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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 13.05.2002
Aktenzeichen: 8 W 640/01
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 13 Abs. 5 S. 2
BRAGO § 16
BRAGO § 121 ff.
1. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO ist anwendbar auch in Fällen, in denen der frühere Auftrag vor dem 1.7.1994 und der neue Auftrag mehr als 2 Kalenderjahre danach erteil worden ist (Anschluss an OLG Karlsruhe JurBüro 1198, 26).

2. Eine "Erledigung" iSv § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO liegt vor, wenn das Verfahren länger als 3 Monate ruht und somit Fälligkeit (§ 16 BRAGO) eingetreten ist.


Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 640/01

vom 13. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung aus Automatenvertrag

hier: Vergütungsfestsetzung nach § 121 BRAGO für den PKH-Anwalt des Beklagten zu 1

Gründe:

1. In dem im Sommer 1992 eingeleiteten Verfahren ist dem Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden. Im Hinblick auf ein in der Berufungsinstanz anhängiges Parallelverfahren wurde das Klagverfahren einvernehmlich zum "Ruhen" gebracht und im Frühjahr 1994 nach § 7 AktO weggelegt. Die PKH-Vergütung des Vertreters des Beklagten wurde antragsgemäß festgesetzt.

Im Oktober 2000 wurde das Verfahren von der Klägerin wieder angerufen und später durch Abschluss eines Vergleichs - auf den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausdrücklich ausgedehnt wurde - beendet.

Bei der Vergütungsfestsetzung hat sich der Kostenbeamte auf den Rechtsstandpunkt gestellt, das 1992/93 geführte Verfahren sei mit dem im Jahre 2000 wiederaufgenommenen Verfahren eine einheitliche Angelegenheit im Sinne des § 13 Abs. 1 BRAGO. Deshalb seien nach § 134 BRAGO zum einen die alten Gebührensätze anzuwenden und außerdem die früher gewährte Vergütung in Abzug zu bringen. Die Erinnerung des Beklagtenvertreters hat das Gericht zurückgewiesen mit der Begründung, das Ruhen des Verfahrens sei keine Erledigung im Sinne von § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO. Mit der Beschwerde verfolgt der beigeordnete Anwalt seinen vollen Vergütungsanspruch weiter.

2. Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde des Vertreters des Beklagten hat in der Sache Erfolg, weshalb die richterliche Erinnerungsentscheidung aufzuheben und der Vergütungsbeschluss antragsgemäß zu erhöhen war.

Durch das am 1.7.1994 in Kraft getretene Kostenrechtsänderungsgesetz sind nicht nur die Gebührensätze erhöht, sondern ist in § 13 Abs. 5 BRAGO ein neuer Satz angefügt worden, der besagt, dass die weitere Tätigkeit des Rechtsanwalts in einer Angelegenheit dann als "neue Angelegenheit" zu behandeln ist, wenn der frühere Auftrag "seit mehr als 2 Kalenderjahren erledigt" ist.

Als "Erledigung" im Sinne des § 13 Abs. 5 ist nicht der endgültige Abschluss einer rechtlichen Angelegenheit zu verstehen; vielmehr soll - ebenso wie in § 13 Abs. 1 und Abs. 4 BRAGO - die Fälligkeit der Vergütung nach § 16 BRAGO maßgebend sein, wie auch in der amtlichen Begründung zum KostRÄndG angemerkt ist (OLG Karlsruhe JurBüro 1998, 26 = AnwBl. 1998, 217; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO 15. Aufl., Rn 93; Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., Rn 97; Hansens, BRAGO 8. Aufl., Rn 33, je zu § 13 BRAGO).

In § 16 BRAGO ist als die Fälligkeit der Vergütung auslösender Zeitpunkt unter anderem ausdrücklich das Ruhen des Verfahrens über mehr als drei Monate genannt. Deshalb teilt der Senat die vom OLG Karlsruhe (aaO) vertretene (und bislang unwidersprochen gebliebene) Ansicht, dass hier eine neue Angelegenheit anzunehmen ist (vgl. auch OLG Zweibrücken JurBüro 1999, 414; OLG München JurBüro 2000, 469 = RPfl 2000, 516 = AnwBl. 2698). Dies entspricht auch dem Sinn der Neuregelung.

§ 134 BRAGO steht nicht entgegen, denn wenn die Fortführung/Wiederaufnahme einer "erledigten" Angelegenheit nach einer zeitlichen Unterbrechung von mehr als 2 Kalenderjahren vom Gesetz nun als Auftrag zu einer neuen Angelegenheit fingiert wird, gilt diese Bestimmung auch für die Anwendung der Übergangsregelung. Soweit der Bezirksrevisor die Erteilung eines neuen Auftrags nach Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Klägerin in Frage stellt, vermag dies ebenfalls nicht durchzugreifen; ein entsprechender Auftrag des Beklagten kann nach dem Verfahrensgang unterstellt werden. Im übrigen spricht die Rechtsprechung, die (nach bisherigem Schuldrecht) die zweijährige Verjährung der Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse bejaht, für das gleiche Ergebnis.

Ende der Entscheidung

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