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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 18.08.2003
Aktenzeichen: 5 U 62/03
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 634 a. F.
BGB § 635 a. F.
InsO § 103
InsO § 106
InsO § 208
1. Stimmt bei einem vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen Bauträgervertrag weder der Werkunternehmer noch nach dessen Insolvenz der Insolvenzverwalter dem auf Sachmängel am Bauwerk gestützten Rückabwicklungsverlangen des Bestellers zu, verliert der Besteller nicht den Anspruch auf Auflassung des bebauten Grundstücks.

2. Der durch Vormerkung gesicherte Anspruch gegen den Bauträger auf Auflassung des Grundstücks kann auch dann nach dessen Insolvenz bestehen bleiben, wenn der Besteller die Gegenleistung nicht vollstänndig erbracht hat.

3. Der Insolvenzverwalter kann dem gesicherten Auflassungsanspruch nicht die Masseunzulänglichkeit entgegen halten, wenn der Besteller sich verpflichtet hat, die Kosten der Auflassung zu tragen.Rechtskräftig; durch Beschluß des BGH vom 25.03.2004 wurde NZB zurückgewiesen (VII ZR 254/2003).


Oberlandesgericht Stuttgart 5. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 5 U 62/03

Verkündet am 18. August 2003

In dem Rechtsstreit

wegen Auflassung u.a.

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 04. August 2003 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Schöck Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt Richter am Landgericht Dr. Mosthaf

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 20. März 2003 (6 O 10/03) aufgehoben.

II. 1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, den ... Miteigentumsanteil an dem Grundstück ... an die Beklagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil aufzulassen und ihre Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- €, es sei denn, die Beklagten leisten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.

Berufungsstreitwert: bis zu 230.000,- €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten mit der Klage um die Löschung einer Auflassungsvormerkung und um eine Nutzungsentschädigung, mit der Widerklage um die entsprechende Auflassung und Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GmbH, eines Bauträgers (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Die Beklagten schlossen 1994 mit der Insolvenzschuldnerin einen Bauträgervertrag zum Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück und der Errichtung einer Eigentumswohnung nebst Tiefgarage in U.. Für den Grundstückserwerb bestellten die Vertragsparteien eine Auflassungsvormerkung. Die Insolvenzschuldnerin erstellte das Wohnhaus, die Beklagten zahlten von den vereinbarten 414.818,- DM (212.093,07 €) den größten Teil, höchstens 29.880,- DM (15.277,40 €) sind noch offen. Das Haus ist unstreitig bezüglich des Gemeinschaftseigentums und bezüglich des Sondereigentums der Beklagten mit erheblichen Sachmängeln behaftet (ein unterbrochener Bauprozess ist anhängig beim LG U.). Deswegen zahlten die Beklagten die letzte Rate nicht, die Insolvenzschuldnerin stimmte einer Auflassung nicht zu. Die Beklagten forderten die Insolvenzschuldnerin zur Mangelbeseitigung auf, setzten eine Frist mit Ablehnungsandrohung, lehnten schließlich die weitere Erfüllung ab und verlangten als großen Schadenersatz die Rückzahlung aller gezahlten Beträge Zug um Zug gegen Rückgabe der inzwischen vermieteten Wohnung. Danach fiel die Insolvenzschuldnerin in Insolvenz, ohne dem Verlangen der Beklagten auf Rückabwicklung zugestimmt zu haben.

Mit Anwaltsschreiben vom 24. Juli 2002 forderten die Beklagten den Kläger gem. § 103 InsO auf, sein Wahlrecht bezüglich des Sachmängelgewährleistungsrechts der Beklagten auszuüben. Mit Schreiben vom 19. September 2002 teilte der Kläger mit, dass er in keiner Hinsicht die Erfüllung wähle. Danach nahmen die Beklagten von ihrem Rückabwicklungsverlangen Abstand und verlangten die Auflassung.

Der Kläger meint, die Beklagten hätten sich endgültig für die Rückabwicklung entschieden und könnten von ihrem Wahlrecht aus §§ 634 f. BGB a.F. keinen erneuten Gebrauch machen; aus den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes ergebe sich, dass die Beklagten auch gar nichts anderes als Wandelung oder großen Schadenersatz ohne Zustimmung der anderen Eigentümer wählen könnten. Mit der Rückabwicklung sei der Auflassungsanspruch erloschen, weswegen die Beklagten der Löschung der Vormerkung zuzustimmen hätten. Außerdem müssten sie als unberechtigte Fremdbesitzer die erlangten Mieteinnahmen aus der Vergangenheit und in Zukunft an ihn herausgeben.

Das Landgericht hat durch Teilurteil nur über die Klage entschieden und diese abgewiesen; zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagten bis zur Erfüllung des gewählten Gewährleistungsrechts jederzeit ein anderes wählen könnten; die Widerklage sei nicht entscheidungsreif, weil es insoweit auf den Umfang der Baumängel ankomme. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Teilurteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er im Wesentlichen erneut damit begründet, dass die Beklagten ihr Wahlrecht verloren hätten und im Wege der Rückabwicklung endgültig keinen Anspruch auf Auflassung hätten. Nach Hinweis des Senats, dass in Betracht komme, auch über die Widerklage zu entscheiden, verfolgen die Beklagten jene auch in der Berufungsinstanz.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten in Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Ulm samtverbindlich zu verurteilen,

- die Löschung der beim Grundbuchamt U., Grundbuch ... zugunsten der Beklagten in Abt. II, jeweils laufende Nummer 4 am 18. Januar 1995 eingetragenen Auflassungsvormerkungen zu bewilligen;

- an den Kläger 1.840,68 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

- beginnend mit dem Monat Februar 2003 monatlich jeweils am 3. Werktag eines Monats 306,78 € an den Kläger zu bezahlen und die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, den ... Miteigentumsanteil an dem Grundstück ..., an die Beklagten zu je hälftigem Miteigentumsanteil aufzulassen und ihre Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu bewilligen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung des Klägers führt zwar zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils, in der Sache bleibt ihr aber der Erfolg versagt. Dagegen hat die Widerklage der Beklagten in der Sache Erfolg.

A. Der Erlass eines Teilurteils durch das Landgericht Ulm war unzulässig. Voraussetzungen eines zulässigen Teilurteils sind gem. § 301 Abs.1 ZPO die Teilbarkeit des Streitgegenstands, die Entscheidungsreife nur des einen Teils und die Unabhängigkeit des Teilurteils von der Entscheidung des Reststreits (Zöller-Vollkommer § 301 ZPO Rn.2; MüKo-Musielak § 301 ZPO Rn.7). Der Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall zwar teilbar, aber die Widerspruchsfreiheit ist nicht gewährleistet, da der Anspruch auf Löschung der Auflassungsvormerkung und der Auflassungsanspruch tatsächlich und rechtlich zusammenhängen. Gegenstand der Klage und der Widerklage ist jeweils - einmal positiv, einmal negativ - die Frage, ob die Beklagten einen Anspruch auf Auflassung haben. Im vorliegenden Fall besteht somit ein rechtlicher Zusammenhang und damit die Gefahr der fehlenden Widerspruchsfreiheit. Das Landgericht hat die Problematik zwar gesehen, sich darüber aber unter Hinweis auf die Anregung einer Partei hinweggesetzt. Auf das Gebot der Widerspruchsfreiheit können die Parteien indes nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (§ 538 Abs.2 S.3 ZPO) nicht verzichten, weswegen der Erlass eines Teilurteils nicht statthaft war (vgl. BGHZ 20, 311) und dieses aufzuheben ist.

Es erscheint jedoch angezeigt, dass das Berufungsgericht die in erster Instanz hängengebliebene Widerklage "hochzieht". Das Berufungsgericht ist berechtigt, um eine unzulässige Divergenz zu vermeiden, entweder den entschiedenen Teil aufzuheben und gem. § 538 Abs.2 S.1 Nr.7 ZPO an die erste Instanz zurückzuverweisen oder den dort verbliebenen Teil an sich zu ziehen, wenn es sich dabei um einen ohne Weiteres mitzuentscheidenden Teil handelt (BGH NJW 1960, 339; 1991, 3036; NJW-RR 1994, 379). Daran hat sich auch unter der neuen Zivilprozessordnung nichts geändert, weil § 538 ZPO n.F. im Gegensatz zu § 540 ZPO a.F. nicht nur die Möglichkeit der Sachentscheidung des Berufungsgerichts vorsieht, sondern diese sogar zum Regelfall erhebt (MüKo-Rimmelspacher § 538 ZPO Rn.65).

Die Widerklage ist im vorliegenden Rechtsstreit ohne Weiteres entscheidungsreif, weil sich der Rechtsstreit bereits durch die Beantwortung der Rechtsfragen zur Klage im Wesentlichen insgesamt entscheidet; wie sich im Folgenden (s.u. C.2.) zeigen wird, ist zur Entscheidung der Widerklage auch keine Beweisaufnahme erforderlich. Den Parteien geht dadurch zwar ein Rechtszug verloren, weil aber lediglich eine Rechtsfrage zu beantworten ist, erleiden die Parteien insoweit keinen wesentlichen Nachteil; ein solcher wird durch die gewonnene Verfahrensbeschleunigung zudem ausgeglichen.

B. Ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung besteht nicht. Das Landgericht Ulm hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagten den Anspruch auf Auflassung nicht verloren haben. Auf die insoweit zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die Berufungsbegründung ist nicht geeignet, zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen.

1. Die Beklagten haben zwar wegen unstreitig vorliegender erheblicher Sachmängel gem. § 634 BGB a.F. eine Frist zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung gesetzt und nach fruchtlosem Ablauf der Frist die weitere Erfüllung abgelehnt und haben sich im Rahmen ihres Wahlrechts gem. § 635 BGB a.F. für den großen Schadenersatz, also die vollständige Rückabwicklung entschieden. Damit wandelte sich aber der ursprünglich auf beiderseitige Leistungserbringung gerichtete Werklieferungsvertrag - entgegen der Rechtsansicht des Klägers - nicht automatisch in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um. Die Beklagten hatten nach dem hier gem. Art. 229 § 5 EGBGB anzuwendenden alten Schuldrecht (Vertragsschluss 1994) wegen einer Wandelung oder eines großen Schadenersatzes zunächst lediglich einen Anspruch gegen die Insolvenzschuldnerin auf Zustimmung zu dieser Umwandlung (sog. "gemischte Theorie", ganz h.M., vgl. nur Palandt-Putzo 59. Aufl. § 465 BGB; die sog. "Herstellungstheorie" wird heute nicht mehr ernsthaft vertreten, sie wurde schon vom Reichsgericht und später auch vom BGH <BGHZ 29, 148> abgelehnt). Einen Unterschied zwischen Kaufrecht und Werkvertragsrecht macht das alte Schuldrecht bezüglich des Schadenersatzanspruches aus §§ 463, 635 BGB a.F. nicht. Auch beim Werkvertrag kommt das Rückabwicklungsschuldverhältnis erst dann zustande, wenn der Werkunternehmer sich auf die Wandelung oder den großen Schadenersatz einlässt, vorher kann der Besteller davon jederzeit wieder Abstand nehmen (ganz h.M., BGH NJW 1982, 1521; Palandt-Putzo 59. Aufl. § 465 BGB Rn.7; MüKo-Soergel 3. Aufl. § 635 BGB Rn.3 m.w.N.). Weil die Insolvenzschuldnerin dem Begehren der Beklagten nicht zugestimmt hatte, blieb es zunächst beim Anspruch der Beklagten auf Umwandlung; die Umwandlung des Vertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis selbst fand nicht statt. Daher haben die Beklagten ihren Anspruch auf Verschaffung des Eigentums nicht verloren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1999, 3710); der Kläger verkennt die rechtliche Bedeutung des Urteils. Dort ging es gar nicht um die Frage der Zustimmung des Werkunternehmers zum Umwandlungsbegehren, sondern allein um das Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Begehrens für den Besteller. Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig gegeben. Der Kläger weist zwar zu Recht (mit Literaturnachweisen) darauf hin, dass für den Besteller die Wandelung und der große Schadenersatz bei Insolvenz des Bauträgers erhebliche Risiken bergen. Dieses Risiko realisiert sich bei den Sachmängelgewährleistungsrechten aber erst dann, wenn der Werkunternehmer dem Wunsch auf Rückabwicklung zustimmt oder ein rechtskräftiges Urteil besteht. Da hier keine der beiden alternativen Voraussetzungen vorliegt, kommt es auf die vom Kläger vorgetragenen Rechtsfolgen eines Rückgewährschuldverhältnisses im Rechtsstreit der Parteien nicht an.

Der Kläger verkennt auch die Bedeutung von § 634 Abs.1 S.3 2.HS BGB a.F., wenn er meint, mit der Ablehnung erlösche der Anspruch auf Übereignung. Nach dieser Vorschrift erlischt nur der Anspruch auf Mangelbeseitigung; nichts anderes ergibt sich aus den von ihm zitierten Urteilen.

Der Kläger zieht weiterhin eine unzulässige Parallele zu § 326 BGB a.F.; nach dieser Vorschrift erlischt in der Tat mit der Ablehnung der Erfüllung und der (einseitigen) Ausübung des Rücktrittsrechts oder Wahl des großen Schadenersatzes der Erfüllungsanspruch. Bei den Gewährleistungsrechten wegen Sachmängeln erlischt dieser Anspruch aber erst mit der Zustimmung zur Umwandlung in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis. Die vom Kläger zitierte Literatur zu § 326 BGB a.F. beschäftigt sich daher überwiegend nicht mit der hier vorliegenden Fallkonstellation. Auch die Ausführungen des Klägers zu den Unterschieden zwischen § 326 BGB a.F. und § 281 BGB n.F. führen deswegen hier nicht weiter.

Nach der Insolvenz waren die Beklagten daran gehindert, ihr Umwandlungsbegehren bei der Insolvenzschuldnerin weiter zu verfolgen. Die Beklagten haben sich daher an den Kläger gewandt und diesen gefragt, ob er der Rückabwicklung zustimme und gem. § 103 die Erfüllung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses wähle. § 103 InsO ist auch auf dieses gegenseitige Vertragsverhältnis (zumindest analog) anzuwenden (vgl. MüKo-Huber § 103 InsO Rn.86 m.w.N.). Da der Kläger einer Rückabwicklung nicht zustimmte, kam es gar nicht mehr darauf an, dass er sich gegen jedwede Erfüllung entschied; jedenfalls kam ein Rückabwicklungsschuldverhältnis nicht zustande.

2. Hätte der Kläger Erfüllung der Rückabwicklung gewählt, wäre tatsächlich der Anspruch der Beklagten auf Auflassung erloschen. Allerdings hätten die Beklagten im Gegenzug einen Anspruch gegen die Masse auf Schadenersatz erworben; es spricht viel dafür, dass ihnen deswegen auch ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden hätte. Die zu diesem Punkt geäußerte Rechtsauffassung des Klägers, der ein Zurückbehaltungsrecht verneint, stützt sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH ZInsO 2002, 487), welches indes einen anderen Sachverhalt behandelt. Dort ging es um einen vertragslosen Bereicherungsanspruch und nicht um einen bestehenden, gegenseitigen (Rückabwiklungs-)Vertrag; darin liegt ein wesentlicher Unterschied. Diese Rechtsfrage kann jedoch hier dahingestellt bleiben, weil der Kläger die Rückabwicklung gerade nicht gewählt hat.

3. Nachdem ein Rückabwicklungsschuldverhältnis endgültig nicht zustande kam, konnten die Beklagten das Verlangen auf Rückabwicklung zurückziehen. Die Frage, welche Konsequenzen daraus in rechtlicher Hinsicht für die Sachmängel zu ziehen sind, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits, sondern nur für die hier nicht zu entscheidenden Gewährleistungsrechte der Beklagten relevant. Die Überlegungen des Klägers, welche Gewährleistungsrechte die Beklagten (mit oder ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft) geltend machen könnten, sind hier nicht entscheidungserheblich, weswegen auch sein nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegter, nicht nachgelassener Schriftsatz vom 8. August 2003 keinen Anlass gibt, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Die Rechtsansicht des Klägers, dass das Wahlrecht erlösche, wenn verschiedene Wahlmöglichkeiten nicht zu einem begründeten Anspruch führen, ist unzutreffend. Lehnt der Erwerber einer Eigentumswohnung die Mangelbeseitigung durch den Werkunternehmer ab, ist er nicht allein deshalb, weil er eine Minderung möglicherweise nicht ohne die anderen Wohnungseigentümer geltend machen kann, dazu verpflichtet, die Rückabwicklung des gesamten Vertrages geltend zu machen. Derartiges ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen. Aber selbst dann, wenn man der Rechtsansicht des Klägers folgte, wäre ein Rückabwicklungsschuldverhältnis mangels Zustimmung der Insolvenzschuldnerin und des Klägers nicht zustande gekommen.

4. Der Auflassungsanspruch der Beklagten besteht unabhängig von den Gewährleistungsrechten gem. § 106 Abs.1 S.2 InsO; ob er fällig ist, braucht im Rahmen der Klage nicht geprüft zu werden, für den geltend gemachten Anspruch aus § 894 BGB kommt es darauf nicht an. Der Kläger verkennt die Bedeutung und die Rechtsfolgen des § 106 InsO. Danach wird nämlich der Vertrag in zwei Teile geteilt. Für den nicht gesicherten Anspruch der Beklagten auf mangelfreie Erstellung der Wohnung bleibt es beim Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO. Für den durch Vormerkung gem. § 883 BGB gesicherten Anspruch auf Auflassung hat der Insolvenzverwalter jedoch kein Wahlrecht, diesen Anspruch muss er - wie außerhalb der Insolvenz - immer aus der Masse erfüllen (ganz h.M. vgl. MüKo-Ott § 106 InsO Rn. 24 ff.). Der Bundesgerichtshof, der zunächst (zu § 24 KO) eine andere Meinung hatte (BGH NJW 1977, 146), hat sich nach Klarstellung durch den Gesetzgeber dieser Meinung ausdrücklich angeschlossen (BGH NJW 1978, 1437; 1981, 991). Danach bleibt der Auflassungsanspruch beim Bauträgervertrag auch dann bestehen, wenn der Insolvenzverwalter im Übrigen die Erfüllung nicht wählt.

5. Nach dem oben gesagten haben die Beklagten ihr Besitzrecht i.S.d. § 986 BGB nicht verloren, so dass auch die Ansprüche des Klägers auf Nutzungsentschädigung (Mieten) aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis unbegründet sind.

C. Den Beklagten steht der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Auflassung gem. § 925 BGB und Eintragungsbewilligung gem. § 19 GBO zu.

1. Dieser Anspruch der Beklagten ergibt sich aus § 925 BGB i.V.m. § 106 InsO und dem Bauträgervertrag. Dass der Anspruch durch die Ablehnung der Mangelbeseitigung und das zunächst gestellte Verlangen auf Rückabwicklung nicht erloschen ist, wurde bereits festgestellt (s.o. B.1.). Ebenso wurde festgestellt, dass es sich gem. § 106 InsO um einen Anspruch handelt, welchen die Beklagten ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen gegen den Kläger als Insolvenzverwalter geltend machen können (s.o. B.4.).

2. Der Auflassungsanspruch der Beklagten ist fällig, obwohl die Beklagten die letzte Rate zurückbehalten haben.

Nach dem Bauträgervertrag sollte der Auflassungsanspruch erst nach vollständiger Bezahlung des vereinbarten Preises fällig sein (§ 5 Abs.2 des Vertrages); ob die Beklagten wegen der Mängel bereits vollständig geleistet haben oder noch etwas zahlen müssen, hängt von Art und Umfang der Mängel ab. Daraus hat das Landgericht zu Unrecht den Schluss gezogen, die Fälligkeit des Auflassungsanspruches sei (im Rahmen eines Bauprozesses) anhand der Berechtigung der vorgetragenen Sachmängel zu überprüfen.

Die Rechtslage hat sich durch den Eintritt der Insolvenz gem. § 106 InsO geändert. Die Beklagten haben ihre Gewährleistungsrechte gegen die Insolvenzschuldnerin zwar nicht juristisch, aber doch wirtschaftlich weitgehend eingebüßt. Als Ausgleich für diesen Nachteil nimmt § 106 Abs.1 S.2 InsO eine Trennung zwischen dem durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch und den übrigen Ansprüchen aus dem Bauträgervertrag vor (BGH NJW 1986, 925). Daher kommt es für die Fälligkeit des Anspruchs auf Auflassung nach Insolvenz des Bauträgers nicht mehr darauf an, ob die gesamte vereinbarte Gegenleistung erbracht wurde, sondern nur darauf an, ob der Teil des Kaufpreises, welcher auf die Übereignung des Grundstücks und der Wohnung entfällt, gezahlt wurde; zu ermitteln ist dies im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder gem. §§ 315, 316 BGB (BGH NJW 1981, 991).

Der Bauträgervertrag enthält keine ausdrückliche Vereinbarung, welcher Teil der Leistung auf die Eigentumsverschaffung und welcher auf die Werkleistung entfällt; insbesondere ist in § 6 dazu keine Regelung enthalten. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist die Lücke im Vertrag gem. § 157 BGB entsprechend dem hypothetischen Parteiwillen zu schließen. Aus § 6 des Vertrages ergibt sich, dass die Beklagten zunächst 30 % der Gegenleistung ohne entsprechende Werkleistung zahlen mussten; diesen Betrag haben die Beklagten auch geleistet. Es spricht viel dafür, dass damit im Wesentlichen der Eigentumsverschaffungsanspruch bezahlt wurde. Dabei kommt es auf den Streit der Parteien, ob die letzte Rate ca. 12.000,- € oder ca. 15.000,- € beträgt, nicht an. Die Beklagten haben nämlich auch bei dem höheren Restanspruch fast 93 % der vereinbarten Summe bezahlt. Der Senat geht bei dieser hohen Quote davon aus, dass damit der auf die Eigentumsverschaffung entfallende Teil der Gegenleistung vollständig erfüllt ist.

3. An diesem Ergebnis ändert auch der neue Tatsachenvortrag des Klägers in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. August 2003 nichts. Es bestehen bereits Bedenken, ob der Kläger den neuen Vortrag, er habe dem Insolvenzgericht am 7. August 2003 die drohende Masseunzulänglichkeit angezeigt, entgegen §§ 296 a, 529, 531 ZPO in diesem Verfahrensstadium noch in den Rechtsstreit einführen kann oder ob er sich jetzt auf den Einwand des § 210 InsO im Vollstreckungsverfahren verweisen lassen muss. Diese Frage kann jedoch letztlich dahinstehen, weil die Vorschriften der §§ 208 bis 210 InsO auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sind.

Ein durch Vormerkung gesicherter Auflassungsanspruch muss vom Insolvenzverwalter (s.o. B.4.) wie außerhalb der Insolvenz erfüllt werden (vgl. MüKo-Hefermehl § 55 InsO Rn.134). Der Kläger verkennt, dass § 106 InsO den durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch dem Insolvenzverfahren insgesamt entzieht. Auch dann, wenn eine Masseunzulänglichkeit besteht, bleibt der Insolvenzverwalter zur Auflassung verpflichtet. Die Vorschriften über die Masseunzulänglichkeit in §§ 208 ff. InsO haben den Zweck, ein gerechtes Verteilungsverfahren zwischen allen Massegläubigern zu gewährleisten, ohne dass einzelne Massegläubiger durch Zwangsvollstreckung vorab auf die Masse zugreifen können. Diese Vorschriften sind indes dann nicht anwendbar, wenn ein aus der Masse zu erfüllender Anspruch für die anderen Massegläubiger keinen wirtschaftlichen Wert hat. Die Vormerkung bewirkt gem. § 883 Abs.2 BGB, dass der Insolvenzverwalter über das Grundstück anderweitig nicht verfügen kann. Da die Vormerkung nach § 106 InsO insolvenzfest ist, kann der Insolvenzverwalter das Grundstück nicht im Wege des § 209 InsO an einen anderen Massegläubiger verteilen. Wenn aber wegen der Vormerkung zwingend feststeht, dass das Grundstück nur an die Beklagten übereignet werden kann, entsteht den anderen Massegläubigern kein Nachteil, wenn die Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung auf dieses Grundstück zugreifen. Für einen durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch besteht daher das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht, die Leistungsklage bleibt zulässig, die Beklagten können ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen aus dem Urteil, welches die abzugebenden Willenserklärungen des Klägers gem. § 894 Abs.1 S.1 ZPO ersetzt, vollstrecken. Das vom Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs (ZIP 2003, 914) ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil in jenem Fall eine die anderen Massegläubiger benachteiligende Zwangsvollstreckung in die Masse geplant war, während hier der außerhalb des Insolvenzverfahrens zu erfüllende Auflassungsanspruch die Ansprüche der anderen Massegläubiger nicht berührt.

Auch der Hinweis des Klägers, dass die Kosten der Eigentumsumschreibung die Masse belasten könnten, geht fehl. Er hat zwar insoweit Recht, als diese Kosten grundsätzlich unter die Regelung der §§ 208 ff. InsO zu subsumieren sind. Im vorliegenden Fall sind diese Kosten aber gem. § 19 des Vertrages von den Beklagten zu tragen, weswegen die Masse insoweit nicht belastet wird.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers gibt daher keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

D. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs.1, 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10; 711 ZPO.

Ein Grund, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die vom Kläger erkannten, angeblich neuen, schwierigen und grundsätzlichen Rechtsprobleme aus dem werkvertraglichen Gewährleistungsrecht (altes Schuldrecht) sind teilweise seit Jahren geklärt, teilweise nicht entscheidungserheblich; auch zu § 106 InsO hat sich im Hinblick auf den inhaltsgleichen § 24 KO der Bundesgerichtshof bereits mehrfach geäußert.

Ende der Entscheidung

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