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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Urteil verkündet am 08.05.2001
Aktenzeichen: 5 UF 143/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 623
ZPO § 628 Satz 1 Nr. 4
Leitsatz:

1. a) Als Richtschnur für eine außergewöhnliche Verzögerung des Scheidungsausspruchs gilt eine Verfahrensdauer von über zwei Jahren ab Rechtshängigkeit.

b) Die Verfahrensdauer bestimmt sich allein nach der tatsächlichen Anhängigkeit unter Berücksichtigung auch der Dauer des Berufungsverfahrens und unabhängig eines Ruhens oder einer Aussetzung des Verfahrens oder einer verfrühten Stellung des Scheidungsantrags.

2. Ein weitere Aufschub des Scheidungsausspruchs wegen gleichzeitiger Entscheidung über die Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt beinhaltet regelmäßig dann eine unzumutbare Härte für den Antragsteller im Scheidungsverfahren, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass er keinen oder jedenfalls wesentlich weniger nachehelichen Unterhalt schuldet als für die Trennungszeit tituliert.


Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken IM NAMEN DES VOLKES Urteil

Aktenzeichen: 5 UF 143/00 F 265/97 Amtsgericht Kusel

Verkündet am: 8. Mai 2001

Schöneberger, Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Familiensache

wegen Ehescheidung und Folgesachen

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Geisert und die Richterin am Oberlandesgericht Geib-Doll

auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Kusel vom 15. November 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Amtsgericht - Familiengericht - Kusel zurückverwiesen.

Tatbestand:

Die Parteien haben am 27. Juli 1973 miteinander die Ehe geschlossen und leben spätestens seit Ende August 1997 getrennt. Aus der Ehe sind vier zwischenzeitlich volljährige Kinder hervorgegangen, die beim Antragsgegner leben.

Am 20. August 1997 schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag (Urk.Nr. 721 des Notars R... H... in M... a... G...), in welchem sie neben Gütertrennung, Regelung der Vermögensauseinandersetzung u.a. vereinbart haben:

"Für die Dauer der Ehezeit verpflichtet sich der Erschienene zu 1., seiner Ehefrau monatlich bis zum 3. Werktag eines Monats 1 000,-- DM zu ihrer freien Verfügung zu überlassen und die Beiträge zur Lebensversicherung bei der ... Versicherung Vertrags-Nr. 40... zu zahlen. Auf die Vereinbarung einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung wird ausdrücklich verzichtet."

Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist seit 19. November 1997 rechtshängig. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1997 ebenfalls Scheidungsantrag gestellt.

Auf Antrag der Antragstellerin hat das Familiengericht durch Beschluss vom 28. Januar 1999 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schriftsätzen vom 10. Dezember 1999 und 19. Mai 2000 haben die Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners Terminsbestimmung bzw. Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt.

Mit Anträgen vom 27. September 2000 hat die Antragstellerin die Folgesachen Hausrat und Ehegattenunterhalt anhängig gemacht.

Beide Parteien haben beantragt,

die am 27. Juli 1973 geschlossene Ehe zu scheiden.

Die Antragstellerin hat des weiteren ihren Antrag vom 27. September 2000 zur Teilung des Hausrats verlesen sowie beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, an die Antragstellerin ab Rechtskraft der Ehescheidung Ehegattenunterhalt in Höhe von 2 185,-- DM zu zahlen.

Der Antragsgegner hat zu den Folgesachen nicht verhandelt und beantragt,

das Verfahren insoweit abzutrennen.

Durch das angefochtene Urteil hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt und die Folgesachen Hausrat und Ehegattenunterhalt nach § 628 Ziff. 4 ZPO abgetrennt. Zur Begründung ist ausgeführt, das Verfahren sei bereits seit drei Jahren anhängig und ein längeres Zuwarten mit der Ehescheidung für den Antragsgegner im Hinblick auf die im notariellen Vertrag übernommene Zahlungsverpflichtung nicht mehr hinnehmbar.

Die Antragstellerin hat gegen das Scheidungsurteil Berufung eingelegt. Sie trägt dazu vor, die Voraussetzungen für eine Abtrennung der Folgesachen läge nicht vor.

Die Vereinbarung eines Mindestunterhalts, von dem das Erstgericht ausgehe, begründe keine unzumutbare Härte für den Antragsgegner. Hingegen habe die Antragstellerin bei Eintreten der Rechtskraft der Scheidung keine Möglichkeit mehr, den Antragsgegner zu Unterhaltszahlungen zu zwingen und werde der Sozialhilfe anheimfallen. Mit dem klageabweisenden Urteil des Familiengerichts über Trennungsunterhalt vom 24. Januar 2001 sei auch die im dortigen Verfahren ergangene einstweilige Anordnung zum Ehegattenunterhalt aufgehoben.

Die Antragstellerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und an das Amtsgericht - Familiengericht - Kusel zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung der Antragstellerin zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Antragstellerin komme es nur darauf an, möglichst lange Unterhalt aufgrund der notariellen Vereinbarung verlangen zu können, was trotz der Klageabweisung bezüglich Trennungsunterhalt bis zur Rechtskraft der Scheidung der Fall möglich sei.

Die Antragstellerin habe die Verzögerung bisher damit begründet, es solle das Urteil über den Trennungsunterhalt abgewartet werden, das sie nunmehr aber nicht akzeptiere.

Sie handele somit rechtsmissbräuchlich.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Berufungsantrag eine Wiederherstellung des Verfahrensverbundes nach § 623 ZPO mit den vom Familiengericht im angefochtenen Urteil abgetrennten Folgesachen der Hausratsteilung und des nachehelichen Unterhalts, die weiterhin in erster Instanz anhängig sind.

Die beantragte Aufhebung des Scheidungsurteils und Zurückverweisung der Sache ist - obgleich die Antragstellerin weiterhin die Scheidung ihrer Ehe erstrebt - das verfahrensrechtlich zutreffend formulierte Begehren (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. etwa NJW-RR 1996, 833, 834; ebenso Urteil des Senats vom 12. Mai 1998, 5 UF 73/97 = FamRZ 1998, 1525; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl.; § 628 Rdnr. 13). Dem Hinweis des Senats im Verhandlungstermin entsprechend hat die Antragstellerin nicht - wie schriftsätzlich angekündigt - nur die Aufhebung des Scheidungsausspruchs sondern des Urteils erster Instanz insgesamt beantragt. Eine isolierte Aufhebung des Scheidungsausspruchs hätte die Regelung des Versorgungsausgleichs rechtskräftig werden lassen und somit zu einer anderweitigen Auflösung des Verbundverfahrens geführt, für die keine sachliche Rechtfertigung gegeben wäre.

Die auf § 628 Satz 1 Ziff. 4 ZPO gestützte Abtrennung der Folgesachen Hausrat und Ehegattenunterhalt durch das Familiengericht kann nicht bestehen bleiben. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift sind vorliegend nicht erfüllt.

Gemäß § 628 Satz 1 Ziff. 4 ZPO kann das Gericht dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgeben, soweit die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde.

§ 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO gilt für alle Folgesachen i.S.v. § 623 ZPO (vgl. Zöller/Philippi, aaO, § 628 Rdnr. 5).

Für die Annahme einer außergewöhnlichen Verzögerung des Scheidungsverfahrens wird als Richtschnur ein Überschreiten einer Dauer von zwei Jahren ab Rechtshängigkeit angenommen (vgl. etwa MünchKomm/Finger, ZPO, 2. Aufl., § 628 Rdnr. 9; Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Teil I Rdnr. 385).

In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob für die Bemessung der Verfahrensdauer ein Ruhen des Verfahrens herauszurechnen ist oder nicht, ebenso umstritten ist die Frage, ob bei einer verfrühten Stellung des Scheidungsantrags die Verfahrensdauer erst ab Schlüssigkeit zu rechnen ist (zum Streitstand s. Finger, MAR 2000, 247 m.w.N.).

Der Bundesgerichtshof hat in einer bereits länger zurückliegenden Entscheidung vertreten, die Verfahrensdauer sei unabhängig von entsprechenden materiell-rechtlichen Überlegungen oder der Gestaltung des Verfahrens allein nach der tatsächlichen Anhängigkeit zu bestimmen (BGH FamRZ 1986, 898, 899). Die Gegenansicht wird etwa vertreten von Schwab/Maurer (aaO) bezüglich des Ruhens des Verfahrens sowie von OLG Frankfurt (FamRZ 1981, 579) und MünchKomm/Finger (aaO, § 628 Rdnr. 10) bezüglich einer Anrechnung der Zeit bei verfrühter Antragstellung. Zweifelhaft ist auch, ob bei der Zeitberechnung die Dauer des Berufungsverfahrens mitzuberücksichtigen ist, wenn der Berufungsangriff gerade die Abtrennungsentscheidung betrifft (für eine Nichtberücksichtigung MünchKomm/Finger, aaO, unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 1991, 1043, 1044, die als Belegstelle nicht einschlägig erscheint).

Der Senat folgt im Ergebnis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Bei der Beurteilung einer außergewöhnlichen Verzögerung nach einer Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren wird davon ausgegangen, dass 95 % der Scheidungsverfahren vor Ablauf dieser Frist erledigt sind. Bei dieser statistischen Feststellung wird keine Rücksicht darauf genommen, ob der Scheidungsantrag erst nach Ablauf des Trennungsjahres gestellt, ein Ruhen oder eine Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder für die Erledigung des Verfahrens mehr als eine Instanz erforderlich war. Für die Bemessung der Zeitspanne, ab der eine außergewöhnliche Verzögerung anzunehmen ist, kann es auf diese Umstände somit auch im einzelnen Verfahren nicht entscheidend ankommen (ebenso Zöller/Philippi, aaO, § 628, Rdnr. 5 a). Für die Auffassung des Bundesgerichtshofs sprechen zudem Gesichtspunkte der Praktikabilität.

Das vorliegende Scheidungsverfahren ist rechtshängig seit 19. November 1997. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Familiengerichts waren rund drei Jahre verflossen. Die Annahme einer außergewöhnlichen Verzögerung i.S.v. § 628 Satz 1 Ziff. 4 ZPO ist daher nicht zu beanstanden.

Eine Abtrennungsentscheidung ist jedoch nur dann zu billigen, wenn der weitere Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte für eine der Parteien darstellen würde.

Die Interessenabwägung zwischen den Parteien führt hier dazu, die Voraussetzungen von § 628 Satz 1 Ziff. 4 ZPO zu verneinen.

Der Antragsgegner ist aufgrund der notariellen Vereinbarung vom 20. August 1997 verpflichtet, bis zur Rechtskraft der Ehescheidung monatlich 1 000,-- DM zur freien Verfügung an die Antragstellerin zu zahlen und die Beiträge zur genannten Lebensversicherung zu erbringen. Durch die im Rahmen des Trennungsunterhaltsverfahrens ergangene einstweilige Anordnung vom 18. Dezember 1998, bestätigt durch Beschluss vom 25. Februar 1999, war der Antragsgegner verpflichtet worden, monatlich 2 800,-- DM Unterhalt an die Antragstellerin zu zahlen.

Die Klage der Antragstellerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt wurde indes durch Urteil des Amtsgerichts Kusel vom 24 Januar 2001 - F 291/97 - mit der Begründung abgewiesen, der Antragstellerin stehe kein höherer Unterhaltsanspruch zu als der in der notariellen Urkunde geregelte Betrag. Durch die Entscheidung in der Hauptsache ist die einstweilige Anordnung gegenstandslos, auch wenn erstere bisher nicht rechtskräftig ist (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 359, gegen BGH FamRZ 2000, 750 ff, mit überzeugender Begründung).

Die Antragstellerin kann danach derzeit einen Zahlungsanspruch aufgrund der notariellen Urkunde geltend machen. Ab Rechtskraft der Ehescheidung könnte sie eine einstweilige Anordnung nach § 644 ZPO wegen Ehegattenunterhalts beantragen.

Die Interessenabwägung könnte demzufolge nur dann zu Gunsten des Antragsgegners ausfallen, wenn es ausreichende Anhaltspunkte dafür gäbe, dass er keinen oder jedenfalls wesentlich weniger nachehelichen Unterhalt schuldet, als er derzeit aufgrund der notariellen Urkunde zu zahlen hat. Eine vergleichbare Interessenabwägung hat der Bundesgerichtshof für den Fall vorgenommen, dass ein Ehegatte ein Urteil über Trennungsunterhalt in Händen hat und Grund zu der Annahme besteht, dass der andere Ehegatte nach materiellem Recht erheblich weniger Unterhalt schuldet als zuerkannt (FamRZ 1991, 1043). Das OLG Celle hat eine unzumutbare Härte bei der Fortdauer einer Zahlungsverpflichtung aufgrund eines Vergleichs angenommen, weil der begünstigte Ehegatte nicht mehr unterhaltsbedürftig war (FamRZ 1979, 523). Entsprechend fiel die Interessenabwägung durch das OLG Frankfurt für den Fall aus, dass während der Trennung eine erhebliche Zahlungsverpflichtung bestand, während nach der Scheidung kein Unterhalt mehr wegen eines Verzichtsvertrages geschuldet wurde (FamRZ 1981, 579).

Es spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragstellerin auch nach Rechtskraft der Ehescheidung Unterhalt zumindest in der Höhe beanspruchen kann, wie der Antragsgegner derzeit Zahlungen aufgrund der notariellen Urkunde zu leisten hat.

Die Antragstellerin ist weiterhin unterhaltsbedürftig. Mögliche Kapitalerträgnisse aus den vom Antragsgegner im Jahr 1997 zum Vermögensausgleich an die Antragstellerin gezahlten 300 000,-- DM bzw. den damit erworbenen Wohnvorteil muss sich auf ihren Unterhaltsbedarf nach der notariellen Vereinbarung der Parteien vom 20. August 1997 (Abschnitt IV) wohl nicht anrechnen lassen.

Die Antragstellerin ist ohne Erwerbseinkünfte und dürfte bei Rechtskraft der Ehescheidung Anspruch auf Krankenunterhalt nach § 1572 BGB haben. In dem gegen die Antragstellerin gerichteten Verfahren wegen Kindesunterhalts hat der 6. Zivilsenat ein Sachverständigengutachten eingeholt (6 UF 154/99), welches vom Antragsgegner ins vorliegende Verfahren eingeführt wurde. Hieraus ergibt sich, dass die Antragstellerin im wesentlichen unter einem psychovegetativen Erschöpfungszustand, reaktiver Depression mit erheblichen psychosomatischen Beschwerden wie Essstörungen, Schlafstörungen usw. und einer degenerativen Veränderung der Wirbelsäule leidet. Trotz einer seit Januar 1998 betriebenen intensiven psychotherapeutischen Behandlung ist die Antragstellerin nicht arbeitsfähig (Gutachten Dipl. Mediziner F... O... vom 15. September 2000).

Ein eheangemessener Bedarf von zumindest 1 000,-- DM liegt nahe. Im Trennungsunterhaltsverfahren wurde ein Sachverständigengutachten hinsichtlich des Einkommens des Antragsgegners in den Jahren 1995 bis 1997 eingeholt. Im Hinblick darauf war das Ehescheidungsverfahren zunächst zum Ruhen gebracht worden. Das Gutachten sollte erkennbar nach dem Willen beider Parteien auch für die Beurteilung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt mit herangezogen werden. Der Sachverständige N... U... kommt in dem Gutachten vom 25. August 1999, welcher Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats war, zu dem Ergebnis, dass das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Beklagten in dem genannten Zeitraum 1 199,84 DM betrage. Wesentliche Einkunftsquellen des Antragsgegners sind die Land- und Forstwirtschaft, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen. Zu einer drastischen Reduzierung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens führt die Berücksichtigung ehebedingter Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit Grundstückskäufen und der Errichtung von Mietwohnungen bzw. den Kosten eines gescheiterten Bauobjektes. Der Sachverständige hat hierbei insbesondere auch die Finanzierungsaufwendungen für das Immobilienvermögen berücksichtigt, letztere obgleich sie nicht Aufwendungen zur Altersvorsorge des Beklagten im engeren Sinne waren (S. 34 des Gutachtens). Der Sachverständige hat ausdrücklich die Berücksichtigung dieser Aufwendungen ins tatrichterliche Ermessen gestellt (S. 46 des Gutachtens). Tilgungs- und Lebensversicherungsaufwendungen belaufen sich auf jährlich 37 411,80 DM.

Angesichts der Einkommenssituation beider Parteien insgesamt lassen sich monatliche Aufwendungen in Höhe von rund 3 100,-- DM jedenfalls für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung unterhaltsrechtlich kaum mehr rechtfertigen. Die Antragstellerin muss sich wohl nicht weiterhin an einer eingeschränkten Lebensführung im Hinblick auf eine übertriebene Vermögensbildung festhalten lassen.

Vor diesem Hintergrund kommt ein eheangemessener Unterhaltsbedarf der Antragstellerin in der von ihr erstinstanzlich geltend gemachten Höhe (2 185,-- DM) durchaus in Betracht. Das unterhaltspflichtige Einkommen von 1 199,84 DM wäre zu erhöhen um rund 3 100,-- DM und zu bereinigen um das Anreizsiebtel, soweit die Einkünfte auf Erwerbstätigkeit beruhen. Danach ergibt sich ein endgültig bereinigtes Einkommen von ca. 3 800,-- DM, dem ein Wohnvorteil des Antragsgegners noch hinzuzurechnen wäre.

Der Antragsgegner könnte sich gegen einem Unterhaltsverlangen der Antragstellerin aus den oben genannten Gründen voraussichtlich nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Er dürfte nach den Maßstäben des Unterhaltsrechts vielmehr verpflichtet sein, seine finanziellen Belastungen zur Vermögensbildung zurückzuführen.

Demgegenüber gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, ein Unterhaltsanspruch der Antragstellerin könne - wie es der Antragsgegner bisher lediglich angedeutet hat - wegen einer eheähnlichen Beziehung verwirkt sein (§ 1579 Nr. 7 BGB).

Insgesamt führt die mit der Fortsetzung des Scheidungsverfahrens im Verbund weiter bestehende Zahlungsverpflichtung aus der notariellen Urkunde nicht zu einer zumutbaren Härte für den Antragsgegner. Demzufolge besteht keine Veranlassung, die Antragstellerin zur Sicherung ihres notwendigen Lebensbedarfs auf eine einstweilige Anordnung nach § 644 ZPO zu verweisen.

Die Sache ist zur Wiederherstellung des Verbundverfahrens mit den abgetrennten Folgesachen an das Amtsgericht - Familiengericht - Kusel zurückzuverweisen (§ 539 ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens wird das Familiengericht im Rahmen seiner Endentscheidung zu treffen haben. Da die Senatsentscheidung keinen vollstreckbaren Inhalt hat, erübrigt sich ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16 000,-- DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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