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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 25.04.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 149-151/00
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 57 Abs. 1 | |
StGB § 57 |
1 Ws 149-151/00
2 StVK 669 - 671/99 LG Zweibrücken
VRs 545/97 (a) + (b); 753/97 StA Landau in der Pfalz
PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN
Beschluß
In dem Strafvollstreckungsverfahren
gegen
wegen Betruges u.a.;
hier: Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von zwei Dritteln und mehr der Strafen
hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler, den Richter am Oberlandesgericht Maurer und den Richter am Landgericht Wolpert
am 25. April 2000
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Zweibrücken vom 6. März 2000 aufgehoben.
2. Die Vollstreckung der Reste der Gesamtfreiheitsstrafen von 2 Jahren und 2 Jahren und 7 Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 27. Juli 1997 (Az. 710164 Js 12016/95 Ns), sowie der Jugendstrafe von 1 Jahr aus dem Urteil des Amtsgerichts Landau in der Pfalz vom 21. Juni 1993 (16 a Js 2103/91 5 Ls) wird nach Verbüßung (von mehr) als zwei Dritteln der Strafen nicht zur Bewährung ausgesetzt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.
Gründe
Der Verurteilte verbüßt derzeit die im Tenor genannten Gesamtfreiheitsstrafen wegen Betruges in vier Fällen (unter Einbeziehung weiterer, in den Jahren 1995 und 1996 verhängter Strafen 2 Jahre 7 Monate Gesamtfreiheitsstrafe), wegen Betruges in 8 Fällen, wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 2 Fällen und wegen Urkundenfälschung (Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren), sowie eine Jugendstrafe wegen Vortäuschens von Straftaten in 3 Fällen und wegen Betruges in 3 Fällen (1 Jahr). Die ab 20. Januar 1997 vollzogene Jugendstrafe wurde (nach Ausnahme vom Jugendstrafvollzug) ab 23. Juli 1997 zur Anschlußvollstreckung unterbrochen; am 5. August 1997 ist die Vollstreckung der Jugendstrafe an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden.
Ein Antrag des Verurteilten auf bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Strafen ist wegen Fehlens besonderer Umstände im Herbst 1998 abgelehnt worden. Zum gemeinsamen Prüfungszeitpunkt nach Verbüßung der Hälfte bzw. von zwei Dritteln der Strafen (Februar 1999) hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluß vom 18. Februar 1999 die Reststrafen zur Bewährung ausgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist dieser Beschluß am 18. März 1999 aufgehoben und die Reststrafenaussetzung wegen fehlender günstiger Sozialprognose versagt worden.
Zum erneuten Prüfungszeitpunkt nach Zwei-Drittel-Verbüßung im August 1999 ist ein externes Prognosegutachten eingeholt worden. Mit Beschluß vom 6. März 2000 hat die Strafvollstreckungskammer erneut die noch offenen Strafreste zur Bewährung ausgesetzt.
Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zulässigen und auch begründeten sofortigen Beschwerde.
In Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft und dem Prognosegutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R geht der Senat davon aus, dass die zur Aussetzung der Strafreste erforderliche günstige Sozialprognose nach § 57 Abs. 1 StGB beim Verurteilten nach wie vor nicht vorliegt und eine Strafaussetzung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht verantwortet werden kann.
Für die Frage der Reststrafenaussetzung ist nach dem am 31. Januar 1998 in Kraft getretenen § 57 Abs. 1 StGB n.F. neben der Persönlichkeit und dem Vorleben des Verurteilten, den Umständen seiner Taten, seinen Lebensverhältnissen und den Wirkungen der Aussetzung auf den Verurteilten auch das Gewicht einer drohenden Rückfalltat zu berücksichtigen. Geboten ist demnach eine Abwägung zwischen dem Resozialisierungsinteresse des Verurteilten und dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit, wobei die Anforderungen an die Erfolgswahrscheinlichkeit mit dem Gewicht der in Betracht kommenden Rückfalltaten zunehmen (Pf. OLG Zweibrücken, Beschlüsse vom 30. Dezember 1998 - 1 Ws 677/98 und 1 Ws 687/98).
Im Gegensatz zur früheren Gesetzeslage, nach der für eine Reststrafenaussetzung eine auch nur neutrale Kriminalitätsprognose genügte, ist nunmehr - abhängig vom Gewicht der bei einem Rückfall drohenden Rechtsgutsverletzungen - eine insgesamt aber günstige Prognose erforderlich.
Nach diesen Maßstäben ist dem Verurteilten die bedingte Entlassung zu versagen.
In seinem Gutachten vom 29. Oktober 1999 gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, daß trotz mehrerer günstiger Prognosefaktoren (Hafteindruck, Abschluß einer Berufsausbildung nebst vorliegender Einstellungszusage, Aufnahme eines Fernstudiums, familiäre und soziale Bindungen sowie kritische Auseinandersetzung mit den Straftaten) das übersteigerte Geltungsbedürfnis des Verurteilten in Form eines stabilen Verhaltensmusters nach wie vor gegeben und die Wiederauffälligkeitsrate nicht erniedrigt sei. Auch die festgestellten positiven Entwicklungen seien nicht ausreichend, um unter Alltagsbedingungen eine erneute Straffälligkeit und die Praktizierung alter Verhaltensmuster zu verhindern.
Zwar wird diese ausdrücklich negative Prognose in der vom Senat veranlaßten ergänzenden Stellungnahme vom 28. März 2000 insoweit abgeschwächt, als die Wiederauffälligkeitsrate für die nahe Zukunft als nicht erhöht bezeichnet wird, die längerfristige Legalprognose hingegen offen bleiben müsse, gleichwohl rechtfertigt diese allenfalls bedingt neutrale und damit nach § 57 Abs. 1 StGB n.F. eine Reststrafenaussetzung nicht tragende Prognose zumindest derzeit nicht die Anordnung der bedingten Entlassung des Verurteilten.
Zu keiner anderen Beurteilung führt die Bereitschaft des Verurteilten zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung seiner Persönlichkeitsstörung und die Aufnahme einer entsprechenden Therapieweisung in den angefochtenen Beschluß. Wie der Sachverständige auch in seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend darlegt, zeigte sich der Verurteilte "bislang auch im Rahmen therapeutischer Anbindungen als wenig führbar"; eine sozialpsychiatrische Behandlung in der Sozialtherapeutischen Anstalt in Ludwigshafen am Rhein schlug fehl. Im Jahr 1998 kam es sogar zu weiterem strafrechtlich relevanten Verhalten des Verurteilten, das zu einem erneuten Strafverfahren (Az. 4007 Js 10188/98 - AG Zweibrücken) wegen falscher Verdächtigung führte.
Der Senat folgt danach der Auffassung des Sachverständigen, der ausführlich und unter Beachtung und Abwägung der für die Prognoseentscheidung nach § 57 StGB maßgeblichen Umstände eine günstige Prognose verneint hat.
Diese Erwägungen werden durch die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluß nicht entkräftet.
Nachdem zudem der Verurteilte in der Vergangenheit vielfach mit auch zumindest der mittleren Kriminalität zuzuordnenden Straftaten in Erscheinung getreten ist, mithin auch im Falle eines Rückfalles nicht nur unerhebliche Straftaten drohen, kann wegen des dadurch maßgeblich berührten Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit auch unter dem Gesichtspunkt eines bei Prognoseentscheidungen niemals ganz auszuschließenden Restrisikos die bedingte Entlassung nicht verantwortet werden.
Ende der Entscheidung
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