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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 05.08.2008
Aktenzeichen: 1 Ss 35/08
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 335 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
In dem Strafverfahren
wegen Diebstahl
hier: Revision hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jenet, den Richter am Oberlandesgericht Maurer und den Richter am Landgericht Christoffel am 05. August 2008 einstimmig beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen vom 12. November 2007 mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen. Gründe: I. Das Amtsgericht Rockenhausen hat den Angeklagten am 12. November 2007 wegen Diebstahls unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 9. November 2005 - 1021 Js 6618/05 - sowie nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Der Angeklagte hat durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 19. November 2007 Berufung eingelegt, die am selben Tag beim Amtsgericht einging. Das schriftlich abgefasste Urteil wurde dem Verteidiger am 2. Januar 2008 zugestellt. Der Angeklagte hat sodann mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30. Januar, eingegangen beim Amtsgericht Rockenhausen am 4. Februar 2008 (Montag), erklärt, dass er von dem Rechtsmittel der Berufung zu dem Rechtsmittel der Revision übergehe. Er rügt die Verletzung des formellen und materiellen Rechts und hat dazu (u.a.) ausgeführt, dass dem Strafverfahren gegen den Angeklagten kein wirksamer Eröffnungsbeschluss zugrunde liege. II. 1. Die Revision ist als Sprungrevision gemäß § 335 StPO zulässig. Der Verteidiger des Angeklagten hat nach form- und fristgemäß eingelegter Berufung in zulässiger Weise den Übergang zur Sprungrevision erklärt (vgl. hierzu Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 335 Rdnrn. 9 und 10). 2. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Einstellung des Verfahrens. Nach von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens gebotener Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen gelangt der Senat zu der Auffassung, dass ein wirksamer Eröffnungsbeschluss im vorliegenden Fall nicht ergangen ist. Das führt zu der ausgesprochenen Rechtsfolge. Der Erlass eines ordnungsgemäßen Eröffnungsbeschlusses stellt eine Verfahrensvoraussetzung - genauer: eine Hauptverfahrensvoraussetzung - dar. Fehlt er oder ist er infolge von Mängeln zur Erfüllung der ihm zukommenden Funktion nicht geeignet und werden seine Mängel auch nicht (rechtzeitig) geheilt, so ist das Verfahren in jeder Lage von Amts wegen einzustellen (BGHSt 10, 137, 140; LR-Rieß StPO 25. Aufl. § 207 Rdnr. 5 m.w.N.). Zu den wesentlichen Förmlichkeiten eines Eröffnungsbeschlusses gehören seine schriftliche Abfassung und die Unterzeichnung durch den oder die zuständigen Richter (BGH DRiZ 1981, 343; BGH MDR 1977, 638; LR-Rieß a.a.O. § 207 Rdnr. 30). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit ist eine schriftliche Niederlegung erforderlich, denn nur damit ist gewährleistet, dass die Prozessvoraussetzung in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen überprüft werden kann (vgl. zur Gesamtproblematik "Eröffnungsbeschluss" die Entscheidung des Senats vom 2. Mai 2008 - 1 Ws 142/08 - m.w.N). Aufgrund der im Freibeweisverfahren eingeholten Stellungnahmen der für die Eröffnungsentscheidung zuständigen Richterin und der Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Rockenhausen steht zweifelsfrei fest, dass nur ein Entwurf eines Eröffnungsbeschlusses existiert, der aufgrund fehlender Kenntnis und Unterschrift dem Willensentschluss der Richterin nicht zugeordnet werden kann. Die Richterin übernimmt grundsätzlich erst mit ihrer Unterschrift die Verantwortung für den darüber stehenden Beschluss. Erst damit steht fest, dass der Inhalt des Beschlusses autorisiert worden ist (vgl.: OLG Frankfurt NJW 1991, 2849). Ein Ausnahmefall, in welchem die fehlende Unterschrift unschädlich ist, liegt nicht vor. Die fehlende schriftliche Eröffnungsentscheidung wird auch nicht durch die auf Blatt 92 d.A. enthaltene Termins- und Ladungsverfügung ersetzt. Zwar ist diese von der für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Strafrichterin unterschrieben. Die Termins- und Ladungsverfügung ersetzt aber nicht den Eröffnungsbeschluss, sie setzt vielmehr einen solchen voraus. Erforderlich bleibt aus Gründen der Rechtssicherheit, dass der Eröffnungsbeschluss aus sich heraus oder in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lässt, dass die zuständige Richterin die Eröffnung des konkret in Rede stehenden Hauptverfahrens beschlossen hat. Der ausschließlich die Hauptverhandlung vorbereitenden Termins- und Ladungsverfügung kann dies weder eindeutig noch schlüssig entnommen werden (vgl. OLG Zweibrücken NStZ-RR 1998, 74; OLG Hamm VRS 1998, 199; BayOblG NStZ-RR 2001, 139; OLG Hamm JR 1982, 389 mit Anmerkung von Meyer-Goßner; OLG Celle JR 1978, 387 mit Anmerkung Peters). Die im Protokoll der Hauptverhandlung vom 12. November 2007 enthaltene Feststellung des Gerichts, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern vom 21. März 2007 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet ist, war demnach unzutreffend. Sie genügt nicht für die Annahme, dass die fehlende Eröffnungsentscheidung nachgeholt wurde (vgl. BayOblG NStZ-RR 2001, 139, 140). Die Nachholung des Eröffnungsbeschlusses ist nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils nicht mehr möglich. Denn über die Eröffnung des Hauptverfahrens hat das Gericht erster Instanz zu entscheiden (§ 199 Abs. 1 StPO). Das Rechtsmittelgericht ist dazu nicht befugt (vgl. BGHSt 33, 167; KK-Tolksdorf StPO 5. Aufl. § 207 Rdnr. 21; LR-Rieß a.a.O. § 207 Rdnr. 44a). Infolgedessen ist der fehlende Eröffnungsbeschluss zu einem endgültigen, nicht mehr behebbaren Verfahrenshindernis geworden (BGHSt 29, 224, 228).
Unbeschadet davon ist die erneute strafrechtliche Inanspruchnahme des Beschuldigten nicht ausgeschlossen (vgl. LR-Rieß a.a.O. § 207 Rdnrn. 66-68; KK-Tolksdorf a.a.O. § 207 Rdnr. 33; Meyer-Goßner a.a.O. § 207 Rdnr. 12).
Ende der Entscheidung
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