschuldnerin erfolgt.

Wegen der Einzelheiten wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen im ersten Rechtszug und auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit Urteil vom 27.07.2005 der Klage stattgeben und die Widerklage abgewiesen, denn aufgrund einer wirksamen Mietzinsreduzierungsvereinbarung der Mietvertragsparteien vom 22.06.2004 habe in der Folgezeit eine Überzahlung des Mietzinses in Höhe von € 9.430,80 vorgelegen und entsprechend habe der Kläger für November und Dezember keinen offenen Mietzins mehr geschuldet. Infolge gegebener Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin seien auch die Bruttomietzinszahlungen ab 16.07.2003 bis 02.05.2004 in anfechtbarer Weise wegen auch der Beklagten bekannten Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin erfolgt und zurückzuerstatten.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin volle Klagabweisung und Zuerkennung ihrer Widerklageforderung mit der Begründung, eine wirksame Mietzinsreduzierungsvereinbarung scheitere insbesondere an der fehlenden Schriftform, dazuhin habe der Kläger ab August 2004 in Kenntnis einer Nichtschuld den vollen Monatsmietzins entrichtet; zudem lägen die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung mangels substantiierten Vortrags des Klägers zur Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin und deren Gläubigerbenachteiligungsabsicht nicht vor.

Die Beklagte/Widerklägerin beantragt,

1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.07.2005, AZ: 9 O 43/05, wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger wird im Wege der Widerklage verurteilt, an die Beklagte € 35.287,20 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich aus einem Betrag von € 17.643,60 seit dem 05.11.2004 und aus einem Betrag von € 17.643,60 seit dem 05.12.2004 zu bezahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf sämtliche Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat hinsichtlich der im Wege der Insolvenzanfechtung des Klägers zurückverlangten Bruttomietzinszahlungen der Gemeinschuldnerin in Höhe von € 98.897,39 (Zeitraum 16.07.03 - 02.05.04) Erfolg. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

1.

Anspruch des Klägers auf Rückzahlung überzahlten Bruttomietzinses von € 9.430,80 ab Insolvenzeröffnung für den Zeitraum August 2004 bis Dezember 2004.

Dem Kläger, auf den ab Bestellung zum endgültigen Insolvenzverwalter am 30.07.2004 die Vermögensverwaltungs- und -verfügungsrechte der Gemeinschuldnerin übergegangen sind (§ 80 InsO), steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Mietzinses in Höhe von € 9.430,80 für den genannten Zeitraum aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigen Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative, 818 Abs. 1 BGB) zu. Die Mietzinszahlungen des Klägers in den Monaten August bis einschließlich Oktober 2004 in Höhe von jeweils € 17.643,60, mithin zusammen € 52.930,80, überstiegen den nach dem Gewerberaummietvertrag vom 06.10.2000 für den Gesamtzeitraum August bis einschließlich Dezember 2004 geschuldeten Bruttomietzins um den zurückverlangten Differenzbetrag. Zwar betrug der Bruttomonatsmietzins bis Juni 2004 inklusive Nebenkostenvorauszahlung unstreitig € 17.643,60. Die Mietvertragsparteien haben jedoch einvernehmlich mit Abänderungsvertrag vom 22.06./25.06./28.06.2004 den monatlichen Bruttomietzins inklusive Nebenkostenvorauszahlung ab 01.07.2004 bis 30.06.2005, mithin auch für den hier interessierenden Zeitraum, auf monatlich brutto 8.700,-- (netto € 7500,--) reduziert. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Inhalt der Schreiben der jeweiligen rechtsanwaltlichen Vertreter der Mietvertragsparteien vom 25.06. und 28.06.2005. Rechtsanwalt Dr. K. (Name), der bevollmächtigte Vertreter der Gemeinschuldnerin, der neben den beiden Geschäftsführern der Mietvertragsparteien und dem rechtsanwaltlichen Vertreter der Beklagten bei einem Gespräch vom 22.06.2004, bei dem die Mietvertragsparteien die Mietzinsreduzierung abgesprochen hatten, anwesend war, bat den Gegenanwalt W. (Name) mit Schreiben vom 25.06.2004 (Anl. K 3) um Bestätigung dieser Mietzinsreduzierungsvereinbarung vom 22.06.2004, nämlich netto € 7.500,-- für die Monate Juli 2004 bis Juni 2005 und netto € 8.500,-- für die Folgemonate Juli 2005 bis Juni 2006. Mit Schreiben vom 28.06.2004 (Bl. 157), das auf Anforderung des Senats erstmals vorgelegt wurde, bestätigte Rechtsanwalt W. (Name) diese Vereinbarung mit den Worten:

"Insbesondere hat meine Mandantin sich bei unserem Gespräch am 22.06.04 in Karlsruhe bereit erklärt, unter den gegebenen Umständen eine Reduzierung der monatlichen Miete in den folgenden 12 Monaten (vom Juli 2004 bis Juni 2005) auf 7.500,-- € netto und in den dann folgenden 12 Monaten (vom Juli 2005 bis Juni 2006) auf 8.500,-- € netto zu akzeptieren."

Dass die rechtsanwaltlichen Vertreter der Mietvertragsparteien zur Abgabe dieser Erklärungen nicht bevollmächtigt waren, ist weder vorgetragen und im Hinblick auf ihre Anwesenheit beim Gespräch der Geschäftsführer am 22.06.2004 auch nicht ersichtlich. Dieser schriftliche Mietänderungsvertrag stand auch nicht unter der auflösenden Bedingung einer Insolvenzantragstellung, denn eine solche ergibt sich, auch nicht anhaltsweise, aus dem Inhalt der Schreiben vom 25.06. und 28.06.2004, für die als Privaturkunden auch die Vermutung der Vollständigkeit und inhaltlichen Richtigkeit spricht.

Die für die Voraussetzungen einer Zahlung trotz Kenntnis der Nichtschuld (§ 814 BGB) beweisbelastete Beklagte hat den Vortrag des Klägers, er habe erst am 15.10.2004 von Rechtsanwalt Dr. K. (Name) von der Mietzinsreduzierungsvereinbarung Kenntnis erlangt, mithin nach erfolgter von ihm veranlasster Mietzinszahlung für August bis Oktober in der ursprünglichen Höhe, nicht zu widerlegen vermocht.

Der geschuldete Mietzins für den genannten Zeitraum betrug daher € 43.500,-- (5 Monate à brutto 8.700,--), so dass er durch die tatsächlich erfolgten Zahlungen von € 52.930,80 um den zurückverlangten Differenzbetrag von € 9.430,80 überstiegen wurde. Aus der Begründetheit des Bereicherungsanspruchs des Klägers insoweit ergibt sich im Gegenschluss die Unbegründetheit der Widerklage der Beklagten, gerichtet auf offenen Mietzins für November und Dezember 2004.

2.

Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückerstattung bezahlten Bruttomietzinses für die Zeit vom 16.07.2003 bis 02.05.2004 in Höhe von zusammen brutto € 98.897,39 zur Insolvenzmasse aufgrund Insolvenzanfechtung gem. §§ 129, 130, 133, 143 InsO.

a)

Der Anspruch des Klägers auf Rückgewährung dieser entrichteten Bruttomietzinszahlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (30.07.2004) wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung (§ 133 Abs. 1 InsO) scheitert jedenfalls am Fehlen der substantiierten Darlegung des beweisbelasteten Klägers hinsichtlich solcher Umstände, die einen Rückschluss darauf zuließen, dass die Gemeinschuldnerin die Zahlungen mit dem Vorsatz vorgenommen hätte, ihre Gläubiger im allgemeinen zu benachteiligen, wobei es grundsätzlich ausreichen würde, dass der Schuldner im Sinne des bedingten Vorsatzes eine Gläubigerbenachteiligung wenigstens als notwendige (Neben-)Folge billigend in Kauf genommen hätte (Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, vgl. Kirchhoff in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2002, § 133 Rdnr. 13).

Ob die Insolvenzschuldnerin zur Zeit der fraglichen Zahlungen zahlungsunfähig war, kann deshalb dahinstehen. Hiervon wird zugunsten des Klägers ausgegangen. Anzumerken ist insoweit, dass die bisherigen Erkenntnisse, die sich im wesentlichen darin erschöpfen, dass die Insolvenzschuldnerin zum 31.12.2002, also einem punktuellen Zeitpunkt, nicht voll zahlungsfähig gewesen sein soll, und die Miete nur teilweise bezahlt worden ist - womit der Kläger gerade mit den unzureichenden Zahlungen an die Beklagte deren Bevorzugung vor den übrigen Gläubigern begründet! -, eine ausreichende Beurteilung der Frage der Zahlungsunfähigkeit nicht erlauben.

b)

Die - teilweisen - Mietzinszahlungen der Gemeinschuldnerin im genannten Zeitraum erfüllen zwar den Begriff der Rechtshandlung vor Insolvenzeröffnung (30.07.2004) durch die Gemeinschuldnerin im Sinn der §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 Satz 1 InsO, denn unter den weiten anfechtungsrechtlichen Begriff "jeder bewussten Willensbetätigung mit Rechtswirkungsauslösung" (Kirchhoff a.a.O. § 129 Rdnr. 7) fallen auch Mietzinszahlungen des Mieters als Erfüllungshandlungen. Infolge des Geldabflusses aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin ist auch die für die übrigen Gläubiger zur Verfügung stehende Masse geschmälert worden. Ob der Geldabfluss eine unmittelbare oder mittelbare objektive Gläubigerbenachteiligung wäre, kann dahinstehen, denn der Anfechtungstatbestand der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung des § 133 Abs. 1 InsO umfasst beide Gläubigerbenachteiligungsarten (Kirchhoff a.a.O. § 129 Rdnr. 112, § 133 Rdnr. 11).

c)

Für die Darlegung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Gemeinschuldners ist eine drohende oder schon vorhandene Zahlungsunfähigkeit ein bedeutsames, jedoch kein allein ausreichendes Indiz für das Bewusstsein der Gläubigerbenachteiligung. Vorliegend stellten die Mietzinszahlungen der Gemeinschuldnerin sog. kongruente Deckungsgeschäfte dar, denn der nicht angefochtene und nicht anfechtbare Gewerberaummietvertrag vom 06.10.2000 bildete den Rechtsgrund dieser Mietzinszahlungen, die vorliegend gem. § 4 Abs. 4 des Gewerberaummietvertrags jeweils im voraus bis zum 3. Werktag eines Monats fällig waren. Zwar schließen kongruente Deckungsgeschäfte das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes des Gemeinschuldners nicht grundsätzlich aus, jedoch sind an den Hinweis hierfür höhere Anforderungen zu stellen (Hirte in Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 133 Rdnr. 18). Vielmehr genügt bei Fällen kongruenter Deckung das Bewusstsein des Schuldners, seine Handlung könnte für die übrigen Gläubiger nachteilig sein, regelmäßig nicht für die Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes. Will der Schuldner, wie insbesondere bei kongruenten Deckungsgeschäften der Fall, mit seiner Handlung lediglich eine Rechtspflicht erfüllen, wird er eine dadurch mitbewirkte Benachteiligung anderer Gläubiger oft nicht billigen (Kirchhoff a.a.O. § 133 Rdnr. 14). Dies gilt um so mehr, wenn, wie vorliegend der Fall, der Schuldner nur noch einen deutlich reduzierten Monatsmietzins entrichtet hat (von Juni 03 - Juli 04: ca. 40% der geschuldeten Miete; von März 04 - Juli 04: ca. 25% der geschuldeten Miete). Ist der Vermieter, wie hier, zudem durch eine Bürgschaft (Anl. K.3, S.2 unter Ziff.1) und das Vermieterpfandrecht abgesichert, liegt bei der Erfüllung von Verträgen der Benachteiligungsvorsatz in der Regel nur dann vor, wenn der Gemeinschuldner mit dem Gläubiger mit dem Ziel zusammengewirkt hat, den übrigen Gläubigern Zugriffsobjekte zu entziehen, wobei es dem Schuldner dann weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflicht als vielmehr auf die Vereitelung der Ansprüche seiner übrigen Gläubiger ankommt (Hirte a.a.O. § 133 Rdnr. 19 m.w.N.). Ohne Darlegung solcher, hier nicht ersichtlicher Anhaltspunkte, insbesondere die substantiierte Darlegung, in welchem Umfang die übrigen Gläubiger der Gemeinschuldnerin im fraglichen Zeitraum (16.07.2003 bis 02.05.2004) befriedigt worden sind und diesen gegenüber die Beklagte deutlich und gezielt besser behandelt wurde, ist dem Senat die Bewertung, die fraglichen Mietzinszahlungen seien in Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin erfolgt, nicht möglich. Eine andere Sichtweise führte auch zu einer unvertretbaren Verlagerung des Unternehmerrisikos auf die Beklagte als Vermieterin.

3)

Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückgewähr der entrichteten Bruttomonatsmiete Mai 2004 in Höhe von € 7.327,59.

Der Rückzahlungsanspruch bezüglich dieses Betrages,der innerhalb der letzten 3 Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (27.7.2004) erfolgt ist, so dass Insolvenzanfechtung gem. § 130 Abs. 1 InsO in Betracht kommt, scheitert am Vorliegen eines so genannten Bargeschäfts (§ 142 InsO). Bargeschäfte nimmt die Insolvenzordnung grundsätzlich von der Insolvenzanfechtung aus, ausgenommen bei Gläubigerbenachteiligungsabsicht gem. § 133 Abs. 1 InsO. Der Grund der Bevorzugung der Bargeschäfte liegt darin, dem Schuldner in der Krise auch Geschäfte zu ermöglichen, durch die wertäquivalente Gegenleistungen in sein Vermögen fließen. Andernfalls wäre ihm praktisch jegliche Handlungsfreiheit in der Krise genommen, was wirtschaftlich unerwünscht ist (Hirte in Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, a.a.O., § 142 Rdnr. 2; Kirchhof, a.a.O., § 142 Rdnr. 1). Die Gegenleistung der Beklagten als Vermieterin, nämlich die Überlassung des Besitzes und der Nutzungsmöglichkeit der angemieteten Gewerberäume an die Gemeinschuldnerin (§ 535 Abs. 1 BGB), stellt im Verhältnis zur (Teil-) Monatsmietzinszahlung für Mai 2004 eine wertäquivalente Gegenleistung dar. Bereits der Umstand, dass die Gemeinschuldnerin für Mai weniger als die Hälfte des damals noch in Höhe von monatlich € 17.643,60 geschuldeten Mietzinses entrichtet hatte, spricht gegen ein Missverhältnis der Teilzahlung im Verhältnis zum Wert der Besitzüberlassung und der Einräumung der Nutzungsmöglichkeit als Gegenleistung der Beklagten. Dazuhin erfolgten Leistung und Gegenleistung unmittelbar, d.h. in einem engen zeitlichen Zusammenhang (Kirchhof a.a.O. § 142 Rdnr. 15). Der Umstand, dass die Gemeinschuldnerin hinsichtlich der Entrichtung des Monatsmietzinses vorleistungspflichtig war, ändert an der grundsätzlichen Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung im Sinn eines Bargeschäfts nichts, denn die vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht entsprach der Gesetzeslage (§§ 556 b Abs. 1, 579 Abs. 2 BGB). Gleiches gilt für den Umstand, dass mietvertragsbedingt die Schuldnerin gegen Zahlung des Mietzinses lediglich eine temporär vorübergehende Nutzungsmöglichkeit (unmittelbarer Besitz) an der Mietsache erhalten hat. Bereits die Diskussion, dass Dienstleistungen eines Sanierers im Verhältnis zu seinem Honorar nur dann keine gleichwertige Gegenleistung im Sinn eines Bargeschäftes gem. § 142 InsO darstellen, wenn seine Leistungen von vornherein erkennbar wertlos sind, zeigt, dass durchaus auch bei "Ungleichartigkeit" von Leistung und Gegenleistung ein Bargeschäft vorliegen kann (Kirchhof a.a.O. § 142 Rdnr. 14; Uhlenbruck a.a.O. § 142 Rdnr. 8).

Gläubigerbenachteiligungsvorsatz i.S. von § 133 InsO, der die Anwendung von § 142 ausschließen würde, ist auch bei dieser Zahlung nicht erwiesen ( vgl. unter 2.). Damit scheidet eine Insolvenzanfechtung des Klägers auch hinsichtlich der Mietzahlung Mai 2004 aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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