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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 4 U 96/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 296 a | |
ZPO § 156 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil
Aktenzeichen: 4 U 96/07
Verkündet am: 17. April 2008
In dem Rechtsstreit
wegen Vollstreckungsabwehrklage,
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab, den Richter am Oberlandesgericht Friemel und die Richterin am Oberlandesgericht Bastian-Holler auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 29. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 € oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger erwarb im Jahre 2005 das Grundstück P... in W..., das mit einer Sicherungsgrundschuld ohne Brief in Höhe von 100.000,00 DM zugunsten der Beklagten belastet ist. Die Grundschuld wurde der Beklagten von ihren mittlerweile verstorbenen Eltern, den damaligen Eigentümern des Grundstücks, durch notarielles "Schuldbekenntnis" vom 25. April 1980 zur Besicherung eines angeblichen Darlehens über 100.000,00 DM bewilligt. Darin unterwarf sich "der Eigentümer" des Grundstücks der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Die Grundschuld wurde am 13. Mai 1980 eingetragen. In einer "Aktennotiz" vom 12. Dezember 1984 vermerkte der beurkundende Notar, dass ihre Eltern der Beklagten den Betrag von 100.000,00 DM ursprünglich erst nach ihrem (der Eltern) Tode zukommen lassen wollten; er habe ihnen jedoch aus erbschaftssteuerlichen Gründen geraten, kein Vermächtnis auszusetzen, sondern "im Wege eines Schuldanerkenntnisses und Absicherung durch eine Grundschuld ... das gleiche zu erreichen". Die Beklagte hat die Zwangsvollstreckung in das Grundstück eingeleitet. Der Kläger ist der Auffassung, die Grundschuld sei nicht valutiert; ihr liege ein unwirksames Scheingeschäft zugrunde; das Geschäft sei ferner nach § 134 BGB unwirksam, weil es auf eine Steuerhinterziehung gerichtet gewesen sei. Mit seiner Vollstreckungsabwehrklage macht er deshalb geltend, dass die Zwangsvollstreckung unzulässig sei.
Durch das angefochtene Urteil, auf das zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen.
Mit seiner Berufung bekämpft der Kläger das Urteil in vollem Umfang. Er rügt die Rechtsauffassung des Landgerichts unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags.
Er beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Zwangsvollstreckung in das Grundstück P..., in W..., aufgrund der Grundschuld ohne Brief, eingetragen im Grundbuch von Weisenheim am Berg, Bl. 573 in Abt. III Nr. 7, für unzulässig zu erklären.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres dortigen Vorbringens.
Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung führt nicht zum Erfolg.
1. Der Kläger wendet sich mit seiner Vollstreckungsabwehrklage gegen die von der Beklagten eingeleitete Zwangsvollstreckung (Az.: K 25/06 Amtsgericht Bad Dürkheim) wegen der ihr durch das notarielle Schuldbekenntnis vom 25. April 1980 bestellten Grundschuld. Darin haben sich ihre Eltern als damalige Grundstückseigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterworfen und auch die Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer für zulässig erklärt. Das ist möglich (§ 800 Abs. 1 ZPO). Die dingliche Wirkung einer solchen Erklärung tritt ein, wenn sie in das Grundbuch eingetragen ist (§ 800 Abs. 1 S. 2 ZPO). Das ist der Fall. Im Grundbuch von Bad Dürkheim Bl. 573 ist bei der zugunsten der Beklagten bestellten Grundschuld vermerkt, dass diese "vollstreckbar nach § 800 ZPO" ist. Ein solcher Vermerk im Grundbuch ist ausreichend (vgl. Zöller/Stöber ZPO 26. Aufl., § 800, Rdnr. 11 m.w.N.). Gegen die Urkunde ist die Vollstreckungsabwehrklage zulässig (§§ 794 Nr. 5, 795, 767 ZPO). § 767 Abs. 2 ZPO ist nicht anwendbar (vgl. Zöller/Stöber Stöber aaO, § 795, Rdnr. 1 m.w.N.).
In der notariellen Urkunde vom 25. April 1980 haben die Eltern der Beklagten eine Sicherungsgrundschuld zur Absicherung einer angeblichen Darlehensforderung der Beklagten gegen sie über 100.000,00 DM bestellt. Die Sicherungsgrundschuld ist eine Fremdgrundschuld, die den Erwerber wegen einer Forderung gegen den Eigentümer sichert. Es besteht jedoch keine Akzessorietät zwischen Forderung und Grundschuld mit der Folge, dass das Nichtentstehen der besicherten Forderung die dingliche Wirkung grundsätzlich nicht berührt (allgemeine Meinung vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1191, Rdnr. 13, 19 m.w.N.). Aufgrund der Sicherungsabrede hat der Sicherungsgeber jedoch gegen den Sicherungsnehmer einen unbedingten Rückgewähranspruch aus § 812 BGB, wenn die gesicherte Forderung nicht entsteht oder erlischt (Nichtvalutierung). Der Sicherungsnehmer ist in diesem Falle nach Wahl des Sicherungsgebers zur Abtretung der Grundschuld, zur Aufhebung oder zum Verzicht verpflichtet (BGH NJW-RR 1996, 234; Palandt/Bassenge aaO § 1191, Rdnr. 17). Der Sicherungsgeber kann deshalb dem Sicherungsnehmer die Bereicherungseinrede (§§ 821, 812 BGB) entgegen halten und sich mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gegen die Zwangsvollstreckung des Sicherungsnehmers zur Wehr setzen (vgl. Musielak/Lackmann ZPO 5. Aufl., § 767, Rdnr. 24; Palandt/Sprau aaO § 1191, Rdnr. 23).
Voraussetzung für die Geltendmachung der Rechte aus der Sicherungsabrede ist aber, dass dem Kläger die ursprünglich zwischen den Sicherungsgebern (den Eltern der Beklagten) und der Sicherungsnehmerin (der Beklagten) vereinbarte Sicherungsabrede übertragen worden ist. Beim Erwerb des Grundstücks vom Sicherungsgeber geht der Rückgewährsanspruch nicht ohne weiteres, sondern nur durch eine (auch durch schlüssiges Verhalten mögliche) Mitübertragung auf den Erwerber über. Denkbar wäre auch, dass der Kläger mit Zustimmung der Beklagten in den Sicherungsvertrag eingetreten ist (vgl. zu allem BGH Urteil vom 10. November 1989 - V ZR 201/88 - m.w.N.).
Dazu konnte der Senat keine Feststellungen treffen. Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger (vgl. dazu BGH, aa0) konnte nicht plausibel dartun, dass er auch Partei der Sicherungsabrede wurde.
Auf Befragen des Senats gab sein für ihn erschienener Unterbevollmächtigter an, dass der Kläger das Grundstück im Rahmen eines "verdeckten Treuhandverhältnisses" erworben habe. Ursprünglich habe sich - was zwischen den Parteien auch unstreitig ist - die Mutter der Beklagten in einem vor dem Landgericht Frankenthal/Pfalz (Az. 4 U 450/04) geschlossenen Vergleich gegenüber ihrer damaligen Prozessgegnerin M... S..., der Schwester der Beklagten verpflichtet, dieser das Grundstück zu Eigentum zu übertragen. Da gegen M... S... mehrere Insolvenzverfahren geführt worden seien, habe der Kläger mit M... S... ein Treuhandverhältnis vereinbart, in dessen Folge der Kläger das Eigentum an dem Grundstück direkt von der Mutter erlangt habe. Die von der Beklagten dazu vorgelegte Bestätigung des Notars S... vom 29. November 2005 bestätigt, dass das Eigentum an dem Grundstück "direkt auf den Kläger" ohne Zwischeneintragung der Schwester der Beklagten erfolgt ist. Auf Frage des Senats zu den näheren Umständen des "Treuhandverhältnisses", hat der Unterbevollmächtigte nach telefonischer Rücksprache mit dem Kläger erklärt, die Schwester der Beklagten befinde sich nicht in Insolvenz, es sei ihr aber darum gegangen, ihr Grundstück "zu schützen".
Diese vagen Angaben geben keinen Grund für die Annahme, dass der Kläger auch Partei der im notariellen Vertrag vom 25. April 1980 zwischen der Beklagten und ihren Eltern vereinbarten Sicherungsabrede geworden ist. Es bleibt offen, ob die Mutter der Beklagten dem Kläger oder ihrer Tochter M...die Rechte aus der Sicherungsabrede übertragen hat. Allein die vom Kläger behauptete Treuhandabrede ergibt das nicht. Der Begriff des Treuhänders bezeichnet nach allgemeinem Rechtsverständnis eine natürliche oder juristische Person, die von einem anderen oder für ihn von einem Dritten Vermögensrechte zu eigenem Recht erworben hat, diese aber nicht nur in eigenem, sondern zumindest auch in fremdem Interesse ausüben soll. Der Treuhänder darf von dem übertragenen Recht deshalb nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung Gebrauch machen und seine Befugnisse nur in einer inhaltlich mit dem Treugeber abgestimmten Art und Weise ausüben (BGH NJW 2003, 3415 m.w.N.). Da der Kläger zu dem näheren Inhalt des Treuhandverhältnisses keine Angaben gemacht hat, kann nicht festgestellt werden, ob ihm auch die Rechte aus der Sicherungsvereinbarung übertragen wurden. Das hat zur Folge, dass der Kläger etwaige daraus resultierende Einreden der Beklagten nicht entgegenhalten kann. Die erhobene Vollstreckungsgegenklage ist deshalb unbegründet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Grundschuld valutiert ist.
Die vom Kläger zur Sicherungsabrede abgegebenen Erklärungen in seinen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 12., 14. und 19. März 2008 sind für die Entscheidung nicht mehr berücksichtigt worden (§ 296 a ZPO). Ein Grund, deshalb die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO), bestand nicht. Der Kläger hatte Gelegenheit, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu der vorgenannten Frage Stellung zu nehmen. Der Senat hatte zur Sachaufklärung das persönliche Erscheinen des Klägers "gem. §§ 141 Abs. 1 Satz 1, 273 Abs. 2 Nr. 3 ZPO" angeordnet. Der Kläger hat das auch so verstanden, da er in der seinem Untervertreter erteilten Vollmacht vom 5. März 2008 ausdrücklich erklärt hat, dass dieser "zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage" sei. Wenn dieser der Ankündigung zuwider nicht informiert war und selbst nach telefonischer Rücksprache mit dem Kläger nur die vorgenannten, vagen Erklärungen abgeben konnte, geht das mit dem Kläger heim.
Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass sein Vertreter keine weiteren Erklärungen habe abgeben können, weil in der mündlichen Verhandlung "keine Verträge" vorgelegen hätten und er dazu nicht näher bezeichnete "Unterlagen und Urkunden" benötigt hätte. "Verträge" existieren offenkundig nicht. Wie der Kläger selbst vorträgt, wurde in dem Vergleich in dem Verfahren 4 O 450/04 (Landgericht Frankenthal/Pfalz) eine Übertragung der Rechte aus der Sicherungsabrede nicht protokolliert. Dass zwischen dem Kläger und seiner Treugeberin schriftliche Vereinbarungen getroffen wurden, behauptet der Kläger nicht. Welche sonstigen Unterlagen bzw. Urkunden zur Übertragung der Sicherungsabrede vorhanden sind, hat der Kläger nicht mitgeteilt. Das beigefügte Schreiben der früheren Rechtsanwälte der Schwester der Beklagten S... und B... vom 6. Dezember 1984 ergibt ebenso wenig wie die handschriftlichen Bemerkungen der Mutter vom 9. Dezember 1984, sowie die notariellen Erbverträge vom 14. August 1972 und 29. Januar 1980, die alle vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Grundstückserwerbs des Klägers lagen. Was möglicherweise zwischen den Parteien bzw. mit der Mutter der Beklagten dabei besprochen wurde, hätte deshalb in der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden können.
Davon abgesehen, ergibt sich aus dem nachgereichten Vortrag des Klägers nicht, dass er "konkludent" die Rechte aus der Sicherungsabrede erworben hat. Selbst wenn man - mit dem Kläger - annehmen wollte, dass die Mutter der Beklagten mit der vergleichsweisen Übertragung des Grundstücks ihrer Tochter M... auch die Ansprüche aus der Sicherungsabrede übertragen wollte, bleibt - da die Tochter das Grundstück nicht erworben hat - offen, ob das auch für den Kläger als angeblichen Treuhänder gilt, weil der Kläger zum Inhalt der Treuhandabrede auch in den nachgereichten Schriftsätzen nichts vorgetragen hat.
2. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung in dem Schriftsatz vom 19. März 2008 angekündigte Klageänderung, mit welcher der Kläger aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung des im Wege der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld an die Beklagte bezahlten Betrages begehrt, ist unzulässig, § 297 ZPO (allg.M. vgl. BGH NJW 2000, 2513; NJW-RR 1992, 1085; Hans OLG Hamburg MDR 1995, 526 - zur Widerklage - ; Stein/Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 296 a Rdn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 66. Aufl. § 156 Rdn. 8). Der Senat sieht keine Veranlassung, deshalb ausnahmsweise die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 Abs. 1 ZPO).
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51.129,19 € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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