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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 09.11.2000
Aktenzeichen: 1 Ws 546/00
Rechtsgebiete: StVollzG, StPO, GKG
Vorschriften:
StVollzG § 83 Abs. 2 | |
StVollzG § 116 Abs. 1 | |
StVollzG § 22 | |
StVollzG § 83 Abs. 2 Satz 2 | |
StVollzG § 121 Abs. 1 | |
StVollzG § 121 Abs. 2 | |
StVollzG § 121 Abs. 3 | |
StPO § 473 Abs. 1 | |
StPO § 473 Abs. 4 | |
GKG § 48 a | |
GKG § 13 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ws 545+546/00
In dem Strafvollzugsverfahren
wegen Diebstahls u. a.,
hier: Rechtsbeschwerde
hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel
am 9. November 2000
einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) in Nr. 2 teilweise (Sachentscheidung über den Antrag vom 21. Juni 2000) und Nr. 3 ganz aufgehoben.
Die weitergehenden Rechtsmittel des Antragstellers werden als unzulässig verworfen.
2. Die Vollzugsbehörde wird angewiesen, den Antragsteller bezüglich des Antrags vom 21. Juni 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden zu einem Viertel der Landeskasse auferlegt.
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 800,-- DM festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller verbüßt in der Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) mehrere Freiheitsstrafen wegen Diebstahls u. a. Der Zwei-Drittel-Zeitpunkt ist für den 14. Juni 2001, das Strafende am 5. Oktober 2003 vorgesehen.
Gegenstand des Verfahrens sind Anträge des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung über die Verweigerung von Taschengeld, die Freigabe von Eigengeld, die Festsetzung der Höhe seines Überbrückungsgeldes, die Versagung seiner Verlegung in den offenen Vollzug und die Gewährung von Prozesskostenhilfe, die die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) durch den angefochtenen Beschluss alle abgelehnt hat.
I.
Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist hinsichtlich seiner Anträge vom 5. Juli 2000 (Verweigerung von Taschengeld) und 2. August 2000 (Festsetzung des Überbrückungsgeldes und Versagung der Verlegung in den offenen Vollzug) als unzulässig zu verwerfen; es ist insoweit nicht geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§§ 116 Abs. 1, 121 Abs. 4 StVollzG). Der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht anfechtbar (OLG Hamburg ZfStrVo 94, 57; Callies/Müller-Dietz StrafVollzG, 7. Auflage, § 121, Rdn. 5 m.w.N.).
II.
Hinsichtlich des Antrags vom 21. Juni 2000 ist die Rechtsbeschwerde zulässig und führt zur Aufhebung der ergangenen Entscheidung.
Ihr liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsteller beantragte am 14. Juni 2000, von "zweckgebundenem eingebrachtem Eigengeld" Toilettenartikel kaufen zu dürfen, was die Vollzugsanstalt mit Verfügung vom 20. Juni 2000 ablehnte. Der Antragsteller wurde dahin beschieden, dass er bereits im Vormonat eingekauft habe sowie über die Beantragung und Gewährung von Taschengeld und die Freigabe von Eigengeld belehrt. Der Beschwerdeführer hat deshalb Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt mit dem Ziel, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihm Eigengeld zum Einkauf von Toilettenartikeln freizugeben. Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag zurückgewiesen und sich dabei dem Standpunkt der Vollzugsbehörde angeschlossen, die in ihrer Stellungnahme ergänzend ausgeführt hatte, dass das Eigengeld des Antragstellers gemäß § 83 Abs. 2 StVollzG als Überbrückungsgeld behandelt werden müsse, weil der (auf 1094.- DM festgesetzte) Betrag noch nicht vollständig angespart sei. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 4. Oktober 2000 zugestellt worden. Mit Schreiben vom selben Tag hat der Antragsteller Rechtsbeschwerde eingelegt. Am 19. Oktoberr 2000 ist er dem Landgericht Frankenthal (Pfalz) vorgeführt worden. Zu Protokoll der Geschäftsstelle hat er erneut Rechtsbeschwerde eingelegt und diese begründet. Er beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig, auch wenn es hinsichtlich der hier interessierenden Entscheidung keine nähere Begründung enthält. Den Ausführungen ist die Erhebung der Sachrüge zu entnehmen. Der Antragsteller wendet sich (u. a.) ausdrücklich gegen die Ablehnung seines Antrags vom 21. Juni 2000 und begehrt, gemäß seinem Antrag zu erkennen. Eine weitere Begründung ist somit entbehrlich (Calliess/Müller-Dietz, aaO, § 118 Rdnr. 5; Schwind/Böhm, StVollzG, 3. Aufl., § 118 Rdnr. 6, jeweils m. w. N.).
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG sind gegeben. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
2. Die Begründung der Vollzugsanstalt und - ihr folgend - der Strafvollstreckungskammer hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Freigabe von Eigengeld begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Grundsätzlich unterliegt der Gefangene hinsichtlich seines Eigengeldes keinen Verfügungsbeschränkungen (Schwind/Böhm aaO, § 83 Rdnr. 9; Calliess/Müller-Dietz aaO, Rdnr. 4). Es versteht sich deshalb von selbst, dass der Antrag des Gefangenen nicht mit der Begründung abgelehnt werden durfte, er habe bereits im Vormonat eingekauft, zumal gegen diese Argumentation auch unter dem in § 22 StrafVollzG normierten Gesichtspunkt der Mindesteinkaufsgarantie (vgl. hierzu Callies/Müller-Dietz, aaO § 22 Rdn. 2 m.w.N.) Bedenken bestehen dürften.
b) Die weitere Erwägung, dem Antragsteller stünde das Eigengeld erst zu, sobald das Überbrückungsgeld vollständig angespart sei, hält einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.
Zwar folgt aus § 83 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, wie die Strafvollstreckungskammer zutreffend ausgeführt hat, dass die Verfügungsbefugnis des Gefangenen über sein Eigengeld nicht besteht, soweit dieses als Überbrückungsgeld notwendig ist.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass das festgesetzte Überbrückungsgeld erst zum Ende der voraussichtlichen Haftzeit erreicht werden muss. Es reicht daher aus, wenn das Überbrückungsgeld im Laufe der Vollzugszeit kontinuierlich (aus den Bezügen des Gefangenen) angesammelt wird. Unter "notwendigem Überbrückungsgeld" im Sinne des § 83 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ist deshalb ein variabler, zum Vollzugsende hin kontinuierlich höher anzusetzender Teilbetrag des festgesetzten Überbrückungsgeldes zu verstehen. Bei seiner Ermittlung ist auf das jeweilige Vollzugsstadium abzustellen. Beabsichtigt ein Gefangener, über sein Eigengeld zu verfügen, ist daher für diesen Zeitpunkt derjenige Teilbetrag des festgesetzten Überbrückungsgeldes zu ermitteln, der bei planmäßiger Aufstockung bis zum voraussichtlichen Vollzugsende ein Erreichen des vollen Überbrückungsgeldes gewährleistet. Nur wenn das tatsächlich angesammelte Überbrückungsgeld zur Zeit der beabsichtigten Verfügung über das Eigengeld niedriger als das zu diesem Zeitpunkt "notwendige Überbrückungsgeld" liegt, ist das Eigengeld bis zur Höhe des Differenzbetrages der Verfügungsbefugnis des Gefangenen entzogen und als Überbrückungsgeld zu behandeln (Senat, NStZ 1984, 479; OLG Hamm, ZfStrVO 1981, 251; Schwind/Böhm aaO, § 83, Rdnr. 9 m. w. N.; Calliess/Müller-Dietz aaO, 83 Rdnr. 4 m. w. N.).
Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist die angefochtene Entscheidung zu beanstanden. Sie enthält keine Feststellungen über den für den Antragsteller vorgesehenen "Sparplan" noch darüber, ob und inwieweit dieser im Zeitpunkt des Antrags auf Freigabe von Eigengeld erfüllt war. Sie beschränkt sich auf den pauschalen und deshalb ungenügenden Hinweis darauf, dass das Überbrückungsgeld "noch nicht vollständig angespart" sei.
Darüber hinaus fällt auf, dass dem Antragsteller trotz der am 20. Juni 2000 erfolgten Ablehnung am 27. Juni 2000 offenbar zum Einkauf Eigengeld in Höhe von 64,50 DM freigegeben wurde. Es wird zu klären sein, ob sich der Antrag vom 21. Juni 2000 dadurch erledigt hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 121 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 StVollzG, 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO, die über den Streitwert auf §§ 48 a, 13 GKG.
Ende der Entscheidung
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