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Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss verkündet am 27.02.2004
Aktenzeichen: 1 Ss 5/04
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 316 Abs. 1 |
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss
In dem Strafverfahren gegen
wegen Trunkenheit im Verkehr
hier: Revision
hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht Maurer und Ruppert
am 27. Februar 2004
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Jugendrichter - Frankenthal (Pfalz) vom 3. September 2003 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung dieses Amtsgerichts - Jugendrichter - zurückverwiesen.
Gründe:
Der Jugendrichter hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) verurteilt, ihn verwarnt, eine Weisung erteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von acht Monaten Dauer angeordnet. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts; das zulässige Rechtsmittel führt zu einem vorläufigen Erfolg.
Nach den Feststellungen des Landgerichts befuhr der Angeklagte am Morgen des 8. Oktober 2002 mit einem PKW öffentliche Straßen, obwohl er infolge der Einnahme von Betäubungsmitteln (Amphetamin "Pep") zum sicheren Führen des Fahrzeuges nicht in der Lage gewesen sei. Zum Konsum der Droge ist in den Entscheidungsgründen ausgeführt:
"In der darauffolgenden Nacht gegen 2.00 Uhr morgens, also am 7. 10. 2002, hat der Angeklagte ein von seinem Cousin hergerichtetes Glas "Wasser", welches in der Küche stand, getrunken. Der Cousin hatte ohne Wissen des Angeklagten eine nicht näher bezifferbare Menge Amphetaminpulver hereingetan..."
Zur inneren Tatseite ist ausgeführt:
"Von einer fahrlässigen Begehungsweise der Trunkenheit im Verkehr war auszugehen, da der Angeklagte behauptet hat, von seiner relativen Fahruntüchtigkeit nichts gewusst zu haben. Hiervon muss nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" auch ausgegangen werden, da bei seiner ärztlichen Untersuchung seine Sprache deutlich, sein Bewusstsein klar und die Denkabläufe geordnet waren. Gleichwohl hätte der Angeklagte aufgrund der Kenntnis des ganz erheblichen Amphetaminkonsums wissen müssen, dass dieses auch noch Auswirkungen auf seine Fahrtüchtigkeit gegen 6.40 Uhr am 8 Oktober 2002 hatte."
Nach diesen zumindest lückenhaften Ausführungen begegnet die Annahme fahrlässigen Verhaltens rechtlichen Bedenken. Wenn der Angeklagte die Droge in einem Glas Wasser ohne sein Wissen zu sich nahm, konnte er vom Konsum des Amphetamins nur Kenntnis haben, falls sein Cousin ihn später darüber aufgeklärt oder er selbst auf Grund der feststellbaren, ihm vertrauten Wirkung der Droge (angeblich Herzrasen) darauf geschlossen hätte. Solche Feststellungen enthält die angefochtene Entscheidung jedoch nicht. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, auf welche Weise der Jugendrichter zu der Überzeugung gelangt ist, der Angeklagte habe vom Konsum der Droge Kenntnis erlangt. Ohne solche Kenntnis ist jedoch der Vorwurf des fahrlässigen Verhaltens hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss nicht haltbar. In der erneuten Beweisaufnahme wird sich der Jugendrichter diesen Fragen widmen müssen. Zusätzlich wird auf folgendes hingewiesen:
Auch die Annahme (relativer) Fahruntauglichkeit infolge Drogeneinwirkung begegnet Bedenken. Der Jugendrichter hat sich mit dieser Feststellung den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen, die zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle auf ca. 9 mm geweiteten, starren Pupillen des Angeklagten seien auf Lichteinfall unempfindlich und deshalb nicht in der Lage gewesen, die Blendwirkung entgegenkommender Fahrzeuge zu kompensieren. Weitere Anzeichen für eine Drogenbeeinflussung stehen nicht zur Verfügung. Berücksichtigt man die nachgewiesene Blutdrogenanalyse von 0,182 mg/L und den zeitlichen Abstand der Blutprobe zur Drogeneinnahme von maximal 31 Stunden so hätte dies zur Konsequenz, dass Amphetaminkonsum praktisch in jedem Fall zur (absoluten) Fahruntauglichkeit führen müsste. Bedenken gegen ein solches Ergebnis hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 27. Januar 2004 - 1 Ss 242/03 - geäußert. Im vorliegenden Fall erscheint die Schlussfolgerung schon deshalb fraglich, weil nach den Entscheidungsgründen nicht auszuschließen ist, dass die Fahrt des Angeklagten bei Dämmerlicht stattgefunden hat, so dass eine etwaige Blendwirkung ohnehin stark gemindert war. Zudem liegen den Ausführungen des Sachverständigen Schätzungen der kontrollierenden Polizeibeamten zugrunde, deren Genauigkeit und Verlässlichkeit zu relativieren wären. Der Arzt, der den Angeklagten anlässlich der Blutentnahme untersucht hat, hat offensichtlich keinen Test zum Pupillenschließreflex vorgenommen. Es erscheint weiterhin grundsätzlich problematisch, allein die verzögerte oder ausbleibende Hell/Dunkel-Adaption der Pupillen mit Fahrunsicherheit im Sinne des § 316 Abs. 1 StGB gleichzusetzen. Zumindest müssten die Kontrollwerte einem Nüchtern-Test gegenüber gestellt werden; es bietet sich überhaupt ein Vergleich mit dem Paradigma "Drehnachnystagmus" an, der allein für die Annahme der Fahruntauglichkeit nicht ausreicht. Zudem überzeugt nicht, dass eine Sehbeeinträchtigung durch eine reaktionslose Pupille nicht kompensiert werden könnte: Wenn auch die vergrößerte, starre Pupille selbst eine Blendwirkung nicht mindern kann, so kann dies doch durch eine Verengung der Augenlieder zumindest teilweise ausgeglichen werden. Eine Testsituation, bei der das ungeschützte Auge einem starken und direkt einfallenden Lichtstrahl ausgesetzt wird, ist der Situation der Lichteinwirkung durch ein entgegenkommendes Fahrzeug mit abgeblendeten Scheinwerfern ohnehin nicht gleichzusetzen. Dies alles wird bei der erneuten Verhandlung zu beachten sein.
ROLG Ruppert kann wegen Versetzung an ein anderes Gericht nicht unterschreiben.
Ende der Entscheidung
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