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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 31.10.2008
Aktenzeichen: 8 W 455/08
Rechtsgebiete: GK, ZPO


Vorschriften:

GKG § 17 Abs. 1
GKG § 67 Abs. 1
ZPO § 379
ZPO § 402
ZPO § 492 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 1
Gegen die Anordnung einer Vorschusspflicht im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens ist ebenso wie im Hauptprozess weder eine Beschwerde nach § 67 Abs. 1 GKG noch nach § 567 Abs. 1 ZPO statthaft.
Oberlandesgericht Stuttgart 8. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 455/08

31. Oktober 2008

In dem selbstständigen Beweisverfahren

wegen Beweissicherung; hier: Beschwerde gegen die Vorschussanforderung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Tolk Richterin am Oberlandesgericht Tschersich Richter am Oberlandesgericht Grüßhaber

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Streithelferin Ziff. 3 gegen die Vorschussanforderung in der Verfügung des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 9. September 2008, Az. 2 OH 19/06, wird als unzulässig verworfen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

1.

Die Streithelferin Ziff. 3 wehrt sich mit dem vorliegenden Rechtsmittel gegen die Anordnung einer Vorschusszahlung von 1.000 € gemäß Verfügung des Landgerichts vom 9. September 2008 für die Beantwortung von Beweisfragen ihrerseits durch den Sachverständigen.

Der Einzelrichter hat seine Zahlungsanordnung auf § 17 Abs. 1 GKG gestützt und eine Beschwerde nach § 67 Abs. 1 GKG als zulässig angesehen, weswegen die Streithelferin Ziff. 3 Beschwerde gegen die Vorschussanforderung erhoben hat.

Das Landgericht hat dem am 24. Oktober 2008 eingelegten Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akte dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2.

Die Beschwerde ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.

a)

Eine Beschwerde nach § 67 Abs. 1 GKG ist nicht eröffnet, da die Anforderung des Vorschusses für die Kosten einer Beweisaufnahme ihre Grundlage nicht im GKG findet, sondern in den §§ 379, 402, 492 Abs. 1 ZPO abschließend geregelt ist.

Nicht gefolgt werden kann dem 9. Zivilsenat des OLG Frankfurt (Beschluss vom 23. Oktober 2007, Az. 9 W 27/07, OLGR Frankfurt 2008, 405), der ohne weitere Begründung die Beschwerde nach § 67 Abs. 1 GKG für statthaft erachtet und das Abhängigmachen der Beweisaufnahme von der Einzahlung eines Auslagenvorschusses auf § 17 Abs. 1 GKG stützt.

§ 17 GKG begründet eine selbstständige gesetzliche Pflicht zur Zahlung eines hinreichenden Vorschusses zur Deckung von Auslagen im Sinn von Nr. 9000 ff GKG-KV in den in seinen Absätzen 1 bis 4 genannten Fällen.

Demgegenüber enthalten §§ 379, 402 ZPO gesetzliche Ermächtigungen des Gerichts, in den dort aufgeführten Fällen Auslagenvorschüsse zu fordern, wobei diese Vorschriften § 17 GKG vorgehen (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 17 GKG Rdnr. 1; Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 379 Rdnr. 1; je m. w. N.; ebenso: OLG Frankfurt/4. Zivilsenat MDR 2004, 1255; OLG München NJOZ 2005, 1305; OLG Dresden JurBüro 2007, 212; OLG Rostock AGS 2007, 575).

Eine Beschwerde nach § 67 Abs. 1 GKG ist aber nur statthaft, soweit das Prozessgericht seine richterliche oder rechtspflegerische Tätigkeit von der Zahlung eines Kostenvorschusses oder einer Vorauszahlung gerade nur "auf Grund dieses Gesetzes" abhängig macht, also z. B. nach den §§ 12, 17 GKG. Macht das Gericht seine Tätigkeit von derartigen Zahlungen auf Grund anderer Vorschriften abhängig, z. B. nach den §§ 379, 402 ZPO, 379a StPO, ist eine Anfechtung allenfalls nach jenen Verfahrensordnungen zulässig (Hartmann, a. a. O., § 67 GKG Rdnr. 2 m. w. N.).

b)

Aber auch eine Statthaftigkeit des Rechtsmittels als sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 ZPO ist nicht gegeben.

(Eine die Beschwerdefrist auslösende Zustellung der angefochtenen Verfügung vom 9. September 2008 ist nicht erfolgt, § 569 Abs. 1 ZPO, sodass die Zulässigkeit nicht schon an einer Verfristung des Rechtsmittels scheitert. Ebenfalls ist der Beschwerdewert gem. § 567 Abs. 2 ZPO erreicht.)

Ob bereits § 355 Abs. 2 ZPO der Zulässigkeit der Beschwerde entgegen steht, kann dahinstehen - der 1. Zivilsenat des OLG Stuttgart (Justiz 2003, 149) hält § 355 ZPO im selbstständigen Beweisverfahren gem. § 492 Abs. 1 ZPO für nicht anwendbar, ebenso: OLG Rostock (AGS 2007, 575), a. A.: Herget in Zöller, a. a. O., § 492 ZPO Rdnr. 1. Denn schon die allgemeinen Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.

§ 379 ZPO sieht eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Vorschussanordnung nicht vor (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Und § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO verlangt eine Entscheidung, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Zwar kann in der angefochtenen Verfügung des Landgerichts eine teilweise Ablehnung eines Gesuchs - die Anordnung einer Ergänzung des Sachverständigengutachtens ohne Vorschusszahlung - gesehen werden. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kommt aber dann nicht zur Anwendung, wenn Anordnungen eines Gerichts angegriffen werden sollen, die von Amts wegen ergehen und einen Antrag nicht erfordern. Unerheblich ist dabei, ob ein Beteiligter zuvor ein Gesuch gestellt hat (Lipp in Münchener Kommentar, ZPO, Bd. 2, 3. Aufl. 2007, § 567 ZPO Rdnr. 8 ff; OLG Frankfurt MDR 2004, 1255; OLG München NJOZ 2005, 1305; OLG Dresden JurBüro 2007, 212; OLG Rostock AGS 2007, 575; je m. w. N.).

Dementsprechend ist gegen die Anordnung einer Vorschusspflicht gem. § 379 ZPO, über die das Gericht von Amts wegen unter Abwägung des fiskalischen Interesses einerseits und des Beschleunigungsinteresses andererseits zu befinden hat, keine Beschwerde eröffnet.

Gleiches muss gem. §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO für die Anordnung einer Vorschusspflicht im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens gelten (vgl. obige Rechtsprechungsnachweise). Denn die Beweismöglichkeiten im selbstständigen Beweisverfahren sollen nicht weiter gehen als im Hauptprozess (OLG Koblenz/5. Zivilsenat MDR 2007, 736 m. w. N.). Nichts anderes hat für die Beschwerdemöglichkeiten zu gelten (vgl. obige Rechtsprechungsnachweise).

Insoweit kann auch nicht der Argumentation des 3. Zivilsenats des OLG Koblenz (NJOZ 2003, 3009) gefolgt werden, der die sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulassen will.

Entgegen der dort vertretenen Auffassung bedeutet die Verneinung einer Beschwerdemöglichkeit nicht eine endgültige Rechtsverweigerung, weil Verfahrensfehler im selbstständigen Beweisverfahren, insbesondere hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Beweiserhebung vom Prozessgericht bei der Benutzung des Gutachtens durch eine der Parteien im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen sind und eine Fortsetzung oder Wiederholung der Beweisaufnahme gebieten können (OLG Frankfurt MDR 2004, 1255; OLG Rostock AGS 2007, 575; je m. w. N.).

c)

Damit ist die Beschwerde der Streithelferin Ziff. 3 gegen die Vorschussanforderung in der Verfügung des Landgerichts vom 9. September 2008 als unzulässig zu verwerfen.

d)

Nachdem das Landgericht seine Vorauszahlungsanordnung ausdrücklich auf § 17 Abs. 1 GKG gestützt hatte und damit den Rechtsweg gem. § 67 Abs. 1 GKG eröffnen wollte, wird von der Gebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens gem. § 67 Abs. 1 Satz 2 GKG i. V. m. § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG ausgegangen. Kosten werden gem. § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG nicht erstattet.

e)

§ 67 Abs. 1 Satz 2 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG sieht eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht vor, sodass die Zulassung der Rechtsbeschwerde bezüglich der Anwendbarkeit der §§ 17 Abs. 1, 67 Abs. 1 GKG nicht möglich ist.

Allerdings ist die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 ZPO zuzulassen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bezüglich des Bestehens einer Beschwerdemöglichkeit gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, nachdem in der zu beurteilenden Rechtsfrage die Entscheidung des 3. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 17. April 2003, Az. 3 W 249/03, NJOZ 2003, 3009, von der vom Senat und weiterer Oberlandesgerichte (OLG Frankfurt MDR 2004, 1255; OLG München NJOZ 2005, 1305; OLG Dresden JurBüro 2007, 212; OLG Rostock AGS 2007, 575) vertretenen Auffassung abweicht.

Die Entscheidung des 9. Zivilsenats des OLG Frankfurt (OLGR Frankfurt 2008, 405) bezieht sich dagegen ausschließlich auf die Anwendbarkeit der §§ 17 Abs. 1, 67 Abs. 1 GKG. In diesem Rahmen ist die Anrufung des BGH nicht zulässig (§ 67 Abs. 1 Satz 2 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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