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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 08.07.2008
Aktenzeichen: 6 U 274/06
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, HWiG, VerbrKrG, EWG Richtline 85/577


Vorschriften:

EGBGB Art. 229 § 5
EGBGB Art. 229 § 9
BGB § 276
HWiG § 2 Abs. 1 S. 4
VerbrKrG § 7
VerbrKrG § 9
EWG Richtline 85/577
§ 2 Abs. 1 S. 4 HWiG ist bei verbundenen Geschäften dahingehend auszulegen, dass für die beiderseits vollständige Erbingung der Leistungen lediglich auf die Leistungen in dem Vertrag abzustellen ist, der widerrufen werden soll, nicht dagegen auch auf die Leistungen in dem verbundenen anderen Vertrag.
Oberlandesgericht Stuttgart 6. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 6 U 274/06

Verkündet am 8. Juli 2008

In Sachen

wegen Forderung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richterin am OLG Dr. Kluge, Richter am OLG Bross Richter am OLG Zange

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. September 2006 - 8 O 407/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 50.355,- €

Gründe:

I.

Die Kläger hatten bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der V., zur Finanzierung ihrer Beteiligung an einem Immobilienfonds im Dezember 1988 ein Darlehen aufgenommen, welches sie im Januar 1999 vollständig ablösten. Sie verlangen von der Beklagten aufgrund Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz (HausTWG) sowie als Schadenersatz aus culpa in contrahendo (c.i.c.) Rückzahlung der um die Fondsausschüttungen verminderten Darlehenszinsen sowie Zahlung des Ablösebetrags, zuzüglich einer Verzinsung der aus ihren Eigenmitteln geleisteten Zahlungen.

Die Kläger traten im Dezember 1988 dem geschlossenen Immobilienfonds G. (W-Fonds Nr. X) als Gesellschafter bei und nahmen zur Finanzierung ihrer aus zwei Anteilen bestehenden Fondsbeteiligung ein endfälliges Darlehen in Höhe von nominal 68.696,- DM bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf. Dabei unterschrieben sie mit Datum 13.12.1988 den Eintrittsantrag für zwei Fondsanteile im Nennwert von jeweils 30.650,- DM sowie mit Datum 15.12.1988 den Darlehensvertrag, welchen die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Datum 29.12.1988 gegenzeichnete. Dem Darlehensvertrag war keine Widerrufsbelehrung beigefügt. Ihren Beitritt zur Fondsgesellchaft ließen die Kläger am 15.12.1988 notariell beurkunden. Darlehensvertrag und Fondsbeitritt sind verbundene Geschäfte.

Im Januar 1999 zahlten die Kläger das Darlehen mit Hilfe eines anderweitig aufgenommenen Darlehens vorzeitig zurück, worauf die Beklagte die von den Klägern gestellten Sicherheiten freigab.

In der Anspruchsbegründung vom 3.4.2006 erklärten die Kläger unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen.

Wegen weiterer Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, wegen des streitigen Parteivortrags in erster Instanz sowie wegen der dort gestellten Anträge der Parteien wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat entschieden, dass ein Rückgewähranspruch der Kläger aus § 3 HausTWG nicht bestehe, weil das Widerrufsrecht der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG erloschen sei, und ein Schadensersatzanspruch der Kläger aus c.i.c. wegen unterlassener Widerrufsbelehrung nicht gegeben sei, weil jedenfalls die von den Klägern darzulegende und zu beweisende Kausalität der Pflichtverletzung für den Schadenseintritt nicht festgestellt werden könne.

Die Kläger haben gegen das Urteil des Landgerichts form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet. Sie rügen die Verletzung materiellen Rechts und vertreten unter Erweiterung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterhin die Auffassung, dass ihr Widerrufsrecht nicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG erloschen sei, weil die vollständige Leistungserbringung im Sinne des Gesetzes frühestens dann vorliege, wenn der Darlehensnehmer wieder aus der Fondsgesellschaft ausgeschieden sei. Die Entscheidung des Landgerichts, dass ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo nicht bestehe, greifen die Kläger in der Berufung nicht mehr ausdrücklich an.

Die Kläger stellen in der Berufung den Antrag,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, an die Kläger 50.354,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit Zustellung des Mahnbescheids (19.1.2005) zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Kläger gegen die G. (W.-Fonds Nr. X). Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Bekräftigung und Vertiefung ihres bereits in erster Instanz gehaltenen Sachvortrags und nimmt dabei auch auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 10.4.2008 (C-412/06) Bezug, welche auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 2.10.2006 (6 U 8/06) ergangen ist.

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien in der Berufung wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Kläger haben weder ein Anspruch auf Rückgewähr ihrer Leistungen aufgrund Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz (1.) noch einen Anspruch auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo (2.) Intertemporal anzuwenden ist gemäß Art. 229 § 9 EGBGB das Haustürwiderrufsgesetz in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung (Art. 229 § 9 EGBGB ist lex specialis zu Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB; vgl. BGH XI ZR 94/05 v. 13.06.2006).

1.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass den Klägern kein Rückgewähranspruch aus § 3 HausTWG zusteht, weil ihr - etwaiges - Widerrufsrecht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG erloschen ist, so dass sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht mehr wirksam nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen konnten. Dabei kann offen bleiben, ob die - von der Beklagten bestrittenen - tatsächlichen Voraussetzungen einer für den Abschluss des Darlehensvertrags kausalen Haustürsituation vorlagen.

a)

Die Kläger haben - unstreitig - das Darlehen im Januar 1999 vollständig zurückgezahlt, worauf - ebenfalls unstreitig - die Rechtsvorgängerin der Beklagten die von den Klägern gestellten Sicherheiten (Abtretung Lebensversicherung, Abtretung Lohn- und Gehaltsansprüche, Verpfändung Fondsbeteiligung) vollständig freigegeben hat.

Dass auch die darlehensfinanzierte Fondsbeteiligung der Kläger vollständig beendet und abgewickelt ist, kann der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Darlegungs- und beweispflichtig für eine Vollbeendigung der Gesellschaftsbeteiligung ist - weil dies im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG günstig für sie wäre - die Beklagte. Sie hat unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger, sie hätten ihre Fondsmitgliedschaft außerordentlich gekündigt, in der Berufung lediglich vorgetragen, sie wisse nicht, ob die Beteiligung beendet sei. Es fehlt somit an einem hinreichenden Tatsachenvortrag der Beklagten, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob die Kläger mit ihrem in der Berufung neuen Vorbringen, die Fondsbeteiligung sei in Wahrheit ungekündigt und bestehe bis heute fort, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert sind. Die Vollbeendigung der Gesellschaftsbeteiligung ist in erster Instanz nicht etwa unstreitig gewesen, denn die Kläger hatten über die Behauptung, sie hätten ihre Fondsbeteiligung gekündigt, hinaus nicht vorgetragen, dass sie aus der Gesellschaft ausgeschieden seien und ihr Abfindungsguthaben ausgezahlt worden sei.

b)

Ist - wie vorliegend - die Widerrufsbelehrung unterblieben, so erlischt das Widerrufsrecht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung. Nach dieser Regelung ging ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht der Kläger bereits Anfang 1999 unter, nachdem die Kläger das Darlehen im Januar 1999 vollständig getilgt hatten und die Rechtsvorgängerin der Beklagten anschließend die von den Klägern gestellten Sicherheiten vollständig freigegeben hatte, so dass die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag restlos erfüllt waren.

Das Tatbestandsmerkmal der Leistungserbringung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG bezieht sich allein auf den Vertrag, der widerrufen werden soll, vorliegend also den Darlehensvertrag. Steht der Darlehensvertrag im geschäftlichen Verbund mit einem anderen Vertrag, vorliegend der Fondsbeteiligung, ist § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG nicht dahingehend auszulegen, dass es auch auf die vollständige Erbringung der Leistungen in dem verbundenen anderen Geschäft ankommt.

Dass die zur Tilgung des endfälligen Darlehens bestimmte und als Sicherheit an die Beklagte abgetretene Lebensversicherung der Kläger nicht im geschäftlichen Verbund stand, hat das Landgericht zutreffend entschieden. Die Feststellung des Landgerichts, dass die Versicherung bereits bestand, als die Kläger ihren Fondsbeitritt finanzierten, haben die Kläger in der Berufung nicht angegriffen. Damit fehlt es an dem für den Verbund erforderlich Finanzierungszusammenhang, wonach das Darlehen der Finanzierung des anderen Vertrags dienen muss (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG).

aa)

Die Rechtsfigur des verbundenen Geschäfts wurde zwar erst mit Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG) zum 1.1.1991 in § 9 VerbrKrG gesetzlich geregelt. Gerade im Falle des Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz hat der Bundesgerichtshof den geschäftlichen Verbund jedoch auch auf Sachverhalte aus der Zeit vor Inkraftreten des Verbraucherkreditgesetzes angewandt (vgl. BGH XI ZR 164/95 v. 17.9.1996 Rn 13 ff, zitiert nach juris; BGH XI ZR 197/95 v. 17.9.1996 Rn 13 ff, zitiert nach juris), so dass er auch vorliegend in Betracht gezogen werden könnte.

Auch waren hinsichtlich der Fondsbeteiligung als verbundenem Geschäft die beiderseitigen Leistungen - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht bereits mit dem Vollzug des Gesellschaftsbeitritts (Abschluss des Beitrittsvertrags und Zahlung der Einlage) vollständig erbracht, weil zu den im Beitrittsvertrag versprochenen Leistungen auch die mit der Beteiligung angestrebten wirtschaftlichen Vorteile gehören, insbesondere die Auszahlung von Gewinnanteilen oder die Zuweisung von steuerlich abzugsfähigen Verlusten (vgl. BGH II ZR 352/02 v. 18.10.2004 Rn 19, zitiert nach juris, für den Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft).

bb)

Das Erlöschen des Widerrufsrechts gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG wird aber bereits durch Erbringung der Leistungen in demjenigen Vertrag bewirkt, der widerrufen werden soll, vorliegend also dem Darlehensvertrag. Eine Auslegung dahingehend, dass es auch auf die vollständige Erbringung der Leistungen in einem verbundenen anderen Geschäft ankommt, ist nicht geboten.

(1)

Der Bundesgerichtshof hat die Frage bisher nicht entschieden. Allein für den Fall des Widerrufs einer Fondsbeteiligung hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs festgestellt, dass zu den im Beitrittsvertrag versprochenen Leistungen auch die mit der Beteiligung angestrebten wirtschaftlichen Vorteile gehörten, so dass die beiderseitigen Leistungen nicht bereits mit dem Vollzug des Gesellschaftsbeitritts vollständig erbracht seien (vgl. BGH II ZR 352/02 v. 18.10.2004, a.a.O.). Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in drei Fällen, in denen es entweder um kein verbundenes Geschäft ging (BGH XI ZR 134/02 v. 14.10.2003 Rn 19, zitiert nach juris) oder der Verbund infolge grundpfandrechtlicher Sicherung ausgeschlossen war (BGH XI ZR 54/04 sowie 66/04, jeweils v. 18.1.2005), entschieden, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG eindeutig und einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich sei. Der XI. Zivilsenat geht außerdem in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BGH XI ZR 17/06 v. 24.4.2007, zitiert nach juris) davon aus, dass der Darlehensnehmer auch in Verbundfällen als Leistung das Darlehen erhält und nicht den Fondsanteil, und berücksichtigt - um die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers zu schützen - den Verbund erst bei der Bestimmung der Rechtsfolgen des Widerrufs.

(2)

Der Gesetzeswortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG ist eindeutig (so schon BGH XI ZR 134/02 v. 14.10.2003 a.a.O. und BGH XI ZR 54/04 sowie 66/04 v. 18.1.2005 a.a.O.). Er bezieht sich mit der Formulierung "beiderseits" auf ein nur zweitseitiges Vertragsverhältnis. Den geschäftlichen Verbund kennt das Haustürwiderrufsgesetz nicht.

(3)

Bei rechtssystematischer Betrachtung ergibt sich folgender Befund: Das Haustürwiderrufsgesetz enthielt keine Vorschriften über die Einbeziehung Dritter und geht durchgehend von einem rein zweiseitigen Verhältnis aus (§ 1 Abs. 1 HausTWG: "eines Vertrages"; § 3 Abs. 1 HausTWG: "jeder Teil dem anderen Teil"; § 3 Abs. 4 HausTWG: "Der Kunde kann ... von der anderen Vertragspartei verlangen"). Im übrigen sollte nach dem in § 5 Abs. 2 HausTWG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers das Haustürwiderrufsgesetz neben dem zum Zeitpunkt der Fondsbeteiligung der Kläger geltenden Abzahlungsgesetzes (AbzG) und neben dem später in Kraft getretenenen Verbraucherkreditgesetz gar nicht zur Anwendung kommen. Die Rechtsfigur des verbundenen Geschäfts war - wie bereits ausgeführt - von der Rechtsprechung zwar bereits während der Geltung des Abzahlungsgesetzes entwickelt (vgl. BGH XI ZR 164/95 v. 17.9.1996, a.a.O.; BGH XI ZR 197/95 v. 17.9.1999, a.a.O.) und vom Gesetzgeber sodann in das Verbraucherkreditgesetz als § 9 übernommen worden. Jedoch ergibt sich weder aus dem Abzahlungsgesetz noch aus dem Verbraucherkreditgesetz ein Hinweis darauf, dass § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG über seinen Wortlaut hinaus auf das im Verbund stehende andere Geschäft bezogen werden sollte. Es ist im Gegenteil so, dass die gesetzliche Regelung in § 9 des Verbraucherkreditgesetzes in Anwendung des Trennungsmodells (vgl. Staudinger/Kessal-Wulf, Bearbeitung 2001, § 9 VerbrKrG Rn 3) davon ausgeht, dass die verbundenen Rechtsgeschäfte im Ausgangspunkt selbständig nebeneinander stehen und dem Risiko der Aufspaltung der Geschäfte dadurch begegnet werden soll, dass der Widerruf nach dem Verbraucherkreditgesetz auch den verbundenen anderen Vertrag erfasst, § 9 Abs. 2 VerbrKrG, sowie die in einem der Geschäfte entstandenen Einwendungen im Wege des Einwendungsdurchgriffs auch im anderen Rechtsverhältnis geltend gemacht werden können, § 9 Abs. 3 VerbrKrG. Mit der grundsätzlichen Trennung der verbundenen Geschäfte steht es nicht in Einklang, die Leistungen in dem einen erst dann als vollständig erbracht anzusehen, wenn sie es auch im anderen sind; der in der Literatur vertretenen gegenteiligen Auffassung (vgl. MüKo/Habersack, 3. Aufl. § 9 VerbrKrG Rz. 54 für die Widerrufsfrist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG, m.w.N.) tritt der Senat nicht bei. Hinzu kommt, dass das Verbraucherkreditgesetz, welches das Abzahlungsgesetz ablöste, für das in seinem § 7 geregelte Widerrufsrecht eindeutig davon ausging, dass dieses nur im Darlehensverhältnis bestand: Gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG erlosch das Widerrufsrecht bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung erst nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung, spätestens jedoch ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Aus der Bezugnahme auf die Willenserklärung, die "auf den Abschluss des Kreditvertrags" gerichtet war, einerseits und der Tatsache, dass die den Verbund regelnde Vorschrift des § 9 VerbrKrG die Regelung des Widerrufsrechts nicht modifizierte, andererseits, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Gesetzgeber für das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz auch im Verbundfall nur auf das Darlehensverhältnis abstellen wollte.

(4)

Auch die Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Gesetzes führt nicht weiter: Aus Gründen des Verbraucherschutzes besteht keine Notwendigkeit, § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG erweiternd auszulegen. Im Falle der Überrrumpelung in einer Haustürsituation schützt das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz den Verbraucher bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in jedem einzelnen der im Verbund stehenden Vertragsverhältnisse. Nach Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes hatte der Gesetzgeber im Darlehensverhältnis außerdem das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz zum Schutze des Verbrauchers vorgesehen. Ein anerkennenswertes Bedürfnis, den so geschaffenen Verbraucherschutz noch auszudehnen, besteht nicht.

(5)

Das Gebot der europarechtskonformen Auslegung erfordert ebenfalls nicht, § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG so zu verstehen, dass mit "Leistung" sowohl diejenige im widerrufenen als auch diejenige im verbundenen Vertrag gemeint ist. Die europäische Richtlinie 85/577/EWG (,Haustürgeschäfterichtlinie' v.20.12.1985) steht einer nationalen Regelung, wie der des § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG, wonach für den Fall einer fehlerhaften Belehrung des Verbrauchers über die Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechtes vorgesehen ist, dass dieses Recht nicht später als einen Monat nach vollständiger Erbringung der Leistung aus einem langfristigen Darlehensvertrag ausgeübt werden kann, nicht entgegen (vgl. EuGH C-412/06 v. 10.04.2008, zitiert nach juris).

(6)

Schließlich führt auch die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes nicht weiter. Die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf des Bundesrates zu § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG (BT-Drucksache 10/2876, Bl. 12f ) befasst sich allein damit, dass dem Verbraucher durch Einräumung der Monatsfrist auch bei Bargeschäften ausreichend Gelegenheit gegeben werden soll, den in oder aufgrund einer Haustürsituation zustande gekommenen Vertragsabschluss zu überdenken. Damit war Gegenstand der gesetzgeberischen Erwägungen der Gesichtspunkt der Überrumpelung. Drittfinanzierung oder Verbund sind nicht erwähnt. Im übrigen sollte - wie schon ausgeführt - das Haustürwiderrufsgesetz neben dem Abzahlungsgesetz bzw. Verbraucherkreditgesetz nach dem in § 5 Abs. 2 HausTWG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers gar nicht zur Anwendung kommen.

2.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der der Senat beitritt und die er zur Vermeidung von Wiederholungen in Bezug nimmt, hat das Landgericht entschieden, dass den Klägern wegen der unterbliebenen Widerrufsbelehrung kein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo zusteht.

Zu ergänzen bleibt, dass der Bundesgerichtshof inzwischen entschieden hat (BGH XI ZR 204/04 v. 19.9.2006 Rn 40 ff, zitiert nach juris), dass das Unterlassen der gemäß § 2 HausTWG vorgeschriebenen Widerrufsbelehrung nicht als bloße Obliegenheitsverletzung, sondern als echte Pflichtverletzung anzusehen ist, die zu einem Schadensersatzanspruch des Verbrauchers führen kann, wenn sie auf einem Verschulden des Unternehmers beruht und für den Schaden des Verbrauchers ursächlich geworden ist (zur Kausalität vgl. bereits BGH XI ZR 6/04 v. 16.5.2006 Rn 38, zitiert nach juris).

Die Ursächlichkeit des Fehlens der Widerrufsbelehrung für das Unterlassen des Widerrufs und die Entstehung des Schadens ist von den Klägern darzulegen und mangels Bestehens einer Kausalitätsvermutung voll zu beweisen. Hierzu haben die Kläger bereits in erster Instanz weder hinreichenden Vortrag gehalten noch Beweis angetreten; es ist nicht vorgetragen, dass und gegebenenfalls warum sie sich bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich für einen Widerruf entschieden hätten. In der Berufungsbegründung haben die Kläger keinerlei Ausführungen zu einem Schadensersatzanspruch mehr gemacht. Im übrigen hat sich der Kläger bei seiner Anhörung in der Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, dass seine Frau und er aufgrund der Empfehlung des Vermittlers von der Fondsbeteiligung überzeugt gewesen seien und keinen Zweifel daran gehabt hätten, die Anlage zu tätigen zu wollen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

IV.

Der Senat lässt gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Die Rechtsfrage, wie das Tatbestandsmerkmal der beiderseits vollständigen Leistungserbringung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 HausTWG bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts zu verstehen ist, hat grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und höchstrichterlich nicht beantwortet ist. Außerdem wird diese Rechtsfrage in der Fachliteratur kontrovers diskutiert, so dass eine Revisionsentscheidung auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint.

Ende der Entscheidung

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