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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: 4 W 97/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 322 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen 4 W 97/07
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes,
hier: Bewilligung von Prozesskostenhilfe,
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht Friemel als Einzelrichter auf die am 25. September 2007 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 24. September 2007 gegen den ihm am 24. September 2007 zugestellten Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 20. September 2007 ohne mündliche Verhandlung am 11. Oktober 2007
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Dem Antragsteller wird für die im Klageentwurf vom 21. August 2007 beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung unter Beiordnung von Rechtsanwalt R..., K..., bewilligt.
Gründe:
Der Antragsteller ist durch Urteil des Landgerichts Frankenthal Pfalz) vom 26. Januar 2006 (6 O 93/03) verurteilt worden, an die damalige Klägerin und nunmehrige Beklagte Zug um Zug gegen Beseitigung zweier Mängel Werklohn wegen durchgeführter Dachdeckerarbeiten zu bezahlen; weitere vom Antragsteller geltend gemachte Mängelrügen wurden für unbegründet erachtet. Seine gegen das Urteil eingelegte Berufung blieb erfolglos. Sein nachfolgender Antrag, ihm für eine beabsichtigte Vollstreckungsgegenklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil er zwischenzeitlich mit seinem angeblichen Schadensersatzanspruch wegen der Mängel die Aufrechnung gegen die titulierte Forderung erklärt hatte, wurde vom Landgericht abgelehnt (4 O 285/07); die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde wurde zurückgewiesen. Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller, ihm Prozesskostenhilfe für eine Schadensersatzklage wegen der angeblichen Mängel der Dachdeckerarbeiten der damaligen Klägerin und (künftigen) Beklagten zu bewilligen. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag abgelehnt.
Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers führt zum Erfolg. Die beabsichtigte Klageerhebung ist entgegen der Auffassung des Einzelrichters nicht mutwillig und auch nicht ohne Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).
Die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 26. Januar 2006 (Az. 6 O 93/03) steht der Klage nicht entgegen.
Der Streitgegenstand des damaligen Rechtsstreits ist nicht identisch mit dem Streitgegenstand der von dem Antragsteller beabsichtigten Klage. Gegenstand des Vorprozesses war die Werklohnklage der (nunmehrigen) Beklagten wegen der im Auftrag des Antragstellers durchgeführten Dacharbeiten. Mit seiner beabsichtigten Klage begehrt der Antragsteller Schadenersatz wegen angeblicher Mängel dieser Arbeiten.
Der Klage kann eine Erfolgsaussicht auch nicht deshalb versagt werden, weil das künftig erkennende Gericht an die Präjudizialität der Feststellungen des Ausgangsprozesses gebunden wäre. Das wäre nur der Fall, wenn das Gericht über die bereits in dem Vorprozess 6 O 93/03 (LG Frankenthal (Pfalz) rechtskräftig entschiedenen Vorfragen erneut zu befinden hätte mit der Folge, dass es an den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung der ersten Entscheidung gebunden wäre.
Das ist nicht der Fall.
Die Rechtskraft beschränkt sich auf die Rechtsfolge, die den Entscheidungssatz bildet, den das Erstgericht aus dem Sachverhalt durch seine Subsumtion unter das objektive Recht erschlossen hat (vgl. BGH NJW 1993, 3205 m. w. N.; Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. vor § 322 Rn. 24). Nicht an der Rechtskraft nehmen die sonstigen präjudiziellen Vorfragen teil, insbesondere Einwendungen, Einreden und sonstige Gegenrechte des Beklagten (BGH NJW 1995, 967; 1996, 58; Stein/Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 322 Rn. 95; Zöller/Vollkommer aaO Rn. 34 m. w. N.). Etwas anderes gilt allerdings, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über eine (Hilfs-)Aufrechnung ergeht (§ 322 Abs. 2 ZPO).
Danach wäre der Antragsteller an seiner erneuten Klageerhebung nur gehindert, wenn sich sein Schadensersatzanspruch auf die Mängel stützen würde, die er zur Begründung seiner (Hilfs-)Aufrechnung im Ausgangsprozess vorgetragen hätte. Das ist jedoch nicht der Fall.
Der Antragsteller hat damals - gestützt auf ein Privatgutachten des Sachverständigen B... - unsauber geschnittene und abstehende Schiefern an den Dachgauben und eine mangelhafte Dachanbindung an Kamin und Stromständer gerügt. Wegen der Mängel hat er sich auf die fehlende Abnahmefähigkeit des Werkes und Minderung berufen sowie hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht und eine Hilfsaufrechnung geltend gemacht. Soweit das Landgericht im Urteil vom 26. Januar 2006 die Rügen des Klägers überwiegend für nicht berechtigt erachtet hat, kommt somit der Entscheidung eine Rechtskraftwirkung nur insoweit zu, als dadurch auch die der Hilfsaufrechnung zugrunde liegende Schadenersatzforderung für unbegründet erachtet worden ist, § 322 Abs. 2 ZPO.
Bei den mit dem vorliegenden Klageentwurf geltend gemachten Schadensersatzansprüchen handelt es sich jedoch um andere Mängel, über die bislang noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
Die dem Anspruch zugrunde liegenden Mängel hat der Sachverständige M... erst im Laufe des Berufungsverfahrens im Ausgangsprozess 6 O 93/03 in seinem schriftlichen Gutachten vom 11. Juli 2006 festgestellt; der Sachverständige ist der Auffassung, dass das Dach auch nicht sturm- und regensicher sei. Der Antragsteller hat sich wegen dieser Mängel auf die fehlende Abnahmefähigkeit des Werkes berufen. Der Vortrag nahm aus den dargestellten Gründen als bloßes Verteidigungsvorbringen, das nur eine präjudizielle Vorfrage betraf, nicht an der Rechtskraft des die Berufung des damaligen Beklagten zurückweisenden Beschlusses des Senats vom 18. Dezember 2006 teil. Etwas anderes würde auch dann nicht gelten, wenn man das damalige Vorbringen dahin auslegen wollte, dass die im Gutachten des Sachverständigen M... vom 11. Juli 2006 bezeichneten zusätzlichen Mängel auch Gegenstand der Hilfsaufrechnung des Beklagten sein sollten. Der Senat hat in seiner Entscheidung das neue Vorbringen des Beklagten wegen Verspätung zurückgewiesen, weil der sich auf das Privatgutachten stützende Vortrag erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt war (§§ 530, 520 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Da damit sachlich über den Anspruch nicht entschieden worden ist, kann der darauf gestützte Schadensersatz mit einer neuen Klage geltend gemacht werden (vgl. auch Zöller/Vollkommer aaO § 322 Rn. 18 m. w. N.).
Aus dem Vorgesagten ergibt sich auch, dass die beabsichtigte Klage nicht mutwillig ist. Solches kann - entgegen der Auffassung des Landgerichts - insbesondere nicht allein aus dem Umstand gefolgert werden, dass eine Partei in einem früheren Prozess nicht alle in Frage kommenden Ansprüche oder Gegenrechte geltend gemacht hat. Soweit der nunmehr geltend gemachten Forderung keine (präjudizielle) Rechtskraft entgegensteht, ist eine Partei nicht gehindert, zu versuchen, ihre Rechte in einem neuen Prozess durch zu setzen. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall die im Klageentwurf behaupteten Mängel von dem im Vorprozess vom Antragsteller zunächst beauftragten Privatgutachter B... nicht erkannt worden sind, sodass dem Antragsteller dort auch keine Nachlässigkeiten zur Last gelegt werden können.
Die in dem Prozesskostenhilfeverfahren 6 O 80/07 (LG Frankenthal (Pfalz) ergangenen Beschlüsse, die den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) zurückgewiesen haben, stehen der beabsichtigten Klageerhebung ebenfalls nicht entgegen.
Da der Klageentwurf des Antragstellers bei vorläufiger Bewertung auch im Übrigen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§ 114 ZPO).
Ende der Entscheidung
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