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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 12.09.2000
Aktenzeichen: 3 W 178/00
Rechtsgebiete: KostO, GmbHG


Vorschriften:

KostO § 16 Abs. 1
KostO § 38 Abs. 2 Nr. 7
KostO § 156
GmbHG § 7 Abs. 1
GmbHG § 8
GmbHG § 54 Abs. 1 Satz 1
GmbHG § 54 Abs. 1 Satz 2
Registerrechtliche Behandlung einer vor Eintragung der GmbH vorgenommenen Änderung des Gesellschaftsvertrages

KostO §§ 16 Abs. 1, 38 Abs. 2 Nr. 7, 156; GmbHG §§ 7 Abs. 1, 8, 54 Abs. 1 Satz 1 und 2

1. Mehrere Verfahren nach § 156 KostO, die voneinander unabhängige Beurkundungsvorgänge mit gänzlich unterschiedlichen Kostenschuldnern betreffen, dürfen nicht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden werden.

2. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages vor Eintragung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung muss nicht förmlich zum Handelsregister angemeldet werden. Es reicht statt dessen aus, dass die erforderlichen Unterlagen über die Änderung des Gesellschaftsvertrages durch die Geschäftsführer formlos vorgelegt werden.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 178/00 2 T 116/00 Landgericht Koblenz

In dem Verfahren

wegen Handelsregisteranmeldung,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Reichling sowie die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 9./9. August 2000 gegen den ihm am 11. Juli 2000 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 29. Juni 2000 ohne mündliche Verhandlung am 12. September 2000

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts wird geändert:

Die Kostenrechnung des Beteiligten zu 1) vom 27. Februar 1998 (RE.NR. 98 F 0284-sch) zu UR-Nr. 284/98 F vom 26. Februar 1998 wird aufgehoben.

Gründe:

Die weitere Beschwerde ist infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO) und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Eine zu beachtende Weisung des Präsidenten des Landgerichts i.S.v. § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO liegt vor (vgl. dazu Senat JurBüro 1988, 1054 m.w.N.). Die Entscheidungszuständigkeit des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken folgt aus § 4 Abs. 3 Nr. 2 b des Landesgesetzes über die Gliederung und die Bezirke der Gerichte (GerOrgG vom 5. Oktober 1977 - BS 300 - 1).

In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, 550 ZPO).

1. Bereits das Verfahren des Landgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Das Landgericht hat in ein und demselben Beschluss über fünf Verfahren nach § 156 KostO entschieden. Deren einzige Gemeinsamkeit besteht darin, dass der Beteiligte zu 1) die jeweiligen, im Prüfungsverfahren beanstandeten Beurkundungen vorgenommen hat. Im Übrigen betreffen die einzelnen Verfahren voneinander unabhängige Beurkundungsvorgänge, an denen gänzlich unterschiedliche Kostenschuldner beteiligt sind. Unter diesen Umständen ist eine Verbindung der Verfahren unzulässig. Sie verbietet sich bereits deshalb, weil sie mit den Grundsätzen der Amtsverschwiegenheit von Notar und Gericht nicht zu vereinbaren ist (vgl. OLG Hamm JurBüro 1965, 997; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. vor § 3 Rdn. 8; siehe auch Senatsbeschluss vom heutigen Tage - 3 W 201/00).

Allein der vorgenannte Verfahrensfehler nötigt allerdings noch nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung. Es kann ausgeschlossen werden, dass die fehlerhafte Verfahrensverbindung die Entscheidung der Beschwerdekammer in der Sache beeinflusst hat. Der Beschluss des Landgerichts beruht somit nicht auf der fehlerhaft vorgenommenen Verbindung. Für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat die erforderliche Trennung der Verfahren vorgenommen.

2. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist aber deshalb aufzuheben, weil er auch in der Sache keinen Bestand behalten kann. Da es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr bedarf, ist der Senat im Stande, in der Sache abschließend zu entscheiden. Dies führt dazu, dass die Kostenrechnung des Beteiligten zu 1) vom 27. Februar 1998 zu UR.-Nr. 284/98 F aufzuheben ist.

a. Der Beteiligte zu 1) ist im Zusammenhang mit einer Satzungsänderung tätig geworden, die sich auf eine noch nicht im Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung bezog. Neben den Gebühren für die Beurkundung der Änderung des Gesellschaftsvertrages (§ 42 KostO) und der Zusammenstellung der Satzung (§ 147 Abs. 2 KostO), die nicht Gegenstand des Verfahrens der Beschwerde und der weiteren Beschwerde sind, hat er für den Entwurf der Registeranmeldung und die Beglaubigung der Unterschrift des anmeldenden Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 7 KostO eine halbe Gebühr berechnet. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

b. Die von dem Beteiligten zu 1) entworfene Anmeldung und die von ihm vorgenommene Beglaubigung der Unterschrift waren überflüssig und stellten eine unrichtige Sachbehandlung dar, für die gemäß § 16 Abs. 1 KostO Kosten nicht erhoben werden dürfen.

aa. Die registerrechtliche Behandlung einer vor der Eintragung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorgenommenen Änderung des Gesellschaftsvertrages ist in Rechtsprechung und Schrifttum in ihren Einzelheiten strittig. Weitgehende Einigkeit besteht zwar darüber, dass dem Registergericht - wie auch hier geschehen - in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG eine mit Notarbescheinigung versehene vollständige Fassung des Gesellschaftsvertrages vorzulegen ist (vgl. OLG Köln GmbHR 1973, 11; OLG Schleswig GmbHR 1975, 183; OLG Hamm GmbHR 1986, 311; BayObLG Betrieb 1988, 2354; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 54 Rdn. 4; Meyer-Landrut/Müller/Niehus, GmbHG 54 Rdn. 6; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 2 Rdn. 23; Rowedder/Zimmermann, GmbHG 3. Aufl. § 54 Rdn. 2; Keidel/Schmatz/Stöber, Registerrecht 5. Aufl. Rdn. 731, jeweils m.w.N.). Streitig ist aber, ob die vor Eintragung der Gesellschaft vorgenommene Satzungsänderung darüber hinaus auch einer förmlichen Anmeldung zum Handelsregister bedarf. In der Literatur wird dies zum Teil bejaht, weil auch die Regelung in § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entsprechend anzuwenden sei (vgl. Rowedder/Zimmermann aaO; Hachenburg/Ulmer aaO; Scholz/Priester, GmbHG 8. Aufl. § 54 Rdn. 4; Bayerische Notarkasse, Streifzug durch die Kostenordnung 4. Aufl. Rdn. 514). Nach anderer Ansicht muss eine Änderung des Gesellschaftsvertrages vor Eintragung der Gesellschaft nicht förmlich zum Handelsregister angemeldet werden; es soll statt dessen ausreichen, dass die erforderlichen Unterlagen über die Änderung des Gesellschaftsvertrages durch die Geschäftsführer formlos vorgelegt werden (BayObLG MittBayNot 1978, 22 und MittbayNot 1974, 228; für den Verein auch BayObLGZ 1972, 29, 35; Lutter/Hommelhoff aaO; Keidel/Schmatz/Stöber aaO; Gustavus DNotZ 1971, 229, 232).

bb. Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Für eine analoge Anwendung von § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG besteht kein Anlass. Die Vorschrift betrifft ihrem Wortlaut nach die Eintragung von Satzungsänderungen bei bereits in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaften. Damit unterscheidet sie sich von der hier vorliegenden Fallkonstellation, bei der die Gesellschaft zwar angemeldet (§ 7 Abs. 1 GmbHG), aber noch nicht eingetragen worden ist. Gemäß § 8 GmbHG müssen der Anmeldung der Gesellschaft die Urkunden beigefügt sein, die über den Gründungsvorgang Auskunft geben und dem Registerrichter die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Gesellschaft ermöglichen. Diesem Erfordernis muss spätestens zum Zeitpunkt der Eintragung genügt sein. Bis dahin können unvollständige Urkunden nachgereicht werden. Einer Änderung oder Ergänzung der Anmeldung bedarf es dafür nicht. Voraussetzung ist lediglich, dass die - formlos mögliche - Vorlage der fehlenden Urkunden durch die allein zur Anmeldung befugten Geschäftsführer erfolgt (vgl. zu alledem BayObLG MittBayNot 1974 und 1978, jeweils aaO).

Diese Grundsätze gelten auch für Änderungen des Gesellschaftsvertrages vor Eintragung der Gesellschaft. Die insoweit nachzureichenden Unterlagen sind letztlich nur Beilagen zu der aufrechterhaltenen und daher fortwirkenden Anmeldung der Gesellschaft (BayObLG jeweils aaO).

cc. Die von der Gegenansicht zur Rechtfertigung ihres Standpunktes gegebene Begründung vermag nicht zu überzeugen. Sie erschöpft sich letztlich in einer Bezugnahme auf diejenige Rechtsprechung, die sich mit der analogen Anwendung von § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG auf die Fälle der Satzungsänderung vor Eintragung der Gesellschaft befasst (wie etwa OLG Köln, OLG Schleswig, OLG Hamm, BayObLG Betrieb 1988, jeweils aaO). Aus dieser Rechtsprechung lässt sich für eine entsprechende Anwendung von § 54 Abs. 1 Satz 1 GmbHG indes nichts herleiten. Die Verpflichtung, den Gesellschaftsvertrag bei seiner Änderung nach Anmeldung aber vor Eintragung der Gesellschaft in einer mit Notarbescheinigung versehenen vollständigen Fassung vorzulegen, besagt nicht, dass die Satzungsänderung auch einer eigenen formellen Anmeldung bedarf (BayObLG MittBayNot 1978 aaO). Vielmehr ist auch ein den Anforderungen des § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG entsprechender Gesellschaftsvertrag nur eine Beilage zu der fortwirkenden Anmeldung der Gesellschaft. Auch er kann formlos nachgereicht werden (BayObLG MittBayNot 1978 aaO).

c. Nach alldem war im hier zu entscheidenden Falle eine förmliche Registeranmeldung entbehrlich. Der Beteiligte zu 1) hat dies nicht beachtet und dadurch seine Verpflichtung zur billigsten Sachbehandlung verletzt (vgl. dazu Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO 14. Aufl. § 16 Rdn. 4). Seine Kostenrechnung vom 27. Februar 1998 zu Ur.-Nr. 284/98 F ist deshalb aufzuheben.

3. Gemäß § 156 Abs. 5 Satz 3 KostO ergeht die Entscheidung des Senats gerichtsgebührenfrei. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst. Ebenso erübrigt sich eine Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes.

Ende der Entscheidung

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