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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 04.04.2000
Aktenzeichen: 1 HPL 12/00
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 121 | |
StPO § 122 |
1 HPL 12/00 4044 Js 3508/99 StAZweibrücken
PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN
Beschluß
In dem Strafverfahren gegen
wegen Freiheitsberaubung u.a.,
hier: besondere Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO
hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel
am 4. April 2000
beschlossen:
Tenor:
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Zweibrücken vom 2. August 1999 - Gs 764/99 wird aufgehoben.
Gründe:
Der Angeklagte befindet sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Zweibrücken vom 2. August 1999 - Gs 764/99 - seit dem 29. September 1999 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft hat nach Einholung eines medizinischen und psychologischen Gutachtens zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten mit Anklageschrift vom 27. Dezember 1999 beim Landgericht Zweibrücken wegen zweier Verbrechen der Geiselnahme, in einem Fall tateinheitlich mit vorsätzlicher Körperverletzung, Anklage erhoben (§§ 223 Abs. 1, 239 b Abs. 1, 52, 53 StGB). Die 1. Strafkammer des Landgerichts hat am 3. Februar 2000 die Anklage zugelassen, die beiden Taten jedoch rechtlich als Freiheitsberaubung und Nötigung (in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung) gewertet und deshalb das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - Zweibrücken eröffnet. Dort sind die Akten am 21. Februar 2000 eingegangen.
Durch Verfügung vom 17. März 2000 hat der Vorsitzende des Schöffengerichts vermerkt, dass nach Rücksprache mit dem Verteidiger die Hauptverhandlung für den 15. Juni 2000 vorgesehen sei; wegen Urlaubs des Vorsitzenden vom 13. April bis 7. Mai 2000 und Belegung des wöchentlichen Sitzungstages mit anderen Strafsachen in der übrigen Zeit sei eine frühere Terminierung nicht möglich. Auf Anfrage des Senats hat der Vorsitzende zudem erklärt, dass ordentliche Sitzungen während seines Urlaubs durch seine Stellvertreterin nicht vorgesehen seien und eine Umterminierung nicht in Betracht käme.
Der Vorsitzende des Schöffengerichts hält die Fortdauer der Untersuchungshaft aus den bisherigen Haftgründen der Flucht- und Verdunklungsgefahr für erforderlich und hat die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO vorgelegt.
Der Haftbefehl ist aufzuheben, weil die Fortsetzung der Untersuchungshaft, die am 28. März 2000 sechs Monate angedauert hat, bis zur Hauptverhandlung am 15. Juni 2000 weder durch besondere Schwierigkeit oder besonderen Umfang der Ermittlungen, noch durch einen anderen wichtigen Grund im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO gerechtfertigt werden kann. Diesem Ergebnis der Haftprüfung durch den Senat liegt zu Grunde, dass die Voraussetzungen für die Haftfortdauer über sechs Monate hinaus eng auszulegen sind, da das Beschleunigungsgebot in Haftsachen ohne Rücksicht auf die Tatschwere im Freiheitsgrundrecht des Bürgers angesiedelt ist (vgl. BVerfG NJW 1990, 1448; OLG Köln NJW 1973, 1009; Senatsbeschluss vom 25. Januar 2000 - 1 HPL 2/00).
Weder der Ausfall der ordentlichen Sitzungstage während des über dreiwöchigen Urlaubs, noch die Belegung der sonstigen Terminstage bis Mitte Juni 2000, also nahezu vier Monate nach Eingang der zur Terminierung reifen Haftsache beim Amtsgericht, stellen einen wichtigen Grund für die Haftfortdauer im Sinne des Gesetzes dar. Der Vorsitzende hätte vielmehr unter diesen Voraussetzungen alle prozessual möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen müssen, um alsbald eine Entscheidung über die bereits zugelassene Anklage herbeizuführen. In Erwägung zu ziehen ist in solchem Fall zunächst die Verhandlung der Sache durch den Stellvertreter, erforderlichenfalls in außerordentlicher Sitzung gemäß § 47 GVG (vgl. OLG Düsseldorf JMBlNW 1994, 272, 273). Gründe, die einer solchen Verfahrensweise entgegenstehen würden, hat der Vorsitzende nicht vorgebracht. Andernfalls hätte er durch Umterminierung von Hauptverhandlungen, die keine Haftsachen betreffen, Raum für die vorliegende eilbedürftige Strafsache schaffen müssen, zumal dabei keine mehrtägige Verhandlung mit ungewissem Ausgang zu erwarten ist. Die Terminierung der Sache statt dessen "an bereiter Stelle" verstößt gegen die Beschleunigungspflicht in Haftsachen und führt deshalb zwingend zur Aufhebung des Haftbefehls.
Ende der Entscheidung
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