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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 08.12.2000
Aktenzeichen: 1 Ss 257/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 243 Abs. 4
StPO § 244 Abs. 2
StPO § 244 Abs. 3
StPO § 249
Beantragt der Verteidiger die Verlesung einer schriftlichen Erklärung des Angeklagten, der ansonsten schweigt, ohne Angabe einer Beweistatsache gemäß § 249 StPO, so hat das Gericht dies als Beweisanregung zu behandeln. Behandelt das Gericht statt dessen den Antrag ablehnend nach § 243 Abs. 4 StPO, muss dies mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss

1 Ss 257/00 5187 Js 4958/99 StA Frankenthal

In dem Strafverfahren gegen

wegen versuchten Diebstahls

hier: Revision

hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Friemel auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Anhörung der Angeklagten

am 8. Dezember 2000

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Ludwigshafen am Rhein vom 15. Juni 2000 wird auf Kosten der Angeklagten als unbegründet verworfen; die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung und der Gegenerklärungen des Verteidigers vom 16. November und 5. Dezember 2000 hat keinen die Angeklagte benachteiligenden Rechtsfehler ergeben (§§ 349 Abs. 2, Abs. 3, 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 35 DM verurteilt. Dagegen richtet sich die zulässige Revision mit Sach- und Verfahrensrügen. Die formellen Beanstandungen rügen, das Gericht habe es zu Unrecht abgelehnt, eine schriftliche Erklärung der Angeklagten, die sich in der Hauptverhandlung zur Sache nicht geäußert hat, als Urkunde gemäß § 249 StPO zu verlesen. Dies gibt Veranlassung zu folgender Ausführung:

Es kann dahingestellt bleiben, ob es der Angeklagten in der Hauptverhandlung zugestanden hätte, sich durch Verlesen einer schriftlichen Erklärung zu verteidigen, obwohl sie im übrigen von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat (vgl. einerseits BGHSt 3, 368; BayVerfGH-MDR 1972, 209; LR-Gollwitzer StPO 25. Aufl. § 243 Rn 88; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 243 Rn 30; andererseits Salditt StV 1993, 442, 444 Fn 25; Pfeiffer StPO 2. Aufl. § 243 Rn 10). Schon nach der Revisionsbegründung (insoweit widersprüchlich die Gegenerklärung vom 5. Dezember 2000), aber auch nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift, hat der Verteidiger die Verlesung der bei den Akten befindlichen schriftlichen Äußerung nicht durch die Angeklagte oder ihn selbst zur Verteidigung, sondern durch den Vorsitzenden im Wege der Beweisaufnahme gemäß § 249 Abs. 1 StPO begehrt, ohne jedoch einen förmlichen Beweisantrag zu stellen. Das Gericht war deshalb auch nicht gehalten, nach § 244 Abs. 3 StPO zu verfahren, sondern hätte lediglich gemäß § 244 Abs. 2 StPO überprüfen müssen, ob die allgemeine Aufklärungspflicht die beantragte Verlesung geboten hätte. Dass es dies unterlassen und statt dessen gleichfalls die Zulässigkeit der Verlesung unter dem Gesichtspunkt der mündlichen Vernehmung der Angeklagten gemäß § 243 Abs. 4 StPO geprüft hat, wird zwar folgerichtig mit der Aufklärungsrüge beanstandet, dies jedoch nicht in der gebotenen substantiierten Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO): Es fehlt die Angabe der Beweistatsache, die sich durch die Urkundenverlesung bewahrheiten sollte. Zudem hätte sich eine Aufklärung durch Verlesen der Urkunde und damit Verwertung eines nicht personalen Beweismittels dem Gericht auch nicht aufdrängen müssen, wenn zugleich die persönlich anwesende Angeklagte mündlich hätte Auskunft geben können. Aus diesen Gründen konnten die Verfahrensrügen keinen Erfolg haben.

Ende der Entscheidung

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