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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 11.09.2000
Aktenzeichen: 1 Ss 223/00
Rechtsgebiete: StVG, BKatV
Vorschriften:
StVG § 25 | |
BKatV § 2 Abs. 1 Nr. 1 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
Aktenzeichen: 1 Ss 223/00
In dem Bußgeldverfahren gegen
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit,
hier: Rechtsbeschwerde
hat der Senat für Bußgeldsachen des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel
am 11. September 2000
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 20. Juni 2000 aufgehoben.
2. Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (außerorts) zu einer Geldbuße von 200,-- DM verurteilt.
3. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, jedoch werden die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren um ein Drittel ermäßigt und die darin entstandenen Auslagen des Betroffenen zu einem Drittel der Staatskasse auferlegt.
Gründe:
Das Amtsgericht Kaiserslautern hat den Betroffenen am 21. Oktober 1999 wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts zu einer Geldbuße von 200,-- DM verurteilt. Im Bußgeldbescheid war ursprünglich (wegen einer Voreintragung im Verkehrszentralregister) eine Geldbuße von 240,-- DM und ein Fahrverbot von einem Monat vorgesehen. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil mit Beschluss vom 20. Dezember 1999 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Durch Beschluss (gemäß § 72 OWiG) vom 20. Juni 2000 hat das Amtsgericht den Betroffenen nunmehr zu einer Geldbuße von 200,-- DM und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Mit seiner dagegen erhobenen Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zu einem Teilerfolg.
I.
Die erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig, weil sie nicht mitteilt, welche Beweise das Amtsgericht zusätzlich hätte erheben müssen, noch angibt, welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre (vgl. zu allem Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 244 Rdrn. 80 f).
II.
1. Nicht zu beanstanden sind die Feststellungen des Amtsgerichts hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung des polizeilichen Messbeamten ausführlich und sorgfältig unter Berücksichtigung des erforderlichen Toleranzabzuges die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung begründet. Die Entscheidung entspricht insoweit den von der Rechtsprechung und dem Senat aufgestellten Erfordernissen (vgl. Beschlüsse vom 17. November 1998 - 1 Ss 250/98 - und 20. Dezember 1999 - 1 Ss 279/99 -)
2. Fehlerhaft ist aber die Begründung des Amtsgerichts, dass der Umstand, dass die Tatzeit mehr als zwei Jahre zurückliege, schon deshalb keinen Anlass zum Absehen von dem Regelfahrverbot biete, weil das "hauptsächlich durch Terminsschwierigkeiten der Verteidigerin und ... die Dauer des durchgeführten Rechtsbeschwerdeverfahrens verursacht" worden sei. Zutreffend ist allerdings insoweit der Ansatz des Amtsgerichts, dass ein längerer Zeitablauf zwischen Tat und Urteil ein bei der Prüfung der Frage über die Anordnung eines Fahrverbots beachtlicher Umstand ist.
Das Fahrverbot ist als sogenannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweisen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Seine Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot nur erfüllen, wenn es sich in einem kurzen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Da es in erster Linie spezialpräventiven Zwecken dient, kann es sinnlos erscheinen, wenn seit der Tat längere Zeit bis zur Entscheidung verstrichen ist. Es bedarf dann besonderer Umstände für die Annahme, dass zu einer nach wie vor erforderlichen erzieherischen Einwirkung auf den Täter die Verhängung eines Fahrverbotes nach einem längeren Zeitablauf noch unbedingt notwendig ist (herrschende Meinung vgl. z.B. OLG Düsseldorf, MDR 2000, 829; BayObLG ZFS 1997, 75 jew.m.w.N.; OLG Stuttgart, ZFS 1998, 194). Bei einem zeitlichen Abstand zur Tat von 26 Monaten kann das Fahrverbot diesen Sanktionszweck in der Regel dann nicht mehr erfüllen, wenn der Betroffene - wie hier - in der Zwischenzeit bei einer jährlichen Fahrleistung von 80 000 km beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, aaO; NzV 1993, 76 für den ähnlich gelagerten Fall des § 44 StGB; BayObLG bei Rüth, DAR 1978, 201, 206; OLG Karlsruhe DAR 1992, 437). Der Bußgeldrichter hätte deshalb unter solchen Umständen Anlass zur Prüfung gehabt, ob trotz des Zeitablaufs ein Bedürfnis für die Verhängung eines Fahrverbotes fortbesteht. Ein solches Erfordernis durfte allerdings nicht in der (nach Auffassung des Amtsgerichts durch die Verteidigerin und die Dauer des Rechtsbeschwerdeverfahrens verursachten) Länge des Verfahrens gesehen werden. Etwas Anderes wäre allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Dauer des Verfahrens darauf beruht hätte, dass der Betroffene seine Rechte in unzulässiger Weise wahrgenommen hätte und daraus Rückschlüsse auf seine rechtsfeindliche Einstellung und von hier aus auf künftige Rechtsbrüche gezogen werden könnten (vgl. für den ähnlichen Fall des § 44 StGB BayObLG DAR 1985, 239; LK-Geppert, StGB, 11. Aufl., § 49 Rdnr. 23 m.w.N.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Die Verfahrensverzögerungen beruhten auf unterschiedlichen Ursachen, die allesamt keine Rückschlüsse auf einen illegitimen Verteidigungswillen des Betroffenen zulassen (Verhinderung eines Zeugen und der Verteidigerin sowie Einholung eines Sachverständigenutachtens). Eine weitere Verzögerung von rund acht Monaten ist dadurch entstanden, dass der Senat die ursprüngliche Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat. Eine solche unverschuldete Verfahrensdauer kann dem Betroffenen nicht angelastet werden (vgl. auch OLG Brandenburg, ZFS 1997, 314).
Der Senat entscheidet nunmehr in der Sache gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst. Im Hinblick auf den langen Zeitablauf zwischen Tat und Verurteilung, in welchem der Betroffene trotz seiner erheblichen jährlichen Kilometerleistung im Straßenverkehr nicht mehr auffällig geworden ist, sowie den Umstand, dass im Verkehrszentralregister kein Eintrag (mehr) vorhanden ist, hält der Senat die Verhängung eines Fahrverbotes aus spezialpräventiven Gründen nicht mehr für erforderlich. Er belässt es bei der ausgesprochenen Regelgeldbuße in Höhe von 200,-- DM, da eine Erhöhung des Bußgeldes (§ 2 Abs. 4 BKatVO) im Hinblick darauf, dass ein Fahrverbot nicht (mehr) anzuordnen war, nicht in Betracht kommt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 46 OWiG, 465, 473 Abs. 4 StPO.
Ende der Entscheidung
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