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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 26.05.2004
Aktenzeichen: 8 WF 50/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1615 l
BGB § 1615 l Abs. 2
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 568 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 8 WF 50/04

vom 26.05.2004

In der Familiensache

wegen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB

hier: Änderung der Prozesskostenhilfe

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart durch Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Gugenberger als Einzelrichter gemäß § 568 Satz 1 ZPO

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 25./29.12.2003 gegen den Beschluss der Rechtspflegerin beim Amtsgericht Oberndorf vom 26.11.2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

1. Der Klägerin war durch richterlichen Beschluss vom 22.11.2002 Prozesskostenhilfe bewilligt worden, um gegen den Vater ihrer drei jüngeren Kinder Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB geltend zu machen. Sie hat durch den verfahrensabschließenden Vergleich vom 10.04.2003 einen Vermögenszuwachs von insgesamt 60.000,00 EUR erlangt, von denen 22.500,00 EUR sofort und der Rest in fünf Teilbeträgen à 7.500 EUR jeweils zu Jahresanfang ab 2004 zu bezahlen waren. Mit ergänzendem Beschluss des Amtsrichters vom 24.07.2003 ist die Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsabschluss erstreckt und dabei ausdrücklich angeordnet worden, dass diese Verfahrenskosten bei Erhalt der ersten Ratenzahlung am 15.01.2004 zu bezahlen seien; dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.

Nach entsprechender Ankündigung hat die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 26.11.2003 die bewilligte Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO dahin abgeändert, dass die Klägerin aus dem erlangten Vermögenszufluss die gestundeten Prozesskosten in zwei Raten, fällig zum 15.01.2004 und zum 15.01.2005 zu zahlen hat.

Gegen den Rechtspflegerbeschluss wendet sich die Klägerin mit der als Widerspruch bezeichneten sofortigen Beschwerde vom 25.12.2003, mit der sie geltend macht, die Zahlungen des Beklagten benötige sie für den Unterhalt ihrer vier Kinder, insbesondere zur Finanzierung einer größeren Wohnung.

Die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen, sondern die Sache durch Beschluss vom 08.04.2004 hierher vorgelegt.

2. Das Rechtsmittel der Klägerin ist als sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig. Es hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung des Amtsgerichts und der Bezirksrevisorin, dass der durch den Vergleich vom 23. April 2003 festgelegte Betreuungsunterhalt nach § 1615 l Abs. 2 BGB eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin darstellt mit der Folge, dass die Voraussetzungen einer Änderung der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO erfüllt sind. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, ihr sei bei PKH-Bewilligung nicht bekannt gewesen, dass sie die ihr gewährte Hilfe aus den Zahlungen des Beklagten zurückzahlen müsse, kann dies nicht durchgreifen, denn dies ergibt sich aus dem - keineswegs neuen - Gesetz. Auch wird sie - entsprechend der Kostenregelung im Vergleich - nicht mit den Anwaltskosten des Beklagten, sondern nur mit den ihrem Anwalt geschuldeten Kosten und der Hälfte der Gerichtskosten belastet. Außerdem ist die Beschwerdeführerin durch den richterlichen Beschluss vom 24.07.2003 ausdrücklich auf ihre Zahlungspflicht hingewiesen worden.

Ob die Anfangszahlung des Beklagten in Höhe von 22.500,00 EUR und die nachfolgenden Zahlungen von 37.500,00 EUR in fünf Jahresraten als Vermögenszuwachs oder als wesentliche Veränderung der Einkommensverhältnisse zu bewerten sind, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn in jeden Falle rechtfertigt es dieser Mittelzufluss, die Klägerin für die grundsätzlich nur gestundete Prozesskostenhilfe nachträglich in Anspruch zu nehmen. Die Prozesskostenhilfe als Sonderform der Sozialhilfe hat den Zweck, einer hilfsbedürftigen Person die Führung eines Rechtsstreits zur Durchsetzung ihres Rechtsanspruchs zu ermöglichen; führt der zunächst auf Kosten der Allgemeinheit geführte Rechtsstreit zum Erfolg und beseitigt dadurch die Hilfsbedürftigkeit, ist es folgerichtig, wenn die Allgemeinheit in der Weise am Erfolg beteiligt wird, dass die vorfinanzierten Prozesskosten aus dem Ergebnis des Rechtsstreits (zurück)gezahlt werden.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie benötige diese Zahlungen für die Anmietung einer größeren Wohnung und für den Unterhalt für sich selbst und ihrer Kinder, so kann auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr ist die Beschwerdeführerin rechtlich verpflichtet, ihre künftige Lebensgestaltung so einzurichten, dass sie die ihr gestundeten Prozesskosten aus den durch den Prozess erlangten Zahlungen an die Staatskasse erstatten kann. Dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Betreuungspflichten gegenüber ihren Kindern auf absehbare Zeit gehindert ist, nennenswertes eigenes Arbeitseinkommen zu erzielen, war bei Abschluss des gerichtlich vorgeschlagenen Vergleichs erkennbar mit berücksichtigt.

Die Kostenfolge für dieses Beschwerdeverfahren ergibt sich aus Nr. 1956 KV/GKG.

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