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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 27.11.2002
Aktenzeichen: 9 U 59/02
Rechtsgebiete: DÜG, BGB, ZPO


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 826
ZPO § 91 a
ZPO § 92
ZPO § 269
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Verschweigt eine Anlagevermittlungsgesellschaft mbH ihrem Kunden für die Anlageentscheidung wesentliche Tatsachen, kommt im Schadensfalle eine Haftung ihres Geschäftsführers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Betracht (in Anlehnung an BGH, Urteil v. 03.10.89, Az.: XI ZR 157/88)
Oberlandesgericht Stuttgart - 9. Zivilsenat - Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 9 U 59/02

Verkündet am: 27.11.2002

wegen Schadensersatz

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2002 unter Mitwirkung von

Richter am Oberlandesgericht Böhm, Richterin am Oberlandesgericht Weitbrecht und Richterin am Landgericht Columbus

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27.2.2002 - 19 O 321/01 - in Ziff. 3-5 seines Tenors geändert:

1. Der Beklagte Ziff. 3 wird als Gesamtschuldner mit der Beklagten Ziff. 2 verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte an der Beteiligung in Höhe von 375.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio am geschlossenen Immobilienfonds ... gemäß Beitrittserklärung vom 28.12.1998 und vom Notariat I ... am 10.2.1999 - 1 UR 133/99 - beglaubigter Handelsregistervollmacht, und der Beteiligung in Höhe von 375.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio am geschlossenen Immobilienfonds ... gemäß Beitrittserklärung vom 28.12.1998 am und vom Notariat I am 10.2.1999 - 1 UR 134/99 - beglaubigter Handelsregistervollmacht,

a) 75.415,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 (BGBl. I S. 1242) aus 152.471,84 € vom 18.10. 2001 bis 8.3.2002 und aus 75.415,89 € seit dem 9.3.2002 zu bezahlen und

b) den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aufgrund der mit der ... (Bank) ... abgeschlossenen Darlehen Nr. ... in Höhe von 250.000,00 DM vom 28.7.1999 und Nr. ...in Höhe von 250.000,00 DM vom 28.7.1999, die jeweils, da endfällig am 30.8.2001, per 28.9.2001 mit 250.000,00 DM (= 127.822,97 €) valutieren und mit 5 % Zinsen jährlich zu verzinsen sind, freizustellen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte Ziff. 3 mit der Annahme der Rechte an den oben unter Ziff. 1 aufgeführten Beteiligungen in Verzug befindet.

II. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagten Ziff. 2 und 3 2/3 als Gesamtschuldner. Die Beklagten Ziff. 2 und 3 tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 14 % und der Beklagte Ziff. 3 86%.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Der Beklagte Ziff. 3 darf die Sicherheitsleistung durch eine unbefristete, unwiderrufliche und unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbringen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens

bis zur Erledigungserklärung: 408.117,78 € nach Erledigungserklärung: 331.061,83 € Beschwer des Beklagten Ziff. 3: 331.061,83 €

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt nach Rücknahme der Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 in erster Instanz von den Beklagten Ziff. 2 und 3 Schadensersatz wegen fehlerhafter Aufklärung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an Immobilienfonds. In zweiter Instanz ist nur noch das Verfahren gegen den Beklagten Ziff. 3 anhängig.

Zu den Einzelheiten des in erster Instanz gehaltenen Sachvortrags beider Parteien wird auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).

Am 4.2.2002 schlossen der Kläger und die Beklagte Ziff. 1 einen Vergleich, wonach die Beklagte Ziff. 1 an den Kläger 150.000,00 DM zu zahlen hat. In Ziff. 2 des Vergleichs (Bl. 193) ist bestimmt, dass mit dieser Zahlung alle Ansprüche zwischen der Beklagten Ziff. 1 und dem Kläger betreffend den Streitgegenstand abgegolten sind. In zweiter Instanz ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass die Parteien des Vergleiches übereinstimmend gewollt und vereinbart haben, dass der Kläger nur 150.000,00 DM von der Beklagten Ziff. 1 erhalten sollte unter Beibehaltung seiner Darlehensverbindlichkeiten im Übrigen.

Am 8.3.2002 - nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils - zahlte die Beklagte Ziff. 1 den Vergleichsbetrag von 77.055,95 €.

Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte Ziff. 2 stattgegeben. Die Klage gegen den Beklagten Ziff. 3 hat es abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 4.3.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.3.2002 im Verfahren gegen den Beklagten Ziff. 3 Berufung eingelegt und diese am 29.4.2002 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Klägers durch den Beklagten Ziff. 3 zu Unrecht verneint. Dabei habe es den Vortrag in der Klageschrift auf den S. 9 bis 14, insbesondere auf S. 12 zum Vorsatz des Beklagten Ziff. 3 nicht berücksichtigt. Dort sei unter Beweisantritt umfänglich vorgetragen worden, dass der Beklagte Ziff. 3 dem Kläger sehenden Auges und in Kenntnis von schwerwiegenden - einer Investition entgegenstehenden - Verdachtsmomenten die streitgegenständlichen Immobilienfonds zum Kauf empfohlen habe. Er habe den Kläger von dem ihm bekannten seit April 1998 gegen H. geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und von der negativen Presseberichterstattung kurz vor Ankauf der streitgegenständlichen Beteiligungen nicht informiert, obwohl er selbst als Geschäftsführer der Beklagten Ziff. 2 von einem Redakteur des "..." telefonisch vor dem weiteren Vertrieb der Immobilienfonds des H. gewarnt worden sei. Der Beklagte Ziff. 3 habe an keiner einzigen Stelle seines Vertrags in erster Instanz bestritten, über die negative Presseberichterstattung aufgeklärt gewesen zu sein. Er habe lediglich in seiner Klagerwiderung den Kläger wissen lassen, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, sein Angebot selbst kaputt zu reden.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärte der Kläger den Rechtsstreit in Höhe von 77.055,95 € im Klagantrag Ziff. 1a für erledigt und beantragt:

1. Der Beklagte zu 3) wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte an der Beteiligung in Höhe von 375.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio am geschlossenen Immobilienfonds ... gemäß Beitrittserklärung vom 28.12.1998 und vom Notariat I ... am 10.2.1999 - 1 UR 133/99 - beglaubigter Handelsregistervollmacht, und der Beteiligung in Höhe von 375.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio am geschlossenen Immobilienfonds ... gemäß Beitrittserklärung vom 28.12.1998 am und vom Notariat I ... am 10.2.1999 - 1 UR 134/99 - beglaubigter Handelsregistervollmacht,

a) 75.415,89 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 (BGBl. 1 S. 1242) aus dem Betrag von 152.471,84 € ab Rechtshängigkeit bis zum 8.3.2002 und aus 75.415,89 € seit dem 9.3.2002 zu bezahlen und

b) den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aufgrund der mit der B. abgeschlossenen Darlehen Nr. ... in Höhe von 250.000,00 DM vom 28.7.1999 und Nr. ... in Höhe von 250.000,00 DM vom 28.7.1999, die jeweils, da endfällig am 30.8.2001, per 28.9.2001 mit 250.000,00 DM (= 127.822,97 €) valutieren und mit 5 % Zinsen jährlich zu verzinsen sind, freizustellen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 3) mit der Annahme der Rechte an den oben unter Ziffer 1 aufgeführten Beteiligungen in Verzug befindet.

Der Beklagte schließt sich der Teilerledigungserklärung an und beantragt im übrigen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist der Ansicht, er habe den Kläger nicht vorsätzlich und in sittenwidriger Weise geschädigt. Der Kläger sei nicht unerfahren gewesen. Er sei ein erfahrener Geschäftsmann, der als Geschäftsführer eines Unternehmens Einkünfte in Millionenhöhe erziele und so mit Direktanlagen in Immobilien und Immobilienfonds lange Zeit vor Zeichnung der streitgegenständlichen "H.-Fonds" einschlägige Erfahrungen gesammelt habe. Der Kläger und der Beklagte Ziff. 3 hätten immer als zwei erfolgreiche Unternehmer auf "Augenhöhe" verhandelt. Es habe kein strukturelles Ungleichgewicht der Verhandlungsstärke gegeben, das als Kriterium für eine Sittenwidrigkeit herangezogen werden könne.

Die Aufklärungspflicht der Beklagten Ziff. 2 habe darin bestanden, auf die Existenz der kritischen Berichterstattung in der Tagespresse als solche hinzuweisen. Sie sei, wie das Landgericht zu Recht festgestellt habe, nicht verpflichtet gewesen, diese Presseartikel zu bewerten. Für die Qualifizierung der Pflichtverletzung komme es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, wie schwerwiegend die in den zitierten Publikationen geäußerten Verdachtsmomente gewesen seien. Bei den Presseartikeln habe es sich im Kern nicht um Tatsachenbehauptungen gehandelt, sondern um reine Werturteile, die einem Beweis nicht zugänglich gewesen seien.

Die dem Beklagten Ziff. 3 vorgeworfene Pflichtverletzung sei deckungsgleich mit der behaupteten Pflichtverletzung der Beklagten Ziff. 2. Ein über die Verletzung der Auskunftspflicht der Beklagten Ziff. 2 hinausgehendes, besonders anstößiges Verhalten des Beklagten Ziff. 3 sei nicht ersichtlich. Die Eigenhaftung des gesetzlichen Vertreters werde von der Rechtsprechung nur unter sehr engen Voraussetzungen bejaht. Diese Grundsätze dürften nicht durch eine extensive Auslegung des § 826 BGB ausgehebelt werden.

Der Beklagte Ziff. 3 habe nicht vorsätzlich gehandelt. Insbesondere habe er die behaupteten kritischen Stimmen in Tagespresse und Fachzeitschriften vor und bei den Beitrittsverhandlungen mit dem Kläger nicht vorsätzlich verschwiegen. Das Vergessen des Hinweises begründe allenfalls Fahrlässigkeit. Von einem grob gewissenlosen und grob rücksichtslosen Verhalten des Beklagten Ziff. 3 könne keine Rede sein.

Auch fehle es an einem Schädigungsvorsatz. Es gebe immer kritische Stimmen, die gewöhnlich durch die Konkurrenz veranlasst würden. Es habe genug Unternehmen und Personen gegeben, die ein Interesse daran gehabt hätten, die von der Beklagten Ziff. 2 angebotenen Kapitalanlagen herabzuwürdigen. Es sei bekannt, dass Veröffentlichungen über Marktteilnehmer in Brancheninformationsdiensten und anderen Medien von Fall zu Fall finanziell von Wettbewerbern belohnt würden. Für eine sachgerechte Beurteilung einer Kapitalanlage fehlte den Verfassern solcher Presseberichte gewöhnlich die Sachkompetenz.

Der Beklagte Ziff. 3 sei vor und bei den Beitrittsverhandlungen mit dem Kläger fest davon überzeugt gewesen, dass die streitgegenständliche Beteiligung werthaltig gewesen sei und der Kläger aus ihr den erwarteten Nutzen ziehen würde. Er habe sich auch selbst an vergleichbaren H.-Objekten mit erheblichen Beträgen beteiligt.

Bei den Beitrittsverhandlungen habe der Beklagte Ziff. 3 nicht in Betracht gezogen, dass die Berichterstattung in den erwähnten Medien, die ohnehin einer sachlichen Substanz entbehrten, für den Schaden ursächlich hätten sein können.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Der Beklagte Ziff. 3 haftet - als Gesamtschuldner mit der Beklagten Ziff. 2 - nach § 826 BGB für den dem Kläger entstandenen Schaden.

Die Beklagte Ziff. 2, deren Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagte Ziff. 3 ist, war als Anlagevermittlerin zu richtiger und vollständiger Information des Klägers über die wesentlichen tatsächlichen Umstände der beiden Immobilienfonds verpflichtet, wobei es nicht darauf ankommt, dass der Kläger als ein erfahrener Anleger einzustufen ist. Zu dieser Pflicht gehörte es auch, den Kläger über kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse zu unterrichten (BGHZ 123, 126 f). Die Beklagte Ziff. 2, und für sie handelnd der Beklagte Ziff. 3, hatte es aber unterlassen, folgende - zeitnah vor dem Abschluss der hier streitgegenständlichen Verträge erschienene - Presseberichte mitzuteilen:

Bereits am 24.9.1998 hatte die Zeitschrift "..." berichtet, dass der Initiator der Immobilienfonds ... selbst Gesellschafter eines Unternehmens ist (zu 50 %), das er als Pächterin früherer von ihm initiierten Fonds eingesetzt hatte, ohne die Verflechtung offen zu legen.

Der "..." vom 7.10.1998 wies auf das schwer durchschaubare Unternehmensgeflecht des H. hin, was zu gegenseitigen Schuldzuweisungen der der Gruppe angehörenden Einzelgesellschaften geführt haben soll. Sicher sei jedoch, dass einige Dr. H-Fonds keine Erträge erzielten. Zum ..., an welcher Anlage sich der Kläger beteiligt hatte, waren Standortnachteile (Schmutz und Lärm) sowie Genehmigungsprobleme genannt worden.

Am 29.10.1998 hatte die ... Zeitung "..." darauf hingewiesen, dass die Fonds der H.-Unternehmensgruppe nicht mehr zahlungsfähig seien, weil die erzielbaren Pachtzinsen (die die einzige Einnahmequelle der Fonds waren) bei den Seniorenresidenzen zu hoch angesetzt worden seien. Ausdrücklich wurde auch hier der Immobilienfonds in ... genannt. Insbesondere wurde auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die die von H. initiierten Seniorenheime mit den Pächtergesellschaften hatten, die sich zur Zahlung der Pachtzinsen in vereinbarter Höhe außer Stande sehen würden. Obwohl H. bereits die Erkenntnis gehabt habe, dass die Mieteinnahmen für den Bereich betreuten Wohnens als Folge eines ausreichenden Angebots gesunken seien, werbe er unverdrossen, auch für den ..., mit einem "positiven Bild" bei den Pachteinnahmen (Bl. 55).

Zwei Tage später, am 1.11.1998, berichtete "..." über bestehende finanzielle Probleme der Immobilienfonds der H.-Unternehmensgruppe. Diese wurden mit zu geringen Pachteinnahmen begründet. Gerade auch in Bezug des Seniorenheims in ... wird von "Wirren" um die Betreibergesellschaften berichtet. Die Pachteinnahmen bei allen angesprochenen Fonds würden nur zur Hälfte gezahlt.

Von diesen Presseberichten hätte die Beklagte Ziff. 2 den Kläger unterrichten müssen. Das Schicksal der in der Vergangenheit gegründeten, Seniorenheime betreffenden Immobilienfonds des Initiators H. und sein Einfluss über verbundene Unternehmen waren wesentliche Umstände, die den Erfolg weiterer von ihm initiierter Anlagemodelle in Frage zu stellen geeignet waren und zumindest nach weiterer Aufklärung der berichteten Tatsachen verlangten. In den vorgelegten Artikeln wurden entgegen der Ansicht des Beklagten Ziff. 3 Tatsachen und nicht nur Meinungen mitgeteilt, nämlich die bedrohlich niedrigen Pachteinnahmen der Fonds, die undurchschaubaren Verflechtungen der H.-Unternehmensgruppe mit den Betreibergesellschaften, und, im Falle des Fonds in ..., an dem sich der Kläger beteiligt hatte, bestehende Standortnachteile verbunden mit Genehmigungsproblemen. Hinzu kommt, dass, wie der Beklagte Ziff. 3 und damit auch die Beklagte Ziff. 2 wussten, gegen H. im April 1998 ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Untreue eingeleitet worden war, das geeignet war, das Vertrauen in die Seriosität der Fonds und der für sie handelnden Personen und Gesellschaften zu zerstören.

Die Aufgabe des Beklagten Ziff. 3 als Geschäftsführer der Beklagten Ziff. 2 war es gewesen, sicherzustellen, dass die oben geschilderten Verpflichtungen der Beklagten Ziff. 2 im Rahmen der Anlagevermittlung erfüllt werden. Insbesondere durfte er mit der Überlegung, der Wahrheitsgehalt der Presseberichte sei nicht erwiesen, eine Information der noch zu gewinnenden Anleger nicht unterlassen. Die Bewertung der Presseberichte musste er den Anlegern selbst überlassen, zumal er keine Anhaltspunkte gehabt hatte, die für eine Unwahrheit der mitgeteilten Tatsachen sprachen, zumindest hat er solche nicht vorgetragen.

Der Beklagte Ziff. 3 sorgte jedoch dafür, dass dem Kläger die Presseberichte verschwiegen wurden, und zwar in dem Bewusstsein und mit der Befürchtung, der Kläger werde bei Kenntnis der berichteten Tatsachen von der Anlage Abstand nehmen, wie es sich aus seiner im Schriftsatz vom 21.11.2001 vertretenen Auffassung ergibt, kein Anlagevermittler sei verpflichtet, sein Angebot selbst kaputt zu reden (Bl. 76). Stattdessen wiegte er den Kläger noch zusätzlich in Sicherheit, indem er erklärte, nur guten Freunden empfehle er eine solche Anlage. Ein solches Verhalten ist in höchstem Maße anstößig und damit als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB zu bewerten.

Dem Kläger ist der von ihm vorgetragene Schaden entstanden. Dieser besteht in den Beträgen, die er für den Anteilserwerb der vom späteren Wertverfall betroffenen Immobilienfonds aufgewendet hat (BGH NJW 93, 2865 f, 2866). Der Eintritt des Schadens beruht auf dem dem Beklagten Ziff. 3 vorgeworfenen Handeln. Der Kläger hätte nämlich, was zu seinen Gunsten zu vermuten ist, die Anlagen bei Kenntnis der Probleme der früheren Fonds und des von ihm gezeichneten ... Fonds nicht getätigt.

Der Beklagte Ziff. 3 hat den Schaden vorsätzlich herbeigeführt, wobei es ausreicht, dass er mit dem drohenden Schadenseintritt rechnete und diesen billigend in Kauf genommen hat. Etwa bestehende Tatsachen, die in ihm begründete Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Presseberichte hatten aufkommen lassen, trägt er nicht vor. Es ist daher davon auszugehen, dass er solche Zweifel auch nicht hatte. Daraus ergibt sich, dass er einen Verlust des Klägers in Rechnung zog. Es liegt zudem nahe, dass er zu Lasten des Klägers Schaden von sich selbst abwenden wollte, war er doch in die Anlagen deshalb involviert, weil ein Unternehmen, an dem er beteiligt ist, Schließungsgarantien für die streitgegenständlichen Immobilienfonds abgegeben hatte. Seine Behauptung, er habe die Presseberichte vergessen, kann ihm nicht abgenommen werden, hatte er doch in einem Telefongespräch mit dem Redakteur des ... die Marktkenntnisse der Zeitschrift bezweifelt und das gegen H. betriebene Ermittlungsverfahren heruntergespielt. Er war also bereits wegen der Anlagen in Bedrängnis geraten. Das kann er nicht vergessen haben.

Der Beklagte Ziff. 3 befindet sich spätestens seit dem Zeitpunkt, an dem ihm die streitgegenständliche Klage mit dem Angebot der Übertragung der Rechte an den Immobilienfonds zugestellt worden ist, in Annahmeverzug.

Das Urteil des Landgerichts war daher, soweit es angefochten war, abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 269, 92, 91 a ZPO. Die Klage war bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses am 8.3.2002 in voller Höhe zulässig und begründet gewesen. Ab diesem Zeitpunkt stand dem Kläger jedoch nur noch der verminderte Betrag zu. Gleichwohl legte er die Berufung im vollem Umfang der ursprünglich geltend gemachten Klagforderung ein und verursachte dadurch nicht notwendige Kosten. Es entspricht daher billigem Ermessen, ihm einen Teil der Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO war nicht geboten, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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