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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 21.08.2007
Aktenzeichen: 1 HPL 34/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 117 Abs. 1
StPO § 121
StPO § 121 Abs. 1
StPO § 122
StPO § 122 Abs. 4
StPO § 264
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 HPL 33/07 1 HPL 34/07

In dem Strafverfahren

wegen schweren Bandendiebstahls u.a.

hier: besondere Haftprüfung nach §§ 121,122 StPO

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken

durch die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel sowie den Richter am Amtsgericht Schubert

am 21. August 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die Fortdauer der Untersuchungshaft wird für beide Angeklagten angeordnet.

2. Die nächste Haftprüfung nach § 122 Abs. 4 StPO findet am 21. November 2007 statt.

3. Bis dahin wird die Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 StPO dem nach den allgemeinen Bestimmungen dafür zuständigen Gericht übertragen (§ 122 Abs. 3 Satz 3 StPO).

Gründe:

Die Angeklagten sind in dieser Sache am 19. Februar 2007 festgenommen worden. Sie befinden sich seit dem 20. Februar 2007 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Landau in der Pfalz vom selben Tag (Gs 160/07) in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl umfasste 3 Verbrechen des schweren Bandendiebstahls. Die 1. Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat mit Beschluss vom 18. Juli 2007 den Haftbefehl um zusätzliche Taten entsprechend dem Ermittlungsstand und der zwischenzeitlich erfolgten Anklage erweitert und neu gefasst. Sie hält die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich und hat deshalb die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft vorgelegt (§ 122 Abs. 1 StPO).

In der Vorlageverfügung der Kammer wird die Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht, angesichts der Erweiterung des ursprünglichen Haftbefehls um Taten, hinsichtlich derer sich erst nach der Verhaftung der Angeklagten dringender Tatverdacht gegen diese ergeben habe, auch im Hinblick auf einen weiteren zwischenzeitlich in einem Parallelverfahren gegen die Angeklagten erlassenen Haftbefehl sei die 6-Monats-Frist des § 121 Abs. 1 StPO ggf. noch nicht abgelaufen und die gesetzliche Haftprüfung derzeit noch nicht veranlasst. Zwar wird diese Auffassung teilweise in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertreten (OLG Koblenz 1. Strafsenat StV 2000, 629 <insoweit wird bei Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 121 Rn. 14 fehlerhaft das OLG Zweibrücken aufgeführt>; OLG Koblenz 1. Strafsenat NStZ-RR 2001,152; OLG Düsseldorf StV 2004, 496). Der Senat teilt hingegen die ebenfalls in höchstrichterlicher Rechtsprechung vertretene gegenteilige Auffassung (OLG Koblenz 2. Strafsenat StV 2001, 297; OLG Karlsruhe StV 2003, 517). Dass von einem weiten Tatbegriff in § 121 Abs. 1 StPO auszugehen ist, steht auch für den Senat außer Frage (Senat Beschlüsse vom 26.01.1998 - 1 BL 4/98 <NStZ-RR 1998, 182>; 09.10.1998 - 1 BL 57/98; 09.09.1999 - 1 HPL 22/99). Dies ist insbesondere aus dem Schutzzweck des § 121 StPO im Interesse des Inhaftierten auf beschleunigte Aburteilung und Einschränkung der Untersuchungshaft geboten; ein engerer Tatbegriff, etwa i.S.v. § 264 StPO könnte eine "Reservehaltung" von Tatvorwürfen ermöglichen und zu einer Ausuferung der Frist für die gesetzliche Haftprüfung führen. Bereits dieser Gedanke verbietet es aber gerade, die aus dem ursprünglichen Haftbefehl verbüßte Haftzeit unberücksichtigt zu lassen. Auch der Grundsatz der Rechtsklarheit spricht für die Anrechnung der gesamten Haftzeit. Soweit nach der Gegenansicht im Falle der späteren Haftbefehlserweiterung als Fristbeginn für die Haftprüfung auf das Datum abzustellen sei, ab dem sich hinsichtlich einer nach der Inhaftierung zusätzlich ermittelten Straftat der dringende Tatverdacht konkretisiert hat, wird in nicht seltenen Fällen dieses Datum nur schwer festzustellen sein; der Inhaftierte muss jedoch Klarheit darüber haben, wann für ihn die gesetzliche Haftprüfung stattfindet. Weiterhin gebietet der Gedanke der Rechtssicherheit die Anrechnung der Zeit ab der Inhaftierung. Die Gefahr der Manipulation, wie sie der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz aufgezeigt hat (StV 2001, 297), ist letztlich nicht von der Hand zu weisen; gerade dieser Gedanke war Anlass für die Zugrundelegung des weiten Tatbegriffs in § 121 Abs. 1 StPO und darf in seiner Anwendung nicht das Gegenteil bewirken. Trotz des erweiterten Tatbegriffs des § 121 StPO darf daher nach dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Haftprüfungsverfahrens, den Anspruch des Inhaftierten auf beschleunigte Aburteilung zu sichern, die aus dem ursprünglichen Haftbefehl verbüßte Haftzeit nicht unberücksichtigt bleiben. Dies entspricht auch der bisherigen Praxis des Senats in Fällen nach der Inhaftierung erweiterter Haftbefehle. Danach steht die gesetzliche Haftprüfung jetzt an.

Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist gerechtfertigt. Die Angeklagten sind nach dem Ergebnis der Ermittlungen (insoweit darf auf das Wesentliche Ergebnis der Ermittlungen in der Anklageschrift vom 11. Juni 2007 Bezug genommen werden), dringend verdächtig, die Straftaten begangen zu haben, die in dem Haftbefehl vom 18. Juli 2007 und in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Landau in der Pfalz vom 11. Juni 2007 näher dargestellt sind.

Es besteht bei beiden Angeklagten Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) aus den im Haftbefehl näher dargelegten und fortbestehenden Gründen. Mit weniger einschneidenden Maßnahmen als dem Vollzug der Untersuchungshaft kann dieser Gefahr nicht wirksam begegnet werden (§ 116 StPO).

Der Umfang der erforderlichen Ermittlungen, die der Kammervorsitzende in seiner Vorlageverfügung ausführlich dargelegt hat, hat ein Urteil noch nicht zugelassen (§ 121 Abs. 1 StPO). Die nach umfangreichen Tatermittlungen am 11. Juni 2007 erhobene Anklage ist bereits mit Eröffnungsbeschluss der Kammer vom 18. Juli 2007 zugelassen. Die Hauptverhandlung ist nach Absprache mit den Verteidigern beginnend am 26. September 2007 für eine Vielzahl von Verhandlungstagen vorgesehen. Eine unvertretbare Verfahrensverzögerung ist nicht feststellbar.

Ende der Entscheidung

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