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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 26.04.2004
Aktenzeichen: 7 AR 3/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 281 Abs. 1
ZPO § 281 Abs. 2
ZPO § 319
Die Berichtigung eines Verweisungsbeschlusses ist nicht wegen dessen Bindungswirkung augeschlossen, wenn das verweisende Gericht den Wohnort des Beklagten irrtümlich einem falschen Gerichtsbezirk zuordnet.
Oberlandesgericht Stuttgart 7. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 7 AR 3/04

26. April 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohnzahlung

hier: Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch

Vors. Richter am Oberlandesgericht Gramlich Richter am Oberlandesgericht Taxis Richter am Landgericht Zange-Mosbacher

beschlossen:

Tenor:

Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Mosbach bestimmt.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten, der seinen Wohnsitz in xxx, Landgerichtsgerichtsbezirk Mosbach, hat, Werklohnansprüche geltend. Sie hat dazu unter Berufung auf eine Gerichtsstandsvereinbarung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die vermeintliche Kaufmannseigenschaft des Beklagten das Landgericht Stuttgart, Kammer für Handelssachen, angerufen. Der Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart gerügt und darauf hingewiesen, dass für den geltend gemachten Werklohnanspruch das für seinen Wohnsitz zuständige Gericht, das Landgericht Heilbronn, zuständig sei. Die Klägerin hat daraufhin die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Heilbronn beantragt. Dem hat das Landgericht Stuttgart mit Beschluss vom 12. Januar 2004 entsprochen.

Das Landgericht Heilbronn hat die Parteien auf seine fehlende und die beim Landgericht Mosbach gegebene örtliche Zuständigkeit hingewiesen. Der Beklagte hat eine Verweisung an das Landgericht Mosbach angeregt. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass das Landgericht Heilbronn an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart gebunden sei.

Das Landgericht Heilbronn hat daraufhin mit Beschluss vom 27. Februar 2004 die Sache an das Landgericht Stuttgart zurückgegeben, weil der Verweisungsbeschluss offensichtlich fehlerhaft und ohne Bindungswirkung sei, da eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Heilbronn unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestehe und die Verweisung offensichtlich irrtümlich erfolgt sei.

Das Landgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 3. März 2004 seinen Verweisungsbeschluss vom 12. Januar 2004 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass der Rechtsstreit nicht an das Landgericht Heilbronn, sondern an das Landgericht Mosbach verwiesen werde.

Das Landgericht Mosbach hat sich mit Beschluss vom 30. März 2004 für unzuständig erklärt, weil der Rechtsstreit durch den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Januar 2004 trotz eines Irrtums über die örtliche Zuständigkeit bindend an das Landgericht Heilbronn verwiesen worden sei. Eine Berichtigung dieses Beschlusses sei nicht zulässig. Eine Verweisung an das Landgericht Mosbach sei bereits deshalb objektiv willkürlich, weil sie gegen den Widerspruch der Klägerin erfolgt sei.

Das Landgericht Mosbach hat die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung über das örtlich zuständige Gericht vorgelegt.

II.

Als örtlich zuständiges Gericht ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO das Landgericht Mosbach zu bestimmen.

1. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor, nachdem sich sowohl das Landgericht Stuttgart als auch das Landgericht Heilbronn und das Landgericht Mosbach für unzuständig erklärt haben. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Stuttgart zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO.

2. Ob ein Irrtum des verweisenden Gerichts bei der Zuordnung des zuständigkeitsbegründenden Ortes zum Bezirk des angegangenen Gerichts bereits die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses entfallen lässt, wie das Landgericht Heilbronn (unter Hinweis auf BAG NJW 1997, 1091) meint, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedoch kommt nach Auffassung des Senats in derartigen Fällen eher eine Berichtigung des Verweisungsbeschlusses nach § 319 ZPO in Betracht (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 281 Rn. 17).

3. Jedenfalls war das Landgericht Stuttgart berechtigt, seine offensichtlich falsche Bezeichnung des nach §§ 12, 13 ZPO für den Wohnsitz des Beklagten zuständigen Gerichts im Beschluss vom 12. Januar 2004 nach § 319 ZPO zu berichtigen.

Zwar trifft es, wie das Landgericht Mosbach meint, zu, dass ein unzulässiger Berichtigungsbeschluss nicht bindend ist (BGH NJW-RR 1993, 700). Davon ist vorliegend allerdings nicht auszugehen.

Nach § 319 ZPO sind offenbare Unrichtigkeiten jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. Eine Berichtigung kommt regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn der Wohnsitz des Beklagten fehlerhaft beurteilt wird (BGH NJW-RR 1993, 700). Eine Berichtigung nach § 319 ZPO ist allerdings möglich, wenn sich das verweisende Gericht bei der Zuordnung des zuständigkeitsbegründenden Wohnorts des Beklagten zum Bezirk des angegangenen Gerichts irrt (BGH FamRZ 1997, 173). Ein derartiger Irrtum nicht nur des Gerichts, sondern auch der Parteien liegt vorliegend auf der Hand. Nachdem die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vorgegebene Gerichtsstandsbestimmung aufgrund der fehlenden Kaufmannseigenschaft des Beklagten keine Wirkung entfalten konnte, beantragten beide Parteien die Verweisung des Rechtsstreits an das für den Wohnsitz (§§ 12, 13 ZPO) des Beklagten zuständige Gericht. Dem wollte das Landgericht Stuttgart mit Beschluss vom 12. Januar 2004 ersichtlich Rechnung tragen. Sämtliche Beteiligten gingen jedoch irrtümlich davon aus, dass der Wohnort des Beklagten, xxx, zum Bezirk des Landgerichts Heilbronn gehöre. Tatsächlich gehört er jedoch zum Bezirk des Landgerichts Mosbach.

4. Die zulässige Berichtigung des ursprünglichen Verweisungsbeschlusses ist bindend. Eine Verweisung an das Landgericht Mosbach ist auch nicht objektiv willkürlich, weil sie gegen den späteren Widerspruch der Klägerin erfolgt ist. Auch die Klägerin wollte mit ihrem ursprünglichen Verweisungsantrag eine Verweisung des Rechtsstreits an das Wohnsitzgericht des Beklagten erreichen. Ihre späteren Bedenken gegen eine Verweisung an das Landgericht Mosbach rührten von einer vermeintlichen Bindung des Landgerichts Heilbronn an den ursprünglichen Verweisungsbeschluss her. Vor der Berichtigung des Verweisungsbeschlusses wurde den Parteien erneut rechtliches Gehört gewährt (vgl. BGH FamRZ 1997, 173). Das Landgericht Heilbronn hat auf seine fehlende örtliche Zuständigkeit und die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Mosbach hingewiesen. Die Klägerin hat hierzu Stellung genommen.



Ende der Entscheidung

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