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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 10.06.2002
Aktenzeichen: 8 W 558/00
Rechtsgebiete: KostO
Vorschriften:
KostO § 145 Abs. 1 | |
KostO § 138 Abs. 2 Nr. 5 a |
Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss
Geschäftsnummer: 8 W 558/00
vom 10. Juni 2002
In der Notarkostensache
wegen Notarkosten für Bestellung von Grundpfandrechten
Gründe:
I.
Der beschwerdeführende Notar einerseits und der Bezirksrevisor bzw. der Landgerichtspräsident als vorgesetzte Dienstbehörde des Notars sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung eine volle Entwurfsgebühr nach § 145 Abs. 1 S. 1 KostO oder nur eine halbe Entwurfsgebühr nach § 145 Abs. 2 S. 2 KostO in Ansatz zu bringen ist.
Das Formular des Kreditinstituts zur Grundschuldbestellung war bereits mit dem Namen des zuständigen Grundbuchamts, dem Namen der Eigentümer, dem Betrag der Grundschuld (2,5 Mio. DM), der Zinshöhe und dem Zinsbeginn versehen. Anlässlich der Unterschriftsbeglaubigung hat der Notar dieses teilweise ausgefüllte Formular noch durch folgende Angaben ergänzt: durch die "Feststellung des Belastungsgegenstands" (Grundstücksbeschrieb), eine Erklärung zu den "Rangverhältnissen" und eine "Vollzugsvollmacht".
Dafür hat der Notar eine 5/10-Gebühr gemäß § 145 Abs. 1 S. 1 iVm § 38 Abs. 2 Nr. 5a KostO in Höhe von 1930.- DM zuzgl. Nebenkosten in Rechnung gestellt. Der mit der Kostenprüfung beauftragte Bezirksrevisor hat diesen Ansatz unter Bezugnahme auf die Senatsrechtsprechung beanstandet und nur eine 5/20-Gebühr nach § 145 Abs. 1 S. 2 KostO in Höhe von 965.- DM zuzgl. Nebenkosten für berechtigt erachtet.
Der Notar vertritt - bestärkt durch eine Stellungnahme der Notarkasse München - die Ansicht, ihm stehe die volle Entwurfsgebühr für einen "Eigenentwurf zu, weil er "wesentliche Ergänzungen" vorgenommen habe; durch die Einfügung des (aus dem Grundbuch erhobenen) Belastungsgegenstands habe er erst eine für den Rechtsverkehr taugliche Urkunde hergestellt.
Auf Anweisung des Landgerichtspräsidenten gem. § 156 Abs. 5 (jetzt: Abs. 6) KostO hat der Notar die Entscheidung des Landgerichts beantragt. Dieses hat sich - unter Zulassung der weiteren Beschwerde - durch eingehend begründeten Beschluss der Rechtansicht des Bezirksrevisors angeschlossen und den Kostenansatz des Notars auf 965.- DM nebst Auslagen und Mehrwertsteuer herabgesetzt.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Notar seine gegenteilige Ansicht weiter.
II.
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene und auch ansonsten zulässige weitere Beschwerde (§ 156 Abs. 2 KostO) des Notars hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht die Senatsentscheidung vom 1. 6. 1992 (Die Justiz 1992, 412 = JurBüro 1992, 618 m. abl. Anm. Mümmler = BWNotZ 1993, 12 m. Anm. Firnau) auch auf die hier vorliegende Entwurfsergänzung erstreckt. Der Senat hält an seiner damals - unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung - dargelegten Auffassung fest, dass die ab 1.1.1987 geltende Neufassung von § 145 Abs. 1 KostO die bisherigen Abgrenzungskriterien (zwischen Entwurf und Nicht-Entwurf) hinfällig gemacht hat. Zwar hatte der Senat damals nur über die Ergänzung der Urkunde durch Rangerklärungen und sonstige schuldrechtliche Bestimmungen zu befinden und deshalb die Frage offen gelassen, wie bei anderen Ergänzungen zu entscheiden sei. Allerdings liegt es in der erkennbaren - und deshalb vom Landgericht zu Recht gezogenen - Konsequenz dieser Entscheidung, dass auch die Ergänzung durch den Grundstücksbeschrieb nur eine Ergänzung im Sinne des § 145 Abs. 1 S. 2 KostO ist.
Für die früher erforderliche Abgrenzung zwischen "unwesentlichen" (und deshalb gebührenrechtlich unerheblichen) Ergänzungen eines fremden Entwurfs und "wesentlichen" Ergänzungen, die zu einem "Eigenentwurf" des Notars führen, der die für die Beurkundung anfallende volle Gebühr auslöst (§ 145 Abs. 1 S. 1 KostO), hatte das vom beschwerdeführenden Notar herausgestellte Kriterium der Verkehrstauglichkeit der Urkunde seine Berechtigung und ist deshalb wohl einhellig in der Rechtsprechung - auch des Senats - entscheidungserheblich gewesen. Mit der Einfügung des neuen Gebührentatbestands für die Überprüfung und Ergänzung eines Fremdentwürfe (S. 2] sollte - wie der Senat ausgeführt hat - diese traditionelle und schwer handhabbare Unterscheidung zwischen "wesentlichen" und "unwesentlichen" Ergänzungen eines Entwurfs ebenso beseitigt werden wie zahlreiche weitere Unsicherheiten des § 145 Abs. 1 (vgl. amtl. Begründung z. KostÄndG v. 9. 12. 1986, abgedr. auch bei Rohs / Wedewer, KostO, Losebl., 2. Aufl., § 145 Rn 3). Die zum früheren Recht entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen "Entwurf und "Nicht-Entwurf haben damit ihre Bedeutung verloren (im wesentlichen zustimmend Rohs / Wedewer, aaO, Rn 18 b).
Zwar ist dem Rechtsbeschwerdeführer zuzugeben, dass die bisherigen Abgrenzungskriterien teilweise weiter verwendet werden und dass verbreitet die Ansicht vertreten wird, die Ergänzung eines Entwurfs zur Grundschuldbestellung durch Angabe des Belastungsgegenstands führe zu einem "Eigenentwurf" mit der Kostenfolge aus Satz 1 (so Bayr. Notarkasse, Streifzug durch die KostO, 5. Aufl., Rn 193; Korintenberg / Bengel, KostO 14. Aufl., § 145 Rn 32; Göttlich / Mümmler / Assenmacher / Mathias, KostO 20. Aufl., S. 296 (ebenso Mümmler in der ablehn. Anmerkung zum SenBeschl. JurBüro 1992, 618 - wobei die zur Begründung herangezogene Entscheidung des AG Schwäb.Gmünd BWNotZ 1985, 126 vor der Gesetzesänderung ergangen ist -); vgl. auch Schmidt JurBüro 1987, 322, 325).
Mit diesem Festhalten an vertrauten Abgrenzungskriterien wird jedoch das Reformanliegen, das der Gesetzgeber mit Einfügung der halbierten Ergänzungsgebühr verfolgt hat, zu sehr verkürzt. Wie sich der Gesetzesbegründung (aaO) entnehmen lässt, sollte die halbierte Gebühr gerade das Problem der Ergänzung von Grundschuldbestellungsanträgen lösen helfen. Diese auf eine einfache Handhabung gerichtete Zielsetzung würde weithin unterlaufen, wenn der Anwendungsbereich des S. 2 auf Entwürfe begrenzt wird, die auch ohne die Ergänzung für den Rechtsverkehr tauglich sind; für eine derartige einschränkende Auslegung enthält die Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte. Der Senat vermag auch einen rechtfertigenden Grund dafür, dass die Ergänzung eines Fremd-Entwurfs gerade durch den Belastungsgegenstand diesen zu einem "Eigenentwurf" des überprüfenden Notars machen soll, nicht zu erkennen (zutreffend Firnau BWNotZ 1993, 14). Dass die Praxis in benachbarten OLG-Bezirken an der vom Senat als überholt angesehenen Rechtsansicht bislang noch festgehalten wird, wie der Notar geltend macht, vermag der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Obergerichtliche Entscheidungen, die sich gegen die Senatsentscheidung vom 1. 6. 1992 stellen, hat der Senat nicht feststellen können. Deshalb besteht angesichts der Gesetzesänderung von 1987 auch keine Möglichkeit, den - seit Anfang 2002 eröffneten - Weg einer Divergenzvorlage zum BGH nach § 28 Abs. 2 FGG (vgl. Rohs / Wedewer, aaO, § 156 Rn 1) zu beschreiten.
Ende der Entscheidung
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