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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 21.06.2000
Aktenzeichen: 3 W 78/00
Rechtsgebiete: BGB, FGG, ZPO
Vorschriften:
BGB § 1836 | |
BGB § 1908 e | |
FGG § 12 | |
FGG § 27 | |
FGG § 56 g | |
ZPO § 287 |
BGB §§ 1836, 1908 e; FGG §§ 12, 27, 56 g; ZPO § 287
Ebenso wie bereits nach der bis zum 31.12.1998 geltenden Rechtslage ist auch nach neuem Recht dem Tatrichter bei der Festsetzung der Betreuervergütung in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO ein Schätzungsermessen für die Feststellung des vergütungsfähigen Zeitaufwandes eingeräumt. Dieses Ermessen kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob es auf denkgesetzlich unrichtigen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder ob wesentliche Tatsachen nicht beachtet worden sind. Hat der Vormund oder Betreuer seinen Zeitaufwand im Einzelnen für bestimmte Tätigkeiten aufgeschlüsselt, findet zudem auch in den Tatsacheninstanzen nur eine Plausibilitätsprüfung statt, mit der Missbrauchsfällen begegnet werden soll.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 3 W 78/00 4 T 53/00 Landgericht Zweibrücken XVII 30/99 Amtsgericht Pirmasens
In dem Verfahren
betreffend die Festsetzung einer Vergütung für die Betreuung der H K, geboren am
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch die Richter am Oberlandesgericht Hengesbach und Reichling sowie die Richterin am Oberlandesgericht Jahn-Kakuk auf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen vom 13./17. April 2000 gegen den ihr am 10. April 2000 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 27. März 2000, ohne mündliche Verhandlung,
am 21. Juni 2000
beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2 038,-- DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Für die Betroffene ist Betreuung angeordnet. Zum Betreuer ist der beim Antragsteller beschäftigte Vereinsbetreuer bestellt. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 16. September 1999 beantragt, ihm für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 1999 eine aus dem Vermögen der Betroffenen zu entrichtende Vergütung zu bewilligen, die er auf der Grundlage einer zeitlichen Auflistung der entfalteten Tätigkeiten und unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 60,00 DM auf insgesamt 5.865,00 DM beziffert hat. Über ihren Verfahrenspfleger hat die Betroffene beanstandet, dass in der Vergütungsberechnung der Zeitaufwand für verschiedene Schreiben und Telefonate des Vereinsbetreuers jeweils pauschal mit 15 Minuten in Ansatz gebracht sei. Der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts hat daraufhin eine Reihe von Zeitansätzen von jeweils 15 auf 10 Minuten gekürzt und die dem Antragsteller zustehende Vergütung auf insgesamt 3.827,00 DM festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht den Beschluss des Vormundschaftsgerichts geändert und die Vergütung entsprechend dem Vergütungsantrag auf 5.865,00 DM bemessen. Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrer vom Landgericht zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihre ursprünglichen Einwendungen gegen die Vergütungsrechnung weiterverfolgt.
II.
Die von der Betroffenen durch ihren Verfahrenspfleger eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Auch im Übrigen ist das Rechtsmittel förmlich nicht zu beanstanden § 29 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 und 4, 56 g Abs. 5 Satz 1, 21 Abs. 2, 20 FGG). In der Sache bleibt die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes § 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).
Die Betroffene wendet sich nicht gegen den in Ansatz gebrachten Stundensatz, den die Vorinstanzen auf 60,00 DM bemessen haben. Die Sache gibt dem Senat somit keinen Anlass, sich mit der Frage zu befassen, ob die Vergütung des Vereinsbetreuers i.S.v. §§ 1908 e, 1836 BGB für bemittelte und mittellose Betreute grundsätzlich nach den gleichen Kriterien zu bemessen ist (vgl. einerseits Senatsbeschluss vom 18. Oktober 1999 - 3 W 228/99 = OLGR Zweibrücken 2000, 13 und vom 22. September 1999 - 3 W 140/99 = OLGR 1999, 491; andererseits Vorlagebeschluss des BayObLG vom 15. Dezember 1999 - 3 ZBR 330/99 = BayObLGZ 1999, 375, jeweils m.w.N.). Dem Grunde nach stellt die Betroffene auch die Notwendigkeit der hier in Rede stehenden Tätigkeiten des Vereinsbetreuers nicht in Abrede. Ihre Einwendungen beziehen sich allein darauf, dass das Landgericht bei der Feststellung des in Ansatz gebrachten Zeitaufwandes den Angaben des Antragstellers gefolgt ist. Dies ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden.
Bereits nach der bis zum 31. Dezember 1998 für die Vergütung des Vormunds und des Betreuers geltenden Rechtslage war anerkannt, dass dem Tatrichter bei der Feststellung des zu vergütenden Zeitaufwandes in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO ein Schätzungsermessen eingeräumt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1998 - 3 W 254/98 = OLGR 1999, 332, 334; BayObLG FamRZ 1996, 1169, 1170 und JurBüro 1993, 49; OLG Schleswig FamRZ 1998, 185; OLG Hamm RPfleger 1999, 391, 392, jeweils m.w.N.). Daran hat sich durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 26. Juni 1998 (BtÄndG, BGBl. I S. 1580) nichts geändert. Auch bei Bewilligung einer Vergütung gemäß § 1836 BGB n.F. steht dem Tatrichter ein Schätzungsermessen zu (vgl. nur Palandt/Diederichsen, BGB 58. Aufl. § 1836 Rdn. 14 m.w.N.). Dieses Ermessen kann im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob es auf denkgesetzlich unrichtigen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder ob wesentliche Tatsachen nicht beachtet worden sind (BayObLG und OLG Schleswig, jeweils aaO m.w.N.). Hat der Vormund oder Betreuer seinen Zeitaufwand im Einzelnen für bestimmte Tätigkeiten aufgeschlüsselt, so ist zudem die gerichtliche Überprüfbarkeit schon in den Tatsacheninstanzen eingeschränkt. In diesem Falle findet lediglich eine Plausibilitätsprüfung der Zeitangaben statt, mit der Missbrauchsfällen begegnet werden soll (BayObLG JurBüro 1993 und OLG Schleswig, Palandt/Diederichsen jeweils aaO; Bauer/Deinert in HK-BUR § 1836 BGB Rdn. 85 m.w.N.). Denn es steht grundsätzlich im Ermessen des Betreuers, welchen Zeitaufwand er - bei ex ante Betrachtung - für die Erledigung einzelner betreuungsrechtlicher Geschäfte als erforderlich ansehen durfte (Bauer/Deinert aaO; Knittel, BtG § 1836 BGB Rdn. 18; Zimmermann FamRZ 1998, 521, 524 f.; BayObLG aaO, für die Notwendigkeit einer bestimmten Tätigkeit als solcher auch Senatsbeschluss vom 22. Oktober 1999 - 3 W 214/99 = OLGR 2000, 114, jeweils m.w.N.).
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts hält einer an den vorgenannten Grundsätzen ausgerichteten Überprüfung stand. Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass es nicht Sinn des Vergütungsfestsetzungsverfahrens sein kann, eine minuziöse Überprüfung sämtlicher vom Betreuer entfalteten Tätigkeiten vorzunehmen und dass dem Gericht deshalb nur eine eingeschränkte Überprüfung der in der Vergütungsrechnung enthaltenen Zeitansätze eröffnet ist, die dazu dient, mißbräuchlichen, überzogenen und sachlich völlig ungerechtfertigten Forderungen zu begegnen. Anhaltspunkte dafür, dass die hier zur Entscheidung stehenden Zeitansätze Anlass zu entsprechenden Beanstandungen geben könnten, hat das Landgericht nicht gefunden. Dabei hat es darauf abgestellt, dass für die in Rede stehenden Schreiben und Telefongespräche jeweils Vor- und Nachbereitungszeiten angefallen sind und gedankliche Vorarbeiten erforderlich waren, die sich nicht allein am zeitlichen Umfang der jeweiligen Schreiben und Gespräche festmachen lassen. Zudem handle es sich um eine Betreuung mit einem großen, u.a. auf das Führen verschiedener Prozesse bezogenen Aufgabenkreis. Die Betroffene sei eine schwierige Persönlichkeit, die erhebliche Anforderungen an den Betreuer stelle. Aus alledem hat das Landgericht gefolgert, der vom Betreuer geltend gemachte Aufwand sei plausibel und nicht handgreiflich Überzogen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Schlussfolgerung des Landgerichts hält den Anforderungen stand, die bei der Schätzung des Zeitaufwandes für die vom Betreuer entfalteten Tätigkeiten an die Überzeugungsbildung des Tatrichters zu stellen sind. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze und schöpft die vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten aus (§ 12 FGG). Soweit die Betroffene mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde eine andere Bewertung vornehmen will, versucht sie nur das Schätzungsermessen des Tatrichters durch ihr eigenes zu ersetzen. Dies muss für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde unbehelflich bleiben.
Gemäß § 131 Abs. 3 KostO ergeht der Beschluss des Senats gerichtsgebührenfrei. Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nicht veranlasst.
Den Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Senat gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO nach dem Interesse der Betroffenen an der Wiederherstellung der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts bemessen.
Ende der Entscheidung
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