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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 21.06.2000
Aktenzeichen: 9 U 214/99
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 515 Abs. 3 | |
ZPO § 97 | |
ZPO § 91 a | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 |
Nach Treu und Glauben können Rahmen von Verhandlungen über eine Bürgschaft Aufklärungspflichten und Warnpflichten für die Bank bestehen, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass der künftige Vertragspartner (Bürge) nicht hinreichend informiert ist und die Verhältnisse nicht durchschaut.
Zur Aufklärungspflicht einer Bank, wenn sie dem Hauptschuldner aufgrund erheblicher negativer Erfahrungen misstraut.
Oberlandesgericht Stuttgart - 9. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 9 U 214/99 24 O 124/98 LG Stuttgart
Verkündet am 21.06.2000
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Weinhardt) Just.Ang.'e
In Sachen
wegen Bürgschaftsforderung
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 17.5.2000 unter Mitwirkung von
Richter am Oberlandesgericht Ehmann, Richter am Oberlandesgericht Böhm und Richterin am Oberlandesgericht Weitbrecht
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten Ziff. 2 gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.7.1999 wird, mit der Maßgabe, daß der Rechtsstreit in Höhe der Hauptforderung von 63.747,16 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus vom 16.3.1997 bis 31.1.2000 erledigt ist, zurückgewiesen.
2. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte Ziff. 1 -1/5 und der Beklagte Ziff. 2 4/5.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren trägt der Beklagte Ziff. 2 3/4. Im übrigen trägt jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte Ziff. 2 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 178.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Streitwert: bis zur Erledigungserklärung: bis 220.000,00 DM, danach: bis 130.000,00 DM. Beschwer des Beklagten Ziff. 2: 127.494,79 DM.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer Bürgschaft in Anspruch.
Die Klägerin kreditierte die Hauptschuldnerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen deren Gesellschafter und waren. Diese befaßte sich mit Factoring-Geschäften, wobei sie von Fahrschulbetrieben deren Forderungen gegen die Fahrschüler erwarb und einzog. Zur Sicherung des gewährten Kontokorrentkredits in Höhe von 1,9 Mio. DM wurden die angekauften Forderungen im Wege einer stillen Globalzession auf die Klägerin übertragen.
Die Hauptschuldnerin geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten, weshalb ihre Gesellschafter im Dezember 1993 beschlossen, die Geschäfte zum Ende des Jahres einzustellen. Sie hatten zuvor den Beklagten Ziff. 2 anläßlich einer von diesem durchgeführten Liquidation eines Konkurrenzunternehmens kennengelernt. Der Beklagte Ziff. 2 gründete sodann zusammen mit dem Beklagten Ziff. 1 und dem dritten Bürgen am 27.12.1993 die Firma mit dem Zweck, dieselben Geschäfte wie die Hauptschuldnerin zu betreiben und deren Kundenstamm zu übernehmen. Die Gesellschafter und der Hauptschuldnerin wurden zu Geschäftsführern der bestellt.
Die Klägerin war hiervon unterrichtet und hatte ursprünglich der Hauptschuldnerin zugesagt, noch restliche im Dezember 1993 auf das Girokonto gezogene Schecks in Höhe von insgesamt 200.000,00 DM auszuzahlen. Mit ihnen sollten die Kaufpreise für die im Dezember erworbenen Forderungen beglichen werden. Die Klägerin ging davon aus, daß durch den Wegfall des operativen Geschäfts die Ausgaben abnehmen würden und sich der Schuldensaldo durch den Einzug der erworbenen Forderungen stetig verringern würde. Tatsächlich aber stellte sie nach einer Mitteilung der Hauptschuldnerin vom 15.1.1994 über den Forderungsbestand (Bl. 73) fest, daß zwar der Forderungsbestand abgenommen, der Schuldenstand auf dem Geschäftskonto jedoch erheblich (auf ca. 2,8 Mio. DM) gestiegen war. Dies nahm sie zum Anlaß, den Gesellschafter der Hauptschuldnerin und den Beklagten Ziff. 2 zu einem Gespräch zu bitten, welches am 26.1.1994 stattfand. Der Gesellschafter der Hauptschuldnerin, auf den geringen Forderungsbestand und den gestiegenen Schuldsaldo angesprochen, erklärte, die Gesamtsumme der Forderungen betrage nicht, wie am 15.1.1994 angegeben, 2.224.346,82 DM, sondern tatsächlich 2.556.384,11 DM.
Die Klägerin teilte gleichwohl der Hauptschuldnerin mit, daß sie die Einlösung der genannten Schecks, die ihr zum Teil in der Zwischenzeit präsentiert worden waren, verweigere. Der Beklagte Ziff. 2 sah das Geschäft der gefährdet, wenn die Schecks zurückgegeben werden würden. Einen bereits der Klägerin vorliegenden fälligen Scheck in Höhe von 5.000,00 DM löste er selbst ein, für den nächsten Tag drohte aber bereits die Rückgabe von Schecks in einer Höhe von insgesamt 63.000,00 DM. Deshalb bot er eine Bürgschaftserklärung für die noch ausstehenden Scheckbeträge an, was aber von der Klägerin abgelehnt wurde. Man trennte sich am 26.1.1994 ergebnislos. Gleichwohl nahmen die Parteien des Rechtsstreits kurzfristig die Verhandlungen wieder auf und die Beklagten sowie unterzeichneten am 27.1.1994 die in Anl. K 1 und K 2 (Bl. 6 - 8) vorgelegte Bürgschaftsurkunde, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Danach bürgten die Beklagten und für die auf dem Girokonto der Hauptschuldnerin bestehenden Verbindlichkeiten bis zu einer Höchstsumme von 191.241,95 DM. Zahlungseingänge sollten ab dem Schuldsaldo von 1,3 Mio. DM auf die Bürgschaftsforderung der Klägerin angerechnet werden. Im Gegenzug löste die Klägerin die von der Hauptschuldnerin ausgestellten Schecks ein.
Anfang 1995 entdeckten die Parteien, daß durch Buchungsmanipulationen bei der Hauptschuldnerin die Forderungsliste zum Stand Januar 1994 Forderungen in Höhe von ca. 518.000,00 DM ausgewiesen hatte, die tatsächlich bereits durch Zahlungen bzw. durch Einzug über dritte Banken erloschen waren. Ab 1995 zog daher die Klägerin die an sie abgetretenen Forderungen selbst ein. Im März 1997 nahm sie die Beklagten und aus der Bürgschaft in Anspruch.
Die Klägerin hat vorgetragen, sämtliche Zahlungseingänge seien entsprechend der Bürgschaftsvereinbarung dem verbürgten Girokonto gutgeschrieben worden mit Ausnahme eines Betrages von 24.279,68 DM, den sie sich aber anrechnen lasse.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin DM 191.241,95 zu bezahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz daraus ab 16.3.1997.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben vorgetragen, bei Berücksichtigung aller Zahlungen und Bürgschaftsvereinbarungen betrage der Saldo des Kontos weniger als 1,1 Mio. DM. Entgegen der Verpflichtung aus der Zusatzvereinbarung zur Bürgschaftsurkunde habe die Klägerin alle Aufwendungen zu Lasten des Girokontos gebucht. Fehlerhaft und vertragswidrig habe sie auch Zins und Zinseszins berechnet.
Die Klägerin habe es trotz eines Hinweises des Beklagten Ziff. 2 nicht unterbunden, daß die Gesellschafter und der Hauptschuldnerin Forderungen in Höhe von annähernd 100.000,00 DM über ein Konto bei der selbst eingezogen hätten.
Die Klägerin habe auch nicht vorgetragen, warum fast kein einziger Teilbetrag aus den abgetretenen Forderungen auf dem Girokonto eingegangen sei. Die Beklagten könnten dem Vortrag der Klägerin auch nicht entnehmen, welche Bemühungen die Klägerin angestellt habe, um die Forderungen einzuziehen.
Im übrigen stehe dem klägerischen Anspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die Klägerin habe nämlich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages Kenntnis davon gehabt, daß der Bestand der abgetretenen Forderungen in Wirklichkeit weit geringer gewesen sei als im Januar 1994 mitgeteilt. Gleichwohl habe sie diese Kenntnis den Beklagten nicht offenbart, obwohl sie offenkundig davon habe ausgehen müssen, daß die Beklagten in Kenntnis des wahren Sachverhalts die Bürgschaft nicht übernommen hätten. Zudem habe sie offenbaren müssen, daß die Zessionslisten nur einen Bestand von 2,2 Mio. DM gehabt hatten und nicht 2,556 Mio. DM.
Aufgrund einer Berechnung des Mitarbeiters vom 26./27.1.1994 hätten die Beklagten davon ausgehen müssen, daß die Bürgschaft risikolos sei.
Das Landgericht hat die Zeugen und vernommen und ein mündliches Sachverständigengutachten zur Forderungsbewertung erstellen lassen (auf die Protokollniederschriften wird verwiesen, Bl. 120 ff, 257 ff).
Das Landgericht hat mit dem am 20.7.1999 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieses Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihnen am 26.7.1999 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 23.8.1999 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist begründet.
Im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung zahlte der Beklagte Ziff. 1 an die Klägerin 63.747,16 DM zuzüglich Zinsen bis 31.1.2000, insgesamt 77.492,83 DM. Er nahm die Berufung zurück.
Der Beklagte Ziff. 2 ist der Ansicht, die Klägerin habe ihre Aufklärungspflichten verletzt und zudem einen für die Beklagten besonderen Gefährdungstatbestand gesetzt. Im Gespräch vom 26.1.1994 und bis zur Unterschrift unter die Bürgschaftserklärungen am 27.1.1994 seien die Beklagten sowie ihr Mitbürge davon ausgegangen, daß an die Klägerin Forderungen in Höhe von 2,556 Mio. DM von der Hauptschuldnerin abgetreten worden seien. Die Klägerin jedoch habe Kenntnis davon gehabt, daß der Forderungsbestand weit geringer gewesen sei. Dreimal vor der Unterschriftsleistung habe der Beklagte Ziff. 2 den Zeugen Mitarbeiter der Klägerin, gefragt, ob der ausgewiesene Forderungsbestand richtig sei, habe geantwortet, die Klägerin habe die Zahlen vom Zeugen bekommen. Sie ginge davon aus, diese seien in Ordnung. Tatsächlich aber habe der weitere Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge gewußt, daß diese Zahlen nicht richtig gewesen seien.
Die Klägerin habe den Beklagten Ziff. 2 und die übrigen Bürgen in Zeitdruck und auch sonst unter Druck gesetzt, um die Bürgschaft zu erhalten. Tatsächlich hätte sie aber einen besonderen Gefährdungstatbestand dadurch geschaffen, daß sie die Bewertung der abgetretenen Forderungen in unrealistischer Weise vorgenommen habe.
Die Klägerin und der Beklagte Ziff. 2 erklärten übereinstimmend im Termin vom 17.5.2000 den Rechtsstreit in Höhe des vom Beklagten Ziff. 1 gezahlten Betrages für erledigt.
Der Beklagte Ziff. 2 beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart, AZ.: 24 O 124/98, vom 20.7.1999 wird abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt:
Unter Berücksichtigung der übereinstimmenden Erledigungserklärung wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe keine Kenntnis von der Unrichtigkeit des Forderungsbestandes gehabt. Sie habe auch nicht Druck auf die Bürgen ausgeübt.
Tatsächlich sei die vom Beklagten Ziff. 2 am 26.1.1994 angebotene Bürgschaftserklärung sogar abgelehnt worden. Erst als sich der Beklagte Ziff. 2 daraufhin an den Direktor der Klägerin gewandt habe, habe er erreichen können, daß gegen Übernahme der Bürgschaftserklärung die Schecks eingelöst worden seien.
Ein Gespräch zwischen den Bürgen und dem Zeugen sei zu keinem Zeitpunkt darüber geführt worden, ob der Forderungsbestand in Höhe von 2,556 Mio. DM stimme oder nicht. Der Zeuge habe lediglich die Unterschriften der Bürgen entgegengenommen, ohne in die Sache überhaupt involviert gewesen zu sein. Die Berechnung, die die Klägerin zur Feststellung der Bürgschaftssumme angestellt habe, hätten die Bürgen nicht als Beratung aufgefaßt, sondern lediglich als Vorschlag zur Ermittlung der Bürgschaftshaftungsgrenze.
Hierüber sei dann verhandelt worden.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die im Berufungsverfahren von den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten Ziff. 2 ist unbegründet.
Dem Beklagten Ziff. 2 steht ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß, der zum Einwand der unzulässigen Rechtsausübung führen könnte, gegen die Klägerin nicht zu. Aufklärungspflichten im Rahmen der Bürgschaftsverhandlungen treffen die Bank nur dann, wenn sie durch ihr Verhalten oder auch für sie erkennbar einen Irrtum des Bürgen über dessen erhöhtes Risiko veranlaßt hat. Aufklärungs- und Warnpflichten können nach Treu und Glauben dann bestehen, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, daß der künftige Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH NJW 1997, 3230 f, 3231).
Die genannten Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Klägerin konnte weder erkennen, daß sich der Beklagte Ziff. 2 oder seine Mitbürgen im Irrtum über das Ausmaß ihres Risikos befunden haben, noch hat sie durch ihr Verhalten einen solchen Irrtum veranlaßt. Sie konnte nicht davon ausgehen, daß sie hinsichtlich des Bestandes der abgetretenen Forderungen bessere Kenntnisse haben würde als die Beklagten, insbesondere der Beklagte Ziff. 2. In dessen Beisein nämlich hatte die Klägerin vom Zeugen die - unrichtige - Information erhalten, der Forderungsbestand betrage tatsächlich über 2,5 Mio. DM. Damit wußte der Beklagte Ziff. 2, wie die Klägerin das Wissen über den Forderungsbestand erlangt hatte, nämlich keinesfalls durch Überprüfung einer ins Einzelne gehenden Zessionsliste. Zusätzlich hatte die Klägerin die Beklagten in ihrem Vorschlag für die Ermittlung der Haftungsgrenze (Anl. B 1, Bl. 28) darauf hingewiesen, daß ihre Erkenntnisse über den aufgeführten Forderungsbestand auf den Angaben des Zeugen beruhten. Daß der Zeuge möglicherweise dem Zeugen nicht glaubte, und nur so ist seine Aussage vor dem Landgericht (Bl. 142) zu verstehen, mußte von ihm nicht zusätzlich offenbart werden. Der Beklagte Ziff. 2 war nämlich, wie sich aus seinem Aktenvermerk vom 28.1.1994 und aus seiner Darstellung der Ereignisse vom 3. Januar 2000 ergibt (Bl. 243 und 331), vom Zeugen davon unterrichtet worden, daß dieser den Gesellschaftern der aufgrund erheblicher negativer Erfahrungen mißtraute. Zudem konnte die Klägerin davon ausgehen, daß sich die Bürgen und damit auch die Beklagten über die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere über die Außenstände der eigene Kenntnisse verschaffen würden. Nach dem Aktenvermerk des Beklagten Ziff. 2 vom 28.1.1994 (Bl. 243, dort Ziff. 4) hatte sich denn auch der Beklagte Ziff. 2 den Forderungsbestand in Höhe von 2,556 Mio. DM von bestätigen lassen. Die Klägerin hatte ebenso wie die Beklagten keinerlei Kenntnisse über konkrete Manipulationen an der Forderungsliste durch den Zeugen. Die Klägerin hatte ihre Verdachtsmomente, insbesondere daß Ungereimtheiten darin bestanden, daß der Soll-Saldo auf dem Girokonto nicht verringert wurde, obwohl das operative Geschäft der im wesentlichen eingestellt war und vor allen Dingen nur noch Geldeingänge zu erwarten gewesen wären, in der Besprechung am 26.1.1994 in Gegenwart des Beklagten Ziff. 2 dargelegt. Das Verhalten der Klägerin hat daher gerade nicht einen Irrtum beim Beklagten Ziff. 2 oder den Mitbürgen hervorgerufen, sondern mußte diesen ebenfalls mißtrauisch gegenüber dem Geschäftsgebaren der Gesellschafter der machen.
Die Klägerin ist auch nicht deshalb zum Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsschluß verpflichtet, weil sie, wie die Beklagten behaupten, für sie einen besonderen Gefährdungstatbestand geschaffen hätte, indem sie eine möglicherweise unrealistische Bewertung der an sie abgetretenen Forderungen vorgenommen hatte. Die Klägerin hatte in ihrem Vorschlag für die Ermittlung der Haftungsgrenze vom 26.1.1994 (Bl. 28) im Einzelnen aufgeführt, wie sie zur Bewertung der an sie abgetretenen Forderungen gekommen war. Der Beklagte Ziff. 2 durfte sich aufgrund dieses Vorschlages nicht darauf verlassen, daß die Bewertung einer objektiven Richtigkeit entsprach. Daß er dies auch nicht getan hatte, ergibt sich aus dem Schreiben aller drei Bürgen vom 27.1.1994 (Bl. 97). Darin erinnert der Beklagte Ziff. 2 daran, daß sie selbst die verbleibende Restverschuldungsquote zwischen 1,2 und 1,4 Mio. DM sehen und nicht, wie die Klägerin, bei 1,075 Mio. DM. Die Bürgen weisen auf S. 2 dieses Schreibens darüber hinaus darauf hin, daß sie sich die Erfahrungen von zwei Liquidations-Abwicklungen zunutze machten, d.h. sie wiesen auf ihre besondere Sachkunde hin. Die Klägerin konnte daher davon ausgehen, daß der Beklagte Ziff. 2 eigene Erfahrungen bei der Bewertung von Forderungen im Fahrschulgeschäft gewonnen hatte und daher in der Lage war, dem Vorschlag der Klägerin eine eigene Ermittlung der Haftungsgrenze entgegenzusetzen unter Darlegung eigener Forderungsbewertungen.
Auch die Behauptung des Beklagten Ziff. 2, die Klägerin habe ihn und die Mitbürgen zur Unterschrift genötigt, hat sich nicht als wahr erwiesen. Alle drei Bürgen hatten als Gesellschafter der Firma ein hohes Interesse daran, daß die von der ausgestellten Schecks eingelöst werden würden. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Aktenvermerk des Beklagten Ziff. 2 vom 28.1.1994. Unter Ziff. 2 ist dort vermerkt, daß er verhindern wollte, daß durch einen "black-out der das erst begonnene Fahrschul-Geschäft der gefährdet wird. - Bei einem Konkurs oder Nichteinlösen von V-Schecks an die Fahrschulen wäre die sofort an die Wand gestellt worden." Die Klägerin ihrerseits wollte keineswegs von vornherein die Bürgschaftserklärungen der Beklagten entgegennehmen. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Gesprächs vom 26.1.1994, in dem sie eine von dem Beklagten Ziff. 2 angebotene Bürgschaftserklärung ablehnte. Die an diesem Gespräch beteiligten Mitarbeiter der Klägerin, die Zeugen und waren genauso wie der Zeuge bei Gesprächsende davon ausgegangen, daß die Schecks der nicht mehr eingelöst würden und der Konkursantrag gestellt werden müßte. Dies ergibt sich aus den Aussagen der genannten Zeugen. Es war der Beklagte Ziff. 2 gewesen, der erreicht hatte, daß man über die Einlösung der Schecks und die Gewährung von weiteren Sicherheiten verhandelte. Der Zeitdruck, den die Beklagten beklagen, entstand durch die Scheckfristen. Ein Teil der Schecks war nämlich bereits vorgelegt gewesen und hätte von der Klägerin zurückgegeben werden müssen.
Aus der Tatsache, daß die Klägerin möglicherweise der zugesagt hatte, die Schecks einzulösen, ergibt sich kein Schadensersatzanspruch des Beklagten Ziff. 2, weil diesem gegenüber eine solche Zusage nicht gegeben wurde. Die Bürgschaftserklärung war eine Folge der Weigerung, die Schecks einzulösen. Sie wurde nicht wegen der der erteilten Zusage abgegeben.
Die Berufung des Beklagten Ziff. 2 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 515 Abs. 3, 97, 91 a ZPO. Die Klage war zulässig und begründet gewesen, wie sich aus dem oben Gesagten ergibt.
Die Teilzahlung des Beklagten Ziff. 1 hat sie teilweise erledigt.
Im Rahmen des § 515 Abs. 3 ZPO wurde berücksichtigt, daß die Klägerin auf Kostenerstattung gegenüber dem Beklagten Ziff. 1 verzichtet hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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