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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 3 W 198/07
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 20 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 4
BGB § 1944
BGB § 1944 Abs. 3
BGB § 1945 Abs. 1
BGB § 1952 Abs. 2
BGB § 1952 Abs. 3
BGB § 2270
BGB § 2270 Abs. 1
BGB § 2271 Abs. 2 Satz 1
BGB § 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 198/07

In dem Verfahren

betreffend die Erteilung eines Erbscheins über die Erbfolge nach dem am 24. Oktober 2006 verstorbenen M.... H...., geb. am .............., zuletzt wohnhaft...................,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Kratz und die Richterin am Landgericht Stutz auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 29. Oktober 2007 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 29. Juni 2007

ohne mündliche Verhandlung

am 13. November 2007

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1), 3) und 4) sind die Kinder des Erblassers, die Beteiligte zu 2) ist dessen Enkelin und die Tochter der Beteiligten zu 1). Der Erblasser und seine am 16. August 2006 vorverstorbene Ehefrau (im Weiteren auch: die Ersterblasserin), errichteten am 17. September 1988 handschriftlich ein gemeinschaftliches Testament. Darin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre drei Kinder als Schlusserben ein.

Am 2. Oktober 2006 verfügte der Erblasser zur Niederschrift eines Notars letztwillig dahin, dass er zu seinen Erben die Beteiligten zu 1) bis 4) (also seine drei Kinder und zusätzlich seine Enkelin) zu gleichen Teilen bestimme.

Die Beteiligte zu 1) hat nach dem Erbfall einen Erbschein beantragt, der bezeugt, dass die Beteiligten zu 1) bis 4) den Erblasser aufgrund des notariellen Testaments vom 2. Oktober 2006 zu gleichen Teilen (1/4) beerbt haben. Die Beteiligte zu 4) hat nach dem Erbfall einen Erbschein beantragt, der bezeugt, dass die Beteiligten zu 1), 3) und 4) gemäß dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament vom 17. September 1988 den Erblasser zu gleichen Teilen (1/3) beerbt haben.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2007, beim Nachlassgericht per Telefax eingegangen am 26. Januar 2007, erklärte die Beteiligte zu 1) aufgrund einer ihr von dem Erblasser erteilten und über dessen Tod hinaus fort geltenden Vorsorgevollmacht die Ausschlagung der Erbschaft des Erblassers nach seiner vorverstorbenen Ehefrau.

Das Nachlassgericht hat mit Vorbescheid vom 8. März 2007 die Erteilung eines wie von der Beteiligten zu 4) beantragten Erbscheins angekündigt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1) weiterhin das Ziel, das Nachlassgericht solle angewiesen werden, ihnen einen Erbschein mit dem beantragten Inhalt zu erteilen.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 FGG), nicht an eine Frist gebunden und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG). Dabei geht der Senat davon aus, dass das Anwaltsschreiben vom 29. Oktober 2007 nicht (nur) eine Begründung für das bis dahin unzulässige, weil mittels einer nicht von einem Rechtsanwalt unterschriebenen Beschwerdeschrift eingelegte Rechtsmittel ist, sondern dass hierin den Umständen nach (auch) die Einlegung einer zulässigen weiteren Beschwerde liegen soll.

Die Berechtigung der Beteiligten zu 1) zur Einlegung der weiteren Beschwerde ergibt sich gemäß §§ 20 Abs. 1, 29 Abs. 4 FGG schon aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde.

2. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO). Das Nachlassgericht hat zu Recht angekündigt, einen Erbschein entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 4) zu erteilen.

Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:

a) Zu Recht hat das Landgericht - stillschweigend - die Zulässigkeit der Erstbeschwerde bejaht. Dieser stand nicht ein fehlendes Rechtsschutzinteresse der Beteiligten zu 1) entgegen, obwohl diese die Erteilung eines Erbscheines anstrebt, der sie lediglich zu 1/4 als Miterbin ausweist, während das Nachlassgericht mit dem angegriffenen Vorbescheid angekündigt hat, einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 1) zu 1/3, also weitergehend als Miterbin ausweist. Eine Beschwerdeberechtigung im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheines nach § 20 Abs. 1 FGG besteht immer dann, wenn der Beteiligte geltend macht, sein Erbrecht werde in dem (beabsichtigten) Erbschein - wie auch immer - falsch ausgewiesen (BayObLG NJW-RR 2005, 1245 m.w.N.).

b) Die Beteiligte zu 1) beruft sich für ihr behauptetes Erbrecht (und dasjenige der Beteiligten zu 2), ihrer Tochter) auf das Einzeltestament des Erblassers vom 2. Oktober 2006. Die darin verfügte Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) bis 4) als Miterben zu je 1/4 konnte der Erblasser jedoch nicht mehr wirksam treffen. Denn er war gemäß §§ 2271 Abs. 2 Satz 1, 2270 BGB durch die wechselbezügliche und deshalb bindende Einsetzung der Beteiligten zu 1), zu 3) und zu 4) zu Schlusserben in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute vom 17. September 1988 in seiner Testierfreiheit beschränkt. Er konnte deshalb seine frühere letztwillige Verfügung nach dem Tode seiner Ehefrau nach § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht mehr wirksam widerrufen. Dies haben beide Vorinstanzen zutreffend festgestellt; es wird im Ausgangspunkt auch von der Beteiligten zu 1) nicht in Frage gestellt.

c) Das Testament des Erblassers vom 2. Oktober 2006 hat auch nicht dadurch Gültigkeit erlangt, dass die Beteiligte zu 1) die Erbschaft des Erblassers nach dessen vorverstorbener Ehefrau ausgeschlagen hat.

Zwar kann der durch eine im Sinne von § 2270 Abs. 1 BGB wechselbezügliche Verfügung gebundene Ehegatte nach dem Tode des anderen Ehegatten seine Testierfreiheit wiedergewinnen, wenn er das ihm von seinem Ehegatten letztwillig Zugewendete ausschlägt (§ 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BGB). Dieses Recht zur Ausschlagung der Erbschaft ist vererblich (§ 1952 Abs. 1 BGB).

Nicht richtig ist im Weiteren die Auffassung des Landgerichts, die Beteiligte zu 1) habe die Ausschlagungsfrist nach § 1944 BGB versäumt. Die Kammer hat übersehen, dass nach § 1952 Abs. 2 BGB im Falle des Todes des Erben vor Ablauf der Ausschlagungsfrist - wie hier - die Frist für dessen Erben, die (Erst-) Erbschaft auszuschlagen, nicht vor dem Ablauf der für die (Zweit-)Erbschaft des Erben geltenden Ausschlagungsfrist endet. Diese Frist zur Ausschlagung der Erbschaft nach dem Erblasser betrug indes für die Beteiligte zu 1) nach § 1944 Abs. 3 BGB sechs Monate, weil sie sich zum Beginn des Laufs der Ausschlagungsfrist im Ausland aufhielt.

Die von der Beteiligten zu 1) erklärte Ausschlagung der Erbschaft ist aber aus anderen Gründen wirkungslos.

Es fehlt bereits an der nach § 1945 Abs. 1 BGB erforderlichen Form der Ausschlagungserklärung. Diese hat entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder aber in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen. Die Beteiligte zu 1) hat die Ausschlagung hingegen nur per Telefax vom 25. Januar 2007 gegenüber dem Nachlassgericht erklärt.

Unabhängig hiervon besaß die Beteiligte zu 1) auch zu keinem Zeitpunkt die Rechtsmacht, die Erbschaft des Erblassers nach dessen vorverstorbener Ehefrau mit der Rechtsfolge eines Wiedergewinnens der Testierfreiheit nach § 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BGB auszuschlagen. Denn aus der ihr von dem Erblasser erteilten Vorsorgevollmacht ergab sich eine solche Befugnis der Beteiligten zu 1) nicht, so dass dahin stehen kann, ob und mit welcher Wirkung die Beteiligte zu 4) diese Vorsorgevollmacht widerrufen hat, wie dies das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss ausgeführt hat. Das Ausschlagungsrecht ist zwar vererbbar. Es ist als unselbständiges, an die Erbenstellung gebundenes Gestaltungsrecht aber nicht rechtsgeschäftlich übertragbar, weshalb auch seine Ausübung nicht einem Dritten überlassen werden kann (Otte in Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand 2000, § 1942 Rnr. 14). Es kann deshalb nicht auf der Grundlage einer privatrechtlich erteilten Vollmacht für den Vollmachtgeber ausgeübt werden.

Eine Ausschlagung der Erbschaft des Erblassers durch Erklärung der Beteiligten zu 1) in ihrer Eigenschaft als Miterbin mit der in § 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BGB angeordneten Rechtsfolge scheitert daran, dass diese ohne die Mitwirkung der Beteiligten zu 3) und zu 4) nach § 1952 Abs. 3 BGB die (Erst-)Erbschaft nur zu dem ihr nach dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament zukommenden 1/3 Anteil hätten ausschlagen können. Damit wäre aber die Bindungswirkung der im Übrigen fortbestehenden wechselseitigen Verfügungen in dem Ehegattentestament nicht entfallen.

Nach alledem braucht hier nicht entschieden zu werden, ob - so die herrschende Meinung - nicht ohnehin nur der überlebende Ehegatte selbst zur Ausschlagung der Erbschaft mit der in § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten Wirkung berechtigt ist (vgl. Kanzleiter in Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand 2006, § 2271 Rnr. 44 m.w.N. auch zur gegenteiligen Auffassung).

3. Die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO). Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 13 a Abs. 1 FGG ist nicht veranlasst, weil außer der Beteiligten zu 1) niemand förmlich am Verfahren der Rechtsbeschwerde beteiligt worden ist.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs.1 KostO in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch das Landgericht bestimmt.

Ende der Entscheidung

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