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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 24.06.2004
Aktenzeichen: 7 AR 4/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 733
ZPO § 724 Abs. 2
Für die Erteilung der (zweiten) vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheids ist nach Abschluss des streitigen Verfahrens das Amtsgericht - Mahngericht - als Gericht des ersten Rechtszugs und nicht das Prozessgericht zuständig.
Oberlandesgericht Stuttgart 7. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 7 AR 4/04

24. Juni 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Gramlich Richter am Oberlandesgericht Dr. Ottmann Richter am Landgericht Zange-Mosbacher

beschlossen:

Tenor:

Als zuständiges Gericht für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides des AG Stuttgart vom 13.06.1995 (Az. 95 - 0188072 - 0 - 4) wird das Amtsgericht Stuttgart - Mahngericht - bestimmt.

Gründe:

1. Das AG Stuttgart hat am 13.06.1995 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Schuldner erlassen. Nach dessen Einspruch wurde das Verfahren am 26.03.1997 an das AG Schwerin, als das im Mahnbescheid nach § 692 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bezeichnete Gericht abgegeben, welches den Einspruch durch Beschluss vom 02.07.1997 als unzulässig verworfen hat. Die Klägerin hat am 29.01.2004 beim AG Stuttgart -Mahngericht - beantragt, ihr eine zweite vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides zu erteilen, da die erste Ausfertigung nicht mehr auffindbar sei. Während das AG Stuttgart - Mahngericht - der Meinung ist, das AG Schwerin sei für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung zuständig, hat dieses sich für unzuständig erklärt und das Verfahren an die Mahnabteilung des AG Stuttgart zurückgegeben.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Verfahren über die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung um einen Rechtsstreit i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO handelt, weil der Senat jedenfalls eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf Kompetenzkonflikte zwischen Rechtspflegern verschiedener Gerichte bejaht (vgl. auch Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rnr. 21).

3. Für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides ist nicht das Prozessgericht, sondern das Mahngericht zuständig, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.

Das Gesetz sieht eine ausdrückliche Regelung der Zuständigkeit für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheides nicht vor. Nach § 795 ZPO sind auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 ZPO erwähnten Vollstreckungstiteln die Vorschriften der §§ 724 bis 793 ZPO entsprechend anzuwenden, sofern nicht in den §§ 795 a bis 800 ZPO abweichende Vorschriften enthalten sind. Eine Sonderbestimmung für Vollstreckungsbescheide findet sich zwar in § 796 Abs. 3 ZPO. Daraus ergibt sich aber, dass lediglich für die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel das "fiktive" Prozessgericht zuständig ist, welches für eine Entscheidung des Streitfalles zuständig gewesen wäre, während es im übrigen bei der allgemein geregelten Zuständigkeitsbestimmung des § 724 Abs. 2 ZPO verbleibt (vgl. BGH NJW 1983, 3141, 3142; LG Stuttgart, Rpfleger 2000, 537, 538; Hintzen, Anm. zu OLG Koblenz, Rpfleger 1994, 307, 308;). Durch die Vereinfachungsnovelle vom 03.12.1976 (BGBl. I, 3281) hat der Gesetzgeber die allgemeine Zuständigkeit des Amtsgerichts, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, für die Fälle der Titelumschreibung nicht geändert, sondern lediglich die Vorschrift des § 796 Abs. 1 a.F. ZPO der neuen Ausdrucksweise des Gesetzes angepasst. Nur für die Fälle der Klauselumschreibung im Klageweg erfolgte in § 796 Abs. 3 ZPO eine Anpassung an die Zuständigkeitsregelung nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid in § 700 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH, a.a.O.). Für die Klauselerteilung nach § 796 Abs. 1 ZPO wird daraus von der h.M. (vgl. BGH, LG Stuttgart, Hintzen, jeweils a.a.O.; Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl., § 796 Rnr. 1; Thomas/Putzo, § 796 Rnr. 1; Stein/Jonas-Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 796 Rnr. 1, m.w.N.) eine Zuständigkeit des Gerichtes abgeleitet, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine erfolgreiche Klauselerteilungsklage vor dem Prozessgericht vorausgegangen ist (vgl. LG Stuttgart, a.a.O., S. 539; Stein/Jonas-Münzberg, § 796 Rnr. 1, 5; Wieczorek/Schütze-Paulus, ZPO, 3. Aufl., § 725 Rnr. 16).

Da sich aus der gesetzlichen Regelung nichts anderes ergibt, gelten diese Gesichtspunkte in gleicher Weise auch für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheides gem. § 733 ZPO. Eine gegenüber der Klauselerteilung besonders gelagerte Interessensituation, die eine abweichende Zuständigkeit begründen könnte, ist insoweit nicht erkennbar (vgl. Hintzen, a.a.O.). Eine bleibende Zuständigkeit des im Mahnbescheid bezeichneten Prozessgerichts für die Erteilung der (zweiten) vollstreckbaren Ausfertigung wird insbesondere nicht schon durch die Abgabe des Verfahrens nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid begründet. Insoweit gilt dieselbe Zuständigkeitsverteilung, wie allgemein zwischen dem erstinstanzlichen und einem Gericht der höheren Instanz. Sobald das Rechtsmittelverfahren abgeschlossen ist, hat das Gericht des ersten Rechtszuges die vollstreckbare Ausfertigung, auch des Urteils des Rechtsmittelgerichts, zu erteilen (vgl. Zöller/Stöber, § 724 Rnr. 9; Stein/Jonas-Münzberg, § 725 Rnr. 16 f.). Nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung der § 724 Abs. 2 ZPO ist somit das Amtsgericht - Mahngericht - Stuttgart als Gericht des ersten Rechtszuges und nicht etwa das AG Schwerin als Prozessgericht zuständig. Der Begriff des Gerichts des ersten Rechtszuges i.S.d. § 724 Abs. 2 ZPO ist nicht gleichbedeutend mit dem des Prozessgerichts des ersten Rechtszuges. Unter Gericht des ersten Rechtszuges ist vielmehr das den Titel ausstellende Gericht als das sachnächste Gericht zu verstehen (vgl. Wieczorek/Schütze-Paulus, § 796 Rnr. 3).



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