Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 30.05.2001
Aktenzeichen: 3 W 3/01
Rechtsgebiete: GBO, BGB, KO, InsO


Vorschriften:

GBO § 18
GBO § 19
GBO § 29
BGB § 728
BGB § 878
KO § 16
InsO § 84
Verfügungsbeschränkung hinsichtlich eines Gesellschaftsgrundstücks bei Konkurs über das Vermögen eines BGB-Gesellschafters

Wird beim Verkauf eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücks einer BGB-Gesellschaft die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der jeweiligen Käufer bewilligt und wird vor Eingang des Antrags auf Eintragung der Vormerkung über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet, führt dies gemäß § 728 BGB a.F. in Übereinstimmung mit § 728 BGB n.F. zur Auseinandersetzung nach den allgemeinen Regeln des Gesellschaftsrechts, und zwar außerhalb des Konkursverfahrens. Weil die Rechte des Gemeinschuldners im Rahmen der danach vorzunehmenden Auseinandersetzung vom Konkursverwalter wahrgenommen werden, tritt unabhängig von einer Konkursbefangenheit des Gesellschaftsvermögens zugleich eine vom Grundbuchamt zu beachtende Verfügungsbeschränkung in der Person des BGB-Gesellschafters ein.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 3/01

8 T 170/99 Landgericht Mainz Ober-Olm Blatt Amtsgericht Mainz

In dem Verfahren

betreffend den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung an dem im Grundbuch von Ober-Olm Blatt unter lfd. Nr. eingetragenen Grundstück der Gemarkung Ober-Olm Flur Flurstück Verkehrsfläche zu qm, wegen Anfechtung einer Zwischenverfügung,

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken

durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dury, den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und den Richter am Landgericht Edinger auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 5) vom 21. Dezember 2000 bzw. 2. Januar 2001 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 20. November 2000

ohne mündliche Verhandlung

am 30. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 45.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Nach Verkauf eines Grundstücks einer BGB-Gesellschaft streiten die Beteiligten darüber, ob die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Käufern infolge Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines BGB-Gesellschafters die Genehmigung des Konkursverwalters voraussetzt. Eigentümer des oben näher bezeichneten Grundbesitzes sind die Firmen W im Folgenden W und die T im Folgenden T als Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Mit notariellem Vertrag vom 19. März 1993 verkauften und übertrugen sie je 1/113 Miteigentumsanteile an dem Grundbesitz an die beteiligten Käufer. Auf den Parzellen sollten insgesamt 113 Kfz-Abstellplätze errichtet werden. Der Kaufpreis (4.000,-- DM) sollte bei Eintragung der Auflassungsvormerkung, frühestens am 31. März 1993, fällig sein. Die Beteiligten bewilligten und beantragten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des jeweiligen Käufers an der jeweiligen Parzelle. Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1998 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) dementsprechend die Eintragung der Auflassungsvormerkungen. Bereits zuvor, am 3. November 1998, war über das Vermögen der W das Konkursverfahren eröffnet worden. Über das Vermögen der Firma T wurde am 24. März 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet. Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter für beide Firmen ist der Beteiligte zu 6).

Mit Zwischenverfügung vom 25. Januar 1999 hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamts u. a. die Genehmigungserklärung des Beteiligten zu 6) als Konkursverwalter über das Vermögen der Gesellschaften in öffentlich beglaubigter Form gefordert und zur Begründung ausgeführt, ein Fall des § 878 BGB liege nicht vor. Da zum Zeitpunkt der Eintragung die Gemeinschuldnerin auch hinsichtlich ihres Gesellschaftsanteils die Verwaltung- und Verfügungsbefugnis verloren habe, sei nunmehr der Konkursverwalter für die Wahrnehmung der Rechte zuständig.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 5) ist erfolglos geblieben. Das Landgericht vertritt ebenfalls die Auffassung, nach der Eröffnung des Konkursverfahrens sei die Eintragung der Auflassungsvormerkungen die Zustimmung des Konkursverwalters abhängig.

Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde geltend, hinsichtlich des Vermögens der BGB-Gesellschaft sei weder nach der Konkurs- noch nach der Insolvenzordnung eine Verfügungsbeschränkung eingetreten. Vielmehr sei, wie sich nunmehr aus § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO ergebe, zwischen der Insolvenz der BGB-Gesellschaft und ihrer einzelnen Gesellschafter zu unterscheiden.

II.

Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen die Entscheidung des Landgerichts ist gemäß § 78 GBO statthaft, sie ist nicht an eine Frist gebunden und formgerecht eingelegt (§ 80 Abs. 1 GBO). In der Sache führt das zulässige Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 78 Satz 1 GBO).

1. Die Beschwerdeberechtigung der Antragsteller folgt aus dem Umstand, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. BGH NJW 1994, 1158; BayObLGZ 1980, 299, 301 m. w. N.). Zwar hat das Landgericht die Beteiligten zu 4) und 5), die bereits im Erstbeschwerdeverfahren anwaltlich vertreten wurden, nicht gesondert im Rubrum des angefochtenen Beschlusses aufgeführt. Ihre Beteiligung am Verfahren und daraus resultierende Beschwer ergibt sich aber daraus, dass das Landgericht insoweit jedenfalls eine Vertretung durch den von allen Käufern zur Antragstellung ermächtigten Notar angenommen hat. Unschädlich ist auch, dass der Notar weder in der Erstbeschwerde noch in der weiteren Beschwerdeschrift ausdrücklich dargelegt hat, dass er das Rechtsmittel für die vertretenen Käufer einlegt. Da der von allen Beteiligten in der notariellen Urkunde hierzu ermächtigte Notar den Eintragungsantrag nach § 15 GBO gestellt hat, sind im Erstbeschwerdeverfahren die Antragsberechtigten - von ihm vertreten - als Beschwerdeführer anzusehen, soweit keine anderweitige Vertretung bejaht wurde (vgl. dazu Demharter, GBO 23. Aufl. § 80 Rdnr. 7 und § 15 Rdnr. 20 m. w. N.). Demgemäß hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass die ursprünglich ebenfalls vom Notar vertretenen BGBGesellschafter als Verkäufer - nunmehr vertreten durch den Beteiligten zu 6) als Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter die aufgrund der Ermächtigung in der notariellen Urkunde vermutete Vollmacht widerrufen (vgl. dazu Bauer/von Oefele/Wilke, GBO § 15 Rdnr. 23) und die auch in ihrem Namen eingelegte Beschwerde zurückgenommen haben.

2. Das Rechtsmittel führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der begehrten Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Käufer ein Eintragungshindernis entgegensteht (§ 18 Abs. 1 Satz 1 GBO), weil die Voraussetzungen des § 878 BGB nicht vorliegen. Denn zum Zeitpunkt der Antragstellung war die Bewilligungsberechtigung auf Verkäuferseite bereits entfallen (vgl. dazu Bauer/von Oefele/Wilke aaO § 18 Rdnr. 23).

a) Nach § 878 BGB wird eine vom Berechtigten abgegebene Erklärung nur dann nicht unwirksam, wenn er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt gestellt worden ist. Bindungswirkung hinsichtlich der Erklärung ist eingetreten, weil in der notariellen Urkunde vom 19. März 1993 die Einigungserklärungen der Vertragsparteien zur Eintragung einer Auflassungsvormerkung beurkundet sind (§ 873 Abs. 2 BGB). Der entsprechende Eintragungsantrag ist jedoch erst am 14. Dezember 1998 gestellt worden, zu einem Zeitpunkt also, als über das Vermögen eines Gesellschafters der BGB-Gesellschaft bereits das Konkursverfahren eröffnet war.

b) Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll eine Eintragung ins Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zur Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Unter § 29 Abs. 1 Satz 1 fallen jedoch nicht nur die eigentlichen grundbuchrechtlichen Erklärungen, sondern auch solche, die eine grundbuchrechtliche Erklärung ergänzen oder begründen, z. B. Zustimmungserklärungen bei bestehender Verfügungsbeschränkung (vgl. Demharter, aaO § 29 Rdnr. 18; Bauer/von Oefele/Knothe aaO § 29 Rdnr. 26 und 45). Die rechtliche Fähigkeit, von einer Bewilligungsmacht Gebrauch zu machen, kommt regelmäßig dem Rechtsinhaber zu. Ausnahmen ergeben sich aber im Konkursbzw. im Insolvenzverfahren, § 6 Abs. 2 KO bzw. 80 Abs. 1 InsO (Bauer/von Oefele/Kössinger aaO § 19 Rdnr. 149). Hieraus sich ergebende Einschränkungen hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu beachten (vgl. Demharter aaO § 19 Rdnr. 59; Bauer/von Oefele/Knothe § 29 Rdnr. 26 und Kössinger § 19 Rdnr. 150, 161 ff). Nach der Rechtsprechung gilt dies bei entsprechender Kenntnis auch für nicht eingetragene Verfügungsbeschränkungen (vgl. Demharter aaO § 19 Rdnr. 59; Bauer/von Oefele/Kössinger aaO § 19 Rdnrn. 235 ff jew. m. w. N.). Da hier ein Konkursvermerk bereits vor Stellung des Eintragungsantrags im Grundbuch eingetragen war, musste eine damit einhergehende Verfügungsbeschränkung zwingend berücksichtigt werden.

c) Das Grundbuchamt hat diese Grundsätze beachtet und ist ebenso wie das Landgericht - der Auffassung, die Verfügungsbeschränkung durch Konkurseröffnung über das Vermögen eines der beiden Gesellschafter wirke sich auch auf vorausgegangene Verfügungen über das zum Gesellschaftsvermögen gehörende Grundstück aus. Dies unterliegt im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.

aa) Dabei kann dahinstehen, ob der Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters der BGB-Gesellschaft im Hinblick auf das nachfolgende Insolvenzverfahren des zweiten Gesellschafters auch die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstände - hier das veräußerte Grundstück - erfasst, weil sich damit sämtliche Gesellschafter in Konkurs bzw. Insolvenz befinden (vgl. BGHZ 23, 307, 314; BFH NJW-RR 1997, 28, 29) oder ob insoweit die Rechtsprechung durch die seit 1. Januar 1999 in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO nunmehr ausdrücklich gesetzlich geregelte Insolvenzfähigkeit des Gesellschaftsvermögens überholt ist (vgl. dazu Kirchhof in Heidelberger Kom. zur InsO § 11.Rdnr. 13). Denn sowohl nach früherer Rechtslage als auch nach der gesetzlichen Neuregelung treten schon bei Konkurs bzw. Insolvenz nur eines Gesellschafters hinsichtlich des Vermögens der BGB-Gesellschaft Beschränkungen ein, die eine Mitwirkung des Konkursbzw. Insolvenzverwalters erforderlich machen.

bb) Hinsichtlich der betroffenen Konkurs- wie auch Insolvenzmasse weist zwar die Rechtsbeschwerde zutreffend darauf hin, dass dazu nicht der einzelne Gegenstand des Gesellschaftsvermögens gehört, sondern lediglich der Gesellschaftsanteil dem vom Konkurs bzw. der Insolvenz betroffenen Gesellschaftervermögen zuzurechnen ist (vgl. dazu MünchKomm./Ulmer, BGB § 728 Rdnr. 7 zu § 1 KO; Palandt/Sprau, BGB 60. Aufl. § 728 Rdnr. 2; Jauernig/Stürner, BGB 9. Aufl. § 728 Rdnr. 15 zu § 35, 36 InsO). Die Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters hat aber gemäß § 728 BGB a. F. in Übereinstimmung mit § 728 Abs. 2 BGB n. F. BGB zur Folge, dass die BGB-Gesellschaft aufgelöst wird. Dies führt zur Auseinandersetzung nach den allgemeinen Regeln des Gesellschaftsrechts, und zwar außerhalb des Konkursverfahrens (§ 16 Abs. 1 KO) bzw. Insolvenzverfahrens (§ 84 Abs. 1 InsO). Im Rahmen der danach vorzunehmenden Auseinandersetzung werden die Rechte des betroffenen Gesellschafters jedoch nicht mehr von diesem selbst, sondern vom Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter wahrgenommen (vgl. MünchKomm./Ulmer aaO § 728 Rdnr. 9; Staudinger/Keßler, BGB 12. Aufl. § 728 Rdnr. 11; Palandt/Sprau aaO; § 730 Rdnr. 3; Jauernig/Stürner aaO; Otto Anmerkung zu LG Hamburg EWiR § 16 KO 1/86). Die - hier vom Grundbuchamt zu beachtende - Verfügungsbeschränkung wird mithin unabhängig von der konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Befangenheit des Gesellschaftsvermögens allein durch den Umstand begründet, dass der Beteiligte zu 6) zunächst als Konkurs-, später auch als Insolvenzverwalter zur Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Auseinandersetzung an die Stelle des einzelnen Gesellschafters getreten ist und für diesen die Verfügungsbefugnis im Rahmen der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens ausübt (vgl. zur Abgrenzung eingehend Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, und Konkurs- und Vergleichsrecht 5. Aufl. Fall 22 S. 130). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - BGB-Gesellschafter eine GmbH & Co. KG ist. Insoweit werden mit der Ernennung des Konkursverwalters die Befugnisse des Geschäftsführers der gemäß notarieller Vollmacht vom 9. September 1991 für sie handelnden Komplementär-GmbH eingeschränkt (vgl. etwa Rowedder, GmbHG 3. Aufl. § 63 Rdnr. 38 m. w. Nw.).

3. Da die vorgenannte Einschränkung der Verfügungsbefugnis bereits vor dem Eintragungseintrag durch Konkurs des ersten Gesellschafters eingetreten ist, haben die Vorinstanzen zu Recht die Eintragung der Auflassungsvormerkung von der Genehmigungserklärung des Konkursverwalters abhängig gemacht, so dass die weitere Beschwerde zurückzuweisen ist.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Kostentragungspflicht der Antragsteller hinsichtlich der Gerichtskosten folgt aus dem Gesetz, § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.

Den Wert des Beschwerdegegenstandes der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Festsetzung durch das Landgericht bestimmt, §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück