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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 19.05.2004
Aktenzeichen: 4 U 100/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 536 Abs. 1 a.F.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
1. Wird der Mieter durch doppelte Vermietung am Gebrauch der Mietsache gehindert, so entfällt seine Pflicht zur Zahlung des Mietzinses, ohne dass es der ausdrücklichen Geltendmachung eines Minderungsanspruchs bedarf.

2. Zu den Voraussetzungen einer Mietzahlung unter Vorbehalt.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 4 U 100/03

Verkündet am: 19. Mai 2004

In dem Rechtsstreit

wegen ungerechtfertigter Bereicherung

hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel und die Richterin am Landgericht Stutz

auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 5. Juni 2003 geändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 18 103,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1. März 2002 zu bezahlen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagten vermieteten mit schriftlichem Vertrag vom 16. Juni 1997 an die Klägerin die Dachgeschosswohnung des Anwesens Z... in .... Die Klägerin betrieb darin ein Erotikstudio, wobei sie Räume an Prostituierte untervermietete. Am 16. September 2001 untervermietete sie einen Raum an die Zeugin W.... Am 28. September 2001 kündigte sie das Mietverhältnis mit der Zeugin fristlos, einigte sich jedoch mit ihr auf ein Ende des Mietverhältnisses zum 31. Oktober 2001. Am 25./30. Oktober 2001 vermieteten die Beklagten die an die Klägerin vermieteten Räume an die Zeugin W.... Die Klägerin übergab ihr die Wohnungsschlüssel. Am 30. Oktober 2001 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis gegenüber der Klägerin fristlos, weil sie in den Räumen die Prostitution fördere.

Durch Urteil vom 9. April 2002 hat das Landgericht Frankenthal (Pfalz) festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin unwirksam sei und das Mietverhältnis fortbestehe. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2002 zurückgewiesen (Az. 4 U 87/02).

Mit ihrer vorliegenden Klage hat die Klägerin von den Beklagten Rückzahlung der bis einschließlich März 2002 gezahlten Miete in Höhe von 21 719,61 € nebst Zinsen begehrt. Durch Urteil vom 5. Juni 2003 hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Klägerin das Urteil teilweise. Sie begehrt Rückzahlung der Mieten von November 2001 bis einschließlich März 2002. Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 18 103,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1. März 2002 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung führt zum Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 536 Abs. 1 BGB a.F. einen Anspruch auf Rückzahlung der für die Monate November 2001 bis einschließlich März 2002 gezahlten Miete in Höhe von 18 103,25 €. Die Beklagten hatten in diesem Zeitraum gegen die Klägerin keinen Anspruch mehr auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Miete (§ 536 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin durch die Doppelvermietung an die Zeugin W... am Gebrauch der Mieträume gehindert war. Entgegen der Auffassung des Landgerichts musste sich die Klägerin nicht ausdrücklich auf eine Mietminderung berufen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., § 536 Rdnr. 31 m.w.N.). Die Untervermietung an die Zeugin W... bewirkte ab 1. November 2001 einen Mangel der vermieteten Räume. Denn auch der mit der Zeugin geschlossene Mietvertrag war wirksam, weil bei einer Doppelvermietung der Grundsatz der Priorität nicht gilt, sondern beide Mietverträge gültig sind (BGH MDR 1962, 398; OLG Köln ZMR 1998, 697; OLG Frankfurt/Main ZMR 1997, 22; Voelskow in MünchKomm, 3. Aufl., § 541 a Rdnr. 5; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. III Rdnr. 1185). Dass die Klägerin die Räumlichkeiten zuvor an die Zeugin W... untervermietet hatte, ist ohne Bedeutung, weil das Untermietverhältnis zum 31. Oktober 2001 beendet war.

Die Mietminderung der Klägerin war auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin die Miete trotz allem weiterbezahlt hatte. Zwar kann sich ein Mieter, der in Kenntnis des Mangels der Mietsache vorbehaltlos die Miete weiter entrichtet, möglicherweise nicht mehr auf ein Minderungsrecht berufen. Insoweit kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BGH NJW 1974, 2233; OLG Düsseldorf ZMR 1987, 263).

Im vorliegenden Fall ist der Klägerin eine Mietminderung nicht versagt. Unstreitig fand am 2. November 2001 zwischen den Parteien eine Besprechung statt. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - von den Beklagten unwidersprochen - angegeben hat, sei es darum gegangen, dass sie in die Räume zurückgewollt habe; da die Beklagten ihr den mit der Zeugin W... geschlossenen Mietvertrag nicht hätten zeigen wollen, habe sie an einen Bluff geglaubt und darauf hingewiesen, dass sie - um eine (weitere) Kündigung wegen Mietrückstandes zu vermeiden - bis zur Klärung der Verhältnisse die Miete weiterbezahle. Damit hat die Beklagte in ausreichender Form zum Ausdruck gebracht, dass sie die Miete nur unter Vorbehalt entrichte.

Die Entscheidung über den nicht bestrittenen Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 2 BGB.

Die von den Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung in Höhe von 70 519,30 € führt nicht zum Erfolg. Den Beklagten steht kein Schadensersatz zu. Die Klägerin hat nicht verschwiegen, welchem Gewerbe sie in den Mieträumen nachgehen wollte.

Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22. November 2002 (4 U 87/02) ausgeführt hat, war den Beklagten aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 8. Dezember 1997 die beabsichtigte, konkrete Art des Gebrauchs der Mietsache bekannt. Die Klägerin hat darin den im Mietvertrag vorgesehenen Zweck einer "gewerblichen Zimmervermietung" konkretisiert und auf ihr "Erotikstudio" verwiesen; ferner hat sie auf die beabsichtigte Untervermietung hingewiesen, die sich auf das Tätigkeitsfeld der Untermieter im "soften Erotikbereich" beziehe. Das Schreiben schließt den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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