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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 25.10.2001
Aktenzeichen: 8 AR 21/2001
Rechtsgebiete: GVB, RPflG
Vorschriften:
GVB § 159 | |
RPflG nF § 11 |
Oberlandesgericht Stuttgart 8. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 8 AR 21/2001
vom 25. Oktober 2001
In dem Aufgebotsverfahren
wegen Kraftloserklärung eines Hypothekenbriefes, hier: Rechtshilfe-Gewährung
Gründe:
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Oldenburg / Holstein beantragt gem. § 159 Abs. 1 GVG die Entscheidung des Oberlandesgerichts, weit die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Backnang es abgelehnt hat, sein Rechtshilfeersuchen auszuführen.
I.
Die antragstellende Sparkasse hat um Kraftloserklärung des Briefs für die im Grundbuch von... eingetragene Hypothek im - gemäß § 20 Nr. 2 RpflG dem Rechtspfleger übertragenen - Aufgebotsverfahren nach §§ 946 ff, 1003 ff ZPO nachgesucht. Die Löschungsbewilligung der Hypothekengläubigerin ist erteilt, die Eigentümerin rechtskräftig zur Zustimmung zur Löschung verurteilt
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Oldenburg hat noch die Glaubhaftmachung, dass eine Abtretung der Hypothek außerhalb des Grundbuchs nicht stattgefunden habe, vermisst. Deshalb ersuchte er das Amtsgerichts Backnang, die Eigentümerin im Wege der Rechtshilfe - unter eidesstattlicher Versicherung der Richtigkeit ihrer Angaben - über den Verbleib des Hypothekenbriefs und eventuelle Verfügungen über die Hypothek zu befragen.
Die ersuchte Rechtspflegerin hat - nachdem sich die Zeugin im zunächst bestimmten Termin mit ärztlichem Attest entschuldigt hatte - das Rechthilfeersuchen unerledigt zurückgegeben mit der Begründung, ein Telefongespräch mit der Zeugin habe ergeben, dass diese krankheitsbedingt unmöglich erscheinen könne und sich deshalb schriftlich äußern werde; eine Vernehmung der Zeugin zu Hause könne wegen der Entfernung des Wohnorts vom Gericht nicht erfolgen, zumal eine Amtsermittlung im Aufgebotsverfahren nicht vorgesehen sei.
Der ersuchende Rechtspfleger hat die Akten gem. § 159 Abs. 1 GVG dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das Gesuch des Rechtspflegers ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Die Zulässigkeit des rechtlich als Beschwerde im weiteren Sinne (vgl. Kissel, GVG, 3. Aufl. 2001, § 159 Rn 1; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl. 2001, Rn 2 zu § 159 GVG; Keidel/Kahl, 14. Aufl. 1999, Rn 29 ff zu § 2 FGG) anzusehenden Ersuchens ergibt sich aus § 159 Abs. 1 S. 1 GVG. Die - früher streitig gewesene - Befugnis des ersuchenden Rechtspflegers, sein Entscheidungsbegehren unmittelbar, also ohne Entscheidung des Amtsrichters, dem Oberlandesgericht vorzulegen beruht auf § 4 Abs. 1 iVm § 20 Ziff. 2 RPflG (BayObLGZ 1995, 158, 159 = RPfl 1995, 451 = FGPrax 195, 169 = FamRZ 1997, 306; OLG Zweibrücken RPfl 2000, 381 = FGPrax 2000, 149).
Die weitere Frage, ob ein Gesuch des Rechtspflegers nach § 159 GVG ein Antragsverfahren eigener Art sei oder einer Erinnerung gleichzuachten sei, ob also sofort das Oberlandesgericht zu entscheiden habe oder zuvor die Entscheidung des zuständigen Richters des ablehnenden Amtsgerichts einzuholen sei, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend im letztgenannten Sinne entschieden worden (BayObLGZ 1995, 158 - Großer Senat - = FamRZ 1997, 306 gegen BayObLG FamRZ 1994, 639 = RPfl. 1994, 103 mwNw; ebenso OLG Frankfurt, OLG-Report 1997, 69; vgl. Zöller / Gummer, ZPO 22. Aufl., Rn 3 zu § 159 GVG). Auch diese Streitfrage ist jedoch durch die Neufassung des § 11 RPflG durch das 3. Änderungsgesetz vom 6.8.1998 (BGBl. I, 2030) hinfällig geworden. Auch unter Zugrundelegung der vom Großen Senat des BayObLG vertretenen Auffassung ist hier § 11 Abs. 1 RPflG nF einschlägig mit der Folge, dass für eine "Zwischenentscheidung" des Amtsrichters des ersuchten Gerichts kein Raum mehr ist (ebenso Keidel / Kuntze / Kahl, Rn 32 zu § 2 FGG; Bassenge / Herbst, 8. Aufl. 1999, Rn 5 zu § 4 RPflG; abw. Baumbach / Lauterbach / Albers, ZPO 59. Aufl. 2001, Rn 3 zu § 159 GVG).
2. Die Beschwerde des Amtsgerichts Oldenburg ist in der Sache begründet.
Ein Rechtshilfeersuchen darf grundsätzlich nur abgelehnt werden, wenn die ersuchte Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist (§ 158 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GVG) - was hier zweifelsfrei nicht der Fall ist (vgl. näher Kissel § 158 Rn 10 ff).
Darüber hinaus ist dem ersuchten Gericht eine weitere rechtliche Prüfung versagt. Das Rechtshilfeersuchen ist seinem Inhalt nach klar und eindeutig. Die Frage, ob die ersuchte Vernehmung der Zeugin für die Entscheidung des ersuchenden Gerichts erforderlich oder auch nur zweckmäßig ist, unterliegt nicht der Beurteilung des ersuchten Gerichts (RGZ 95, 286, 288; BGH NJW 1990, 2936; vgl. auch BAG MDR 2000, 845; Kissel, aaO Rn 30 ff, 34). Die Erwägung im Ablehnungsbescheid, im Aufgebotsverfahren finde keine Amtsermittlung statt, ist deshalb rechtlich verfehlt.
Nachdem weder dem von der Zeugin vorgelegten ärztlichen Attest noch dem mit ihr geführten Telefongespräch entnommen werden kann, sie sei nicht vernehmungsfähig, sondern sich vielmehr ergeben hat, dass sie sich zur Sache äußern kann, kann die ersuchte Rechtspflegerin die erbetene Zeugeneinvernahme nicht mit der Begründung verweigern, der Vernehmungsort liege 20 Km vom Gerichtsort entfernt; die Wahrnehmung auswärtiger Termine ist dem zur Rechtshilfe verpflichteten Rechtspfleger im Bereich seiner Zuständigkeit in gleicher Weise zuzumuten wie einem Richter.
Demgemäß war die ablehnende Rechtspflegerentscheidung ersatzlos aufzuheben.
Ende der Entscheidung
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