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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.08.2001
Aktenzeichen: 3 W 76/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1835 a
BGB § 1899
BGB § 1908 i Abs. 1 Satz 1
Aufwandsentschädigung für Mitbetreuer

Hat das Vormundschaftsgericht zwei Betreuer bestellt und bestimmt, dass beide berechtigt sind, die Betroffene allein zu vertreten, steht jedem Betreuer die volle Aufwandsentschädigung gemäß § 1835 a BGB dann zu, wenn die Mitbetreuer nicht (ausschließlich) mit denselben Aufgabenkreisen betraut worden sind.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

Aktenzeichen: 3 W 76/01

In dem Verfahren

betreffend die Festsetzung einer Aufwandsentschädigung für die Betreuung der

hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Hengesbach, die Richterin am Oberlandesgericht Simon-Bach und den Richter am Oberlandesgericht Cierniak auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20./21. März 2001 gegen den ihm am 20. März 2001 zugestellten Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Februar 2001 ohne mündliche Verhandlung

am 27. August 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Für die mittellose Betroffene besteht seit vielen Jahren eine ehrenamtliche Betreuung. Zunächst war allein der Beteiligte zu 2) zum Betreuer für die Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung und der Vermögenssorge bestellt worden. Mit Beschluss vom 12. April 1999 hat das Amtsgericht St. Goar die Beteiligte zu 3) zur weiteren Betreuerin bestellt und ausgesprochen, dass beide Betreuer berechtigt sind, die Betroffene allein zu vertreten. Ziffer 3) dieses Beschlusses lautet wie folgt: "Die Betreuung wird erweitert: Der Aufgabenbereich der Betreuerin umfasst künftig die Sorge für die Gesundheit der Betroffenen, die Bestimmung des Aufenthaltes sowie die Vermögenssorge."

Mit Beschluss vom 10. April 2000 hat das Amtsgericht St. Goar die der Beteiligten zu 3) aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen auf 600,00 DM festgesetzt. Die von dem Beteiligten zu 1) gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 23. Februar 2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Auch im Übrigen ist das Rechtsmittel förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 2 und 4, 21 Abs. 2, 20 FGG). Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Ungeachtet dessen steht - wenn es wie hier um die Festsetzung der Aufwandsentschädigung gegen die Staatskasse geht - dem Vertreter der Staatskasse ein Beschwerderecht zu (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. Dezember 1999 - 3 W 267/99 - und 29. September 2000 - 3 W 145/00 -; Staudinger/Engler, BGB 13. Aufl. § 1836 Rdnr. 87).

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO). Die Vorinstanzen haben der Beteiligten zu 3) im Ergebnis zu Recht eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 600,-- DM aus der Staatskasse selbständig und unabhängig von einer Aufwandsentschädigung für den Beteiligten zu 2) zugebilligt; nur insoweit hat das Landgericht die sofortige weitere Beschwerde zugelassen (vgl. auch Senat, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 3 W 68/01 -).

Die Festsetzung der pauschalierten Aufwandsentschädigung gegen die Staatskasse beruht auf den §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. 1835 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 BGB: Das Amtsgericht hat in seinem vom Landgericht bestätigten Beschluss die in § 1835 a Abs. 1 Satz 1 BGB bezeichnete Pauschale in Höhe von 600,-- DM zur Abgeltung des Anspruchs der Beteiligten zu 3) auf Ersatz ihrer Aufwendungen für die Betreuung der mittellosen Betroffenen, für die ihr keine Vergütung zusteht, festgesetzt. Aus dem Wortlaut der §§ 1835 a, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich keine Einschränkung des Anspruchs für den hier gegebenen Fall, dass gemäß § 1899 BGB mehrere Betreuer bestellt worden sind. Vielmehr stellt das Gesetz für die pauschalierte Abgeltung des Anspruchs auf Ersatz der - gesamten - Aufwendungen gemäß § 1835 BGB lediglich darauf ab, dass der Anspruchsteller zum Betreuer bestellt ist, ihm für die Betreuung keine Vergütung zusteht und die Jahresfrist in § 1835 a Abs. 2 BGB abgelaufen ist; diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Für die zu treffende Entscheidung kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht allgemein auf die Frage an, ob - abgesehen von der hier nicht gegebenen Bestellung eines weiteren Betreuers lediglich für den Vertretungsfall (§ 1899 Abs. 4 BGB; vgl. hierzu LG Frankenthal (Pfalz), Beschluss vom 4. Oktober 2000 - 1 T 213/00 -,Leitsatz abgedruckt in BtPrax 2001, 88; LG Münster FamRZ 1997, 389) Mitbetreuern unter den genannten Voraussetzungen in jedem Fall die in § 1835 a BGB bezeichnete Pauschale jeweils gesondert zu gewähren ist (allgemein bejahend Bauer/Deinert in HK-BUR § 1835 a BGB Rdnr. 24; Knittel, Betreuungsgesetz § 1835 a BGB Anm. 3, jew.m.w.N.). Auch ist nicht über die Rechtsfrage zu befinden, die Gegenstand des von dem Beteiligten zu 1) vorgelegten Beschlusses des Landgerichts Gera vom 3. Februar 2000 - 5 T 19/00 - gewesen ist; dort lag der Fall so, dass die beiden Betreuer die Betreuung in Bezug auf alle Aufgabenkreise gemeinschaftlich führten. Die hier zu beurteilende Fallgestaltung ist vielmehr nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass beide Betreuer berechtigt sind, die Betroffene - soweit identische Aufgabenbereiche gegeben sind - allein zu vertreten (vgl. hierzu auch LG Kempten Rpfleger 2001, 348). Vor allem sind die Mitbetreuer - zulässiger Weise (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 130) - für teils getrennte, teils gemeinsame Aufgabenkreise bestellt worden (§ 1899 Abs. 1 Satz 2 BGB). Nach Ziffer 3) des unangefochten gebliebenen Beschlusses des Amtsgerichts St. Goar vom 12. April 1999 umfasst lediglich der Aufgabenbereich "der Betreuerin" - mithin der Beteiligten zu 3) - die Sorge für die Gesundheit der Betroffenen. Nach dem ausdrücklichen und eindeutigen Wortlaut dieser Entscheidung gilt die damit vorgenommene Erweiterung der Betreuung nicht für den bereits seit längerer Zeit zum Betreuer bestellten Beteiligten zu 2). Gegenteiliges vermag der Senat den übrigen Ausführungen des Amtsgerichts nicht zu entnehmen. Die hiervon abweichende Annahme des Landgerichts, die Beteiligten zu 2) und 3) seien "für alle Aufgabengebiete ... bestellt" worden, ist daher aktenwidrig und nicht geeignet, den Senat als Rechtsbeschwerdegericht zu binden (vgl. Senat, Beschluss vom 27. April 2001 - 3 W 26/01 - m. w. N.).

Sind aber die beiden Betreuer (teilweise) für verschiedene Aufgabenkreise bestellt worden, kommt eine Einschränkung des jeweiligen Anspruchs auf die pauschalierte Aufwandsentschädigung etwa dahin, dass der Betrag "nur einem Ehegatten zusteht bzw. jeweils anteilig zu zahlen ist" (so der Beteiligte zu 1) in seiner Erstbeschwerde), nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Betracht. Zweck der - durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1580) geänderten - Vorschrift des § 1835 a BGB (= § 1836 a BGB a.F.) ist es, ehrenamtlichen Betreuern, denen keine Vergütung für die Betreuung zusteht, eine an die wirtschaftliche Entwicklung angepasste Aufwandsentschädigung zu gewähren (BTDrucks. 11/4528 S. 87 f., 112). Die Geltendmachung geringfügiger Aufwendungen sollte entbürokratisiert werden; dem Betreuer soll die Mühe erspart bleiben, Belege oder andere Nachweise auch für Kleinbeträge sammeln zu müssen (BTDrucks. aaO). Es war daher die Absicht des Gesetzgebers, mit dem (jetzigen) § 1835 a BGB ein vereinfachtes Verfahren zur Erstattung von Aufwendungen einzuführen (Bauer/Deinert aaO § 1835 a BGB Rdnr. 28).

Mit diesem Gesetzeszweck wäre es unvereinbar, mehreren Betreuern, denen zum Teil unterschiedliche Aufgabengebiete zugewiesen worden sind, die pauschalierte Aufwandsentschädigung nur einmal zuzubilligen. Anhaltspunkte für eine sachgerechte Aufteilung der Pauschale werden sich regelmäßig - und auch hier - nicht finden lassen. Denn die Pauschale soll die Aufwendungen des jeweiligen Betreuers abdecken, die dieser zum Zweck der Führung der Betreuung gemacht hat. Der Umfang der Aufwendungen aber hängt vom konkreten Umfang der angefallenen Arbeiten in den jeweiligen - zum Teil verschiedenen - Aufgabenkreisen ab und ist einer abstrakten Aufteilung - etwa nach Bruchteilen - nicht zugänglich. Eine Bemessung nach den konkreten Aufwendungen kommt ebenfalls nicht in Betracht; denn dies würde die Betreuer, denen keine Vergütung zusteht, zwingen, Belege und andere Nachweise auch für Kleinbeträge zu sammeln; dies zu verhindern ist gerade der Sinn des § 1835 a BGB.

Der Fall, dass doppelte Pauschalen zu zahlen sind, ist dem Gesetz auch sonst nicht fremd; so muss etwa der Betreute jeweils gesondert die volle Aufwandsentschädigung an den Betreuer und den Gegenbetreuer zahlen (Soergel/Zimmermann, BGB 13. Aufl. § 1835 a Rdnr. 16; Palandt/Diederichsen, BGB 60. Aufl. § 1835 a Rdnr. 2). Im Übrigen dürfte es sich bei der hier gegebenen Konstellation, dass mehrere Betreuer für zum Teil unterschiedliche Aufgabenkreise bestellt worden sind, um einen Ausnahmefall handeln (§ 1897 Abs. 1 BGB; vgl. allgemein BayObLGZ 1997, 288, 290; speziell für den hier gegebenen Fall Bauer in HK-BUR § 1899 BGB Rdnr. 25).

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass die wiederholte Annahme des Landgerichts, bei den Betreuern - den Beteiligten zu 2) und 3) - handele es sich um die Eltern der Betroffenen, unrichtig ist.

III.

Die Entscheidung des Senats ergeht gemäß § 11 Abs. 1 KostO gerichtsgebührenfrei.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst, weil der Senat außer dem Beteiligten zu 1) niemand am Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde förmlich beteiligt hat. Deshalb erübrigt sich auch die Festsetzung eines Gegenstandswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

Ende der Entscheidung

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