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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 04.12.2002
Aktenzeichen: 5 UF 140/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587
Die prozentuale Festlegung eines Ausgleichsbetrags beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zur Vermeidung künftiger Abänderungsverfahren widerspricht dem Erfordernis der Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln und ist deshalb nicht möglich (gegen den 2. Zivilsenat - FamS - des PfOLG Zweibrücken, FamRZ 2002, 399).
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 5 UF 140/02

In der Familiensache

betreffend den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Eheleuten

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und die Richterin am Amtsgericht Hense auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners vom 19. August 2002, eingegangen am gleichen Tag und begründet innerhalb verlängerter Frist am 14./16. Oktober 2002, gegen den ihm am 19. Juli 2002 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankenthal (Pfalz) vom 11. Juli 2002 nach schriftlicher Anhörung der Beteiligten

ohne mündliche Verhandlung am 4. Dezember 2002

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankenthal (Pfalz) vom 11. Juli 2002 wird teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner hat der Abtretung seines gegen die BASF AG, L.., gerichteten Versorgungsanspruchs in Höhe von 131,34 Euro ab dem 1. Juli 2002 an die Antragstellerin zuzustimmen.

II. Im Übrigen wird die befristete Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

III. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1 576,08 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Ehe der Parteien ist durch Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht -Frankenthal (Pfalz) vom 6. Juli 1984, F 198/83, rechtkräftig seit 8. Oktober 1985, geschieden. Die Ehezeit im Sinne von § 1587 Abs. 2 BGB war vom 1. August 1957 bis 31. Juli 1983. Im Scheidungsverbundurteil wurde der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich zwischen den Parteien durchgeführt.

Das Familiengericht hat auf den Antrag der Antragstellerin die vom Antragsgegner in der Zeit vom 22. Februar 1961 bis 30. November 1990 erworbene Betriebsrente der BASF AG, L..., in Höhe von derzeit monatlich 348,55 Euro zugunsten der Antragstellerin dadurch ausgeglichen, dass es den Antragsgegner im angefochtenen Beschluss verurteilt hat, einen Anteil der Betriebsrente von 75,373 %, zur Zeit monatlich 131,36 Euro an die Antragstellerin abzutreten.

Die hiergegen gerichtete befristete Beschwerde des Antragsgegners nach den §§ 621 e, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht bedenkenfrei.

Das Rechtsmittel führt - neben der Beseitigung der dynamisierten Fassung der Entscheidung - nur zu einem ganz geringfügigen Erfolg.

Das Familiengericht hat zu Recht einen Anspruch der Antragstellerin auf hälftigen Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen betriebliche Altersversorgung des Antragsgegners bei der BASF AG in L... bejaht.

Die Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich im Scheidungsverbundurteil aus dem Jahr 1983 steht diesem Ausgleich nicht entgegen. Zutreffend ist das Familiengericht davon ausgegangen, dass es eines ausdrücklichen Vorbehalts des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs in der damaligen Entscheidung nicht bedurfte.

Hierbei ist auch bedacht, dass nach der im Scheidungsverbundurteil eingeholten Auskunft der BASF Altershilfe GmbH vom 10. November 1983 der jetzige Antragsgegner bereits damals eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben hatte. Nach heutiger Rechtslage wäre. zwar ein (Teil-)Ausgleich dieser Anwartschaft im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 3 b VAHRG möglich. Diese Bestimmung trat jedoch erst zum 1. Januar 1987 in Kraft. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Familiengerichts im Scheidungsverfahren der Parteien war § 1587 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 BGB durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 1983 (FamRZ 1983, 342 f), der für den Ausgleich einer Betriebsrente ausnahmslos eine Beitragszahlung anordnete, für verfassungswidrig erklärt worden. Der zum 1. April 1983 in Kraft getretene § 2 VAHRG (in der Fassung des Gesetzes vom 2t. Februar 1983, BGBl. I, 105) sah für den Ausgleich einer betrieblichen Altersversorgung den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach den §§ 1587 f bis 1587 k BGB vor. Es ist unstreitig, dass im Zeitpunkt der Entscheidung im Rahmen des Ehescheidungsverbundverfahrens die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nicht vorlagen. Eine Entscheidung über das damals nur schuldrechtlich auszugleichende Anrecht des Antragsgegners hat das Familiengericht somit nicht getroffen und auch nicht treffen können.

Der Antragsgegner beanstandet allerdings zu Recht, dass dem Tenor des angefochtenen Beschlusses nicht zu entnehmen ist, ab welchem Zeitpunkt der Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente vom Antragsgegner an die Antragstellerin (teil-)abzutreten ist. Die Anspruchsvoraussetzungen hierfür sind gemäß §§ 1587 i, 1587 g BGB, 2 VAHRG ab 1. Juli 2002 gegeben.

Bei taggenauer Berechnung beträgt der Ehezeitanteil der betrieblichen Altersversorgung 75,3633 %, die hälftig mit gegenwärtig 131,34 Euro monatlich (348,55 Euro x 75,3633 % x 1/2) auszugleichen ist.

Die Verurteilung zur Abtretung von Versorgungsansprüchen in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der betrieblichen Altersversorgung kann - abgesehen davon, dass das Familiengericht versehentlich bei dem im Beschlusstenor genannten Prozent-Wert die Halbteilung vergessen hat - insgesamt keinen Bestand haben.

Der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken hat zwar eine prozentuale Festlegung eines Ausgleichsbetrags beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zur Vermeidung künftiger Abänderungsverfahren für gerechtfertigt angesehen (FamRZ 2002, 399). In einer entsprechenden Entscheidung hat das OLG München hierfür die Dynamisierungsregel des § 1612 a BGB für den Unterhalt minderjähriger Kinder entsprechend herangezogen (FamRZ 1999, 869). Auch in der Literatur wird diese Auffassung vertreten (FA-FamR/Gutdeutsch, 4. Aufl., 7. Kapitel, Rdnr. 217).

Nach Auffassung des Senats kann dem mit Rücksicht auf das Erfordernis der Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln nicht gefolgt werden. Ein Vollstreckungstitel muss den zu vollstreckenden Anspruch nach Art und Umfang eindeutig bezeichnen. An der ausreichenden Bestimmtheit fehlt es etwa dann, wenn die Höhe einer Leistung vom Inhalt anderer Unterlagen oder Schriftstücke als dem Vollstreckungstitel abhängt (vgl. BGH NJW 1983, 2262; OLG Karlsruhe, OLGZ 84, 341; OLG Nürnberg, Rpfleger 1990, 306; Zöller/Stöber, § 704, Rdnr. 4, 794, Rdnr. 26 b, c; Münchner Kommentar/Krüger, ZPO, 2. Auflage, § 704 Rdnr. 9). Die Dynamisierung eines Unterhaltstitels nach § 1612 a BGB ist mit der vorliegenden Fallgestaltung in dieser Frage nicht vergleichbar, da diese Vorschrift auf die Regelbetragverordnung und damit auf eine allgemein zugängliche gesetzliche Grundlage Bezug nimmt. Hierfür wird es als zumutbar für Vollstreckungsorgan und Drittschuldner angesehen, den zu vollstreckenden Betrag aufgrund der Angaben im Titel und der Regelbetragsverordnung zu errechnen (OLG Jena NJW-RR 2000, 1027; Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Stand März 2002, Kap.22, Rdnr. 411 ff.). Im vorliegenden Fall lässt sich der künftig zu vollstreckende Ausgleichsbetrag nur in Verbindung mit den jeweils gültigen Rentenmitteilungen des Trägers der betrieblichen Altersversorgung, mithin nicht unmittelbar aus dem Titel oder aus diesem in Verbindung mit allgemein zugänglichen gesicherten Quellen bestimmen. Die fehlende Bestimmtheit des titulierten Abtretungsanspruchs würde ein Vollstreckungshindernis darstellen. Schließlich spricht auch der Wortlaut von § 1587 i BGB, wonach eine Abtretung in Höhe der laufenden Ausgleichsrente verlangt werden kann, für dieses Ergebnis. Da die zukünftige Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung nicht absehbar ist, lässt sich eine Anpassung an veränderte Umstände im Wege eines selbständigen Abänderungsverfahrens nicht vermeiden (vgl. BGH FamRZ 1990, 380, 382).

Das Familiengericht hat den Anspruch auf Abtretung eines Anteils der Versorgungsansprüche des Antragsgegners nach § 1587 i Abs. 1 BGB zuerkannt, den entsprechenden Anspruch auf Rentenzahlung nach § 1587 g Abs. 1 BGB hingegen nicht tituliert, nachdem ein darauf gerichteter Antrag nicht gestellt worden war. Regelmäßig wird die Abtretung der Versorgungsansprüche lediglich als zusätzliche Sicherung, insbesondere zur Erweiterung der Vollstreckungsmöglichkeiten, an Erfüllungs Statt auf Antrag des Ausgleichspflichtigen geltend gemacht (vgl. etwa Münchner Kommentar/Glockner, BGB, 4. Aufl., § 1587 i, Rdnr. 2,12; FA-FamR/Gutdeutsch, aaO, 7. Kapitel, Rdnr. 217; Borth, Versorgungsausgleich, 2. Auflage, S. 253). Im vorliegenden Fall ist der Senat jedenfalls im Hinblick auf das auch für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich geltende Verschlechterungsverbot im Verfahren über die Beschwerde eines Ehegatten daran gehindert, ohne eine Anschlussbeschwerde der Antragstellerin über den Abtretungsanspruch hinaus einen Zahlungstitel für die Ausgleichsrente zu schaffen (zur Geltung des Verschlechterungsverbots vgl. etwa Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621 e, Rdnr. 68).

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 13 a Abs. 1 FGG. Das Rechtsmittel des Antragsgegners war im Ergebnis nahezu ohne Erfolg.

Den Beschwerdewert hat der Senat aufgrund von § 17 a Nr. 1 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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