Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 14.04.2009
Aktenzeichen: 8 WF 30/09
Rechtsgebiete: ZPO, SGB II
Vorschriften:
ZPO § 115 | |
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 1 b | |
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 2 a | |
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 2 b | |
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 4 | |
SGB II § 21 Abs. 3 Nr. 1 |
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Tuttlingen vom 2.12.2008 aufgehoben.
Es verbleibt bei der ratenfreien Prozesskostenhilfebewilligung vom 10.10.2006.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe: 1.
Der Klägerin ist mit Beschluss vom 10.10.2006 für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt worden.
Auf die Anfrage der Rechtspflegerin vom 20.10.2008 hat die Klägerin eine neue Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 20.10.2008 mit entsprechenden Belegen vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin vom Landratsamts - Sozialamt - T. Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten. Außerdem hat sie über Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 100 EUR verfügt. Daraus hat die Rechtspflegerin eine monatliche Ratenzahlungsverpflichtung in Höhe von 15 EUR errechnet und mit Beschluss vom 2.12.2008 Zahlungen in dieser Höhe ab dem 20.12.2008 festgesetzt.
Gegen den ihr am 8.12.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 19.12.2008 sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass sich ihre finanzielle Situation verschlechtert habe. Seit dem 17. November arbeite sie halbtags und sei weiterhin auf Hartz IV angewiesen.
Mit Beschluss vom 4.3.2009 hat die Rechtspflegerin der Beschwerde insoweit abgeholfen, als sie die im Dezember 2008 fällige Rate gestundet hat. Im übrigen hat sie der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Darüber hinaus hat sie die Prozesskostenhilfebewilligung vom 10.10.2006 mit Änderung vom 2.12.2008 ab dem Monat März 2009 dahingehend abgeändert, dass die Klägerin ab dem 20.3.2009 monatliche Raten in Höhe von 60 EUR zu bezahlen hat.
Dieser Beschluss wurde der Klägerin am 13.3.2008 zugestellt. Hiergegen hat die Klägerin inzwischen ebenfalls Beschwerde eingelegt. Insoweit hat die Rechtspflegerin über eine mögliche Abhilfe noch nicht entschieden.
2.
Das zulässige, insbesondere fristgemäße Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
Zu entscheiden war über die Zahlungsverpflichtung in den Monaten Dezember 2008, Januar 2009 und Februar 2009 in Höhe monatlicher Raten von 15 EUR. Ab März 2009 soll die monatliche Ratenzahlungsverpflichtung 60 EUR betragen. Dies ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.
Im Dezember 2008 hatte die Klägerin Einkünfte in Höhe von 880,77 EUR: Erwerbseinkommen gem. Lohnabrechnung für Dezember i. H. v. 674,16 EUR zuzüglich Leistungen des Landratsamts T. zur Grundsicherung in Höhe von 206,61 EUR. Diese Leistungen sind als Einkommen im Sinn von § 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO zu berücksichtigen, nachdem die Klägerin darüber hinaus Erwerbseinkünfte hat (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8.1.2008 - FamRZ 2008,781).
Von diesem Einkommen sind in Abzug zu bringen der Freibetrag für die Klägerin gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 a) ZPO in Höhe von 386 EUR und der Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 1 b) ZPO in Höhe von 176 EUR. Der weiterhin abzuziehende Freibetrag für die Tochter ... (270 EUR nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 2 b ZPO i. V. m. der Rechtsverordnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) ist zu kürzen um eigene Einkünfte des Kindes, im vorliegenden Fall sind das 117 EUR nach dem UVG. Im Ergebnis sind damit für ... 153 EUR in Abzug zu bringen.
Wie sich den Bescheiden des Landratsamts T. entnehmen lässt, berücksichtigt dieses auch einen Mehrbedarf der Klägerin gem. § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II (entsprechend § 30 Abs. 3 Ziffer 1 SGB XII) in Höhe von 126,36 EUR im Hinblick darauf, dass bei der Klägerin ein unter sieben Jahre altes Kind lebt, für dessen Pflege und Erziehung sie zu sorgen hat. Mit der Gewährung dieses Mehrbedarfs wird einer besonderen Belastung eines alleinerziehenden Elternteils Rechnung getragen. Diese Leistung kompensiert besondere Belastungen im Sinn des § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und hat bei der Ermittlung der Höhe des Einkommens für die Berechnung der Ratenzahlungsanordnung nach § 115 ZPO außer Betracht zu bleiben, ist somit, da sie in der oben genannten Leistung bereits enthalten ist, in Abzug zu bringen (Beschluss des Kammergerichts vom 25.1.2007 - FamRZ 2007,9 115; vgl. auch MünchKommZPO/Motzer § 115 Rdnr. 46; Zöller/Philippi, ZPO , 27. Aufl. § 115 Rdnr. 39).
Weitere Abzüge sind zu machen für die Riester-Rente in Höhe von monatlich 5,25 EUR sowie die private Haftpflichtversicherung und die Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 4 EUR bzw. 20 EUR monatlich. Kein Abzug ist vorzunehmen im Hinblick auf die Kosten für Telefon, Strom, Gas, Lebensmittel und Windeln, da sie mit den Freibeträgen abgegolten sind. Die 35 EUR VWL werden vom Arbeitgeber direkt abgeführt und sind bei dem in der Monatsabrechnung ausgewiesenen Auszahlungsbetrag bereits berücksichtigt. Kosten des gegnerischen Anwalts können keine Berücksichtigung finden, solange hierauf noch keine Leistungen erbracht werden.
Mietzahlungen sind nicht zu berücksichtigen, da diese direkt im Rahmen der Grundsicherung an den Vermieter ausbezahlt werden.
Welche Leistungen zur Grundsicherung die Klägerin im Januar 2009 erhalten hat, ist den Anlagen nicht zu entnehmen. Für Februar waren es nach dem Bescheid des Landratsamts vom 23.1.2009 117,56 EUR. Wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin auch im Januar einen ähnlichen Betrag erhalten hat, ergibt sich zusammen mit ihrem Erwerbseinkommen für die Monate Januar und Februar ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 811 EUR. Im Hinblick auf die Abzüge gilt das oben ausgeführte. Damit verbleibt auch für diese Monate kein für Ratenzahlungen einzusetzendes Einkommen.
Ab März 2009 ändern sich die Leistungen zur Grundsicherung erneut, so das ab diesem Zeitpunkt eine Neuberechnung erfolgen muss.
3.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.