Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: 5 W 29/07
Rechtsgebiete: EuVTVO


Vorschriften:

EuVTVO Art. 6 Abs. 1 c
EuVTVO Art. 9
EuVTVO Art. 13 Abs. 2
EuVTVO Art. 14 Abs. 1 e
EuVTVO Art. 14 Abs. 3
Eine Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel i. S. von Art. 9 EuVTVO setzt eine förmliche Ladung zum Gerichtstermin voraus, die einfache Aufgabe zur Post reicht nicht aus.

Dies gilt - anders als nach § 184 Abs. 1 und 2 ZPO - auch dann, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück zuvor formell zugestellt worden ist.


Oberlandesgericht Stuttgart 5. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 5 W 29/07

23. Oktober 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hier: Beschwerde gegen die Versagung der Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Würthwein Richterin am Oberlandesgericht Rose und Richter am Oberlandesgericht Dr. Brennenstuhl

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 18.05.2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Rottweil vom 04.05.2007 - 2 O 115/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 250.- €.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten mit der beim Landgericht Rottweil erhobenen Klage vom 27.03.2006 auf Zahlung von 15.330,00 € nebst Zinsen und Kosten mit der Begründung in Anspruch genommen, es sei ein Vertrag über die Lieferung von verschiedenen Lamellenelementen zwischen den Parteien zustande gekommen, die Lamellenelemente seien dem Beklagten auch ausgeliefert worden, jedoch habe dieser die Rechnung vom 23.06.2005 nicht beglichen. Gleichzeitig stellte der Kläger den Antrag, eine Entscheidung des Gerichts im vorliegenden Verfahren als europäischen Vollstreckungstitel i. S. von Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuVTVO) zu bestätigen. Die Klage wurde dem Beklagten nebst Anlagen förmlich durch den niederländischen Gerichtsvollzieher M. , A am 24.07.2006 in der Weise am Wohnsitz des Empfängers zugestellt, dass die Schriftstücke in einem geschlossenen Briefumschlag im Briefkasten des Schuldners hinterlegt wurden (vgl. Bl. 15 a und Bl. 38 d.A.). Mit Verfügung vom 04.09.2006 (Bl. 34 d.A.) wurde Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung auf den 25.01.2007 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Beklagten zum Termin angeordnet. Zu diesem Zweck wurde der Beklagte auf einfachem Postweg durch Aufgabe der Ladung zur Post gem. § 184 Abs. 2 ZPO geladen (Bl. 34 a d.A.). Nachdem der Beklagte zum Termin nicht erschienen ist, hat das Landgericht Rottweil den Beklagten mit Versäumnisurteil vom 31.01.2007 bis auf einen geringen Teil der verlangten Kosten antragsgemäß verurteilt (Bl. 42/46 d.A.). Das Urteil wurde dem Beklagten ebenfalls auf einfachem Postweg durch Aufgabe zur Post zugestellt (Bl. 46 a d.A.).

Mit Beschluss vom 04.05.2007, auf dessen Gründe verwiesen wird (Bl. 67/68 d.A.), wurde der Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung des vorerwähnten Versäumnisurteils als europäischer Vollstreckungstitel durch die Rechtspflegerin des Landgerichts zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss, der der Klägerin am 07.05.2007 zugestellt worden ist, wendet sich die Klägerin mit ihrer beim Landgericht am 21.05.2007 eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 18.05.2007. Die Klägerin macht insbesondere geltend, die Klage und die Ladung hätten den Beklagten erreicht, wie sich aus einem Telefax des Bevollmächtigten des Beklagten vom 29.08.2006 ergebe.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 24.05.2005 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. §§ 1080 Abs. 2, 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Bei einer Ablehnung eines Antrages auf Bestätigung einer Entscheidung als europäischer Vollstreckungstitel gem. Art. 9 EuVTVO durch den Rechtspfleger des Landgerichts im ersten Rechtszug ist die sofortige Beschwerde eröffnet, weil gem. § 1080 Abs. 2. ZPO die gleichen Rechtsbehelfe statthaft sind wie bei der Verweigerung einer Vollstreckungsklausel (vgl. KG FamRZ 1985, 627; KG Rpfleger 1998, 65; Zöller/Stöber, 26. Aufl., Rdnr. 13 zu § 724 ZPO). Das Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel gem. Art. 6 Abs. 1 lit. c) i.V.m. Art.12 ff. EuVTVO liegen nicht vor (1.). Die Nichteinhaltung der Mindestvorschriften wurde nicht nach Art. 18 EuVTVO geheilt (2.).

1.

Eine Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel i.S.v. Art. 9 EuVTVO setzt u.a. voraus, dass das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedsstaat den Mindestvorschriften für das Verfahren über unbestrittene Forderungen genügt hat (Art. 6 Abs. 1 lit. c) EuVTVO). Im vorliegenden Fall wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück entsprechend Art. 14 Abs. 1 lit. c), Abs. 3 EuVTVO im Wege der Ersatzzustellung durch Hinterlegung im Briefkasten des Schuldners und damit ordnungsgemäß zugestellt.

Jedoch muss gem. Art. 13 Abs. 2 EuVTVO auch die Ladung zu einem Gerichtstermin förmlich zugestellt werden, was nicht geschehen ist. Zwar verlangt Art. 13 Abs. 2 EuVTVO keine Zustellung gem. Art. 13 Abs. 1, auch eine Ersatzzustellung nach Art.14 EuVTVO reicht aus (Zöller/Geimer, Anhang II, Rdnr. 9 zu Art. 12 EuVTVO). Jedoch sieht Art. 14 Abs. 1 lit. e) EuVTVO - anders als § 184 Abs. 2 ZPO - eine Zustellung durch einfache Aufgabe zur Post ohne Nachweis einer Bescheinigung der Zustellung gem. Art. 14 Abs. 3 EuVTVO nur dann vor, wenn der Schuldner seine Anschrift im Ursprungsmitgliedstaat hat, was auf den Beklagten nicht zutrifft. Daraus folgt, dass die verfahrensrechtlichen Mindeststandards der genannten Verordnung nicht erfüllt sind.

2.

Eine Heilung käme nach Art. 18 Abs. 1 lit. a) EuVTVO unter der Bedingung in Betracht, dass die Entscheidung dem Schuldner unter Einhaltung der verfahrensrechtlichen Erfordernisse nach Art. 13 und Art. 14 EuVTVO zugestellt worden ist. Dies ist hier nicht der Fall. Denn auch das Versäumnisurteil wurde dem Beklagten nur auf dem einfachen Postwege durch Aufgabe zur Post zugestellt (Bl. 46 a d.A.).

Unter diesen Umständen wäre eine Heilung nach Art. 18 Abs. 2 EuVTVO nur dann möglich, wenn durch das Verhalten des Schuldners im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen ist, dass er das zuzustellende Schriftstück so rechtzeitig persönlich bekommen hat, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung treffen konnte. Hiervon ist nicht auszugehen. Der Bevollmächtigte des Beklagten spricht in dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 29.08.2006 (Bl. 74 d.A.) zwar davon, dass dem Beklagten eine Ladung am 24.07.2006 zugegangen sei. Dies kann aber nicht zutreffen, ersichtlich war die Zustellung der Klage gemeint. Die Ladung zum Termin vom 25.01.2007 wurde durch das Landgericht erst am 04.09.2006 verfügt (Bl. 34 d.A.) und die Ladung erst am 14.09.2006 zur Post gegeben (Bl. 34 a d.A.). Es ist daher nicht nachgewiesen, dass der Beklagte die Ladung rechtzeitig vor dem Termin erhalten hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO i.V.m. Nr. 1812 des Kostennverzeichnisses zum GKG. Da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, wird von einer Zulassung der Rechtsbeschwerde abgesehen.

Ende der Entscheidung

Zurück