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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: 8 W 406/08
Rechtsgebiete: LJKG


Vorschriften:

LJKG § 7 Abs. 1 Nr. 2
1. Betreibt der Landkreis in der privatrechtlichen Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Krankenhausträger ein Kreiskrankenhaus, genießt er Gebührenfreiheit gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 Landesjustizkostengesetz Baden-Württemberg (LJKG).

2. In einem Zivilrechtsstreit - hier Arzthaftungsprozess - werden die Auslagen wie Sachverständigenvergütung und Zeugenentschädigung von der Gebührenfreiheit nicht erfasst, da § 7 Abs. 4 LJKG sich nur auf die Kostenordnung (KostO) und nicht auf das Gerichtskostengesetz (GKG) bezieht.

3. Beim Vorhandensein weiterer nicht befreiter (Mit-)Gebührenschuldner dürfen diese mit nicht mehr an Gebühren belastet werden, als sie zahlen müssten, wenn dem Krankenhausträger die Gebührenfreiheit nicht zustände.


Oberlandesgericht Stuttgart

8. Zivilsenat

Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 406/08

23. September 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Arzthaftung; hier: Kostenfestsetzung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch

Richterin am Oberlandesgericht Tschersich

als Einzelrichterin gem. § 568 S. 1 ZPO

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten Ziff. 2 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Rottweil vom 27. August 2008, Az. 2 O 152/07,

abgeändert:

Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Rottweil vom 17. Juli 2008 sind von dem Kläger an die Beklagten an Kosten zu erstatten:

weitere 31,10 Euro,

damit insgesamt 1.644,83 Euro.

2. Der Kostenausgleichsantrag des Klägers wird insoweit

zurückgewiesen.

3. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Beklagten Ziff. 2 wird

zurückgewiesen.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Von den übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 7% und die Beklagte Ziff. 2 93%.

Beschwerdewert: 456,42 Euro

Gründe:

1. In dem Arzthaftungsprozess nahm der Kläger die Beklagte Ziff. 2 als Krankenhausträger und den Beklagten Ziff. 1 persönlich als Chefarzt in Anspruch. Der Rechtsstreit wurde beendet durch Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO, festgestellt mit Beschluss vom 17. Juli 2008, durch den der Kläger 4/5 und die Beklagten 1/5 der Prozesskosten übernahmen.

Beim Kostenausgleich wurden zu Lasten der Beklagten 456,42 € an Gerichtskosten, die vom Kläger verauslagt worden waren, berücksichtigt. Hiergegen wendet sich die Beklagte Ziff. 2 mit ihrer am 10. September 2008 eingelegten sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2008.

Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten Ziff. 2 hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Zunächst einmal wird das Rechtsmittel dahin verstanden, dass es nicht von beiden Beklagten erhoben wurde, sondern lediglich von der Beklagten Ziff. 2, da sich diese allein auf eine Gebührenfreiheit berufen kann und in der Beschwerdebegründung auch beruft.

Die Beklagte Ziff. 2 als Träger des Kreiskrankenhauses Schramberg genießt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 Landesjustizkostengesetz (LJKG) Gebührenfreiheit.

Nach dieser Vorschrift sind Gemeinden, Gemeindeverbände und Zweckverbände, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betrifft, von der Zahlung der Gebühren, die die ordentlichen Gerichte in Zivilsachen und die Behörden der freiwilligen Gerichtsbarkeit erheben, befreit. Landkreise sind Gemeindeverbände im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG und die Angelegenheit betrifft nicht die wirtschaftlichen Unternehmen des Landkreises.

Unerheblich ist dabei, dass die Beklagte Ziff. 2 als Krankenhausträger in der privatrechtlichen Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird. Denn nach der Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG greift die Gebührenfreiheit nur dann nicht ein, wenn die Angelegenheit die wirtschaftlichen Unternehmen der Kommunen und Gemeindeverbände betrifft. Krankenhäuser zählen aber nicht zu den wirtschaftlichen Unternehmen (§ 48 Landkreisordnung für Baden-Württemberg in Verbindung mit § 102 Abs. 4 Nr. 2 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg). Sie gehören zu den Einrichtungen der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (vgl. zur Problematik: OLG Karlsruhe JurBüro 2007, 660 und Die Justiz 1973, 394).

Die Beklagte Ziff. 2 genießt aber nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG nur Gebührenfreiheit und keine Kostenfreiheit. Denn vorliegend greift § 7 Abs. 4 LJKG nicht ein, der zusätzlich von der Zahlung der Auslagen nach der Kostenordnung befreit. Diese betrifft aber die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, während es sich hier um ein solches nach der ZPO handelt, sodass das Gerichtskostengesetz (GKG) zur Anwendung kommt, nicht aber die KostO.

Nach § 1 Satz 1 GKG umfasst die Legaldefinition "Kosten" Gebühren und Auslagen. Zu letzteren zählen die Sachverständigenhonorare und die Zeugenentschädigung (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 2 GKG Rdnr. 20 und 21 m. w. N.).

Da § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG nur Gebührenfreiheit gewährt, werden von dieser lediglich die gerichtliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 und 1211 GKG-KV in Höhe von 311 € erfasst, nicht jedoch die Sachverständigenvergütung von 1.940,80 € und die Zeugenentschädigung von 30,29 €.

Die Beklagten sind - entgegen der bestehenden Gebührenfreiheit - im Kostenausgleich mit der Erstattung der Gerichtsgebühr an den Kläger in Höhe von 1/5 (62,20 €) belastet worden.

Gebührenfreiheit genießt aber nur die Beklagte Ziff. 2, nicht der Beklagte Ziff. 1.

Nach dem Gedanken des § 13 KostO in Verbindung mit § 426 BGB ist dennoch zu Gunsten des Beklagten Ziff. 1 davon auszugehen, dass er im Innenverhältnis die Gerichtsgebühr nicht allein zu tragen hat, sondern dass er mit nicht mehr an Gebühren belastet werden kann, als er zahlen müsste, wenn der Beklagten Ziff. 2 die Gebührenfreiheit nicht zustände. Hierdurch soll vermieden werden, dass der nicht befreite Gebührenschuldner im vollen Umfang zur Zahlung der Gebühren herangezogen wird und dann beim gebührenbefreiten (Mit-)Gebührenschuldner Rückgriff nimmt (Assenmacher/Mathias - vormals Göttlich/Mümmler -, Kostenordnung, 16. Aufl. 2008, Kostenbefreiung Anmerkung 2.4.1 m. w. N.).

Danach kann die Beklagte Ziff. 2 die sie begünstigende Gebührenfreiheit nur wegen der auf sie im Innenverhältnis (bei Gesamtschuld) entfallenden Hälfte (§ 426 BGB) bzw. nach Kopfteilen ebenfalls nur hälftig in Anspruch nehmen, mithin in Höhe von 31,10 €.

In diesem Umfang hatte die sofortige Beschwerde der Beklagten Ziff. 2 Erfolg und der Kostenausgleichungsantrag des Klägers war insoweit zurückzuweisen. Im übrigen war das Rechtsmittel der Beklagten Ziff. 2 jedoch als unbegründet zurückzuweisen.

Soweit dem Kläger wegen der von ihm verauslagten Gerichtsgebühr trotz der Kostenübernahme durch die Beklagten ein Erstattungsanspruch in Höhe von 31,10 € gegen diese nicht zusteht, ist der Betrag von der Landesoberkasse Baden-Württemberg an den Kläger zurückzuerstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Gerichtsgebühr gem. Nr. 1812 GKG-KV war im Hinblick auf die persönliche Gebührenfreiheit der Beklagten Ziff. 2 gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG nicht zu erheben.



Ende der Entscheidung

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