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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 05.02.2009
Aktenzeichen: 8 W 40/09
Rechtsgebiete: ZPO, RVG-VV
Vorschriften:
ZPO §§ 103 ff | |
ZPO § 91 Abs. 1 | |
RVG-VV Nr. 3400 |
Oberlandesgericht Stuttgart 8. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 8 W 40/09
05. Februar 2009
In dem Rechtsstreit
wegen Restwerklohnforderung; hier: Kostenfestsetzung
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch Richterin am Oberlandesgericht Dr. Zeller-Lorenz als Einzelrichterin gem. § 568 Satz 1 ZPO
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim Landgericht Stuttgart vom 18.12.2008, betreffend die Erstattung von Kosten des Streithelfers der Beklagten durch die Klägerin, dahin abgeändert, dass von der Klägerin an den Streithelfer der Beklagten auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 14.3.2008 Euro 5222,08 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 18.8.2008 zu erstatten sind.
2. Die weitergehende Beschwerde der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten hat die Klägerin 9/10, der Beklagte 1/10 zu tragen.
Beschwerdewert: 2094,10 €
Gründe:
1.
Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Parteien über den Umfang von Werklohnansprüchen für die Erstellung eines Industriebaus gestritten. Der Streithelfer der Beklagten war von dieser mit Planungsarbeiten beauftragt gewesen. Der Rechtsstreit endete durch Urteil vom 14.3.2008, auf Grund dessen die Klägerin die Hälfte der Kosten des Streithelfers der Beklagten zu tragen hat. Für den Streithelfer waren Anwälte mit Sitz in Colmar als Verkehrsanwälte tätig, die ihrerseits Anwälte mit Sitz in Freiburg als Prozessbevollmächtigte beauftragten.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 14./18.8.2008 hat der Streithelfer seine Kosten wie folgt geltend gemacht: Kosten der Prozessbevollmächtigten in Höhe einer 1,3 Verfahrensgebühr und einer 1,2 Terminsgebühr jeweils aus einem Gegenstandswert von 400.000 €, sowie Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung von zwei Terminen beim Landgericht Stuttgart in Höhe von insgesamt 369,04 €; außerdem Kosten des französischen Vertreters in Höhe von 2392 € und Übersetzungskosten in Höhe von 1427,16 €.
Die Rechtspflegerin hat die geltend gemachten Kosten in vollem Umfang in den Kostenausgleich einbezogen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 22.12.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 30.12.2008 sofortige Beschwerde eingelegt.
Mit ihrem Rechtsmittel wendet sie sich gegen die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Hauptbevollmächtigten von Freiburg nach Stuttgart sowie der Kosten des Verkehrsanwalts und der Übersetzungskosten.
Der Streithelfer ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter Bezug genommen.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
2.
Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur geringen Erfolg, da die Rechtspflegerin im wesentlichen zurecht und mit zutreffender Begründung die geltend gemachten Gebühren als erstattungsfähig angesehen hat.
a)
Die Vergütung des ausländischen Verkehrsanwalts ist gem. §§ 91 Abs. 1, 103 Abs. 1 ZPO in Höhe der Gebühren eines deutschen Rechtsanwalts erstattungsfähig.
Die ausländische Partei darf nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005,1373) einem ausländischen Verkehrsanwalt Mandat erteilen, der seinerseits einen inländischen Hauptbevollmächtigten beauftragen kann. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8.3.2005 lag ein Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.4.2004 (8 W 234/03; veröffentlicht in NJW-RR 2004,1581) zu Grunde, in dem dieser, auch insoweit vom Rechtsbeschwerdegericht unbeanstandet, ausgeführt hat, dass es nach gefestigter Senatsrechtsprechung für eine ausländische Partei in einem Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht regelmäßig als notwendig im Sinn des § 91 Abs. 1 anzuerkennen sei, dass sie sich in jeder Instanz der Unterstützung eines Verkehrsanwalts bedient, wobei sie die Wahl hat zwischen einem Anwalt im Ausland oder einem deutschen Anwalt ( OLG-Report 2008, 74; JurBüro 1981,870; JurBüro 1984,593; ähnlich z. B. OLG Hamburg, MDR 2000, 664; OLG Dresden, JurBüro 1998, 144; vgl. auch Zöller/Herget ZPO, 27. Aufl. 2009, § 91 Rdnr. 13 "Ausländer"). Die Entscheidung des Senats vom 19.9.2002 (8 W 220/02 FamRZ 03,1400) steht hierzu nicht im Widerspruch, da auch mit dieser Entscheidung nicht in Frage gestellt wird, dass die ausländische Partei grundsätzlich berechtigt ist, einen in- oder ausländischen Verkehrsanwalt zu beauftragen. Eine Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung erfolgte nur auf Grund des Wegfalls der Postulationsbeschränkungen auswärtiger Anwälte zum 1.1.2000 für den Fall, dass die Partei sogleich einen inländischen, nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hat.
Da im vorliegenden Fall nicht unerhebliche Rückgriffsansprüche der Beklagten gegen den Streithelfer im Raum standen, lag es nahe, dass dieser seine (französische) Versicherung einbeziehen, und diese sich in die Prozessführung einschalten würde. Deshalb konnte es letztlich nicht darauf ankommen, dass der Streithelfer möglicherweise über eine inländische Vertriebsorganisationen verfügt, über welche er das verfahrensgegenständliche inländische Bauvorhaben abgewickelt bzw. betreut hat. Hierdurch wird nicht seine Berechtigung als ausländische Partei ausgeschlossen, einen ausländischen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der letzten Jahre räumt der Partei sehr weitgehend das Recht ein, einen Anwalt an seinem Wohnsitz zu beauftragen. Nichts anderes kann für die ausländische Partei gelten, auch wenn dies bedeutet, dass es dann noch eines weiteren, inländischen, Anwalts bedarf. Zwar hat der Streithelfer im vorliegenden Fall keinen Anwalt an seinem Wohnort Paris beauftragt, sondern es wurde von seiner Versicherung ein Anwalt mit Sitz in Colmar beauftragt. Dadurch sind jedoch keine höheren Kosten entstanden.
Die geltend gemachten Kosten des französischen Verkehrsanwalts übersteigen nicht die Gebühren eines deutschen Rechtsanwalts nach VV RVG 3400 (BGH a.a.O.; NJW-RR 2005, 1732) und sind deshalb in voller Höhe erstattungsfähig.
b)
Erstattungsfähig sind auch die Übersetzungskosten. Der ausländischen Partei ist zuzugestehen, dass ihr der entscheidungserhebliche Akteninhalt in ihrer Muttersprache zugänglich gemacht wird. Es ist zwar davon auszugehen, und wird vom Streithelfer, der für deutsche Firmen Bauvorhaben plant, auch nicht in Abrede gestellt, dass er über deutsche Sprachkenntnisse verfügt. Der Rechnung der französischen Anwälte vom 8.8.2008 (Blatt 1486) ist zu entnehmen, dass auch diese über deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Die Übersetzungskosten sind nicht für die Übersetzung des normalen Schriftverkehrs zwischen den Parteien angefallen, sondern ganz überwiegend für die Übersetzung von Gutachten. Es ist nachvollziehbar und kann als notwendig anerkannt werden, dass es der Übersetzung in die eigene Muttersprache bedurfte, um deren Inhalt sachkundig bewerten und gegebenenfalls mit Hilfe eines eigenen Gutachters überprüfen lassen zu können.
c)
Nicht erstattungsfähig sind dagegen die Reisekosten des Freiburger Prozessbevollmächtigten zu zwei Terminen beim Landgericht Stuttgart in Höhe von 369,04 €.
Es ist kein kostenrechtlich relevanter Grund ersichtlich, warum die französischen Verkehrsanwälte des Streithelfers nicht direkt einen Stuttgarter Rechtsanwalt mit der Vertretung des Streithelfers im vorliegenden Verfahren beauftragen konnten. Der Beschwerdegegner führt hierzu aus, dass das Büro des Hauptbevollmächtigten bereits seit vielen Jahren ständig mit den französischen Kollegen zusammen arbeite. Dies mag für letztere ein nachvollziehbarer Grund gewesen sein, auch hier wieder die erprobten Kollegen zu beauftragen. Die hierdurch angefallenen Mehrkosten können jedoch nicht als erforderlich i. S. d. § 91 ZPO betrachtet werden, weshalb der Beschwerdegegner ihre Erstattung von der Klägerin nicht verlangen kann. Die von der Rechtspflegerin für ihre gegenteilige Ansicht zitierten Entscheidungen des Senats ( Beschluss vom 15.2.2006 8 W 63/06; Die Justiz 2003, 81, die ihrerseits Bezug nehmen auf die Entscheidungen des Senats JurBüro 81, 870 und JurBüro 84, 99;) sind deshalb nicht einschlägig, weil die Partei dort gerade keinen Verkehrsanwalt in ihrem Heimatland beauftragt hatte, sondern gleich einen deutschen Anwalt. Insoweit wird ihr die freie Auswahl zugestanden, d. h., sie kann auch einen deutschen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragen, der nicht am Sitz des Prozessgericht ansässig ist (das gilt auch für die zitierten Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OLG München).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO. Für die Gerichtskosten gilt GKG KV Nr. 1812.
Ende der Entscheidung
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