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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: 8 W 132/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2 | |
ZPO § 120 Abs. 4 S. 3 | |
ZPO § 124 Nr. 2 |
2. Ist die Partei danach zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht verpflichtet, darf die bewilligte Prozesskostenhilfe nicht aufgehoben werden, weil eine solche Erklärung nicht abgegeben worden ist.
Oberlandesgericht Stuttgart 8. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 8 W 132/06
vom 31.03.2006
wegen Schadensersatz
hier: Sofortige Beschwerde gegen Aufhebung der Prozesskostenhilfe
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch Richter am Oberlandesgericht Rast - Einzelrichter gemäß § 568 Satz 1 ZPO -
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Stuttgart vom 16.01.2006 aufgehoben.
2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Seit 12.09.2001 ruht das Hauptverfahren. Die Akten wurden am 13.3.2002 weggelegt. Nach Wiederaufnahme des Prozesskostenhilfeverfahrens wurde mit Beschlüssen des Landgerichts Stuttgart vom 9.11.2004 und 5.01.2005 der Klägerin für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 28.11.2005 wurde die Klägerin um Auskünfte zu ihren aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gebeten und auf die Möglichkeit der Anordnung einer Nachzahlungsverpflichtung u.a. bei Nichtvorlage der geforderten Erklärung hingewiesen.
Nachdem hierauf keine Reaktion der Klägerin erfolgte, wurde die bewilligte Prozesskostenhilfe durch Beschluss der Rechtspflegerin vom 16.01.2006 aufgehoben und dieser Beschluss der Klägerin am 18.01.2006 zugestellt.
Dagegen wendet sich die vom Bevollmächtigten der Klägerin am 30.01.2006 eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin. Die Klägerin habe bereits Auskünfte zu ihren aktuellen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse erteilt und werde dies nochmals tun.
Nachdem die angekündigten Auskünfte weiterhin nicht erteilt wurden, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Stuttgart am 24.03.2006 erklärt, der Beschwerde nicht abzuhelfen und hat die Akte dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet.
Gemäß § 124 Nr. 2 ZPO kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden, wenn eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben wurde. Die vollständige Erklärung und die Vorlage von Belegen kann auch noch im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden. Die ist hier nicht geschehen.
Allerdings war die Klägerin zur Erteilung der gewünschten Auskünfte und zur Vorlage von Belegen nicht mehr verpflichtet. Gemäß § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO ist eine Änderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Partei ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind. Eine sonstige Beendigung liegt auch vor, wenn das Verfahren nicht mehr weiter betrieben wird oder das Gericht das Ruhen des Verfahrens ausgesprochen hat (OLG Düsseldorf, Rpfleger 2001, 244; Zöller-Philippi, ZPO 25. Aufl. § 120 RN 26; Musielak-Fischer, ZPO 4. Aufl. § 120 RN 20; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO 64. Aufl., § 120 RN 30; MüKo-Wax, ZPO 2. Aufl. § 120 RN 21). Beim Ruhen des Verfahrens ist die letzte Verfahrenshandlung und nicht die Anordnung des Weglegens der Akten entscheidend (MüKo-Wax, a.a.O.).
Zum Zeitpunkt der Einleitung des Abänderungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO durch das Schreiben vom 28.11.2005 war die Frist von vier Jahren nach Beendigung des Haupt-Verfahrens am 12.09.2001 bereits abgeschlossen. Die Wiederaufnahme des Prozesskostenhilfeverfahrens unterbrach die Frist von vier Jahren nicht, weil § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO allein das Hauptverfahren betrifft, für das Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Solange das Haupt-Verfahren nicht wieder angerufen wird, ist deshalb eine Abänderung der bewilligten Prozesskostenhilfe zu Lasten der Klägerin ausgeschlossen. Da sie deshalb zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht verpflichtet war, durfte die bewilligte Prozesskostenhilfe nicht nach § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben werden. Der Beschluss des Landgerichts vom 16.01.2006 konnte deshalb keinen Bestand haben. Es verbleibt bei der ursprünglich angeordneten Prozesskostenhilfebewilligung.
Gemäß Nr. 1811 KV/GKG ist das erfolgreiche Beschwerdeverfahren gerichtskostenfrei. Für die außergerichtlichen Kosten gilt § 127 Abs. 4 ZPO.
Ende der Entscheidung
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