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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 03.05.2001
Aktenzeichen: 8 W 409/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 98
ZPO § 485 ff
- Kosten des Beweisverfahrens -

Der Senat hält daran fest, dass die Gerichtskosten eines vor Beginn des Hauptprozesses durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens zu den Gerichts kostendes Hauptprozesses gehören (Bestätigung von Senat, Die Justiz 1982, 128 = JurBüro 1982, 764 = RPfl 1982, 195).


Geschäftsnummer 8 W 409/00 1b O 1070/99 LG Heilbronn

Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss

vom 3. Mai 2001

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohn u. a.

hier: Kostenfestsetzung

Gründe:

1. Die Klägerin, die von der beklagten Bauherrin ihren Restwerklohn für Bodenbelagsarbeiten verlangte, war in einem zuvor geführten selbständigen Beweisverfahren Antragsgegnerin. Nachdem die Parteien im Berufungsverfahren einen Vergleich abgeschlossen hatten mit der Vereinbarung, dass "die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen ... gegeneinander aufgehoben" werden, beantragte die Beklagte die Festsetzung der hälftigen im Beweisverfahren angefallenen Sachverständigenkosten.

Gegen den antragsgemäß ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss wendet sich die Klägerin mit dem Einwand, die im Beweisverfahren angefallenen Sachverständigenkosten seien außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits mit der Folge, dass sie von der Beklagten als Antragstellerin im Beweisverfahren allein zu tragen seien.

2. Das zulässige Kostenrechtsmittel der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Sachverständigenkosten im selbständigen Beweisverfahren zu den gerichtlichen Kosten gehören, dass selbständiges Beweisverfahren und Hauptsacheverfahren einen Rechtszug bilden und dass im Falle einer Kostenaufhebung durch Vergleich die im Beweisverfahren angefallenen Sachverständigenkosten hälftig zu tragen sind (Beschluss vom 14.1.1982, Die Justiz 1982, 128 = JurBüro 1982, 764 = RPfl 1982, 195). An dieser Ansicht hält der Senat fest.

Der Beschwerdeführerin ist zuzugeben, dass zahlreiche andere Oberlandesgerichte die Auffassung vertreten, die Gerichtskosten des Beweisverfahrens -- einschließlich der Kosten des gerichtlich bestellten Sachverständigen -- seien in Beziehung auf das Hauptsacheverfahren als außergerichtliche Kosten anzusehen (so z. B. OLG Hamm JurBüro 2000, 257; OLG Oldenburg OLGR 2000, 12; OLG Nürnberg JurBüro 1996, 33 = BauR 1995, 275 (anders: JurBüro 1994, 103); OLG Celle OLGR 1996, 166; ebenso Baumbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 91 Rn. 199; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl., § 91 Rn 20). Indessen wird die vom Senat vertretene Auffassung verbreitet geteilt (z. B. OLG Frankfurt BauR 97, 169; OLG Karlsruhe RPfl 1996, 375 = JurBüro 1997, 533; OLG Zweibrücken MDR 96, 1078; OLG Düsseldorf RPfl 1994, 181 f [Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung]; OLGR 95, 284; OLG Schleswig JurBüro 91, 962 [Aufgabe der gegenteiligen Ansicht]), weshalb sie "im Vordringen begriffen" ist (so Musielak/Wolst, ZPO, 2. Aufl., Rn. 66; ebenso Zöller/Herget, ZPO 22. Aufl., § 91 Rn. 13 "Selbständiges Beweisverfahren." a.E.; MünchKomm. ZPO/Belz, 2. Aufl., § 98 Rn. 33; wohl auch Wieczorek/Schütze/Steiner, 3. Aufl., § 91 Rn 39).

Für die Qualifikation der Sachverständigenkosten im vorangegangenen Beweisverfahren als Gerichtskosten des Hauptsacheverfahrens spricht insbesondere die kostenrechtliche Zusammenfassung von Beweisverfahren und Hauptsacheverfahren zu einem Rechtszug in § 37 Nr. 3 BRAGO (eingeführt durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994) mit der Folge, dass die außergerichtlichen Kosten -- jedenfalls bei Partei- und Gegenstandsidentität -- auf einander anzurechnen sind. Dass für die Einleitung der Verfahren gesonderte Gerichtsgebühren anfallen (KV 1202 und 1601), rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass die im Beweisverfahren angefallenen Gerichtskosten sich im Nachfolge-Prozess in außergerichtliche Kosten verwandeln. Ebenso spricht die (1991 eingeführte) Bestimmung des § 493 ZPO, wonach die Beweiserhebung im Beweisverfahren einer Beweiserhebung im Hauptsacheprozess gleichsteht, dafür, dass die Gerichtskosten des Beweisverfahrens im kostenrechtlich maßgebenden Hauptsacheverfahren Gerichtskosten bleiben.

Insbesondere bei einem Vergleichsabschluss mit Kostenaufhebung im Sinne des § 98 ZPO erscheint es dem Senat nach wie vor verfehlt und mit den typischerweise gegebenen Absichten der Vergleichsparteien nicht vereinbar, wenn die im Beweisverfahren angefallenen Sachverständigenkosten unter dem Etikett "außergerichtliche Kosten" von der Kostenteilung ausgenommen werden und der Partei zur Last fallen sollen, die das Beweisverfahren in Gang gesetzt hat. Die mangelnde Folgerichtigkeit wird besonders dann sichtbar, wenn der Sachverständige, der im Beweisverfahren ein schriftliches Gutachten erstellt hat, im Hauptsacheverfahren zur Erläuterung geladen wird. Dass das Kostenrisiko für den im Beweisverfahren vom Gericht ausgewählten und über das "Gericht vergüteten Sachverständigen dann, wenn eine ausdrückliche Regelung nicht getroffen ist, beim Antragsteller des Beweisverfahrens verbleiben soll, ist mit der Zielsetzung des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes, das Beweisverfahren zu fördern, schwer in Einklang zu bringen.

Ende der Entscheidung

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