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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 15.08.2007
Aktenzeichen: 8 W 239/07
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 42
KostO § 46 Abs. 1
Auf Änderungen und Ergänzungen von letztwilligen Verfügungen kommt nicht § 42 KostO, sondern § 46 KostO zur Anwendung. Danach fällt bei Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten das Doppelte der vollen Gebühr an. Die Beschränkung auf die (einfache) volle Gebühr gem. § 42 KostO tritt nicht ein.
Oberlandesgericht Stuttgart 8. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 239/07

15. August 2007

In der Notarkostensache

wegen Einwendungen gegen die Kostenberechnung des Bet. Ziff. 3

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Richterin am Oberlandesgericht Dr. Zeller-Lorenz Richter am Oberlandesgericht Grüßhaber Richterin am Oberlandesgericht Tschersich

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 / Kostenschuldner gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 23. Mai 2007, Az. 5 T 108/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten Ziff. 1 und 2 / Kostenschuldner haben die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 675,12 Euro

Gründe:

1.

Am 5. Februar 2003 beurkundete der Beteiligte Ziff. 3 / Kostengläubiger in UR Nr. .... des Notariats I Tübingen eine Ergänzung zum früher beurkundeten Erbvertrag der Kostenschuldner vom 15. Januar 1998 und rechnete hierfür eine 10/10-Gebühr nebst Auslagen und Mehrwertsteuer nach § 42 KostO in Höhe von insgesamt 679,86 € ab. Auf Beanstandung des Bezirksrevisors änderte er diesen Kostenansatz am 14. März 2005 dahin ab, dass nach § 46 KostO eine 20/10-Gebühr nebst Auslagen und Mehrwertsteuer von insgesamt 1.354,98 € angefallen und deshalb die Differenz von 675,12 € nachzuerheben sei.

Die hiergegen von den Kostenschuldnern erhobene Beschwerde wurde durch Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 23. Mai 2007 zurückgewiesen unter gleichzeitiger Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht wegen der Frage der Anwendbarkeit des § 42 KostO auf die Beurkundung von Änderungen von Verfügungen von Todes wegen.

Gegen die am 5. Juni 2007 zugestellte Entscheidung haben die Kostenschuldner per Telefax am 18. Juni 2007 (Eingang der Urschrift am 19. Juni 2007) weitere Beschwerde eingelegt und am 18. Juli 2007 damit begründet, dass § 42 KostO als allgemeine Regelung auch im Rahmen des § 46 KostO anwendbar sei.

Die Beteiligte Ziff. 4 erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Für diese ist der Bezirksrevisor dem Rechtsmittel entgegengetreten.

2.

Die sofortige weitere Beschwerde der Kostenschuldner ist infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 KostO).

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts, die nur auf eine Verletzung des Rechts überprüft werden darf (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO), hält dieser rechtlichen Nachprüfung stand.

Wird gegen die Kostenberechnung des Notars Beschwerde eingelegt (§ 156 Abs. 1 Satz 1 KostO), so bestimmt der Beschwerdeführer durch seine Beanstandungen den Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung (BayObLG JurBüro 1990, 84 m. w. N.; Landgericht Dresden NotBZ 2003, 363). In vorliegender Sache ist dies die Frage der Anwendbarkeit des § 42 KostO auf die Beurkundung von Änderungen von Verfügungen von Todes wegen (§ 46 KostO).

Die Kostenordnung unterscheidet im ersten Teil (Gerichtskosten), zweiter Abschnitt (Gebühren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) unter Ziffer 1. (Beurkundungen und ähnliche Geschäfte) zwischen den Beurkundungen ein- oder mehrseitiger Erklärungen unter Lebenden (§§ 36 bis 44), der Beglaubigung von Unterschriften (§ 45), den Beurkundungen von rechtsgeschäftlichen Erklärungen von Todes wegen (§ 46) und der Beurkundung von tatsächlichen Vorgängen (§§ 47 bis 54); vgl. hierzu: Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl. 2005, Vorbem. zu §§ 36 bis 59 Rdnr. 2; Ackermann JurBüro 1967, 949.

Nach dieser Gesetzessystematik kommt eine Anwendung des § 42 KostO, der bei Ergänzungen und Änderungen beurkundeter Erklärungen eine Beschränkung auf eine 10/10-Gebühr vorsieht, auf entsprechende Nachträge zu Verfügungen von Todes wegen nicht in Betracht, da diese der besonderen Gebührenvorschrift des § 46 KostO unterliegen (Rohs in Rohs/Wedewer, KostO, 2. Aufl., 96. Aktualisierung, April 2007, § 36 Rdnr. 2).

Hierauf weist das Landgericht in seiner Begründung zutreffend hin sowie darauf, dass der Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 KostO für die meisten "Änderungen" einer Verfügung von Todes wegen eine besondere Gebührenprivilegierung vorgesehen habe, ohne auf § 42 KostO zu verweisen, woraus geschlossen werden könne, dass § 46 Abs. 2 KostO bezüglich "Änderungen" eine abschließende Regelung enthalte.

Sonstige Änderungen und Ergänzungen können danach nur unter § 46 Abs. 1 KostO fallen, der gerade bei der Beurkundung eines Erbvertrags oder eines gemeinschaftlichen Testaments das Doppelte der vollen Gebühr vorsieht, weil die Erklärungen zweier Personen beurkundet werden (aus der amtlichen Begründung zu § 46 KostO in Rohs/Wedewer, a. a. O., § 46 Rdnr. 1). Diese Rechtfertigung für den doppelten Gebührenansatz besteht aber gleichermaßen bei Nachträgen der vorliegenden Art zu einem Erbvertrag, an dem ebenfalls mindestens zwei Personen beteiligt sind.

Der Argumentation der Kostenschuldner, § 46 KostO enthalte keinerlei Regelungen bezüglich Ergänzungen oder Änderungen eines bereits beurkundeten Erbvertrages oder gemeinschaftlichen Testaments, weswegen auf § 42 KostO zurückgegriffen werden müsse, kann nicht gefolgt werden.

Denn die abschließend aufgeführten Gebührenprivilegierungen des § 46 Abs. 2 KostO erfassen gerade eine Vielzahl von Änderungen letztwilliger Verfügungen in Form des Widerrufs, der Aufhebung, der Anfechtung, des Rücktritts und der Ersetzung einer widerrufenen oder aufgehobenen Verfügung durch eine neu errichtete.

Es liegt nahe, dass der Gesetzgeber, hätte er eine generelle Privilegierung von Änderungen gewollt, dies durch eine Bezugnahme auf § 42 KostO geregelt hätte. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung, kann nicht als ungewollte Gesetzeslücke behandelt werden, die einen systemwidrigen Rückgriff auf § 42 KostO erlaubt, obwohl § 46 KostO den besonderen Gebührentatbestand darstellt. Unter dessen Abs. 1 können Ergänzungen und Änderungen von letztwilligen Verfügungen zudem ohne weiteres subsumiert werden, so dass sie unter keine Gebührenprivilegierung fallen.

Der Senat schließt sich aus diesen Gründen der ganz herrschenden Meinung zur Nichtanwendbarkeit des § 42 KostO auf die Beurkundung von Änderungen und Ergänzungen im Rahmen des § 46 KostO an (Rohs, a. a. O. § 42 Rdnr. 2; Bengel/Tiedtke, a. a. O., § 42 Rdnr. 2; Reimann in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a. a. O., § 46 Rdnr. 4; "Streifzug durch die Kostenordnung", 5. Aufl. 2002, Rdnr. 18, 68, 347, 1252; Ackermann, a. a. O., S. 950/951; je m. w. N.).

Soweit Hartmann in Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 46 KostO Rdnr. 6, ohne weitere Begründung ausführt, dass die Änderung beim Erbvertrag nur eine volle Gebühr gem. § 42 KostO "kostet", führt er - sich selbst widersprechend - unter § 42 KostO Rdnr. 5 zum Stichwort "Erbvertrag" und "Testament" aus, dass § 42 KostO hier unanwendbar ist.

Das Landgericht hat deswegen zu Recht die Anwendbarkeit des § 42 KostO auf Beurkundungen von Änderungen und Ergänzungen letztwilliger Verfügungen verneint und bei dem hier vorgenommenen Nachtrag zu einem Erbvertrag die Nachberechnung einer weiteren 10/10-Gebühr mit Auslagen und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 675,12 € unter Zurückweisung der Beschwerde der Kostenschuldner bestätigt.

Die hiergegen zugelassene sofortige weitere Beschwerde war damit als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 156 Abs. 5 Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.

Ein Ausspruch über eine Kostenerstattung gem. § 156 Abs. 4 Satz 4 KostO i. V. m. § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG war nicht veranlasst, weil lediglich den mit ihrem Rechtsmittel unterlegenen Kostenschuldnern außergerichtliche Kosten entstanden sind.

Der Geschäftswert der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus der streitigen Nachberechnung von 675,12 € (§§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO).

Ende der Entscheidung

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